Grande Tête de l'Obiou - Voie des Chatières


Publiziert von cardamine , 31. Juli 2024 um 19:23.

Region: Welt » Frankreich » Dévoluy
Tour Datum:20 Juli 2024
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1250 m
Abstieg: 1250 m
Strecke:14 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von les Payas (Pellafol) auf der Westseite des Drac-Stausees die mit Obiou ausgeschilderte Strasse nehmen. Nach wenigen Metern geht diese in eine Schotterpiste über, der man über den Col de la Sambue bis zum Parkplatz "Les Baumes" folgt.

Die Grande Tête de l'Obiou ist ein äusserst markanter Voralpengipfel, von der Gestalt her würde er auch gut in die Dolomiten passen. Der «Grosse Ochsenkopf» liegt jedoch im Dévoluy-Massiv, ein Gebirgsstock am Rand der Westalpen, der durch das tief eingeschnittene Tal des Drac vom Écrins-Massiv abgetrennt wird. Charakteristisch für das Dévoluy-Massiv ist die treppenstufenartige Gesteinsschichtung, die bei Einheimischen unter dem Namen "escaliers dévoluards" bekannt und berüchtigt ist.

Ebensolche «escaliers» ermöglichen auch den Aufstieg auf die Obiou, wobei man es dort mit einer ziemlich steilen, brösligen Ausführung zu tun hat. Selbst der Normalweg wird mit T5 II bewertet, was aber nicht viele abschreckt, der Berg ist bei gutem Wetter nahezu überlaufen. Zum Normalweg gibt es eine spannende Variante - die "Voie des chatières", auf Deutsch etwa "Katzenklappenroute". Als Katzenliebhaberin wollte ich unbedingt diese Variante begehen und herausfinden, was es mit dem Namen auf sich hat. Ich nehme es vorneweg - die Bezeichnung kommt daher, dass man sich geschmeidig durch enge Felslöcher und Felsspalten winden muss - wie eine Katze. Wer ausserdem kein Problem mit kurzen IIIer Kletterstellen hat, wird auf dieser Variante seinen Spass haben.

Schwierigkeit: Die Voie des chatières ist nicht sonderlich ausgesetzt – daher vom Charakter her T5 und nicht T6 - hat aber 1-2 IIIer Stellen. Wir haben die Route seilfrei begangen, Haken gibt’s eh keine und ein Seil nützt höchstens, um einen schwächeren Nachsteiger zu sichern. Tipp: Eine 6 m Reepschnur mitnehmen, um den Rucksack durch die Löcher nachzuziehen, mit Rucksack passt man nicht durch ;-) Helm schadet ebenfalls nicht, wobei die modebewussten Franzosen mehrheitlich auf Hüte setzen.

Vom Parkplatz Les Baumes, den man über eine lange Schotterpiste erreicht (mit einem etwas tiefer liegenden Auto geradeso) folgten wir dem Alpweg, verpassten prompt die Abkürzung zum Pas du Vallon und stiegen entlang eines Bachgrabens zum Col des Faïsses auf. Von dort querten wir über den Grasrücken zum Pas du Vallon. Über erste Kraxelstufen erreichten wir die als Weide genutzte Vallon-Hochebene. Dem offiziellen Wanderweg folgend gingen wir in einem Bogen um den Geröllkessel "Combe du Petit Obiou" herum bis zum Ansatz einer grasbewachsenen Schulter, über die man in den Kessel einsteigt. Nun muss man auf schuttbedeckten Stufen den Hang queren, das Gelände ist bereits ausgesetzt. Die roten Wegmarkierungen sind zahlreich und nicht zu übersehen. Die Combe wird über treppenartige Stufen, die besagten escaliers, verlassen, nach oben hin wird es immer steiler. Auf den Fotos sieht es aber schlimmer aus, als es wirklich war, finde ich. Hat man den Rand des Kessels erreicht, steht man auf dem breiten Verbindungsrat zwischen Petit und Grande Obiou, dem Col de l'Obiou. Den Spuren nach geht es einen steilen Schutthang hoch auf die Felswand zu. Bei einem Steinmännchen verliessen wir den Normalweg.

Pfadspuren führten uns zur ersten chatière, ein tiefer Felsspalt, der den Durchgang durch die untere Felswand des Gipfelkopfs vermittelt. Man klettert in den engen Spalt, der am Ende über eine ca. 4 m hohe senkrechte Wand mit guten "Füssen" aber glatten Griffen verlassen wird (II). Darüber quert man auf einem Band unter der Felswand entlang und steigt dann über sehr steiles brösliges Gelände zu einem freistehenden Felstürmchen auf. Da half nur schneller laufen als der Schutt rutscht, anstrengend! Darüber geht die Querung unter der Felswand weiter, der Pfad verleitet einen dazu, bis an die Abbruchkante der Nordflanke zu gehen. Man muss aber schon etwas vorher über Felsstufen nach oben kraxeln. Dann steht man am Fuss einer senkrechten Rinne mit Klemmblock, die überhaupt nicht so aussieht, als käme man durch. Der Eindruck täuscht. Man steigt in die Rinne ein und findet darin ein Loch, welches den Durchstieg nach oben vermittelt, das ist die zweite chatière. Das Loch ist die Schlüsselstelle (III). Ich liess meinen Rucksack unten und wand mich in 2 Bouldermoves durch das Loch. Mit der mitgebrachten Reepschnur angelte ich unsere zwei Rucksäcke hoch. Erst oberhalb des Lochs sieht man, dass es nach links recht einfach durch einen Riss weitergeht. Darin muss ein weiteres Felsloch, die dritte chatière ohne Rucksack durchklettert werden, dieses ist aber einfacher. Dahinter versperrt ein Felsblock scheinbar den Weg, man muss sich nun links davon durch einen engen Spalt quetschen. Danach ist es fast vorbei, durch eine breite Felsspalte gelangt man auf das weite flache Gipfelplateau.

Für den Abstieg sind die chatières nicht zu empfehlen, wir folgten dem bestens markierten Normalweg. Der beginnt erstmal recht harmlos. Nach dem Abzweig zum Gipfel Bonent de l'Evêque wirds wieder anspruchsvoller: Nachdem man eine Scharte überklettert hat, quert man unter überhängenden Felsdächern, den "Vire de la Cravate", mal hoch und mal abkletternd. An einer Stelle ist die Routenführung nicht ganz klar: Ein blauer Pfeil zeigt nach oben und Wegspuren führen geradeaus. Wir entschieden uns für geradeaus und trafen dabei auf einige übermalte Markierungen. Bevor wir wieder auf den Hinweg trafen, folgte noch der unangenehmste Teil des Abstiegs: Ziemlich abgespeckte steile Platten mussten abgeklettert werden, vertrauen auf Reibung war angesagt. Nach diesen Platten gings auf dem Hinweg zurück in den Schuttkessel, wobei ich nur die obersten 5 m als wirklich heikel empfand. Auf ca. 2200 m zweigt eine Alternativweg ab, der auf der anderen Seite des Kessels energiesparendes Geröllabsurfen versprach. Das Geröll war allerdings nicht wirklich surfbar, aber energiesparender als der Hinweg. Vom Pas de Vallon nahmen wir diesmal die Abkürzung, die durch schönen Wald zurück zum Parkplatz führt.

Tourengänger: Toni Montaña, cardamine
Communities: Ultras


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Kommentare (6)


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georgb hat gesagt:
Gesendet am 1. August 2024 um 07:54
Starke Landschaften und starke Touren in Südfrankreich. Bravo!

cardamine hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. August 2024 um 14:33
Danke dir, eigentlich wollten wir ja diesen Urlaub in deine Heimat, aber das Wetter ist da immer deutlich schlechter als in den Westalpen. Oder macht ihr den Wetterbericht absichtlich schlecht, um Touristen abzuschrecken? :D

georgb hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. August 2024 um 14:46
>Oder macht ihr den Wetterbericht absichtlich schlecht, um Touristen abzuschrecken?

Ich werde es mal vorschlagen ;-)
Im Falle, frage mich sicherheitshalber persönlich, wenn ihr vorhabt zu kommen, würde mich freuen!!!

cardamine hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. August 2024 um 15:05
Mach ich :)
Hoffentlich klappt's nächsten Sommer...

Andy84 hat gesagt:
Gesendet am 1. August 2024 um 09:49
Wow, danke für den tollen Bericht und die eindrucksvollen Bilder.
Ich kann Georg nur zustimmen, wirklich geniale Touren die ihr im Süden Frankreichs unternimmt.

cardamine hat gesagt: RE:
Gesendet am 1. August 2024 um 14:38
Danke und gern geschehen :)


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