El Camino de Santiago - Pedrouzo a Santiago de Compostela


Publiziert von Freeman , 4. März 2010 um 12:11.

Region: Welt » Spanien » Galicien » A Coruña
Tour Datum:26 Juni 2009
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: E 
Zeitbedarf: 1 Tage
Aufstieg: 155 m
Abstieg: 187 m
Strecke:Pedrouzo - Amenal - San Paio - Lavacolla - Vilamaior - San Marcos - Monte del Gozo - Santiago de Compostela

Die Ergreifung

Also eines kann ich vorne weg nehmen, es ist kein ergreifendes Gefühl in Santiago de Compostela anzukommen!

Die Strecke ist einfach, gut markiert, teils auf Waldwegen, teils auf Landstrassen. Bis zum Stadtgebiet von Santiago de Compostela dominieren hauptsächlich Eukalyptuswälder. Schon bald nach unserem Start am heutigen Tag fängt es auch schon wieder leicht zu regnen an. Alles sieht danach aus, dass es heute ein trüber Tag werden wird. Die Wolken hängen tief und die Pilger ziehen sich die Pelerine über die Köpfe.

Schon von weitem ist das Dröhnen der Flugzeugtriebwerke zu vernehmen aber zu sehen ist nichts hinter den Meter hohen Buschen und Sträuchern. Wir ziehen einen grossen Bogen rund um das Flugfeld, ein paar extra Kilometer auf unserem Weg nach Compostela.

In einem kleinen Dörfchen nehmen wir die Gelegenheit wahr nochmals einzukehren und einen Kaffee zu trinken und ein völlig überteuertes Brötchen zu verdrücken. Wie gewohnt lasse ich meinen Rucksack draussen vor der Türe, da es drinnen sowieso keinen Platz hat. Plötzlich sagt Marianne "ich glaube es regnet wieder", denn da stürzen Pilger mit nassem Regenschutz in die Bar. Natürlich ist jetzt auch mein Rucksack ein wenig schwerer und vor allem etwas feuchter als noch zuvor.

Jetzt kann mich jedoch nichts mehr erschüttern, das Ziel ist in Reichweite. Lächerliche zehn Kilometer trennen mich vom Ort den ich schon seit bald drei Monaten vor Augen habe. Santiago de Compostela, wie das tönt im Ohr, melodisch, klangvoll, voller Würde.

Warum bin ich eigentlich auf diesem Weg? Warum bin ich 1760 Kilometer gewandert, habe geschwitzt und geschleppt, manche Entbehrungen auf mich genommen und viele unruhige Nächte über mich ergehen lassen?

Die mittelalterlichen Pilger pflegten sich am kleinen Bach Lavacolla gründlich zu waschen, um sauber und wohlriechend am Grab des Apostels zu erscheinen. Da ich am Vorabend geduscht und meine Kleider in der Herberge gewaschen habe, lasse ich das mit dem Waschen am Bach Lavacolla mal sein. Zu meinem Erstaunen sehe ich an diesem besagten Bach eine Frau am Kleider waschen. Es ist jedoch keine Pilgerin sondern eine Frau aus dem nahen Dorf.

Es sind wohl tausende wenn nicht Millionen von Freudenseufzern, die auf dem Monte de Gozo im Laufe der tausendjährigen Pilgergeschichte schon ausgestossen worden sind. Ungezählt sind die Momente des höchsten Genusses (spanisch 'gozo') beim ersten Anblick der Türme der Kathedrale von Santiago de Compostela. Glück mit dem launischen galicischen Wetter braucht es freilich und selbst dann mag sich nicht der erwartete Blick einstellen, ist die Stadt inzwischen doch stark gewachsen.

Auf dem Monte de Gozo angekommen lasse ich einen grossen Seufzer sausen. Aber nicht etwa weil ich die Türme der Kathedrale erblickt habe. Nein, hier steht einfach ein riesiges unschönes Denkmal als Erinnerung an einen Papstbesuch in früheren Jahren und dies erfreut mein Herz keineswegs!

Auch die Ankunft im Vorort von Santiago de Compostela kann meine Stimmung nicht erhellen. Stinkender Verkehr, Strassen und unförmige Häuser so weit das Auge reicht. Ich bin zurück in der Welt, die ich vor rund drei Monaten verlassen habe!

Wir folgen den Jakobsmuscheln durch die Strassen und suchen nach der Herberge 'Acuario', die uns empfohlen wurde, in unserem Reiseführer positiv erwähnt wird und wo wir nun auch bleiben möchten. Wir treten ein und legen erst einmal unsere Rucksäcke ab. Die junge Frau am Empfang hat momentan keine Zeit für uns und ist anderweitig beschäftigt. Diese Gelegenheit nutze ich um einen kurzen Blick in den Schlafraum zu werfen. Ich zähle 48 Doppelstockbetten auf engstem Raum. Die Luft ist geschwängert durch übel riechende Rauchstäbchen. Diese Bleibe erinnert lediglich an einen Fahrrad Abstellraum in einem spanischen Wohnhaus als an eine Herberge, die diesen Namen verdienen würde. Was heisst hier 'erinnert', es ist nichts geringeres! Wir treten die Flucht an und stürzen an die frische Luft.

Santiago de Compostela ist neben Rom und Jerusalem nichts geringeres als dritter grosser Wallfahrtsort und eines der bedeutendsten Pilgerziele der Christenheit. Entstanden aus dem und für den Jakobskult, ist die Stadt heute ein architektonisch-kulturelles Gesamtkunstwerk. Über die Rúa dos Concheiros, benannt nach den Muschelnverkäufern (concheiros), die früher die Jakobsmuscheln feilboten, treten wir ein in die historische Altstadt.

Am erzbischöflichen Palast Pazo de Xelmírez vorbei und durch das Tor, eröffnet sich der grosse Platz Praza do Obradoiro vor der Westfassade der Kathedrale.

Nun stehen wir hier, am vermeintlichen Ende unserer Pilgerreise und bestaunen die Kathedrale.

Ja gut, ein wenig ergreifend ist es schon. Mir gefällt vor allem der grosse Platz mit viel Freiraum zum staunen und die beeindruckende Architektur der Kathedrale.

Es ist schön mein Ziel Santiago de Compostela erreicht zu haben und hier zu sein.

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Tourengänger: Freeman, Domino


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