Hochgall 3436m - König der Rieserferner


Publiziert von georgb , 6. August 2013 um 22:16.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 6 August 2013
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS+
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Bruneck-Sand in Taufers-Rein-Parkplatz Säge im Bachertal 1595m
Kartennummer:tabacco 035 Ahrntal/Rieserferner Gruppe

Von jeder Seite eine "Keule" schreibt der legendäre Richard Goedeke. Das gilt demnach auch für den von uns gewählten Aufstieg über den Nordwestgrat. Dabei kommt für den "Normalbergsteiger" eigentlich nur diese Variante in Frage, denn der Zugang auf österreichischer Seite hat sich zu einem heiklen Unternehmen entwickelt, seit die Eisrinne im Sommer zum Teil aus losem Geröll besteht, leider. Auch am Hochgall ist die Klimaveränderung nicht vorübergegangen, die berühmte Eistour über die Nordwand ist ebenfalls nur noch im Winter sinnvoll. Selbst unser Zugang zeigt deutliche Spuren, so ist einerseits im Sommer keine Eisausrüstung mehr nötig, andererseits sind die Steilhänge soweit abgebröselt, dass manche Umgehung inzwischen nicht mehr vertretbar ist und der Grat meist direkt überklettert werden muss. Das hat zur Folge, dass ich die Gesamtkletterschwierigkeit auf III- einstufen würde, zumindest sollte man darauf vorbereitet sein!? Aus eigener Kraft wäre der Hochgall sowieso nur schwer erreichbar, ohne die drei Fixseilpassagen ging da nicht viel. Und selbst am Seil heißt es gut aufpassen und zupacken, als Klettersteig kann man  das nicht bezeichnen.
Aber zur Tour: Um 6 Uhr zu starten war keinesfalls zu früh, unsere Mitstreiter sind auch schon unterwegs. Der Aufstieg zur Kassler Hütte dient als Warmlaufen, danach folgt man erst dem Hartdegenweg (Nr.8) ca 15 Min und zweigt dann bei der ersten Bachquerung nach rechts ab (FD steht auf einem Felsen!?). Ab hier führt uns ein deutlicher Pfad mit vielen Steinmännern immer aufwärts bis zum Vorgipfel, dem Grauen Nöckl (ca. 3 1/2 Stunden vom Parkplatz), dazwischen ein übler Geröllhang und eine passable IIer Kletterstrecke. Das wäre für sich schon eine veritable Gipfeltour auf immerhin 3084m, aber mit einem solchen Riesen im Rücken wird man einfach ignoriert.
So ist es nur ein Vorgeschmack, jetzt beginnt das Unternehmen Hochgall erst und zwar gleich mit der Schlüsselstelle, der Traverse zum Nordwestgrat. Die Überschreitung der folgenden Gendarme bewegt sich im oberen 2er Gelände und führt gut ausgesetzt bis zur ersten Scharte, wo ein Seil annähernd senkrecht hinunterhilft. Durchatmen, schwieriger wird es nicht!
Ab hier ist selbstständiges Klettern (400 Hm! durchgehend I und II) angesagt, die Orientierung ist dafür klar, im Zweifel immer auf den Grat zurück! Kurz unter dem Gipfel nochmal 2 Fixseilpassagen, über Platten, die auch schlecht anders zu überwinden sind, Armkraft ist gefordert! Der Übergang vom Vor- zum Hauptgipfel ist dagegen heutzutage leicht, von früheren Wächten keine Spur mehr. Dafür bricht gerne mal ein Stück ab und schafft neue Schwierigkeiten, wie mabon hier zu berichten weiß, Danke!
Ein gewaltiger Gipfel, Panorama satt, Tiefblick zum Antholzer See und nördlich auf den Gletscher, beeindruckend! Gegenüber der Wildgall, nochmal ein Stück schwieriger, einer der ganz anspruchsvollen Berge in den Rieserfernern und entsprechend seltenst bestiegen. 
Wir reißen uns los und zusammen mit fünf Gleichgesinnten gehts hinab auf die lange Fahrt. Das Zeitfenster ist groß und so kommen wir stressfrei und mit Fotopausen einigermaßen kraftsparend und knieschonend zur Hütte. Nicht ohne dass uns Armin und Benedikt, zwei nette Burschen aus Mühlbach im Eisacktal überholen, die von der Überschreitung Südwest-Nordwest zurückkommen.
Die gemütliche Einkehr haben wir uns in jedem Fall verdient, ein wahrhaft königlicher Tag im Pustertal!

Nachtrag:
Durch den faszinierenden Bericht von Andi Dick im Panoramaheft 2/2014 ist in Deutschland das Interesse an den Rieserfernern sprunghaft gestiegen. Meiner bescheidenen Meinung nach entsprechen allerdings die Schwierigkeiten nicht unbedingt seiner Beschreibung. Auch die Hüttenwirte berichten von zahlreichen überforderten Wanderern, nicht zuletzt wegen der schwierigen Wetterbedingungen in diesem Jahr. Speziell der Hochgall ist definitiv kein Gipfel zum "Mitnehmen" für Bergwanderer, auch wenn trainierte Alpinkletterer vielleicht über die Schwierigkeit lächeln. Zudem muss man immer mit Überraschungen rechnen, fast jährlich brechen hier ganze Felsen ab und verändern die Tour teilweise erheblich!

 

Tourengänger: georgb


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