Schneeschuhe angelegt.
Um 5 Uhr verliessen wir die (alte) Monte Rosa Hütte auf 2795m. Sicherlich nicht zu früh. Wir hatte einen langen Tag vor uns. Das Ziel war noch nicht definiert. Eventuell gar Duffourspitze. Wir werden sehen.
Es war kalt und die Bewegung tat gut. Untere Plattje - Obere Plattje - P.3360. Wie in Trance, noch etwas verschlafen. 3400m - es dämmert und nun ist Zeit zum Anseilen.
Mein Bergkollege hat das Seil tapfer geschleppt. Lagebesprechung. Eventuell ist der Sattel und anschliessend der Westgrat zur Duffourspitze ein Thema. Auch das Nordend über den Silbersattel wäre eine Variante. Ich bin sehr unsicher, ob ich der Dufourspitze oder dem Nordend gewachsen bin. Wir verschieben die Entscheidung und steigen höher. Nun geht es im gleichen Rythmus weiter. Mit uns sind auch Skitourengänger unterwegs. Wir werden mit unseren Schneeschuhen, wenn auch etwas ungläubig, respektiert und nutzen die Skispur. Bei etwa 4000m treffen wir eine Entscheidung. Zur Dufourspitze sieht es sehr happig aus. Es wurde wohl auch bislang noch nicht gemacht. Also auf zum Silbersattel. Gewaltige Spaltenzonen durchqueren wir. Wirklich seltsam, wie wir kleinen Menschen mit Ski bzw. Schneesschuhen an den Füssen, über schmale Brücken diese gähnenden Löcher überschreiten. Wozu? Um höher zu kommen, vorwärts, immer weiter. Wir streben nach oben. Die Kälte ist bissig. Unter dem Nordend geht es in einem Bogen nach Südosten dem Ziel näher. Kurze Steilpassagen von ca. 38° sind recht gut zu überwinden, wenngleich man mit Ski schon ein klein wenig im Vorteil wäre. Mir geht es gut. Die Höhe bremst zwar ein wenig, aber wir sind nicht langsam. Es ist kein kleiner Anstieg.1800Hm und das Ziel liegt über 4500m. Wir erreichen es nach ca. 5 Stunden.
Der Aufstieg durch das Couloir zur Dufourspitze präsentiert sich sehr winterlich. Ein Eiskanal. Nur ein Duo kämpft sich mit zwei Eisgeräten in zeitintensiver Arbeit hoch. Eine Gruppe entscheidet sich zum Nordend zu gehen und beginnt zu spuren. Mein Kollege möchte mich überreden, Ihnen zu folgen. Nein, mir ist das zu anpruchsvoll. Er entscheidet sich, alleine zu gehen. Ich folge noch ein Stück und kehre dann aber wieder um.
Eindrücklich, wie klein die Welt dort unten ist. Selbst das gewaltige Breithorn, immerhin 4165m hoch wirkt fast niedlich. Ich halte mich in Bewegung. Es ist kalt. Es würde mich gelusten, ins Marinelli-Couloir hinunterzuschaun, der Respekt vor den Wächten bewahren mich aber vor einer unfreiwilligen Schlittelfahrt.
Mein Kollege kommt zurück. Leider musste er wenige Meter unter dem Gipfel wegen anhaltender Bastelarbeiten der vorgängigen Gruppe am Gipfelfelsen die Segel streichen. Wohl auch ein Stück, um mich Frierenden nicht zu lange ausharren zu lassen.
Gegen 12:30 beginnen wir mit dem Abstieg. Und das sollte die wahre Knacknuss dieses Tages werden. Unser Ziel liegt nämlich 3000Hm tiefer und über 20 Gehkilometer entfernt. Der Bahnhof in Zermatt.
Der Abstieg zur Monte Rosa Hütte entschädigt für das Frieren am Morgen. Es ist inzwischen heiss geworden. Auf 4000m kurzärmlig. Der Schnee wird weicher. An der Hütte machen wir erst einmal ausgiebig Rast. Mir gefällt gar nicht, was das von Norden an Wolken über den Gornergrat herüberschwappt. Gegen 16 Uhr brechen wir auf. Wir wollen durch die Gornerschlucht absteigen. Es kam, wie es kommen musste. Nebel und Schneetreiben auf dem Gornergletscher. Noch waren Skispuren zu sehen. Wir drückten mächtig aufs Gas und wollten den Gletscher schnellstmöglich verlassen. Die Orientierung würde ohne Spur sehr schwierig werden. Der Weg ist lang. Grosse Erleichterung verspürte ich, als wir endlich die Schlucht erreichten. Die ungewöhnlich warmen Temperaturen der letzten Tage setzten dem Gletscher und der eisigen Schlucht zu. Diese war noch passierbar, aber es hatte bereits einiges an Wasser. Wenige Tage später sollte man hier nicht mehr durchkommen.
Nachdem die Anspannung wich, spürte ich langsam müde Beine. Noch immer sind es einige Kilometer bis Zermatt. Über den Gletschergarten, Furi und Blatten laufen wir letztlich gegen 19:30 Uhr in Zermatt ein.
Es war schon ein sehr intensiver Bergtag mit so vielen verschiedenen Eindrücken. Dies mit Schneeschuhen zu unternehmen? Nun , mir kommt da Marius in den Sinn. ... "und wer das nicht geil find, der kann uns...."
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