AIGUILLE DU TOUR 3540m & AIGUILLE DE LA CABANE


Publiziert von danueggel , 15. Juni 2007 um 22:32.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Unterwallis
Tour Datum:23 Juli 2006
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: V+ (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS   F 
Zeitbedarf: 1 Tage 6:00
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Auto via Martigny-Orsières nach Champex; dann mit Sessellift zu den Grands Plans (2194m).
Unterkunftmöglichkeiten:CAS Cabane d'Orny (2826m), CAS Cabane du Trient (3170m)
Kartennummer:LK 1:25000, Bl 1324 "Barberine"

 +++Französische Invasion auf der Aiguille du Tour+++
MEINE ERSTES MAL MIT VIELEN ZUSCHAUERN


Als erste richtige Hochtour wird mir dieses Unternehmen in besonderer Erinnerung bleiben. Vom Treffpunkt in Martigny fuhren wir (SAC Bern) mit dem Auto zuerst nach Orsières und dann kurvenreich nach Champex hinauf. Als wir in Champex ankamen, war mir ganz elend zumute. Eigentlich war dies beinahe der mühsamste Teil dieses Wochenendausfluges, den Rest der Hochtour konnte ich einfach nur geniessen...

1.Tag Aiguille de la Cabane 2999m (T3, ZS+,V-) Von Champex liessen wir uns mit der Sesselbahn nach Grands Plans (2194m) fahren. In gemütlichem Marschtempo stiegen wir auf einem gut markierten Bergweg (T3) in 2,5h durch die Combe d'Orny zur Orny-Hütte (2826m) hinauf. Neben der Orny-Hütte würde gar ein kleiner Schmelzwassersee für ganz Hartgesottene zum Baden einladen. "Würde" weil ich mich lieber in der Sonne räkelte statt ins eisig kalte Wasser zu steigen. Nach einer kleinen Rast in der Hütte folgten wir dem Weg um die Orny-Hütte herum und hatten sogleich Blickkontakt mit dem ersten Tourenziel: Die Aiguille de la Cabane (2999m). Kurz nach dem Einstieg wartete bereits die Schlüsselstelle (V-).

IN SCHWIERIGKEITEN
Da ich vorher lediglich 2-3mal in der Kletterhalle die Wände unsicher gemacht hatte, geriet ich bereits etwas in Schwierigkeiten, vorallem da es sich um einen breiten Kamin handelte und ich schlichtweg keine Technik besass, um diesen zu meistern. Mit Ach und Krach und ein paar Schürwunden "rettete" ich mich in den Stand, die erste Seillänge war geschafft. Die zweite Seillänge verkam dagegen zum Zuckerschlecken. Griffe wie in der Kletterhalle und nicht einmal senkrecht, für einen Anfänger ideal. Kurz danach erreichten wir bereits einen kleinen Grat, der uns unter die Gipfelwand führen sollte. Auch dieser Schlussteil überstieg den IV. Schwierigkeitsgrad nicht und so durfte ich kurze Zeit später die Gipfelankunft feiern. Viel Platz um es sich gemütlich zu machen blieb nicht, denn der Gipfel bestand lediglich auf einer Felsnadel. Schön anzusehen, für den Popo aber eine Höchsstrafe. Vom Gipfel seilten wir uns links von der Aufstiegsroute etwa 15 Meter hinab und konnten dann bis zu einem abschüssigen Schutt- und Geröllcouloir hinabsteigen. In engen Zickzack-Schlaufen bewältigten wir dieses Couloir und kehrten wieder zur Orny-Hütte zurück. Mit einem gemütlichen Hüttenabend liessen wir den Tag würdig ausklingen, bevor wir früh in die Betten stiegen...
 

2.Tag Aiguille du Tour 3540m (WS,II-III)

Noch vor Sonnenaufgang stiegen wir von der Hütte auf den Gletscher hinab und seilten uns an. Vom Sonnenaufgang umschmeichelt sah sogar ein eher rationaler Mensch wie ich die (Schnee)Welt für eine Weile rosarot. Nach gut 45 Minuten erreichten wir den Col d'Onry, von wo aus man das erste Mal die Aiguille du Tour begutachten konnte. Von nun an ging es vorerst leicht abwärts über das Plateau du Trient und dann ziemlich steil ansteigend in nördlicher Richtung bis zum Bergschrund unter der Gipfelwand der Aiguille du Tour (ca. 3h, 3480m). Der Gletscher bereitete uns keine grösseren Schwierigkeiten, ist aber trotzdem nicht ungefährlich wegen seiner grossen Spalten. Im Hoch- bis Spätsommer kann der Bergschrund schon ziemlich ausgeprägt sein, laut Plaisir-Führer musste manchmal sogar eine Leiter zur Überbrückung des Bergschrundes angebracht werden.

HILFE, DIE FRANZOSEN KOMMEN!
Als wir zur Felswand der Aiguille du Tour aufblickten, zeichnete sich ein Bild des Grauens vor unseren Augen ab: Vom französischen Argentière aus hatten bereits zahlreiche Seilschaften eine Invasion auf die Aiguille du Tour gestartet. Dutzende Bergsteiger wuselten bereits wie Ameisen durch die Wand und unten am Bergschrund musste man warten, um überhaupt aufsteigen zu können. Matterhorn live. Man muss dazu anmerken, dass man sich nicht in Ruhe wähnen kann, wenn von der Cabane d'Orny relativ wenig Seilschaften unterwegs sind. Entweder kommen Alpinisten von der nur wenige Hundert Meter entfernt liegenden, etwas höher gelegenen Cabane du Trient (3170m) hinzu, oder eben von der französischen Seite (Argentière-Refuge Albert 1er (2771m)). Die Bergsteiger von der französischen Seite sieht man erst kurz vor dem Eintreffen am Bergschrund über den Col du Tour (3281m) kommen, dann ist es schon zu spät. Am besten ist natürlich, die Tour unter der Woche begehen...

Für kurze Zeit überlegten wir umzukehren, entschieden uns aber schlussendlich für einen Alternativaufstieg etwas rechts des Menschenandrangs. In einfacher Kletterei (II-III) überwanden wir die letzten Höhenmeter und genossen die Aussicht auf das nahe Mont Blanc-Massiv. Da der Gipfel der Aiguille du Tour ziemlich genau von der Deutsch-Französischen Landesgrenze durchquert wird, nutzte ich die Möglichkeit einmal ohne Passkontrollen ins Ausland zu "reisen" (Eine 3-Schritte Reise...). Auf dem Gipfel wehte ein kühler Wind, so dass wir uns schnell an den Abstieg machten. Wir stiegen über die Aufstiegsroute in etwa 5h nach Grands Plans hinab. Der Sessellift leistete auch im Abstieg wieder ganze Arbeit und erlaubte es mir, meine müden Treterchen zu entlasten und mühellos nach Champex zu schweben. 

IDEALE EINSTEIGERTOUR
Alles in allem eine ideale Einsteiger-Hochtour, besser unter der Woche hindurch begehen, dann kann man die Gipfelkletterei an der Aiguille du Tour richtig geniessen. Die Aiguille de la Cabane ist eher als freiwilliger Abstecher für Kletterliebhaber gedacht, die neben dem Hochtourenfeeling auch noch etwas pure Kletterei benötigen (auch div. Routen im V.-VI. Grad vorhanden). Lediglich der Gletscher verlangt wegen seinen Spalten besondere Aufmerksamkeit.   

Fazit: Gelungener Hochtoureneinstieg, besonders die Aguille de la Cabane bietet interessante Kletterrouten. Die Aiguille du Tour ist eindeutig überlaufen

Lessons learned:

  • Kletterhalle und Naturfels sind zwei verschiedene Paar Schuhe
  • Bergsteigen macht Spass
  • Franzosen sind zwar sympathisch, aber zuviele schlagen aufs Gemüt

Wiederholungsfaktor
: 2 (Aiguille du Tour), 3 (Aiguille de la Cabane)

Tour im Sektionsrahmen (SAC Bern)

Tourengänger: danueggel


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