Dufourspitze


Publiziert von frmat , 8. August 2014 um 21:13.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum: 6 August 2014
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   I 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 2800 m
Abstieg: 2800 m
Strecke:35km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zermatt, Rotenboden
Unterkunftmöglichkeiten:Monterosahütte

Heute ist Ruhetag. Dachte ich. Das Rimpfischhorn steckt in unseren Knochen. Aber wie. Warum muss das Wetter so gnadenlos sein. Für Morgen ist Schönwetter angesagt, danach wieder schlechter. Also am Ruhetag hinauf zur Monterosahütte. Das ursprüngliche Ziel Matterhorn war dank Unmengen von Schnee ohnehin gestrichen. Was macht man da? Klar, nach einem Schinder gleich den nächsten. Und der heißt Dufourspitze! Ein wenig Schadenfreude kommt auf, dass die Zermatter Gelddruckmaschine mit ihrem eigens installierten Blechbüchsen-Matterhorn-Basecamp nun doch nicht soviel Gewinn macht... Zum Trost spendierten wir der armen Tourismus Gemeinde aber wieder ordentlich Fränkli, indem wir uns die Bahn zum Rotenboden gönnten. Alles andere wäre an diesem Tag auch nicht drin gewesen. Nur einer konnte sich gar nicht zum Zahlen überwinden und marschierte strammen Schrittes in 6 Stunden von Zermatt zur Hütte hoch.
 
Wir zwei anderen belohnten die müden Beine mit einer 3 1/2 stündigen Wanderung in stetem Ab und Auf und wieder Rauf und Runter und noch mal ganz lang rauf zur neuen Hütte, die einem Ufo gleich das untere Plattje ziert (Ü+HP 72CHF für AV-Mitglieder). Mag sie von außen etwas unwirklich erscheinen, so kann man das schöne Innenleben durchaus als gelungen bezeichnen. Ein schönes geräumiges Zimmer versprach eine angenehme Ruhe. Bis der Japaner im Zimmer zu sägen begann, dass man Angst um die Balken kriegen musste. Natürlich war er der einzige, der nicht um 2h aus den Federn schlüpfte. Völlig gerädert schlichen wir nach gefühlt einer Stunde Schlaf hinunter zum Frühstück. Meine Beine schmerzten noch ganz ordentlich nach der vorgestrigen Tour. Ich war mir nicht sicher ob ich es schaffen würde. Eigentlich war ich mir sogar recht sicher, es nicht zu schaffen. Aber wenn man schon mal da ist... Probieren kann man's ja.
 
2:50h Abmarsch. Hinter Hütte wärmt eine Blockhalde die Knochen auf. Steinmänner weisen den Weg über glattgeschliffene Platten und lose Geröllhaufen. Ab und zu erleichtert eine Schneerinne den Aufstieg. Auf dem oberen Plattje stehen ein paar Zelte. Einige Aspiranten verkürzen so den langen Gipfeltag. Ob das Hochschleppen der Biwakausrüstung aber wirklich weniger fordernd ist wage ich zu bezweifeln.
 
Ein spaltenreiches Firnfeld leitet fast eben zum ersten von mehreren Aufschwüngen. Was für ein Hatscher. Es ist kalt, dunkel, ich bin müde und muss aufpassen nicht wegzunicken. Ich denke daran wie schön und gemütlich es nach der Rückkehr auf der Hütte sein wird. Und daran, ob ich nicht lieber Golf hätte spielen sollen. Ich zähle Schritte. Bis 1000. Dann nochmal. Irgendwann beginnt es leicht zu dämmern. Es wird kälter. Ständiges Durchkneten von Zehen und Fingern wird nun mein neues Hobby. Nach gut 4 Stunden erreichen wir die Wegverzweigung. Links führt eine Spur in den Silbersattel. Wie auch die meisten anderen wählen wir den geraden Weg hinauf von der Satteltole zur Einschartung vor dem Wintergipfel. Nun nach links, ein steiler Aufschwung wartet. Langsam geht die Sache an die Kondition. 4400m. Auf einer Rückfallkuppe öffnet sich der Blick. Ein Pärchen kommt uns entgegen, ihnen war der Grat zu heikel. Ein weiterer Steilaufschwung leitet zum Vorgipfel, dann liegt der Gipfelgrat vor uns.
 
Es hat viel Schnee. Natürliche Sicherungsmöglichkeiten gibt es quasi keine. Wir beratschlagen und seilen aus. Die Gefahr eines Mitreißunfalls erscheint uns größer. Nun ist jeder für sein Tun verantwortlich, volle Konzentration ist gefragt. Der Grat ist zwar beiderseits ausgesetzt aber nie wirklich schwer. Dank des meist guten Schnees geht die Sache dann doch flotter von der Hand als angenommen. Einmal um einen Block herum und die ein oder andere Rinne hinauf. Schließlich noch über eine kurze Stufe dann sind wir oben. 4634m. Höchster Punkt der Schweiz und zweithöchster Berg der Alpen. Wir sind glücklich hier oben zu sein, und stolz es nach den Anstrengungen der Vortage geschafft zu haben. Während die Freunde vorsteigen in Richtung Silbersattel sitze ich noch eine Weile allein auf dem Gipfel und freue mich einfach vor mich hin. Nach 20 Min muss ich mich wieder sammeln. Über einen kurzen Firngrat und einen Block (der in umgekehrter Richtung deutlich gemeiner zu begehen ist) erreiche ich in wenigen Minuten den Beginn der Fixseile. Diese Taue leiten hinab bis kurz vor den Silbersattel. Mit einer Prusik wäre die Sache in 5 Minuten gemacht. Auch meine Kumpels stehen im Stau. Eine italienische Steilschaft lässt ab, eine andere seilt ab, eine dritte kommt hinauf und sichert von Standplatz zu Standplatz. Keine Frage, Sicherheit geht vor und ich habe volles Verständnis für umsichtiges Steigen. Aber hier wäre es eigentlich auf diese Weise nicht nötig. So sitzen wir fast eine Stunde in unserer Prusikschlinge und schauen dem Treiben zu ehe wir leicht genervt die erstbeste Möglichkeit zum Abstieg nutzen.
 
Nun stehen wir da. Und das Nordend wäre mit zusätzlichen 100Hm auch noch zu machen. Die verblasene Spur endet jedoch in Gratmitte, zudem ist der Grat mit Wechten gespickt. Auch die Lawinengefahr ist nicht unerheblich. Und überhaupt, die Beine. Nein. Ein Gipfel reicht. Und dieser erst recht. Von weiter unten sehen wir eine Bergführerseilschaft zum Nordend gehen. Ansonsten blieb der Gipfel an diesem Tag unbestiegen.
 
Die Gipfelfreude weicht nun der Ernüchterung. Der lange Weg zurück steht an. In scheinbar unendlicher Ferne steht das Riffelhorn und dort die Bergstation Rotenboden. Wie war das noch mal mit dem Golfspielen? Also Kuppe um Kuppe hinab, diesmal zum Glück noch in gutem Firn ehe wir nach insgesamt 12:30 Stunden auf die Bänke vor der Hütte fallen. Auch die berühmten 10 Pferde hätten mich nicht dazu gebracht noch zur Bahn zu laufen. Wir waren uns einig noch eine Nacht hier zu verbringen. Respekt vor allen, die gleich weiter absteigen. Aber alle Masochisten dürfen beruhigt sein, der Rückweg tut auch am Folgetag noch weh ;) Selten hat ein Burger im Pöstli-Pub in Zermatt so gut geschmeckt.
 
Fazit: Extrem lange, konditionsfordernde, Westalpentour mit Hauptschwierigkeiten in großer Höhe. Auch hier die Frage der Schwierigkeitsbewertung. Am Westgrat nach Goedeke: WS+. Der Anstieg vom Silbersattel ist ZS, allerdings nun durch die Fixseile derartig entschärft, dass er wesentlich leichter ist als der Westgrat. Deutlich anspruchsvoller als die Gouterroute auf den Montblanc, ähnlich schwer wie das Rimpfischhorn. Insgesamt eine herausragende Bergtour, die jeder, der es sich ernsthaft zutraut, gemacht haben sollte. 

Tourengänger: frmat


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Kommentare (5)


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Kireko hat gesagt:
Gesendet am 8. August 2014 um 22:16
Sehr schön geschriebener Bericht!

Gruß

Rebecca

frmat hat gesagt: RE:
Gesendet am 8. August 2014 um 22:34
Herzlichen Dank! Wirklich eine Hammertour, nur empfehlenswert! Dir einen weiterhin tollen Bergsommer.

LG

quacamozza hat gesagt:
Gesendet am 8. August 2014 um 22:35
Hallo Matze,

Gratulation zu diesem Schinder.

Hoffe, der Rückweg tut nicht immer noch weh. Wünsch Dir gute Erholung.

Lieben Gruß
Ulf

frmat hat gesagt: RE:
Gesendet am 8. August 2014 um 22:39
Kollege, das war nicht feierlich! Danke für die Gratulation. Ich gebe sie gerne zurück für deine tollen Touren.

Mussten wetterbedingt die Tourenwoche(n) vorzeitig beenden. Meinst du kommende Woche geht was im Allgäu? Wetter sieht nicht sooo dolle aus... Auch wenns schmerzt, ich hab schon wieder Lust.

Viele Grüße!

roger_h hat gesagt: Pöstli-Burger
Gesendet am 29. Juni 2015 um 22:20
Ja, der Pöstli-Burger hat mir jeweils das Ende meiner Rimpfischhorn-, meiner Castor/Pollux- und meiner Matterhorntour versüsst, hat jedes Mal vorzüglich geschmeckt! :-)


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