Buochserhorn - Auftakt zur Skitourensaison


Publiziert von Maisander , 21. November 2013 um 13:30.

Region: Welt » Schweiz » Nidwalden
Tour Datum:16 November 2013
Ski Schwierigkeit: WS-
Wegpunkte:
Geo-Tags: Bauen - Brisen - Bürgenstock   CH-NW 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m
Strecke:Niederickenbach - Buochserhorn - Bleikigrat - Niederrickenbach
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Zentralbahn und Luftseilbahn Maria-Rickenbach
Kartennummer:1171

Dass ich heute mit den Skis am Buochserhorn unterwegs bin, ist wohl das Resultat von jugendlichem Übermut und Pragmatismus: Die Schneeschuhe sind noch irgendwo im hintersten Winkel des Berner Oberlandes vergraben und für klassisches Wandern scheint doch etwas viel Schnee zu liegen. 
Zu guter letzt will ich möglichst schnell der nebelgrauen Tristesse entfliehen und mich versichern, ob es sie noch gibt: die Sonne! 

Die Seilbahn bringt mich in Kürze nach Niederrickenbach - ein Ort der Ruhe und Gastfreundschaft, wie sich einmal mehr zeigen wird. Noch liegt alles im Nebel; aber dafür gibt es schon genug Schnee, um problemlos mit den Skis aufsteigen zu können. Im Bleikigraben grüsst schon mal tiefster Winter, ehe man im offenen Weidegelände mehr und mehr das Gefühl hat: ja, es wird heller, die Sonne drückt, es kann nicht mehr weit sein! Tatsächlich muss man sich die Befreiung aus dem Nebel aber regelrecht verdienen: erst auf einer Höhe von ca. 1500m tritt man in die andere, sonnenlichtdurchflutete Welt ein. Schlagartig umgibt einen schier sommerliche Wärme - einfach herrlich! Der Schnee leidet hier natürlich arg und erinnert an die Verhältnisse im Frühling. Kaum zu glauben, dass an sonnenabgewandten Hängen trotz der hohen Temperaturen immer noch feinster Pulverschnee liegt! 

Zugegebenermassen ist der Aufstieg ebenso wie die Abfahrt über den Gipfelhang des Buochserhorns kein wirkliches Vergnügen - von Skifahren im eigentlichen Sinne kann hier nicht die Rede sein. Aber darum gehts ja nicht... Vielmehr gilt: Sonne gefunden - Gemüt erhellt!

Trotz der nun frischen Brise lässt es sich beim Gipfelkeuz bestens verweilen. Ein einheimischer und überaus schwatzhafter Gentleman nimmt alle Ankömmlinge mit einem feierlichen Grüess Gott, Kamerad! in Empfang und bietet den Gipfelstürmern ein Versuecherli seines köstlichen Christstollens an - an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank!

Da es mich innerlich fast zerreisst, wieder in die graue Einöde eintauchen zu müssen, lege ich auf der Abfahrt eine weitere Pause bei einem wunderbar gelegenen Bänkli ein. Hier richte ich mein sonnenbeschienenes Bürööli ein. Ich habe nämlich noch einige Arbeit zu erledigen, und aus langjähriger Erfahrung weiss ich: im Angesicht der Sonne geht das einfach besser! Nun ja, wirklich weit komme ich mit der Arbeit dann auch nicht, gibt es doch zwei Begebenheiten, die meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Erstens ist da der gute alte Nebel, der sich immer weiter hochzüngelt und mir hie und da bis zum Hals reicht. Zweitens taucht bald einmal ein kurliger Typ - fürchterlich keuchend wie ein alter Hund - aus dem Grau auf: schweissgebadet, in Turnschuhen (!) und mit Freundin im Schlepptau. Dass er sich nach jedem Atemzug den Schnodder mit einem nicht allzu schmackhaften Geräusch runterzieht, passt bestens zur gruseligen Entdeckung, dass seine Jeans (!) leider nicht das ganze Ausmass seines Allerwertesten bedecken mögen.
Jedenfalls ist dieser Typ exakt die Art Begegnung, die mir in den Bergen gerade noch gefehlt hat! Oder anders: ich nehme diese psychologische Herausforderung dankend an und versuche mit allen Mitteln, ruhig zu bleiben. Einfach die Augen schliessen, tief durchatmen und die wärmenden Sonnenstrahlen wie Balsam einwirken lassen...

Irgendwann tritt der erlösende Zeitpunkt ein: Die gelfrisierte Gestalt macht sich mit ihrem Anhang an den Abstieg, entschwindet im Nebel und gibt aus der Ferne noch ein paar undefinierbare Schrei-Laute von sich. Die Frage eines vorbeigehenden Wanderers, ob da unten noch Ziegen weiden, hätte man unter diesen Umständen ohne weiteres bejahen können. Wie beruhigend, dass auch diese Episode noch mit einer Prise Humor endet...

Langsam geht der Tag seinem Ende entgegen. Je tiefer die Sonne am Himmel steht, desto farbenreicher werden die Stimmungen. Die letzten Wanderer steigen talwärts; ich jedoch bleibe noch ein Weilchen. Das Spektakel des Sonnenuntergangs nimmt mich gefangen. Lange ist es her, als ich so etwas zum letzten Mal in dieser Intensität erleben durfte. In Anbetracht des grandiosen Naturschauspiels werden die Mühseligkeiten des Alltags plötzlich ganz klein, und auch die vorige, leicht nervenaufreibende Begegnung relativiert sich und wird völlig nebensächlich. 

Das letzte Tageslicht will ich für eine möglichst schadenfreie Abfahrt nutzen. Wohl oder übel gehts zurück ins Nebelmeer. Der Schnee hat sich etwas gesetzt und bietet eine ganz passable Unterlage. Fahrgenuss kommt aber auch hier erwartungsgemäss keiner auf, vielmehr bin ich froh und überrascht zugleich, selbst den steinigen Bleikigraben ohne Kratzer passiert zu haben. 

In Niederrickenbach bleibt etwas Zeit, um vom Angebot "Kaffee und Kuchen im 1. Stock der Bergstation" Gebrauch zu machen. Unverhofft landet man dabei direkt in Wohnstube der Seilbahnwartin. Doch das ist ganz gemütlich, die nette Dame gesellt sich für einen kurzen Schwatz zu mir. Am Ende darf man einen Betrag nach eigenem Ermessen ins Kässeli werfen. So sieht doch wahre Gastfreundschaft aus!
Mit diesen positiven Eindrücken mache ich mich schliesslich auf den Heimweg.

Tourengänger: Maisander


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