Piz Bernina (4049 m) via Biancograt & Piz Palü (3901 m) Überschreitung WO


Publiziert von alpinos , 23. Juli 2010 um 07:45.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Berninagebiet
Tour Datum:16 Juli 2010
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Piz Bernina   Bernina-Gruppe   Palü-Gruppe   I 
Zeitbedarf: 11:30

Hochtourenwoche Juli 2010 - Teil V
[Tour Robert mit Reto]

Zum Abschluss der Hochtourenwoche das grandiose Finale - über den Biancograt auf den Piz Bernina, durch die Gletscherwelt der Bellavista und schließlich die Überschreitung des Piz Palü von West nach Ost.

Ursprünglich wollten Reto und ich von der Chamanna da Tschierva am heutigen Tag den Piz Roseg samt der wunderbaren Schneekuppe über den Eselsgrat besteigen. Da aber für den Samstag schlechtes Wetter mit Regen und Gewittern vorhergesagt waren, beschlossen wir, den Piz Roseg zu verschieben und den Piz Bernina vorzuziehen. Nach dem gestrigen gemütlichen Nachmittag auf der Hütte waren wir voller Tatendrang und freuten uns auf diese Tour. Glücklicherweise war die Hütte mit nur 40 bis 50 Leuten belegt (also fast leer) und davon gingen ca. 25 auf den PIz Bernina. Wir kamen zeitig los und waren so die zweite Seilschaft auf dem Grat. Die Verhältniss hätten besser nicht sein können; wolkenloser Himmel bis zum Mittag, angenehm warme Temperaturen und wunderbarer Firn. Ein großartiges Bergerlebnis stand uns bevor...



Um viertel nach drei machten wir auf den Weg. Zunächst ging es den Steinmännchen und weißen Markierungen auf dem gut erkennbaren Pfad entlang in Richtung Fuorcla Prievlusa. Nach einer Weile waren zusätzlich reflektierende Markierungsstreifen sichtbar, die die Wegfindung in der Nacht deutlich erleichterten. Nachdem wir zwei Bäche überquert hatten, stieg der Weg einige Meter steil an, um gleich darauf wieder als Höhenweg dem Verlauf des Tals zu folgen. Etwa eine Stunde nach Abmarsch an der Hütte kamen wir am Gletscher an. Schnell waren Helm und Steigeisen montiert, dann ging's, leicht links halten, über Firn und Felsen über den Felsrücken hinauf zur nächsten Gletscherterrasse.

Mittlerweile hatte die Dämmerung begonnen und wir konnten das Ende des Tals und das Fuorcla Prievlusa vor uns erkennen. Die letzten Meter hinauf zum gut übergehbaren Bergschrund waren etwas steiler, dann bogen wir nach links auf die Felsen ab. Hier konnten wir schon die reichlichen gelben Markierungen erkennen, die den Weg zum Einstieg des Klettersteiges markierten. Der Klettersteig selbst war trotz Feuchtigkeit ein erster Genuss und wir kamen zügig voran. Bereits nach zweieinhalb Stunden standen wir in der Fuorcla Prievlusa (3430 m). Gerade noch rechtizeitig, um einen eindrücklichen Sonnenaufgang zu erleben.

Nun begann die eigentliche Kletterei hinüber zum Biancograt. Zunächst ging's rechts um die ersten Felsblöcke herum, dann wieder nach links und schließlich nach einigen weiteren Felsstufen links hinab auf den Firn. Die Kletterei (II-III) war in dem soliden Fels ein Genuss und viel zu schnell vorbei. Auf dem Firn hielten wir uns - immer der guten Spur hinterher - zunächst dicht an den Felsen zu unserer Rechten, dann querten wir hinüber zu der markanten Felsnase unmittelbar vor dem Biancograt. Und da stand sie dann vor uns, die so oft beschriebene und gepriesene Himmelsleiter. Ein sonderbares Hochgefühl durchströmt einen bei dem Anblick dieses geschwungenen Firngrates, der sich scheinbar endlos hinauf in das ewige Blau schwingt...

Der Aufstieg war weniger schwierig als zunächst angenommen. Es ging wunderbar gleichmäßig auf dem Grat entlang in den Himmel. Nur die beiden etwas steileren Passagen waren verharscht und die Frontzacken der Steigeisen kamen zum Einsatz. Und doch ist der Grat nicht endlos und nach nicht einmal einer Stunden standen wir schon auf dem Pizzo Bianco (3995 m). Während einer kleinen Pausen genossen wir noch einmal das eben erlebte, bevor wir uns an die Kletterpassage hinüber zum Piz Bernina machten. Der Fels war größtenteils solide, nur in der Flanke gab's etwas Geröll. Wir hielten uns auf der, teils lufitgen Gratscheide bis hinüber zu Abseilstelle (die man aber nicht unbedingt benutzen muss, man kann auch sehr gut am Seil abklettern). Dann weiter in wunderbarer Kletterei über den nächsten Felsturm und hinunter an den Fuß des Bernina-Gipfelaufbaus. Nun waren es nur ein paar Minuten über schönen Fels und wir standen auf dem ersehnten Gipfel des Piz Bernina (4049 m; ca. 8:30 Uhr; ca. 5 1/2 Stunden Gehzeit).

Was für ein Berg, was für eine Tour, was für eine Aussicht! Bis auf die beiden Italiener, die vor uns angekommen waren, hatten wir den Gipfel für uns und konnten diesen großartigen Berg in vollen Zügen ohne Ablenkung genießen. Nach etwa einer halben Stunden Rast machten wir uns an den Abstieg über La Spedla (4020 m). Wir hielten uns auf dem teils felsigen, teils verfirnten Grat (in den Kletterstellen hat es ausreichend Bohrhaken) und gelangten so ohne Probleme auf den Gletscher oberhalb der Rifugio Marco e Rosa. Über diesen hatten wir in wenigen Minuten die Hütte erreicht (ca. 10:15; ca. 1 1/4 Stunden Gehzeit). Ach war das schön! Wir feierten unseren Erfolg mit echtem italienischen Espresso aus stil-echten Espresso-Tassen - herrlich!

Nach dieser Erfrischung begannen wir den zweiten Abschnitt unserer heutigen Tour, dem Übergang am Fuß der Bellavista entlang und über den Piz Palü hinab zur Bergbahn Diavolezza. Wir folgten der bereits gut ausgetretenen Spur auf dem Gletscher am Crast'Agüzza und Piz Zupa vorbei und durch das Spaltenlabyrith hinauf auf die weite Gletscherfläche der Bellavista. Bald darauf standen wir in der Fuorcla Bellavista (3688 m). Hatten wir vor zwei Tagen den Piz Palü von Ost nach West überschritten, so konnten wir jetzt die Überschreitung in die andere Richtung testen. Zunächst auf dem wunderbaren Felsgrat hinauf zum Piz Spinas (3823 m), dann auf dem breiten Firnrücken hinauf zum Piz Palü Haupgipfel (3901 m; 13:15 Uhr), weiter über den schmalen Firngrat zum Ostgipfel (3889 m) und schließlich wieder auf schmalem Firngrat hinab in die Ostschulter.

Mit einem gewagten Spur setzten wir über den Bergschrund hinab auf den Gletscher und stiegen nun über die Normalroute wieder vorbei an den eindrücklichen Spalten des Vadret Pers hinab. Hatten wir vor zwei Tagen noch das steile Schottcouloir zum Abstieg auf den Gletscher vom Fuorcla Trovat (3019 m) genommen, hielten wir uns jetzt weiter rechts und trafen etwa zwischen P. 3040 und P. 3095 auf den Grat. Hier kann man recht bequem auf den Grat aufsteigen und anschießend auf selbigen hinüber zum Fuorcla Trovat laufen. In wenigen Minuten waren wir zum Berghaus Diavolezza hinüber gewandert (15:45 Uhr, ca. 11 bis 11 1/2 Stunden Gesamtgehzeit).



Was für ein Erlebnis! Ich hätte ja nicht gedacht, dass wir diese großartige Tour schon dieses Jahr und so problemlos meistern würden. Es hat wieder alles gepasst, das Wetter, die Bedingungen, die Kondition, die Teamarbeit. Vielen Dank, Reto, für dieses großartige Bergerlebnis und die optimale Zusammenarbeit. Es war eine tolle Hochtourenwoche und hat sehr viel Spaß gemacht!

Tourengänger: alpinos


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Kommentare (4)


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Alpin_Rise hat gesagt: Let's Bian Go!
Gesendet am 23. Juli 2010 um 11:33
Ciao Alpinos,
Begeisternde Tour, besonders bei diesen Verhältnissen!
Danke für die schönen Fotos,
G, Rise

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 23. Juli 2010 um 11:40
Gratuliere zu dieser absolut traumhaften und unvergesslichen Tour - ein hervorragender Bericht mit fantastischen Fotos runden Euer Erlebnis perfekt ab. Und dann noch Respekt vor dieser Tagesleistung - wir hatten diese Tour bekanntlich in 2 Tagen unternommen, während Ihr die gesamte Strecke "genussvoll" als Tagestour unternommen habt. Chapeau!

Gruess und viel Spass am Rwh!

Dominik

monigau hat gesagt: Fotogenussstrecke
Gesendet am 23. Juli 2010 um 13:58
Superschöne Fotos, habe sie mit Begeisterung angeschaut und habe Respekt vor Eurer tollen Leistung, gratuliere!!!

LG

M.

alpinos hat gesagt: ein Traum
Gesendet am 25. Juli 2010 um 15:56
Danke euch für eure Kommentare. Es war eine Traumtour und wir hatten richtig super Verhältnisse. Kommt nicht so oft vor und dann muss man jede Minute genießen und viele Fotos mitbringen.
Grüße,
R.


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