Große Schlicke

Zurzeit lassen sich diejenigen Gipfel gut besteigen, die während der Sommer- oder der Skitourensaison überlaufen sind. Zu diesen gehört die Große Schlicke, ein Hauptgipfel der Tannheimer, der im Laufe eines Jahres oft nur für Fans des Massenwandertourismus infrage kommt.

Ein dickes Gipfelbuch vom 04.08.2013 war bereits im Oktober voll und ist immer noch nicht ersetzt worden. Leider enthält das Buch keine Zuständigkeitsadresse.

Wie wohltuend war heute die einsame Stille. Gerade mal einer Gruppe von drei Schneeschuhwanderern bin ich nachmittags begegnet. Ansonsten ließ sich der Skizirkus am Füssener Jöchle gut und mit der nötigen Distanz vom Gipfel aus verfolgen. So war es für mich ein Privileg, der mutmaßlich erste Besucher des Gipfels im neuen Jahr gewesen zu sein.

Ursprünglich hatte ich vor, den Einstein zu besteigen, auch wenn ich die Anstiege bereits kenne. Dieses Vorhaben änderte ich kurzfristig. Denn einerseits wird der Berg aktuell stark behikrt. Und andererseits bietet der Einstein allein keine ausgefüllte Tagestour.
Schön ist die Kombination mit dem Neunerköpfle, aber dieses ist schwer zugänglich. Während der Pistensaison ist man als Bergsteiger bei den Tannheimer Bergbahnen nämlich nicht gern gesehen. Aber im späten Frühjahr, wenn die Skigeister beerdigt sind...also die Große Schlicke, die ich seit Jahrzehnten nicht mehr bestiegen habe.


Zur Schwierigkeit:

Kurz unter dem Gipfel der Schlicke T 4 (im Sommer T 3), mit Schneeschuhen aktuell bis ca. 2020m möglich, ab etwa 1900m WT 3
Bis zur Otto Mayr-Hütte T 1 (gewalzt bis Musauer Alm), danach WT 2

Zu den Verhältnissen:

Ab Otto Mayr-Hütte fast durchgängig geschlossene Schneedecke (das hat mich etwas überrascht. Nach dem ersten Anschein von unten bin ich von einer großteils aperen Flanke ausgegangen; wegen des haltlosen und mühsamen Schnees habe ich auch nicht den direkten, ebenfalls unges purten Gipfelsteig von der Musauer Alm gewählt).
Im Aufstieg durch das Spuren und den frischen Neuschnee mühsam, aber es gibt ja immer auch einen Abstieg...herrlich, dieser Powder...auch mit Schneeschuhen macht's Spaß, über unverspurte Hänge abzufahren. Und das vor der Kulisse der düsteren, winterlichen Tannheimer Nordwände...gigantisch, DER Höhepunkt der Tour.

Der Gipfelaufstieg musste komplett gespurt werden. Der Neuschnee hatte alle gegebenenfalls vorhandenen Abdrücke verwischt. Manchmal konnte ich mich an Markierungen, Gamstritten oder an Grasrändern des Sommerwegs orientieren. Ich spurte dann auch den Sommerweg, der nicht über die Vilser Scharte führt, sondern sich streng in der Südflanke hält.

Im Gipfelbereich Steinschlaggefahr bei Schneeschmelze.



Der Weg bis zur Otto Mayr-Hütte ist nicht zu verfehlen. Ich spare mir Details. Zwischen Otto Mayr-Hütte und Füssener Hütte rechts den freien Hang hoch (KEINE Ausschilderung, aber Wegweiser 50 Höhenmeter weiter oben).

Im Aufstieg nahm ich zunächst ab der Brücke P.1099 den direkten Weg zur Musauer Alm, oben ging ich die Schleifen der Fahrstraße zur Otto Mayr-Hütte aus. 
Im Abstieg dann genau umgekehrt: direkter Abstieg von der Otto Mayr-Hütte bis auf ca. 1400m, ab Musauer Alm dann die Mountainbikerroute über die Kringer Hütte (Forsthütte) bis zur Brücke. 


Zeitbedarf:

Roßschläg-Musauer Alm: 1 Std
Musauer Alm-Otto Mayr-Hütte: 35 min auf dem Fahrweg
Otto Mayr-Hütte-Gipfel: 1 Std 20 min (mit guter Spur etwa 1 Std)
Abstieg: 2 Std 15 min


Skitouristen haben es an der Schlicke übrigens nicht leicht. Neben dem flachen Talhatscher wartet oben eine zumindest für die Abfahrt unangenehme Latschenzone. Mit Schneeschuhen kein Problem. Trotzdem wird der Berg mehr mit Ski als mit Schneeschuhen bestiegen, wenn dann die Verhältnisse stimmen. Vom Füssener Jöchle kann man die Schicke ebenfalls anvisieren, dann ist der Weg nicht ganz so lang wie durch das Raintal.

Das Gipfelkreuz ist in der Tat gewöhnungsbedürftig. Ich persönlich finde es aber schön. Design auf dem höchsten Punkt, warum nicht? Besser jedenfalls als Werbeaufkleber oder andere Hinterlassenschaften bergsteigender Wichtigtuer.