Tenerife / Barranco Secco / Über die alte Wasserleitung nach Los Gigantes


Publiziert von arficlimb , 25. Februar 2012 um 12:06.

Region: Welt » Spanien » Kanarische Inseln » Santa Cruz de Tenerife
Tour Datum:12 Oktober 2011
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: E 
Zeitbedarf: 8:00
Strecke:Nicht zu empfehlen. Steinschlag und schwer beschädigter Weg
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Los Gigantes

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich habe diesen Bericht hier verfasst um allen, die nach diesem Weg suchen, davon abzuraten. Im Januar 2012 wurden erfahrene Wanderer aus der Tour mittels Hubschrauber gerettet, der Einsatz wurde ihnen in Rechnung gestellt, und das Urlaubsbudget vergrößerte sich um 12.000€ .

Wir sind den Weg im letzten Herbst (2011) gegangen. Zunächst der Abstieg durch den Barranco Secco (hierzu gibt es hier einen sehr guten Tourenbericht), einen wunderschönen aber auch anspruchsvollen Barranco. Für alle, denen die Masca-Schlucht zu überlaufen ist, bietet sich hier eine sehr schöne Alternative. Wir sind den Barranco in den frühen Morgenstunden abgestiegen bis runter zum Strand. Wer Glück hat, gut organisiert hat weil er den Wiederaufstieg vermeiden möchte und ein wenig schwimmen mag, kann sich hier per Boot wieder nach Los Gigantes bringen lassen. Die Bootsanlegemöglichkeiten kann ich leider als Nicht- Bootserfahrener, schlecht bewerten. Sie wirken für mich als Laie allerdings eher rudimentär.

Nach einer kurzen Pause am Strand (Achtung, Steinschlaggefahr nahe der Felswände) sind wir ca. eine Stunde wieder in den Barranco Secco aufgestiegen bis zur Wasserleitung an der östlichen Schluchtflanke. Dieser betonierte Wasserkanal führt zu einem ca. 1km langen Stollen, der mit normaler Beleuchtung (Stirnlame, Taschenlampe) gut und trockenen Fußes durchschritten werden kann. Vom Startpunkt aus kann man wegen der geraden Wegführung bereits das Licht am Ende des Tunnels sehen. Teilweise zerstörte Schilder am Tunneleingang und -ausgang weisen auf alle erdenklichen Gefahren hin - berechtigterweise.

Am Ende des Tunnels steht man sofort am Abgrund, ca. 400-500m über dem Meeresspiegel.

Der Betonkanal verläuft von hier aus bis Los Gigantes, man benötigt von hier aus ca. 2h.
2h die es in sich haben. Neben der physischen Belastung (Klettern, Balancieren, Trittsicherheit,..) kommt eine extreme psychische Belastung hinzu: Kontinuierlich stark ausgesetztes steil abfallendes Gelände, extrem schlechte Wegverhältnisses, sofern man von einem Weg sprechen kann, Steinschlaggefahr, etc. runden das Adrenalinprogramm ab.

Den größten Teil des Weges "wandert" man neben dem eigentlichen Wasserkanal. Es gibt ein nettes Video in Youtube ("Canal Los Gigantes", ich habe es unten hinzugefügt aber nicht selbst gedreht) welches einen guten Eindruck über die Qualität des Pfades vermittelt. Allerdings ist hier nur die Marmeladenseite zu sehen. Das Video selbst wurde vermutlich auf dem Weg vom Barranco Secco zur Masca-Schlucht aufgenommen, es liegt in dem im Video gezeigten Kanal KEIN Kunststoffrohr, im Gegensatz zu folgenden beschriebenen Weg.
Das ist genau der Punkt, auf dem Weg nach Los Gigantes verläuft in dem ca, 30cm breiten Kanal ein dickes Kunststoffrohr, Wandern im Kanal ist also kaum, oder nur über eine kurze Distanz, möglich.

Wie gesagt, der 30cm breite Kanal (lichtes Innenmaß) verläuft ständig an der Felswand entlang bzw. wurde er "in" die Felswand hinein geschlagen und ist somit nicht begehbar.
Über den gesamten Weg hinweg gibt es folgende Wegvarianten:

- Kanal ist intakt und es gibt einen sehr schmalen Pfad
- Kanal ist intakt, doch es fehlt das tragende Gebirge um und unter dem Kanal
- Kanal wurde durch Steinschlag schwer beschädigt und ein schmaler Pfad ist vorhanden
- Kanal ist wg. überhängendem Gebirge oder schwerer Beschädigung nicht passierbar und es fehlt der Pfad

Diese Varianten, auf deren detaillierte Beschreibung ich nicht weiter eingehen möchte, wechseln sich in ständiger Folge ab. An einer Stelle hängt ein "Strick" an der Felswand, an dem man sich ein wenig rutschend einige Meter nach unten bewegen kann, anschließend Querung an sehr rutschigem und losen Felsgrund bis zu einer kleinen Schlucht, hier wieder Aufstieg an einem "Strick" bis zum schwer beschädigten Kanal, über den man sich dann bäuchlings rutschend vorwärtsbewegen kann, bis zum nächsten stabilen Abschnitt.
Oder anders ausgedrückt: Es gibt Stellen an denen der etwas morsch scheinende und nicht mit Stahl armierte Betonkanal frei in der Luft schwebt und man sich wirklich auf dem Bauch liegend über die Kanalflanken vorwärts schiebt, immer mit einem "herrlichen" 400m Abwärtspanorama vor der Nase und der Hoffnung, dass der Beton unter 90kg Zusatzbelastung nicht bricht (Wann hat er denn den letzten heftigen Steinschlag abbekommen??).
Und das alles natürlich ungesichert ohne Seil und doppelten Boden.

Nach diesen 2h war ich als doch erfahrener Kletterer/Wanderer einfach nur fertig.
Im Nachhinein muss ich sagen, das war fast unverantwortlich und lebensgefährlich. Ich werde diese Tour definitiv nicht wiederholen und kann wirklich nur jedem davon abraten, da das Überleben hier kaum von den eigenen Fähigkeiten abhängt, sondern überwiegend von externen, nicht beeinflussbaren Faktoren (Materialstabilität, Traggebirge, Steinschlag, starker Wind).
Die Fotos wurden an den Stellen aufgenommen, an denen man relativ gesichert Fotos schießen sollte. Sie vermitteln einen doch recht positiven Eindruck, der nicht über die Realität hinwegtäuschen sollte.
Wer eine ambitionierte, relativ sichere und doch ausgesprochen schöne "Kanaltour" sucht, dem empfehle ich die Wasserleitung oberhalb von Güimar, sowohl die in südlicher als auch in nördlicher Richtung.
Und nicht vergessen: 12.000€ für einen Hubschrauberrundflug auf Teneriffa ist kein Schnäppchen...


Tourengänger: arficlimb


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Kommentare (8)


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AD1980 hat gesagt:
Gesendet am 25. Februar 2012 um 12:39
Danke für den Tipp. Die Tour ist vorgemerkt für den nächsten Teneriffa-Urlaub. Das ist doch gerade der Reiz einer solchen T6-Wasserleitungstour, dass es rustikal zugeht. Im Anaga-Gebirge gibt es eine ähnliche Route, die aber auch im Rother-Führer steht und nur mit T5 zu bewerten ist.

arficlimb hat gesagt: RE:
Gesendet am 25. Februar 2012 um 20:46
Hi, das war kein Spaß mit "Bitte nicht wiederholen".
Ich weiß von einem freund der auf teneriffa lebt, dass die Behörden sehr sensible sind zu diesem Thema.
Das Ding ist wirklich lebensgefährlich, dass hat echt nichts mehr mit Kletterspaß zu tun.

Die Wasserleitung oberhalb von Güimar ist da eher empfehlenswert. Zum Teil auch brüchig, aber bei weitem keine derartige Absturzgefahr wie hier.

...und ob die Tour wirklich eine T6 oder sowas ist, weiß ich nicht. Klettermäßig kein Problem, aber die Weg- bzw. Kanalqualität ist echt was für Suizidgefährdete.

synthomesc hat gesagt:
Gesendet am 7. August 2012 um 18:46
War ne sehr geile Tour, das Video ist übringens von mir;-)

climber83 hat gesagt: Es hat sich einiges getan
Gesendet am 16. Februar 2014 um 10:41
Hallo!
Meine Frau und ich sind gerade aus dem Urlaub von Teneriffa gekommen und haben dort unter anderem auch die Barranco seca Tour gemacht. Vorauszuschicken ist, dass wir nicht ganz bis zum Meer gelaufen sind, da unterwegs eine leichte Kraxelstelle zu überwinden gewesen wäre die ich meiner im 6. Monat schwangeren Frau nicht zumuten wollte. Unter normalen Umständen ist diese Stelle (etwa 1/2 h vom Meer entfernt, unteres fünftel des Barrancos, ca 1/2 Stunde vom Tunnel nach Los Gigantes) auch ohne Kletterausrüstung in Bergschuhen gut zu überwinden (ich bin noch ein Stück allein weiter gegangen). Jetzt zum eigentlichen Punkt: nach dem Tunnel ist inzwischen ein Pfad, welcher zunächst unterhalb, später dann oberhalb der Wasserleitung entlangläuft, zuerst mit grünen Punkten ordentlich markiert, späte mit Steinmännlein versehen. Dieser Pfad ist zwar nicht luxeriös breit und unbefestigt, aber hat uns zu keiner Zeit Angst eingejagt und ließ sich durchgehend gut wandern. Man sollte schon schwindelfrei und trittsicher sein, von Lebensgefahr kann keine Rede sein. Der Pfad endet auf der obersten Straße in Puerto de Santiago (in unserer Karte von Teneriffa (Kompass , 1:50.0000 ist der Weg gepunktet mit dem Namen Ladera de mifa eingezeichnet). Die Tour ist extrem lohnend, da man hier wirklich niemanden trifft (wir jedenfalls waren etwa 6 h ohne Menschenkontakt unterwegs) und durch diesen Pfad lange nicht mehr so gefährlich!
Viel Spass beim nachwandern

Horstig hat gesagt: Falschen Weg gewählt!
Gesendet am 6. Januar 2015 um 16:50
Die Wanderung ist anspruchsvoll ja, Lebensgefahr besteht aber nur durch unumsichtige Wanderer und Steinschlag, deshalb bei Regenwetter und starkem Wind meiden.

UND ganz wichtig: den grünen Punkten folgen, der richtige Wanderweg zurück führt NICHT durch den Kanal, sondern verläuft deutlich unterhalb.

Zwar gibt es in der Tat 3 schwere Kletterstellen, das Gelände IST ausgesetzt, aber für jeden der Wandererfahren, Nervenstark, Trittsicher ist und auch im schwierigem Gelände dem richtigen Pfad folget, begehbar. Im Zweifel einen lokalen Führer engagieren oder GPX Track von Rother nutzen.

Wichtig ist direkt nach dem Tunnelausgang, das steile Stück nach unten absteigen und immer dem grünen Punkt folgen.

Durio hat gesagt: RE:Falschen Weg gewählt!
Gesendet am 6. April 2015 um 12:11
Also ich habe mich verlaufen und zwar genau an der teuflischen Stelle die auch auf RotherPUNKTde diskutiert wird. Anstatt den Geröllhang hinauf zu steigen, bin ich dem ausgetretenen Pfad gefolgt und übersah vor lauter Konzentration auf den Pfad vor mir die zu erahnende Steinbarriere. Was dann folgte war einfach nur Horror. Die darauf folgende untere Route (nach der Gabelung löst sich eine obere Route in sehr schräges abfallendes Steingeriesel auf) gaukelt einem erst einen Pfad vor, endet aber in einer Felswand 100m über dem Meer. Da zu drehen und das Gefühl, sich in der Höhe und unter den Bedingungen verlaufen zu haben, ist grausam und gefährlich! Erst nachdem ich mich gesammelt habe und 2min zurückgegangen bin habe ich den grünen Punkt 3,5m über mir im Geröllhaufen gesehen und den richtigen Weg gefunden.
Mag sein, dass man mich als Schisshase oder Grünschnabel bezeichnet, aber so war es und es war echt leichtsinnig. Dabei sind Erfahrungen mit schwarzen Routen des Rother eigentlich vorhanden. Da half auch der GPX-Track von Rother nicht weiter und gab in der Situation keinen Anhaltspunkt zur Orientierung. Die Trackpunkte/GPS sind an der Stelle nicht hochauflösend genug und die Pfade liegen zu nah beieinander.

Meiner Meinung ist der besagte Wegabschnitt durchaus gefährlich und zu Recht gesperrt. Das Risiko ist nicht wirklich auf der ganzen Strecke (Los Gigantes bis zum Tunnel) kalkulierbar. Die Lebensgefahr, welche von falschen Abzweigungen herrührt einmal ausgeklammert.
Es gibt Stellen mit einer begehbaren Breite von zwei oder drei Schuhbreiten die noch dazu etwa 10 - 30° abfallen und aus bröseligem, fast sandigem Untergrund bestehen. Scheinbar rieselte das Sediment durch Erosion im Nachhinein auf den Trail und verursachte dies. Meiner Meinung ist es schlecht zu kalkulieren wie der Untergrund hält. Auch Erfahrung gibt da sicher keine 100% gewissheit. Ein einziger Fehltritt kann fatale Auswirkungen haben. Klar wird auf 100% Trittsicherheit hingewiesen, aber selbst der tollste Hecht im Vorstieg-Klettern tritt irgendwann auch mal daneben. Er hat dann nur ein Seil als Lebensversicherung. Das vulkanische Gestein/Geröll ist wirklich sehr spröde und nicht mit Fels in den Alpen zu vergleichen.

Wenn ich dann sehe, dass Eltern mit ihren Kindern (12J) da lang spazieren, dann verstehe ich das wirklich nicht.

Am Ende muss es jeder selber wissen, aber ich würde DRINGEND davon abraten. In der Gegend gibt es andere Wanderungen die sicherer sind und ebenso schöne Aussichten bieten. Einfach in die Wanderführer schauen.

cyberpezzi hat gesagt: Verhauer kann lebensgefährlich sein,
Gesendet am 27. November 2016 um 21:20
arficlimb

bj147 hat gesagt: Video
Gesendet am 11. Januar 2023 um 12:47
Bin die hier besagte Wanderung ("oberer" Klippenweg) Oktober 2022 mehrfach gegangen. Um genau zu sein, 2x hin und 2x zurück. Inkl. der Wanderung bis in den barranco Mancho de las Diaz, Barranco Seco und bis in den Barranco Masca.

Die Wanderung ist definitiv nichts für schwache Nerven, sehr exponiert und sehr brüchig / gefährlich, aber macht trotzdem ungemein Spaß.

Hier habe ich noch meine Eindrücke in Videoform festgehalten:
https://www.youtube.com/watch?v=TQVtsAK8650

Die gefährlichsten Stellen sind bei 0.21s und bei 1:22s zu sehen. Aber gut, auch mit Kamera in einer Hand wars noch machbar :D

Und wer Lust auf noch etwas mehr Nervenkitzel hat, der kann auch noch ausgehend vom Meerseitigen Tunnelausgang nach Westen fortsetzen, und bei GPS Position 28.262297049405817, -16.838790014333938 über einen abfallenden Geröllhang abklettern. Von dort gelangt man dann hier hin:
https://www.youtube.com/shorts/VEhYD6yxhr8

p.s.:
Beim unteren Klippenweg hingegen besteht mMn wenig Gefahr. Wer ETWAS Erfahrung im alpinen Bereich gesammelt hat, sollte absolut keine Schwierigkeiten mit Wegfindung haben.


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