Nüneneflue - eben doch kein Grashoger


Publiziert von Maisander , 20. Oktober 2013 um 00:39.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Simmental
Tour Datum:19 Oktober 2013
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: ZS - Fahrtechnisch anspruchsvoll
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1650 m
Strecke:Därstetten - Buuschetal - Chessel - Schwalmerepass - Nüneneflue - Buuschetal - Stigimaad - Balzenberg - Eschle - Allmede - Oey
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV: BLS-Lötschberger
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Kartennummer:1206 / 1207 / 1226 / 1227

Die Nüneneflue ist kein klassischer Kletterberg und schon gar kein Wanderberg. Also was ist sie dann? Ein Hybrid aus Gras und Fels, auf alle Seiten steil abfallend? Als Kind wurde mir damals weisgemacht, dass man da "nicht rauf geht". Nun denn, einige Jahre und Erfahrungen später wandeln sich vermeintliche Tatsachen.

Heute ist so ein Tag, wo es einen förmlich nach draussen zieht. Klare Luft und eine herbstlich-hilbe Milde in der Höhe laden geradezu ein, in den Bergen rumzukraxeln. Dass ich es heute nicht allzu früh aus dem Bett schaffe, wirkt sich zwar positiv auf meine Kleiderwahl aus: dank den schon wärmeren Temperaturen ist sommerliches Tenue angesagt. Demgegenüber bleibt nun nicht mehr so viel Zeit, in komfortable Höhen zu gelangen. Ich kompensiere dies mit einer Anreise per Bike. Bergauf ist man da nicht unbedingt schneller, dafür sicherlich bergab...

Kurz vor Mittag gehts los in Därstetten im Simmental. Vorbei an heimeligen Chalets steuere ich den Eingang zum Buuschetal an. Recht abenteuerlich schlängelt sich das Strässchen hier den Felsen entlang, zum Teil sogar in Tunnels. Es folgt ein längeres schattiges Flachstück, bevor die Strasse auf der anderen Seite des Baches einer Rampe gleich wieder merklich steiler wird. Bei der Haaggli-Brücke lohnt es sich, kurz einen Blick in die imposante Schlucht zu werfen - unerwartet tief hat sich das Wasser in die Felsen eingefressen. In den sonnigen Hängen um Mittelberg wirds sommerlich warm und gleichzeitig so steil, dass ich das Bike meist schieben muss - sogar auf der Abfahrt werde ich an der steilsten Stelle absteigen müssen. Im oberen Teil der Fahrstrecke erinnern einige Schneereste ans winterliche Intermezzo letztes Wochenende. 

Bei einer Ruine im Chessel ist Endstation fürs Bike. Ich steige auf den Schwalmerepass und schaue ehrfürchtig zur Nüneneflue auf. Zu Beginn quert man ein paar Meter in die Südflanke hinaus, bevor man steil und in einigen Griffen den Grat oberhalb des ersten felsigen Aufschwungs erreicht. Nun wirds beidseitig ausgesetzt. Man hält sich praktisch immer an die Gratschneide und weicht ein-zwei Mal leicht in die Nordflanke aus. Kleine Schneefelder zu dieser Jahreszeit machen die Sache nicht unbedingt einfacher. Schlüsselstelle im Aufstieg ist für mich der Ausstieg aus einem schwach ausgeprägten vertikalen Band. Ein bisschen mulmig wird mir beim Gedanken, wie ich da wieder runter komme, denn runter ist ja meist noch etwas kniffliger als rauf. Bald ist das Gipfelkreuz in Sichtweite, der Grat wird endlich flacher auf den letzten Metern.

Auf dem Gipfel geniesse ich die fantastische Fernsicht und die Einsamkeit - gerade letzteres trifft auf den westlichen Nachbarn Gantrisch nicht zu. Auf dem Vorgipfel der Nünene tummeln sich noch ein paar Kletterer; diese knobeln aber noch lange an einem Felskamm im Übergang zum Hauptgipfel rum - so habe ich den Gipfel für mich alleine.

Um ca. 15h trete ich den Abstieg über die gleiche Route an. Mit viel Respekt nähere ich mich meiner Schlüsselstelle, doch überraschenderweise kommt sie mir nun fast einfacher vor - dafür wiederum verlangen andere Stellen, die ich im Aufstieg kaum bewusst so wahrgenommen habe, äusserste Aufmerksamkeit. Obwohl die Route über den Ostgrat nur wenige Höhenmeter und eine kleine Strecke überwindet, nimmt sie einige Zeit in Anspruch. In solchem Gelände bewege ich mich langsam und sehr vorsichtig, prüfe jeden Griff und achte auf sicheren Stand. Wegen der Exponiert- und Steilheit wird ihr die Bewertung T6 sicher gerecht. Dank durchgehend vorhandenen Pfadspuren und guten Griffen in Gras und schönem Kalkfels ist sie aber auch durchaus genussvoll! Und dennoch bin ich dann schon etwas erleichtert, wieder heil auf dem Schwalmerepass zu landen.

Nun steht noch die lange Talfahrt per Bike bevor, und mit ihr einige wunderschöne herbstliche Stimmungsbilder. Die idyllische Ruhe, die sich im Herbst in den Tälern ausbreitet und das milde, schon fast etwas wehmütige Sonnenlicht sind einfach unbeschreiblich. 

Da meine Ankunft im Tal ziemlich schlecht auf den Fahrplan des Zuges abgestimmt ist, beschliesse ich, an den sonnenbeschienenen Hängen via Stigimaad - Balzeberg -Eschle talauswärts zum Bahnhof Oey zu radeln, wo mich schliesslich die Bahn aufschnappt.


Fazit: Eine herrliche, abwechslungsreiche, stimmungsvolle und teils auch abenteuerliche Tour!

Tourengänger: Maisander
Communities: Bike & Hike, T6


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Kommentare (7)


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Aendu hat gesagt: Gratuliere...
Gesendet am 20. Oktober 2013 um 13:18
...zur Nünene! Ist immer eine schöne Tour und dann erst die Aussicht...!

Gruss, Aendu

Maisander hat gesagt: RE:Gratuliere...
Gesendet am 20. Oktober 2013 um 23:14
Danke! Scheint ja so was wie dein Hausberg zu sein ;-)
Lg Maisander

sniper hat gesagt:
Gesendet am 17. August 2014 um 19:06
hast du die Nünenen Besteigung ohne Sicherung, resp. Seil gemacht???

Gruss sniper

Maisander hat gesagt: RE:
Gesendet am 18. August 2014 um 11:33
Ja, auf dieser Route geht es ohne Seilsicherung. Es gibt an einigen Stellen Haken wo du dich sichern könntest. Das Gelände verzeiht aber keinen Fehler!

Gruss Maisander

sniper hat gesagt: RE:
Gesendet am 18. August 2014 um 15:22
Besten Dank für die Info. Hab heute Ochsen-Gemsgrat-Gemsflueh-Nünenen-Gantrisch gemacht und bin anschl. noch zur Schwalmeren gewandert und hab mir den "Einstieg" angeschaut.
Ich bin dann vom blauen Pfeil etwa 10 -15 Meter weiter dem Grassaum entlanggekrackelt, bis dann wohl der Aufsstieg beginnt.

Wie würdest du ab diesem Standpunkt die Tour beschreiben, resp. ist v.a. am Anfang die Schwierigkeit am grössten und wie ist es beisp. im Gegensatz (Schwierigkeit) zur Gemsflueh?

Besten Dank für deine Bemühungen, freue mich auf deine Einschätzung :-)

Gruss sniper

Maisander hat gesagt: RE:
Gesendet am 19. August 2014 um 00:23
Die Gemsfluh kenn ich leider nicht, aber das soll ja auch eine T6-Tour sein. Die Nünene ist bei mir nun schon wieder ein Weilchen her…
Ich weiss noch dass mich der Einstieg und die eine Stelle oben am Grat (siehe Bericht) am meisten forderten. Diese Gratpassage, für mich die Schlüsselstelle, ist halt noch mal wesentlich ausgesetzter als der Einstieg, zudem finden sich dort keine grosszügigen Tritte und Griffe…

Ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg an der Nünene!

Grüsse, Maisander

sniper hat gesagt:
Gesendet am 20. August 2014 um 15:46
Genial, besten dank für deine Einschätzung :-)

Grüsse zurück, sniper


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