´Wasserfallklettern´ an den Vajoletttürmen


Publiziert von Michael26 , 29. November 2013 um 19:23.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:27 August 2013
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 300 m
Abstieg: 300 m
Strecke:Normalweg Stabelerturm
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Frommer Alm, Auffahrt mit dem Laurinslift zur Rosengartenhütte, über den Santnerpaß-Klettersteig zum Gartl
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Abstieg über Vajoletthütte und Tschagerjoch zurück zur Rosengartenhütte
Unterkunftmöglichkeiten:Gartlhütte

August 2013, drei Wochen Zeit zum Bergsteigen und nach den ersten beiden Wochen mit der Familie soll die dritte Woche der Höhepunkt werden. Drei gestandene Bergsteiger (mit in Summe ca. 100 Jahren Bergerfahrung) treten an mit Plänen von der Roggalkante in den Lechtalern bis zur Wilden Leck in den Stubaiern oder gar der Fußsteinkante.

Aber zunächst kommt alles ganz anders, der Wetterbericht ist nämlich zumindest für die erste Wochenhälfte richtig schlecht. Nach eingehenden Beratungen folgen wir dem alten Glauben, dass das Wetter doch im Süden immer besser ist als im Norden und steuern die Dolomiten an, und zwar den Rosengarten mit Ziel Gartlhütte. Von dort ist es bekanntlich nur ein Katzensprung auf die Vajoletttürme oder die Rosengartenspitze und dafür wird sich wohl ein regenfreies Wetterfenster finden.
So, 25.8. Zunächst läuft auch alles nach Plan. Bei den letzten Einkäufen in Welschnofen lugt sogar noch die Sonne zwischen den dicken Wolken hervor, aber spätestens beim Aufstieg über den Santnerpaß-Klettersteig tauchen wir in Nebel ein und beim letzten steilen Aufschwung zum Santnerpaß erwischt uns ein ordentlicher Graupelschauer. Wir lassen uns aber nicht verdrießen und steuern entschlossen die Gartlhütte an. Zumindest ist der Weg nicht gerade überlaufen, weit und breit kein Mensch und es kommen uns sogar Zweifel, ob die Hütte überhaupt geöffnet ist. Aber keine Sorge, sie ist geöffnet, wohlbeheizt und die Hüttenwirten und ihr Team nehmen uns herzlich in Empfang.

Mittlerweile ist es fortgeschrittener Nachmittag, wir wollen aber noch einen Erkundungsgang zu den Vajoletttürmen machen. Gesagt getan, trotzt dunkler Wolken ziehen wir los, um den Einstieg zum Fehrmannkamin zu suchen. Der ist eigentlich nicht zu verfehlen, weil die logische und nicht zu übersehende Linie auf den mittleren Stabelerturm, aber drei Bergsteiger stehen für drei Meinungen und während wir noch die optimale Route diskutieren ertönt ein erstes Donnern aus dem Vajoletttal. Nach dem zweiten brechen wir unsere Suche ab und kehren in die Hütte zurück, etwas betrübt durch erste Zweifel bezüglich des Wetters. Was macht man bei Schlechtwetter auf der Gartlhütte ?

Aber zunächst erleben wir beste Abendunterhaltung. Es sind nämlich zwei Kinder auf der Hütte, Lilli, die 6-jährige Tochter der Schwester der jüngeren Hüttenwirtin und ihr Freund Iwan, etwa im gleichen Alter. Die beiden geben richtig Gas, wir werden zu einer Tanz-Performance eingeladen, gegeben werden die neuesten Hits von Shakira und zuletzt tanzen alle mit. Guten Südtiroler Rotwein gibt es auch und der Abend ist mehr als gerettet.

Mo, 26.8. Der erste Blick aus dem Fenster am nächsten Morgen verheißt leider nichts gutes. Die Türme in Wolken verhüllt, Nieselregen, nicht gerade Gipfelwetter. Trotzdem ziehe ich los um den Einstieg zumindest zum Normalweg auf den Stabelerturm zu erkunden. Der läßt sich problemlos finden und nach dem Frühstück ziehen wir entschlossen in Richtung Berg. Leider ist aber inzwischen aus dem Nieselregen ein gediegener Dauerregen geworden und damit gerät der Anlauf gleich wieder ins Stocken. Trotzdem wollen wir es jetzt wissen und gehen den Piazturm an, das ist ja nur eine Seillänge. Ich darf vorsteigen, bleibe aber auf halber Strecke hängen, denn die mittlere Passage mit Schwierigkeitsgrad IV+ ist mir im strömenden Regen doch nicht ganz geheuer. Ja geht denn heute gar nichts mehr ? In unserer Verzweiflung ziehen wir zum Santnerpass hinauf, vielleicht geht ja was auf der Rosengartenspitze, diese Route ist ja nur III+. Am Santnerpass drehen wir dann konsterniert um und gehen zurück in die Hütte. Regen und Nebel haben uns fürs Erste geschlagen.

Zum ersten Mal fällt das Wort ´Abstieg´ und eine heiße Diskussion über die weitere Planung entbrennt. Trotzt schlechtem Handyempfang gelingt es uns einen aktuellen Wetterbericht abzurufen, was zu gemischten Gefühlen führt. Wir haben gerade Montag, bis Mittwoch ist der Wetterbericht in den gesamten Ostalpen schlecht, nur für Dienstag Vormittag ist ein kurzes Zeitfenster mit der Wettervorhersage ´Bedeckt´ für den Rosengarten gemeldet. Aber was sagt uns das ? Nach einigem hin und her steht der neue Plan. Wir werden für eine weitere Nacht auf der Hütte bleiben, einen weiteren Versuch an den Türmen am Diensttag morgen starten und danach absteigen.

Mittlerweile sind weitere Gäste auf der Hütte eingetroffen mit zwei weiteren Kindern und für neue Unterhaltung ist gesorgt. Jetzt steht Kartenspielen auf dem Programm und das wird ein richtiger Kracher. Das Spiel heißt „Hol´s der Geier“ und ich kann allen Hüttenwirten nur empfehlen, es dringend in ihr Repertoire aufzunehmen, denn für verregnete Hüttentage ist es eine sichere Bank zur Rettung der Stimmung, und das für alle Altersklassen. Ja, der Unterhaltungswert steigt noch umso mehr, je gemischter die Spielergruppe ausfällt. Bei uns sind Mitspieler in einem Alter von 6 bis über 50 Jahre dabei und es ist einfach wunderbar lustig.

Allen Ernstes starten wir am späteren Nachmittag zu zweit einen weiteren Anlauf am Stabelerturm. Was soll ich viel sagen, es wird eine äußerst kuriose Kletterei. Es regnet nach wie vor in Strömen, zunächst stehen wir mit Regenschirm am Einstieg, dann klettern wir durch einen Wasserfall, wobei uns das Wasser beim Ärmel rein und Kragen wieder raus rinnt. Zuletzt erreichen wir den ´Angelehnten Pfeiler´, die Schlüsselseillänge im Normalweg bewertet mit IV-, und da uns mittlerweile so ziemlich alles egal ist, wollen wir auch da noch hinauf. Nach kurzer Diskussion verschieben wir aber vernünftigerweise diesen Anlauf auf morgen, denn im Regen sieht das alles doch ziemlich übel aus.

Auch der zweite Abend wird Dank Lilli, Iwan, Shakira, „Hol´s der Geier“ und Südtiroler Rotwein wieder ein Riesenerfolg. Die Stimmung ist wieder oben und der neuste Vorschlag lautet, das Schlechtwetter hier auszusitzen. Der wird aber zuletzt auch wieder verworfen, noch ein Glas Rotwein und ab ins Lager. Am nächsten Morgen soll der Gipfel endlich fallen.

Di, 27.8. Tagwache um 6 h, Himmel bedeckt und einige Nebenschwaden unterwegs, aber kein Regen und Türme frei. Ohne Frühstück stürmen wir los, denn das würden wir erst um halb acht bekommen, was viel zu spät wäre und zwischenzeitlich könnte es ja schon wieder regnen. Allerdings steigen wir nur noch zu zweit in die Route ein, unser dritter Mann will doch nicht aufs Frühstück verzichten. Aber jetzt kann uns nichts mehr halten, wir kraxeln die Route trotzt nassem ´Angelehnten Pfeiler´ hinauf und stehen flugs auf dem Gipfel des Stabeler Turms. Hurra, alles halb so schlimm, es ist geschafft, wunderbar schmeckt der mitgenommene Müsli-Riegel. Die Sicht könnte besser sein, aber immerhin sieht man durch die Nebelschwaden ab und zu auf die anderen Türme und hinunter auf Gartl- und Vajoletthütte.

Nach kurzer Rast entscheiden wir uns nach Norden abzuseilen, in die Scharte zwischen Delago- und Stabelerturm und dann weiter hinunter über die Abseilpiste. Wer einmal wirklich Luft unterm Hintern haben möchte dem sei diese Abseilstrecke wärmstens empfohlen.  Vor allem die ersten beiden Abseillängen bis in die Scharte sind wirklich beeindrucken, hier geht es locker 500 m praktisch senkrecht hinunter ins Tierser Tal.

Wieder unten angekommen blitzt die Idee auf, noch eben die nahe Delagokante dranzuhängen, aber der Plan lautet nun einmal Absteigen und das Wetter sieht auch nicht wirklich sicher aus.
Genau drei Stunden nach dem Aufbruch sind wir wieder in der Hütte und genehmigen uns ein wohlverdientes Frühstück. Lilli kommt schon mit der nächsten Spielidee (ich glaube es war Monopoly), aber diesmal müssen wir sie leider enttäuschen. Wir packen, verabschieden uns herzlich von unserer Hüttenwirtin, ihrem Team und den Kindern und steigen über Vajoletttal und Tschagerjoch ab. Ganz trocken bleiben wir dabei doch nicht, die Höhenmeter am Tschager Joch gehen auch noch einmal richtig in die Beine, aber zuletzt sind wir gegen 15 h wieder zurück beim Auto.

Wie die Woche weiter gegangen ist ? Über Bozen, Ötzi-Museum, Brenner und Ötztal werden wir uns ins Sulztal kämpfen, auf der Ambergerhütte unser Lager aufschlagen, über Gletscher und Grate den Windacher Daunkogel und die Wilde Leck versuchen und auch dabei wieder eine Menge Abenteuer erleben. Aber das ist eine andere Geschichte. 

Tourengänger: Michael26


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