Der Tod wartet nur 15 Minuten - Bergrettung Trofaiach probt Lawineneinsatz am Wildfeld


Publiziert von mountainrescue , 13. Februar 2011 um 12:08.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Ennstaler Alpen » Eisenerzer Alpen
Tour Datum:12 Februar 2011
Ski Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   A-ST 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 400 m
Abstieg: 400 m
Strecke:Trofaiacher Gössgraben - Kreuzen

Wieder einmal hatte ich Gelegenheit mich von der professionellen Arbeit bzw. dem Einsatz der Steirischen Bergrettung zu überzeugen. Die diesjährige Wintergebietsübung des Einsatzgebietes Eisenerz-Süd, zu dem die Ortsstellen Trofaiach, Vordernberg, Mautern und Leoben gehören, wurde von der Ortsstelle Trofaiach ausgerichtet und organisiert. 

Plötzlich ist die Winteridylle zerstört: Wo vorher noch eine stille weiße Schneelandschaft war, stürzt donnernd und tobend eine gewaltige Lawine zu Tal. Jetzt ist es für Flucht meistens schon zu spät, der überraschte Tourengeher wird von der Lawine erfaßt und mitgerissen.

 

Jedes Jahr werden Hunderte von Menschen Opfer von Lawinen. Untersuchungen haben ergeben, daß von 65 Menschen, die von Lawinen erfaßt wurden, 53 vollständig unter den Schneemassen begraben, 13 nur teilweise verschüttet waren. Während die nur teilweise Verschütteten fast alle überlebt haben, kam für 85 Prozent der vollständig Verschütteten jede Hilfe zu spät. 


Statistiken zeigen, daß die Chance, mit dem Leben davonzukommen, für Lawinenopfer in den ersten 15 Minuten sehr groß ist – vorausgesetzt sie gehören nicht zu den unglücklichen fünf Prozent, die noch vor Stillstand der Lawine tödlich verletzt wurden.


Die Bergrettung Trofaiach hat mit dem Gössgraben und den umliegenden Bergen ein sehr beliebtes Schitourengebiet im Winter zu betreuen. Dementsprechend viele TourengeherInnen sind an den Wochenenden in diesem Gebiet unterwegs. Wildfeld, Stadelstein, Graskogel und auch Grabnerspitz zählen zu den wohl, in der Steiermark, beliebtesten und bekanntesten Schitourenbergen, auch damit begründet, daß es sich hier um ein sehr schneesicheres Gebiet handelt. Die Einsatzleiter und Kameraden der Trofaiacher Bergrettung sind immer wieder selbst sehr viel im Gebiet unterwegs. Dabei mußten sie immer wieder feststellen, daß es noch immer sehr viele Tourengeher gibt, die ohne LVS-Gerät (=Lawinenverschüttetensuchgerät) auf Tour gehen. Aus diesem Grund beschloß die Ortsstelle, heuer eine „scharfe“ Lawineneinsatzübung mit den Ortsstellen Vordernberg, Mautern und Leoben, als Gebietsübung abzuhalten.


Was bedeutet nun „scharfe“ Einsatzübung: Die Beteiligten wissen zwar den Tag, aber nicht die genau Urzeit dieses Einsatzes. Sinn und Zweck einer solchen Übung ist es, diese unter größtmöglichem Realitäts- bzw. Einsatzszenariums ablaufen zu lassen.


Übungsannahme: 5 Tourengeher werden im Aufstieg, im Bereich der Kreuzen von einer mächtigen Lawine verschüttet. 3 Tourengeher haben ein LVS-Gerät und 2 sind ohne ein solches unterwegs, Nur einer der Gruppe entkommt der Lawine und alarmiert, über den Bergrettungsnotruf 140, die LWZ in Graz.


Am Samstag, dem 12. Februar 2011 war es schließlich soweit. Um 7.35 wurden die Ortsstellen von einem Lawinenabgang im Bereich der Kreuzen/Wildfeld von der Landeswarnzentrale, mittels SMS, alarmiert. Gleichzeitig wurde auch die Lawinenhundestaffel Mürztal, sowie die Alpinpolizei und auch die Feuerwehren im Großraum Trofaiach vom Unfall in Kenntnis gesetzt. Der Treffpunkt war die Feuerwehr Gimplach. Hier hat die Bergrettung Trofaiach die Möglichkeit, bei einem Unglücksfall, eine Basis einzurichten. Von dieser aus wird der Einsatz am Berg geleitet und koordiniert. Die Basiseinsatzleitung übernahm Michael Bertignol, die Koordinierung auf der Lawine hatte Hannes Reiter. Schon nach kurzer Zeit trafen die ersten Mannschaften ein und wurden durch die Feuerwehren Gimplach, Trofaiach, Hafning und St.Peter auf schnellstmöglichem Wege in den Gössgraben gebracht. An diesem Tag herrschten reale Einsatzbedingungen: Regen bis ca. 1200m, dann übergehend in Schneefall, verbunden mit starkem Wind. Die Zufahrt in das Einsatzgebiet war nur mit Ketten möglich, da die Straße komplett vereist war. Um 08.30 erfolgte der Abmarsch einer schnellen Voraustruppe, die neben einem Arzt, einem Alpinpolizisten und einem Lawinenhundeführer nur das notwendigste Material zur Bergung und Erstversorgung mithat und aus 10 Mann bestand. Ihr Ziel ist es schnellstmöglich auf den Berg aufzusteigen und sofort mit der Suche bzw. Bergung zu beginnen. Die nachfolgenden Mannschaften sorgen dann für den Transport des Bergungsmaterials ins Unglücksgebiet.


Nach knapp einer Stunde erreichten sie das Einsatzgebiet und werden schon von dem einzig aus der Lawine Entkommenen erwartet. Dieser hat einen schweren Schock, kann aber noch Details zum Unfallhergang mitteilen. Sofort beginnen nun der Lawinenhundeführer und die Bergrettungsmänner mit der Suche. Nach kurzer Zeit hat Lawinenhund Rifka, von Hundeführer Patrick Stockreiter, das erste Opfer unter fast 1,5m Schnee „lokalisiert“ und beginnt wie wild zu graben. Sofort beginnt sein Hundeführer mit dem Ausgraben des Lawinenopfers. Inzwischen suchen die anderen Bergrettungsmänner mit ihren LVS-Geräten nach den weiteren Opfern und können nach kurzer Zeit ein weiteres Opfer, das glücklicherweise ein LVS-Gerät am Körper trug, finden und bergen. Die beiden letzten Verschütteten hatten leider kein LVS-Gerät, daher muß nach ihnen mittels Lawinensonden gesucht werden. Inzwischen sind fast 50 Bergrettungsmänner auf der Lawine im Einsatz. Der Einsatzleiter, Hannes Reiter, koordiniert die weitere Suche indem er systematisch die Mannschaften vom Anfang der Lawine den Hang talwärts sondieren läßt. Doch wie gesagt: Die Überlebenschance nach einem Lawinenabgang ist nach den ersten 15 Minuten am größten...
 

Nach etwas über 2 Stunden werden die beiden Verschütteten, die kein LVS-Gerät bei sich trugen, von den Sondiermannschaften nur mehr tot aus dem Lawinenkegel geborgen.


Bei der Abschlussbesprechung zeigten sich alle Beteiligten von der realistischen Übung begeistert. Einmal mehr konnte die gute Zusammenarbeit zwischen Alpinpolizei, vertreten durch Alfred Grassmugg, Leiter der Alpinpolizei Leoben, den Freiwilligen Feuerwehren und der Lawinenhundestaffel, sowie den beteiligten Ortsstellen des Gebietes, unter Beweis gestellt werden. 


Tourengänger: mountainrescue


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

WS+
12 Dez 13
Schneeschuhtour aufs Wildfeld · Matthias Pilz
WS-
26 Dez 11
Wildfeld - Umkehr im Sturm · Herbert
WS+
17 Dez 10
Skitour Wildfeld · Matthias Pilz
WS
WS
4 Jan 09
Schitour auf das Wildfeld · Bernhard
WS+
12 Jan 08
Skitour Wildfeld +GPS-Track · Matthias Pilz
4 Feb 06
Schitour auf das Wildfeld · Martina

Kommentar hinzufügen»