Strada Altissima della Leventina


Publiziert von Delta Pro , 28. Oktober 2014 um 20:11.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum:26 Oktober 2014
Wandern Schwierigkeit: T4+ - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Pizzo Molare 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 2570 m
Abstieg: 2920 m

Spätherbstliche Weitwanderung im Tessin über 17 Gipfel

Schon vor genau einer Woche sass ich im Zug in den Süden auf dem Weg zur eindrücklichen und traumhaft schönen 2-Tages Begehung der Via Alta Verzasca. Mittlerweile ist im Norden in höheren Lagen der Winter eingekehrt - zu viel Schnee für Bergtouren, zu wenig für Ski. Also, noch einmal auf ins sonnig herbstliche Tessin, wo es deutlich weniger Neuschnee gegeben hat. Doch was geht als Eintages-öV Tour? Gab es da nicht noch einen langen Bergkamm auf der anderen Seite der Leventina? Jawohl, die Strada Altissima della Leventina, welche auf dem langen Grat zwischen Bleniotal und Leventina verläuft.

Wie an einer Perlenkette reihen sich dort die Gipfel aneinander. Zwar sind die meisten davon eher kleine Fische, doch die Wanderung kann landschaftlich in der obersten Liga mitmischen. Dutzende von Kilometern Grat mit freier Sicht in alle Richtungen. Das ist doch etwas für einen Spätherbst-Tag! Die Schwierigkeiten der Strada Altissima sind deutlich geringer als diejenigen der VAV auf der anderen Talseite. Exponierte Stellen gibt es kaum und nur ab und zu muss etwas gekraxelt werden. Dennoch war ich freudig erstaunt wie selten begangen diese Route ist: Wegmarkierungen sucht man auf der ganze Strecke vergebens und selbst im braven Schlussabschnitt zum Matro muss man immer achten wo man hintritt.

Auf Hikr gibt es schon verschiedene Berichte zu dieser Tour (siehe hier, da oder dort). Bei der Tourenplanung konnte mir aber nicht entgehen, dass bei all diesen 2-3 Tage für die Strecke zwischen Cari/Molare und Sobrio eingesetzt wurden. Eine gewisse Herausforderung also, den Grat an einem Tag anzuspulen. Und dazu noch genau an dem Tag der leidigen Zeitverschiebung. Landläufig heisst es, dass man im Herbst eine Stunde "gewinnt". Für mich war wegen dem unpassend frühen Einnachten genau das Gegenteil der Fall. Dennoch ist mein Timing ideal aufgegangen und die Strada Altissima della Leventina war ein sehr schöner, wenn auch kondiontionell anspruchsvoller Abschluss (?) der Wandersaison. 


Kein anderer Wanderer will von Faido per Bus in die Höhe... Im Norden scheinen alle mit dem Sommer abgeschlossen zu haben. In Molare steige ich aus dem Privat-Postauto und wandere zügig gegen die Alpe Stou. Schon bald zeigt sich, dass ich mich in den Temperaturen ziemlich getäuscht habe: Nichts mit Kappe und Handschuhen. Noch einmal T-Shirt Wetter! Bald verlasse ich den Weg und steige über die aussichtsreiche Costa di Stou gegen den Poncionetto auf (T3). Dieser nette Gipfel hat auf Hikr erst gerade einen Eintrag obwohl er für Tessiner Verhältnisse mit 900 Höhenmetern ab Start fast geschenkt ist. Ein Weglein umgeht den felsigen weiteren Gratverlauf in der W-Flanke. Ich folge aber alles dem Grat, teils mit etwas Kletterei (T5, II). Anschliessend ohne Probleme auf den schönen Aussichtsgipfel Poncione di Mezzo. Von nun an bleibe ich für die nächsten rund 20 km und gut fünf Stunden alles auf der Grathöhe - so mag ich es!

Abstieg durch die steile NE-Flanke (T4) und querend auf den Grat gegen den Pizzo Bareta. Der Neuschnee ist schon fast vollständig weg. Allerdings sind die nordseitigen Felsen mit etwas vereistem Tau überzogen, weshalb man Acht geben muss. Den Aufschwung zur Punta di Stou umgeht man auf Wegspuren in der W-Flanke und dann steil hinauf in eine Scharte in der idyllischen Gipfel-Hochebene (T4). Abstieg über Wiesen und auf Wegspuren hinauf zum Pizzo Molare, wo ich zwei andere Tourengänger treffe. Traumhafte Aussicht und Ruhe - es hat sich gelohnt ins Tessin zu kommen! Bei der Traverse des Poncione di Nara wird die Strada Altissima kurz etwas anspruchsvoller. Beim Abstieg weicht man etwas in die Südflanke aus, quert aber sobald wie möglich wieder zum Grat hinaus. Gerade im oberen Teil ist das Gelände in einer Rinne etwas schuttig. Weiter unten geht es teils in schöner Kraxelei über den Grat (insgesamt T4+). Über den Pizzo di Nara erreiche ich die Bassa di Nara, ein erster Etappenpunkt.

Der nächste Abschnitt ist nicht besonders spannend, dafür aber aussichtsreich. Auf Weglein geht es über den Mottarone auf den Motto Crostel (T2) und weiter hinab zum nächsten Pass und gegen die nächste Berggruppe. Da meine 2.5 Liter Wasser aufgrund der recht hohen Temperaturen nicht auszureichen scheinen und es auf dem ganzen Grat nirgends Flüssigkeit gibt, fülle ich einen halben Liter Schnee ab und nutze die Körperwärme am Rücken um diesen trinkbar zu machen. Beim Pizzo Caslett wird der Kamm wieder felsig. Ich besteige den kleinen Caslett, einen hübschen Vorgipfel mit Steinmann, den ich für den richtigen Caslett gehalten hatte. Dieser ist aber etwas höher und von einem natürlich kunstvollen Holzkreuz gekrönt. In anregendem Aufstieg mit leichter Kletterei über den Pizzo Alto. In der nächsten Scharte lasse ich mich leider vom Grat abdrängen und folge der "offiziellen" Route auf einem Weglein (markiert mit Pfeilen) durch etwas unschöne Lawinenverbauungen. Alles über den Grat wäre wohl spannender, aber etwas schwieriger. Um halb drei - oder 3 Stunden vor dem Einnachten... - erreiche im traumhaften Abendlicht und bei glasklarer Sicht das sehenswerte Gipfelsignal des Pizzo Erra. Der Matro ist in die Nähe gerückt aber immer noch recht weit weg...

In spannendem Gelände zum Passo dei Laghetti und weiter entlang dem Kamm, immer einem schmalen abwechslungsreichen Pfad folgend über Pizzo Pianché, Croce di Sasso, Piancha Bella und Cogn (T2-T3). Dieser eher unscheinbare Berg ist mein Gipfel Nr. 300 (!) im Jahr 2014 - seit dem ersten Januar dieses Jahres also im Schnitt genau ein Gipfel pro Tag... na ja, schön, aber muss nicht sein. Ich werde von einem umwerfenden Blick in die Tessiner Bergwelt belohnt. Der Matro selbst ist dann weniger besteigenswert, da komplett verbaut. Schöner Abstieg im Abendlicht durch Hochmoore zur Bassa dei Cantoi. Ich entscheide mich gegen den Weiterweg (nicht mehr bei Tageslicht möglich) nach Biasca und wandere gemütlich nach Sobrio, wo es genau rechtzeitig einen Bus gibt und ich die Stirnlampe noch nicht auspacken muss.


Durchgangszeiten:
Molare: 9.10
Poncione di Mezzo: 10.35
Pizzo Molare: 11.50
Motto Crostel: 13.05
Pizzo Erra: 14.25
Matro: 15.45
Sobrio: 17.05

Tourengänger: Delta


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Kommentare (1)


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Seeger hat gesagt: alpin_bijou
Gesendet am 30. Oktober 2014 um 20:09
Ciao Delta
Sensationelle Leistung.
Ich freue mich für Dich, dass Du diese Kondition hast.
Du hast mit den (wenigen) Fotos sehr viel ausgedrückt. Manchmal ist weniger mehr.
Gruss
Andreas


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