Sairécabur 5980m ü.M.


Publiziert von amphibol , 14. April 2013 um 00:04.

Region: Welt » Chile » Región de Antofagasta
Tour Datum:10 April 2013
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Wegpunkte:
Geo-Tags: RCH   BOL 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 580 m
Abstieg: 580 m
Strecke:Mit dem Jeep bis zum Radioteleskop, danach Südflanke, auf der Anhöhe gegen Osten drehen und dann von Osten auf den Gipfel (über grosse FelsenI)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von San Pedro de Atacama mit einem Jeep (bestenfalls) bis auf 5200m ü.M. wo ein Radioteleskop steht. Die Strasse ist furchtbar, v.a. wenn man mit Kopfschmerzen zurückfährt.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:= Ausgangspunkt
Unterkunftmöglichkeiten:In San Pedro de Atacama gibt es viele Unterkunftmöglichkeiten in allen Preisklassen. In der Hochsaison (Dez-Feb) muss im Voraus gebucht oder reserviert werden.

Sairécabur 5980m ü.M.

[09.04.2013] Nach einem Ruhetag in San Pedro de Atacama, während dem wir "nur" unsere Weiterreise nach Bolivien geplant und bei einem lokalen Anbieter gebucht haben, kauften wir am Markt noch eines der hiesigen Wundermittel, dass für die bessere Verträglichkeit der Höhe helfen soll. Unser "Padre" im Hostal malte uns auf die Karte von San Pedro de Atacama ein, wo wir das Chachacoma (ein Thymian-ähnliches Kraut), dass wie er sagt, Wunder bewirken soll, kaufen können. Ansonsten hätte es auch Mate de Coca gegeben... Jedenfalls tranken wir viel Wasser und eben diesen Tee und gönnten uns hinsichtlich unser Vorhaben etwas Ruhe an diesem Tag.

[09.04.2013] Am Morgen holte uns der Bergführer um 06.10Uhr ab, wir hatten ihn bis dahin noch nicht gesehen. Wir wussten nun aus Erfahrung, dass es v.a. gegen den Morgen hin endlos kalt war, wenn wir jeweils auf die frühmorgentlichen Touren, sei es zu den Geysiren Tatio auf 4200m ü.M. oder zu den Laguna Altiplanicos in der Nähe des Volcán Lascar gefahren waren. Kaum vorstellbar in der Atacama, der trockensten Wüste der Welt und wenn man am Nachmittag jeweils bei fast 30° C in der Hängematte liegt.. So waren wir auch entsprechend ausgerüstet: lange Thermosunterwäsche, Handschuhe, Mütze, Pullover, Halstuch, Daunenjacke und Coretexjacke..

So ging's los, ein Fahrer, wir zwei und der etwas nach Alkohol riechende Bergführer.. Zuerst holten wir bei einer Panaderia Brot und fuhren danach los Richtung Norden, wo der Jeep dann bald gute Strasse mit einer "bergwegähnlichen" Route tauschte. Von nun an klapperte und holperte es noch gut eine Stunde lang bis wir beim Radioteleskop auf fast 5200m ü.M. ankamen. Im Schatten einer grossen Erhebung hielt unser Jeep und der Bergführer und der Fahrer machten Frühstück auf der Ladebrücke. Die Aussicht auf die Atacamawüste und San Pedro de Atacama beim Eintreffen der ersten Sonnenstrahlen waren überwältigend. Allerdings schlich sich die raue Kälte in unsere Glieder, es war wirklich unangenehm. Schnell hatten wir daher das Brot mit etwas Käse ohne Hunger mit einem heissen Wasser und Schokopulver runtergespült.

Eigentlich wollten wir vorerst den Licancabur 5917m ü.M. besteigen, doch nach eifrigen Nachforschungen und der Konsultation verschiedener Bergführer-Büros hier in San Pedro de Atacama (SPA), haben wir uns dann für den Sairécabur entschieden. Er wird zwar hier in SPA als 6000er verkauft, aber laut verschiedenen Quellen erreicht sein Gipfel die 6000-Marke nicht ganz. Wikipedia geht von 5980m ü.M. aus, unser GPS misst 5973m ü.M. meine Uhr 5985m ü.M. Nichts desto trotz ist der Berg mit einer enormen Höhe ausgestattet, was seine Besteigung so oder so nicht einfach macht - das werden wir am eigenen Leib erfahren..

Die Sairécabur-Vulkankette ist eine Vulkangruppe (Stratovulkane) ca. 38Km nordöstlich von San Pedro de Atacama in Nordostchile. Die Gipfel der Vulkane liegen auf der Bolivianisch-Chilenischen Grenze und bilden Zugleich auch den Übergang oder die Abgrenzung der Atacama, der trockenste Wüste der Welt, zum Bolivianischen Altiplano. Der Altiplano selbst ist eine Hochebene zwischen Cordillera Oriental (Ost) und Cordillera Occidental (West) in Bolivien. Der Sairécabur ist mit seinen knapp 6000m ü.M. der höchste Vulkan seiner Gruppe und überragt damit den gleich direkt nördlich liegende Cerro Ojos del Toro, Curiquinea, Escalante und Cerro Colorado (auch El Apagado).

Der imposante Nachbar (Liancabur 5917m ü.M.), der  von San Pedro aus gesehen viel herausragender und erhabener wirkt, ist vom Dorf aus nur in zwei Tagen zu besteigen zumal der Normalweg von der Bolivianischen Seite auf den Gipfel führt. Licancabur bedeutet Berg des Volkes, wohl deswegen, weil er mächtig über der nördlichen Atacama und damit über der Oase San Pedro de Atacama ragt und bereits aus weiter Distanz sichtbar ist. Seine Erscheinung - so stellen wir wieder einmal eine Theorie auf - dürfte deshalb so imposant sein, weil er im Gegensatz zum Sairécabur eine stolze Schartenhöhe von 1300m besitzt. Die Schartenhöhe ist ein Mass für die "Freiständigkeit" eines Berges (im Vgl. zur mittleren Höhe des direkten Umlandes). Da der Sairécabur eine Vulkangruppe bildet, ist seine Schartenhöhe nicht viel grösser als 0m, dass heisst er ragt kaum aus seiner Vulkangruppe heraus, auch wenn er weitgehend der höchste Berg ist.

Sairécabur hingegen bedeutet Berg des Regens (Sairé = Regen / Cabur = Berg). Der Name kommt von der ausgestorbenen Sprache Kunza der Likan Antai Bevölkerung auch Atacamenño genannt. Trotz seiner enormen Höhe ist er auf Grund verschiedener Umstände "einfacher" zugänglich als der Licancabur. Einerseits ist er nämlich wegen einer mittlerweilen stillgelegten Schwefelmiene und eines Radiotelekops (Receiver Lab Teleskop) auf 5500m mit eine "Strasse" bis auf rund 5200m erschlossen. Andererseits bleibt einem das Zelten in der rauen, trockenen und eiskalten Umgebung erspart.

Es ist allerdings zu bedenken, dass die Akklimatisation unter diesen Umständen nicht mehr gegeben ist, zumal man mit dem Jeep in knapp 2 Stunden 2800m hoch fährt (von San Pedro de Atacama 2450 bis zum Radioteleskop auf rund 5200m ü.M.) und innerhalb weiterer gut 2 Stunden wieder 500Hm bis zum Gipfel aufsteigt!

Etwas später liefen wir los, zuerst einem Weg entlang. Dieser führt zur nun stillgelegten Schwefelmiene. Doch nach nur wenigen Minuten kehrten wir in die steile Flanke und stiegen die ersten paar Meter auf endlos rutschigem Vulkangestein in allen Grössen hoch. Bereits nach ein paar 10 Meter spürten wir die Höhe, gesprochen wurde kaum. Ein Schritt hoch und mindestens ein halber wieder runter gerutscht, so ging es vorwärts. Es half auch nichts, auf die grösseren Steine zu stehen, das selbe Schicksal ergab sich davon.

Der Puls schnellte in die Höhe, es knatterte im Kopf, die Atemfrequenz war wie nach einem langen Sprint. Die Flanke wurde immer steiler, gegen oben hin kamen hartgefrorene Firnfelder zwischen den Steinhaufen hinzu. Diese mussten teilweise gut gespurt werden, zumal sie ziemlich steil talwärts ragten, ein Ausrutscher wäre nicht von Vorteil gewesen.

Nach ca. 1 Stunde und wir wissen nicht mehr wie vielen 10 Minuten, kamen wir völlig verkrampft und nach Sauerstoff ringend am Ende der steilen Passage in einer flachen Mulde an. Der Puls war geschätzte 180-200 Herzfrequenz, also das Maximum, was wir in unserem Alter noch hergeben können.. =) Doch das vordergründige Problem war immer noch die Kälte. Die nun auf unseren Kleidern auftreffende Sonnenstrahlung vermochte auch nur bedingt eine Verbesserung einleiten. Die Füsse schmerzten und die Gesichter waren über die Nase aus bedeckt mit Halstücher und Kapuzen um die möglichen Frostbeulen zu verhindern. Auch der Guide hatte eine Sturmmütze um und rauchte an dieser Stelle bereits seine 3. Zigarette! Aber während dem Laufen rauchte auch er nicht.. =) Am Tiefpunkt unserer körperlichen Verfassung angekommen, glich unser Gatorade einem Mojito voller crushed Ice und war demnach untrinkbar.

Einzig das merkwürdig und zugleich faszinierend wirkende Büssereis vermochte unserem eher schlechten Zustand etwas Ablenkung zu schenken. Am Rand des Büssereisfelds sind spitze, ca. 10-20cm hohe Eisstiele zu sehen die sich gegen Innen zunehmend in die Höhe türmen. In der Mitte ist das Eis geschätzte 2m hoch, was auf Grund seiner speziellen Form (in den Alpen nicht existent) doch imposant auf unsere Augen wirkt.

Die Route führte uns weiter, schnaufend, schwindelig und mit stetig hohem Puls ging's über riesige Gesteinsquader, die sich im Auf- und Ab aneinanderreihen. Der Kraftaufwand erhöhte sich nochmals, zumal man hie und da mit allen Vieren klettern musste. Weil sich aber unsere Route auf den Bolivianischen Boden zog, bekamen wir zunehmende mehr Sonne ab und sahen nun den bolivianischen Altiplano mit der Laguna Blanca am Fusse des Juriques und der Lagune Verde am Fusse des Licancabur und viele, mindestens 15 rötlich-gelblich schimmernde Vulkane. Weiter gings über Steine kletternd nun von Osten herkommend über die Gipfelflanke, wo wir nochmals eine kurze 5-minütige Pause machten. Das Gatorade war leider immer noch zugefroren, auf diese Zufuhr von Energie konnten wir also bis wir in San Pedro zurück waren nicht mehr zählen.. Deswegen mussten wir halt die Schogggi runterwürgen..

Von da an, ging's allerdings nicht mehr weit und nach vielleicht 20 Minuten waren wir auf dem Gipfel - wie die herzliche Frau im Bergführerbüro gesagt hatte: Geht nicht auf den Licancabur, die Aussicht auf dem Sairécanur ist màs bonito!!!

So war's dann auch - die Aussicht äusserte sich in Freude - vor allem die Sicht gegen Norden auf die vielen sich in der Vulkangruppe Sairécabur befindenden Vulkane war berauschend! Wir genossen es auf dem Gipfel, gerade auch weil sich auf dem Gipfel inmitten vieler Steine eine kleine Depression gebildet hat, wo man dem Wind ausweichen konnte. Etwas "dizzy" und mit spürbar beginnenden Kopfschmerzen machten wir einen Eintrag ins Gipfelbuch und stiegen dann nach ein paar Fotos wieder auf dem ungefähr selben Weg ab.

Der Abstieg war nicht einfacher, zumal unser Guide die langgezogenen Firnfelder, die sich mittlerweile im oberen Teil etwas aufgeweicht hatten, als Abstiegsroute vorschlug. Oben war diese Idee noch gut, zumal man mit der Ferse der Bergschuhe und viel Schwung jeweils Tritte in den Schnee hauen konnte. Weiter unten musste der Pickel dann auf Grund der Härte des Firns diese Arbeit wieder tun, was mit den nun starken Kopfschmerzen sich als endlos erwies.. Trotzdem gelangten wir unten endlich beim Jeep wieder an. Wir waren überaus glücklich den Sairécabur "geschafft" zu haben, aber auch ziemlich fertig! Trotz der einmaligen Aussicht und der grundsätzlich schönen Bergtour war die Besteigung alles in allem zu stark durch unser beider Leiden geprägt, weswegen wir eine solche Tour nur noch besser (oder überhaupt) akklimatisiert durchführen würden.

Tourengänger: amphibol, berggiis


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Kommentare (2)


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Vauacht hat gesagt: Nanu?
Gesendet am 16. April 2013 um 13:18
Na na na, was faellt der Dame vom Bergfuhrerbuero eigentlich ein den Licancabur so schlecht zu machen? Ist doch toll sich 11h lang ueber dickes Geroell hinauf und wieder hinunter zu quaehlen :))

Gratulation zum Sairecanur, der haette uns auch gefallen!

Sprecht Ihr beim "Teleskop" eigentlich vom Alma?

amphibol hat gesagt: RE:Nanu?
Gesendet am 16. April 2013 um 22:44
Hallo Vauacht..

Ich habe deinen Bericht vorgängig gelesen, auch einen weiteren gibts hier auf hikr. Beide schilderten diese endlos langen Geröllhänge, was uns auch etwas davon abbrachte den Licancabur zu besteigen.. :-)

Das ALMA steht weiter südlich in der Nähe des Volcán Lascar. Ab 2014 wird es da Besichtigungstermine geben mit wohl auch einem Museum auf 5200m!

Lieber Gruss aus Potosi
amphibol


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