Kennt ihr so Tage an denen ihr am Ende zurückschaut und denkt, was war denn heute los? Der gestrige Tag war so einer. Eine erfrischende Tour auf den Rinderstock hoch über Silenen war geplant. Gestartet zu Dritt, auf dem Gipfel angekommen zu Zweit aber nie und nimmer auf dem Rinderstock. Die grösste Erkenntnis an diesem Tag, ich kann und werde mich in Zukunft definitiv auf mein Bauchgefühl verlassen.
Tagwache war bereits um 05.00 Uhr Morgens. Die Autofahrt vom Aargau nach Silenen nahm schon mal eine gewisse Zeit in Anspruch. Um 07.30 Uhr liefen wir bei der Bergstation Chilcherbergen los zum malerischen Seewli-See. Übrigens ist die Openair-Seilbahn schon ein tolles Erlebnis. Der Weg zum Seewli-See ist nicht unbekannt und auf hikr schon oft beschrieben worden. Ich kann es nur unterstreichen. Er ist sehr steil, von Anfang an. Unsere Mitgängerin hatte da schon etwas Mühe. Hin- und hergerissen entschieden wir zu Zweit weiterzulaufen, während unsere Kollegin in ihrem Tempo bis zum See nachkam. Schlechtes Gewissen machte sich allerdings breit, sollte man doch niemals im Alleingang in die Berge. Trotz der Steilheit ist der Verlauf zum See wahnsinnig vielseitig. Über einen dichten Tannenwald, zu geröllhaltigem Gestein entlang des Pfaffenturms (Grüsse an die Hexe ;-)) zu alpähnlichen Weiden, begleitet von einem unglaublichen Tiefblick ins Tal. Nach 2h erreichten wir den Grat. Von da an geht es relativ flach zum See. Der weitere Routenverlauf wäre eigentlich zum Pass, genannt Stich, gewesen. Mein Gefühl sagte mir wir müssen nicht bis zum See, auch habe ich einen Weg erblickt Richtung Rinderstock. Sicherheitshalber habe ich trotzdem jemanden gefragt. Er meinte wir müssen links um den See und von dort aus auf den Stich. Mein lieber Herr, sollten Sie das lesen, links um den See führt nicht wirklich einen Weg zum Rinderstock. Nachdem wir erst ziellos in der Gegend herumirrten, folgten wir der rwr-Markierung Richtung Schwarz Stöckli. Fast ehrfürchtig muss man diesen imposanten, schwarzen Felsklotz bestaunen. Check; ein weiteres Ziel für nächstes Jahr. Nach einem wiederum steilen Aufstieg standen wir nun auf dem Seewligrat, gegenüber die eindrucksvolle, gezuckerte Wand des Gross Windgällen. Wir blickten nach Westen und entschieden uns am Grat entlang zu laufen bis wir mindestens endlich wärmende Sonnenstrahlen spüren. Die Umgebung auf dem Seewligrat ist wundervoll. Die einsame braune Graslandschaft mit kleinen Seen, umgeben von hohen Felswänden...als wäre man mitten im Outback von Kanada. Keine Menschenseele weit und breit. Nach ca. 200 weiteren Höhenmeter befanden wir uns am Rotgrat, kurzzeitig einige T4-Passagen. Dort genossen wir in aller Ruhe die prächtige Aussicht. Der weitere Verlauf über den Rotgrat haben wir zwar nicht mehr fortgesetzt, sah aber sehr spektakulär aus. Auch das kommt auf meine Liste für nächstes Jahr.
Wir stiegen wieder denselben Weg hinunter zum Seewli-See, um da noch etwas Zeit zu verbringen. Diese Stille beim See. Diese unglaubliche Stille habe ich bis jetzt noch nirgends erlebt. Man möchte flüstern, lauscht gespannt, ob nicht doch etwas zu hören ist. Nichts. Also, wer den Inbegriff von Stille kennenlernen möchte; dort ist er!
Tiefenentspannt marschierten wir wieder hinunter zur Bergstation. Ohne unsere Kollegin, die unauffindbar war. Wir konnten uns nicht erklären, wo wir uns verpasst haben. Akku leer. Sie traf auch erst 1h später nach uns bei der Bergstation ein. In den Bergen gelten andere Regeln, eigene Regeln. Eine sehr wichtige habe ich ignoriert. Niemals jemanden im Alleingang losziehen lassen, der sich nicht auskennt. Im Endeffekt sind wir zwar alle zufrieden nach Hause gefahren, trotzdem hätte es anders kommen können.
Eines muss ich hier auch noch sagen; Ich staune bei jeder Tour ab Berggänger, welche einige Jahre mehr auf dem Buckel haben als ich, die quasi den Berg hinunter rennen. Und ich, mit meinen 27 Jahren, quäle mich mit schmerzenden Knie den Hang hinab. Irgendetwas ist da gewaltig schief gelaufen. Die Schmerzen nehme ich aber in Kauf. Der Berg wird mich, wortwörtlich, niemals in die Knie zwingen. Auf ein neues :-).
Kommentare (8)