Rheinwaldhorn 3402m - weit mehr als nur Kantonshöhepunkt


Publiziert von Mueri , 13. April 2013 um 19:50.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Valsertal
Tour Datum: 9 April 2013
Ski Schwierigkeit: ZS-
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   CH-TI   Gruppo Rheinwaldhorn   Gruppo Pizzo di Cassimoi 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Strecke:Zervreila - Canalbrücke - Oksastafel - Lampertsch Alp - Läntahütte - Rheinwaldhorn
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit PW (oder mit Shuttle im Winter, ÖV im Sommer) nach Zervreila, wo sich beim Restaurant ein öffentlicher Gratisparkplatz befindet
Unterkunftmöglichkeiten:Läntahütte SAC

Warum nicht mal die höchste Erhebung der Sonnenstube der Schweiz, des Tessins, nachdem ich im vergangenen Jahr mit demselben Kollegen den höchsten Glarner erklommen habe? Gemäss Tourenbeschreibung dürfte sie relativ einfach machbar sein - und dies von verschiedenen Seiten.

Nachdem wir uns entschieden hatten, vom Norden her anzugreifen, blieben dennoch einige Fragen: Wird das Wetter mitspielen, zumal eher feuchtes Wetter verheissen wurde? Wird eine gute Spur über den Läntagletscher hoch zum Rheinwaldhorn sichtbar sein, zumal der Gletscher kirchturmtiefe Spalten bergen soll? Oder geht vielleicht eine andere, ortskundigere Gruppe am selben Tag von der Läntahütte SAC hoch zum Rheinwaldhorn, der man sich gegebenenfalls anschliessen könnte? Ein Telefonat mit dem Hüttenwart der Läntahütte sollte Klarheit verschaffen.

Nach dem Anruf war schnell klar: Mein Kollege und ich werden in der Läntahütte seelenruhig schlafen können, fern vom sonst oft nervenden Geschnarche. Auch nicht nur ein einziger weiterer Gast wird nämlich zugegen sein; ja selbst der Hüttenwart wird am besagten Abend ausser Haus sein. Bezüglich Sichtverhältnisse und ersichtlicher Spur über den Gletscher hoch zum Gipfel des Rheinwaldhorns zeigte er sich optimistisch.

So machen wir uns nach einem detaillierten Studium des Aufstiegsweges hoch zum Rheinwaldhorn auf, ab nach Vals, auf gutes Wetter hoffend...


Um ca. 13.00 Uhr starten wir zu zweit planmässig  in Zervreila beim öffentlichen Parkplatz. Ohne die Skier auch nur einen Meter tragen zu müssen, machen wir uns der ab dort schneebedeckten Strasse folgend auf zur Kapelle (P. 1984). Von dort folgen wir, begleitet von leichtem Schneefall, dem gut erkennbaren Weg hinunter zur Canalbrücke, überqueren diese und erreichen quasi ohne Anstieg die Oksastafel. Dort überqueren wir den Valser Rhein (man kann diesen durchaus auch erst nach Lampertsch Alp überqueren) und folgen ihm talaufwärts bis zur Läntahütte. Auf der Strecke von Zervreila bis zur Läntahütte überwindet man zwar nicht sonderlich viele Höhenmeter, doch ist sie nicht zu unterschätzen. Sie ist lang, und aufgrund des fehlenden Gefälles über weite Passagen hinweg muss man auch bei der Heimkehr genügend Zeit einberechnen.

Die Läntahütte zeigt sich als wahrliches Bijou. Dort angekommen, entdecken wir die Spuren eines ausgezeichneten Hüttenwarts: Das Abendessen steht für uns beide zum Aufwärmen bereit, und auf dem gedeckten Tisch liegen Grussworte, eine Karte sowie ein laminiertes Blatt, auf dem sich ein Foto des Läntagletschers mit eingezeichneten Aufstiegsweg findet.

Anstelle des sonst üblichen Gedränges in solchen Hütten haben wir Platz in Hülle und Fülle. Von Hektik keine Spur... Gemütlich heizen wir ein, gönnen uns einen guten Tropfen und geniessen dazu das mehrgängige Abendessen, das wir nur noch aufzuwärmen brauchen. Draussen rüttelt der Wind kräftig an der Hütte. Die Sicht auf die Spitze des Rheinwaldhorns wird uns an diesem Tag verwehrt. Nebel und Wolken zieren die hintersten Winkel des Tales. Ob morgen noch Spuren erkennbar sein werden? Bereits um 21.00 Uhr ist bei uns Nachtruhe angesagt. Schliesslich soll um ca. 05.00 Uhr der Wecker klingeln.

Nach einer ruhigen, ja phantastischen Nacht brechen wir kurz vor 06.00 Uhr auf. Der Himmel ist klar! Am Fusse der Zunge des Läntagletschers angekommen, entscheidet sich mein Kollege, zur Hütte zurückzukehren. Zu angeschlagen ist er, die noch verbleibenden 1000 Höhenmeter in Angriff zu nehmen. Ich steige nach Absprache mit ihm allein durch eine in westliche Richtung ansteigende Rampe (ca. 10-20 Höhenmeter aufgrund des Gefälles die Skier tragend) hoch, quere den Gletscher auf ca. 2800 m. ü. M. von West nach Ost und steige sodann problemlos hoch zum Gipfel. Wie vermutet, sind auf dem Weg über den Gletscher hoch zum Gipfel keine anderen Spuren zu erkennen. Dafür liegt eine ca. 10-15 cm dicke Schicht feinsten Pulverschnees auf dem Gletscher und lässt von einer herrlichen Abfahrt träumen. Kurz nach 10.00 Uhr ist das Tagesziel, der höchste Tessiner, erreicht. Freude mischt sich mit Wehmut darüber, diesen Moment alleine geniessen zu müssen.

Nach einer kurzen Gipfelrast folgt die herrliche Abfahrt, bevor erste Wolken aufziehen. Ich entscheide mich, über den Aufstiegsweg abzufahren, der teils kaum mehr erkennbar ist; der Wind leistet ganze Arbeit. Bestimmt wäre die Abfahrt über die mittlere Eiszunge zwischen dem oberen und unteren Teil des Läntagletschers traumhaft gewesen, doch ...

Zurück in der Hütte muss ich mich erst erholen, bevor wir dann wieder gemeinsam die Rückreise in Angriff nehmen. Das Dessert - das wissen wir beide - steht ja noch aus: ein Gegenanstieg von über 100 Höhenmetern nach der Canalbrücke.

Am Ende dieses Gegenanstiegs, oben bei der Kapelle, begegnen wir schliesslich noch dem Hüttenwart. Ob er es noch geschafft hat, die drei Tourengänger einzuholen, die uns beim Horabach entgegengekommen sind? Jedenfalls durfte er die Hütte so antreffen, wie er sie verlassen hat, aufgeräumt.

Fazit: eindrückliche und empfehlenswerte Tour hoch zum höchsten Tessiner bei überraschend gutem Wetter und geniale Übernachtung in der Läntahütte (so lasse ich mich gerne wieder mal zu einer mehrtägigen Tour überreden). Steigeisen waren bei den aktuellen Bedingungen nicht nötig. Die Abfahrt über die Eiszunge zwischen dem oberen und unteren Teil des Läntagletschers werde ich ein anderes Mal rocken...

Danke, Stefan, für die Begleitung!

Tourengänger: Mueri


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