Kitzstein (1398 m) Südhang - der Weg der Gämsen


Publiziert von Nic , 27. März 2017 um 14:42. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Chiemgauer Alpen
Tour Datum:16 März 2017
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 920 m
Abstieg: 920 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Nußdorf am Inn der Straße Richtung Erl folgen und links nach Haus abbiegen. Kostenfreie Parkplätze gegenüber der Spedition.
Kartennummer:Kompass-Karte Nr. 10

Der Inntaler Heuberg hat trotz geringer Höhe einiges zu bieten. Rechnet man die beiden sagenumwobenen Felsen Kundl und Backofen mit dazu, besitzt dieses kleine Massiv gleich sechs Gipfel, die unzählige Tourenmöglichkeiten offerieren. Logischerweise hat sich das bereits rumgesprochen und daher herrscht, nicht nur an schönen Wochenenden, meist ordentlich Betrieb. Wer am Heuberg einsam unterwegs sein möchte, der muss dementsprechend kreativ sein. Glücklicherweise gibt es allerdings auch in den überlaufensten Ecken noch Anstiege, die der Masse bisher unbekannt sind, oder schlichtweg zu abenteuerlich erscheinen. Einer dieser Anstiege ist der landschaftlich ungemein lohnende Südhang am Kitzstein, dem zugleich höchsten Gipfel des Massivs.

Stöbert man im Internet, lässt sich über den Südhang am Kitzstein kaum etwas finden. Sucht man allerdings etwas genauer, stösst man auf diesen überaus detaillierten Bericht der Familie Steiner, die mit ihren Kids durchaus anspruchsvolle und individuelle Bergtouren unternehmen.

Start der Tour ist der kleine Weiler Haus zwischen Nußdorf und Erl. Vom Parkplatz gegenüber einer Spedition folgt man der asphaltierten Straße zunächst hinauf in Richtung Heuberg, bevor in einer Kehre linkerhand eine Rastbank auffällt. Hinter der Bank führt eine kaum zu erkennende Pfadspur zunächst eben und anschließend steil ansteigend rechts den Hang hinauf zu einem Rücken. Hat man diesen erreicht, wird die Pfadspur deutlicher und leitet von nun an zuverlässig durch dichten Laubwald zu einem breiten Waldweg, dem man rechts haltend bis zu einer nicht in der Karte verzeichneten Jagdhütte folgt. Hinter dieser geht man zunächst noch ein Stück weiter, bis man linkerhand zum ersten Mal freie Sicht auf das Tagesziel hat.

An dieser Stelle wird der bisher komfortable Waldweg verlassen und man steigt am besten direkt weglos über einen gut gestuften Grashang hinauf zu einer schon von unten deutlich erkennbaren Almhütte. Dort angekommen genießt man bereits fantastische Ausblicke ins Kaisergebirge und die benachbarten Voralpen. Der Weiterweg ist nun klar ersichtlich. Das nächste Zwischenziel ist eine auffälllige Buche am Waldrand, die man über den nun etwas steiler werdenden, aber stets gut gestuften Wiesenhang oberhalb der Alm erreicht. Handelte es sich bis dato um eine recht unschwierige, wenn auch weglose Wanderung, wird das Gelände von nun an deutlich anspruchsvoller und auch die Orientierung schwieriger. Es gilt einen gangbaren Weg durch den folgenden Schrofengürtel zu finden. Zunächst übersteigt man an geeigneter Stelle einen Zaun und hält sich danach eher links. Schon bald trifft man im nun immer steiler werdenden Gras auf eine schwache Gamsspur, die nahezu waagerecht zu einer Art Rampe leitet, über welche man den Schrofengürtel in leichter Kraxelei überwindet. Möglicherweise lässt sich der Gürtel auch schon etwas vorher direkt erklettern, was aber mit Sicherheit deutlich schwieriger sein dürfte.

Etwas oberhalb dieser kurzen aber steilen Ramp folgt man dem nun wieder etwas flacheren Grashang weiter hinauf zu ein paar Bäumen, hinter denen man in einer Rechtsquerung über Steigspuren zur zweiten Kletterstelle gelangt. Hat man diese überwunden, erreicht man eine Art Schulter etwa 100 m unterhalb des Gipfels. Das Kreuz ist bereits zum greifen nahe und richtungsweisend. Der nun folgende Steilhang bietet einige Varianten, wobei man sich tendenziell eher links nahe des Abbruchs hält. Das Gelände ist ziemlich steil, aber glücklicherweise passabel gestuft und daher für den geübten Bergsteiger mit etwas Geländeblick gut zu meistern. Kurz unterhalb vom Kreuz wird das Gelände schrofiger und erfordert ein wenig Kletterei.

Der Abstieg erfolgt über den Normalweg zunächst nach Norden hinab in eine Senke, bevor die Spuren weiter in Richtung Heuberg Hauptgipfel leiten. Ich hingegen verlasse den Pfad an einem Steinmann und folge einem deutlich ausgeprägten Steig in einer etwas längeren Querung in Richtung Daffnerwaldalmen. Mein Plan sieht es vor eine Schleife über den *Ostgrat der Wasserwand zu machen, um der bisher schon außergewöhnlich schönen Tour die Krone aufzusetzen.

Nach diesem kleinen Abenteuer mache ich noch schnell einen Abstecher zum Heuberg, bevor ich der Beschilderung hinab zur Bichleralm folge, an der ich nochmal ausgiebig Rast mache. Für den weiteren Abstieg folgt man zunächst der Beschilderung in Richtung Nußdorf und wählt an einer Verzweigung den unmarkierten aber deutlich erkennbaren Steig nach links hinab zur Habererhütte. Von nun an ist wieder etwas Orientierungssinn notwendig, da der nun ansetztende Steig hinab zum Augangspunkt oft von Laub bedeckt und daher nicht immer sofort erkennbar ist. Man hält sich an möglichen Verzweigungen tendenziell  links und gelangt über zuletzt wieder deutlichere Spuren hinab zu einem Forstweg, dem man im Anschluss zurück zum Parkplatz folgt.


Schwierigkeiten:

Kitzstein Südhang T5- und Kletterei bis I+
Abstieg über Heuberg, Bichleralm und Habererhütte T3


Fazit:


Landschaftlich außergewöhnlich schöner und spannender Anstieg. Orientierungsinn, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit sind bei dieser Tour eine Grundvoraussetztung. Mein Dank gilt an dieser Stelle der Familie Steiner, die mich durch ihren detaillierten Bericht zu dieser Tour inspiriert haben. Mein höchster Respekt gilt den beiden Kindern, die diesen nicht ganz einfachen Anstieg so souverän gemeistert haben.

Tourengänger: Nic


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Kommentare (3)


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AbseitsA hat gesagt: Gut da ich das hier so lese...
Gesendet am 27. März 2017 um 18:30
es ist vllt. Zeit für eine Klarstellung :

Die ursprüngliche Tourenbeschreibung stammt von mir und wurde im Abseits Aufwärts #2 Büchlein mit T5/ UIAA II- bewertet. Letzteres könnte auch UIAA I+ sein, aber man braucht für die kleinen Stellen beide Hände (zumindest ich)
Frank Steiner fragte mich dann ob er noch eine Zusatzskizze haben könnte die ich dann ihm schickte....

Ich dachte nicht im Traum daran, DASS ER SEINE KINDER MITNIMMT , noch, dass die Tour dann auch noch als Familientour mit zig Fotos im Internet angepriesen wird. (Mittlerweile wird zum Glück auf die Gefahren hingewiesen)
Ich bin eh äußerst skeptisch bis ablehnend solchen Internet Veröffentlichungen gegenüber.

Dementsprechend geschockt war ich dann auch, als ich sie im Internet fand (Gedankengang: Was hast jetzt da wieder angerichtet? Zum Glück ist nichts passiert etc.).

Ich würde mein Kind NIE NIE auf so eine Tour oder vergleichbare mitnehmen und halte auch hier die T4 Bewertung für zu niedrig.

Ansonsten ist das eine Aufstiegsvariante die definitiv nicht zu einer Durchschnitts Genusstour zählt. Es dürfte nur wenigen Leuten Spass machen und ist wirklich nur erfahrenen Leuten anzuraten. Diesen wenigen Leuten wünsch' ich gutes Gelingen und viel Freude. Für die anderen ist diese Tour nichts als eine Tortur und endet schlimmstenfalls mit einem Helieinsatz wegen "Blockade" oder schlimmeren Geschichten. Südseitig, übelst steil, ausgesetzt, das Aufstiegsgelände im oberen Bereich ist wohl in etwa vergleichbar mit den Allgäuer Grasbergen.

Trotzdem interessant, das gerade so eine Tour dann ihre Nachahmer findet. Bestätigt meine These, das sobald etwas seinen Weg ins Netz findet (in diesem Fall Familie Steiner), die Sache aufgegriffen und weiter verbreitet wird.

http://abseits-aufwaerts.blogspot.de/



Nic hat gesagt: RE:Gut da ich das hier so lese...
Gesendet am 27. März 2017 um 19:27
Servus,

vielen dank für deine konstruktive Kritik. Ich war mir bei der Bewertung der Schwierigkeiten ehrlich gesagt auch nicht ganz sicher. Ich habe im Internet auf ihrem Blog nach der Tour gesucht, sie jedoch nicht gefunden. Ich wollte sehen wie Sie diese Tour bewerten. Es handelt sich bei dieser Tour um einen überwiegend weglosen Anstieg im alpinen Gelände mit leichten Kletterstellen. Demnach wäre ein T5 schon vertretbar. Da ich oft vergleichbare oder sogar schwerere Touren unternehme, habe ich den Kitzstein Südanstieg nicht als übermäßig anspruchsvoll empfunden. Daher die T4-Bewertung (mit Luft nach oben). Habe die Schwierigkeit im Gehgelände jetzt auf T5- angehoben, was durchaus vertretbar ist.

Beste Grüße Nico

Frank72 hat gesagt: RE:Gut da ich das hier so lese...
Gesendet am 31. März 2017 um 21:18
> Ich würde mein Kind NIE NIE auf so eine Tour oder vergleichbare mitnehmen

Nun ja, jeder wie er mag. Unsere Kinder waren von klein auf immer auf kraxeligen Touren mit kleinen Kletterstellen unterwegs, und wir haben sie sehr langsam an zunehmend ausgesetzte und schwierige Abschnitte herangefuehrt. Entsprechend Voruebungen die den Leonhardstein oder den Brecherspitz-Ostgrat mit seiner luftigen Kletterstelle empfinden viele Leute auch als zu schwierig oder gefaehrlich fuer Kinder, aber das ist alles nur eine Frage der Uebung. Und fuer den Kitzstein hatten sie die entsprechende Vorbereitung.

> dass die Tour dann auch noch als Familientour mit
> zig Fotos im Internet angepriesen wird. (Mittlerweile
> wird zum Glück auf die Gefahren hingewiesen)

Gerade die zig Fotos sind genau dazu da, dass man die Schwierigkeit der Tour ganz exakt einschaetzen kann. Du wirst mir doch sicher zustimmen, dass niemand nach Ansicht der Fotos behaupten kann, er sei ueber die Steilheit und Ausgesetztheit des letzten Hangs nicht informiert gewesen! Meine ausfuehrlichen Hinweise auf die Schwierigkeit (und die waren in der ersten Version auch schon drin, bevor ich sie fuer 2 Jahre komplett rausgenommen habe) zusammen mit den Fotos werden diejenigen Leute eher abschrecken, die sich nicht ganz sicher sind, dass sie sowas koennen.

Man darf mir viel vorwerfen, aber bitte nicht, dass meine Beschreibungen die Schwierigkeiten oder Gefahren einer Tour herunterspielen. Die wenigen Rueckmeldungen von Familien mit Kindern, die ich zu den schweren Touren in der "Abenteuerkategorie" erhalten haben, lauteten immer "War gar nicht so schwer, wie wir es nach der Beschreibung erwartet hatten."

> Ich bin eh äußerst skeptisch bis ablehnend solchen
> Internet Veröffentlichungen gegenüber.

Ja, da werden wir uns nie einigen, aber das wissen wir ja schon laenger. Ich bin nun mal in jeder Hinsicht open-source-Vertreter. Ich hab mir allerdings jetzt erlaubt, auf meiner Webseite ausdruecklich darauf hinzuweisen, dass Du definitiv von einer Begehung mit Kindern abraetst, weil Du es fuer zu gefaehrlich haeltst. Damit ganz klar ist, dass das Mitnehmen unserer Kinder alleine auf unserem Mist gewachsen ist. Und auch vor das PDF hab ich nochmal eine Warnung als erste Seite gepackt, damit sich das nicht weiterverbreitet, ohne dass jemand die Webseite dazu anschaut.

Aber ich gehe sowieso davon aus, dass gerade die 3 Touren mit dem "Gefaehrlich"-Stempel keine Nachahmer mit Kindern finden werden. Und wenn doch, dann werden die schon genau wissen, was sie tun. Genauso wie die wenigen Erwachsenen, die sich so eine Tour wie den Kitzstein-Südhang zutrauen.

cu,
Frank


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