Grande Tête de l'Obiou (2.789 m) - Frankreichs schönster Schutthaufen


Publiziert von pika8x14 , 10. November 2023 um 02:13.

Region: Welt » Frankreich » Dévoluy
Tour Datum: 8 Oktober 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: F 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Strecke:Les Baumes - Grande Tête de l'Obiou (voie normale de la Vire de la Cravate)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Per Pkw von Les Payas (Wegweiser "Obiou") auf Forstwegen über den Col de la Samblue (1.474 m) nach Les Baumes (ca. 1.560 m, Parkmöglichkeiten). Pkw mit großer Bodenfreiheit empfehlenswert. Bei vorsichtiger Fahrweise ist die Zufahrt momentan (10/2023) auch mit "nomalem" Pkw möglich.
Kartennummer:mapy.cz, https://www.geoportail.gouv.fr/carte

Für gut eine Woche geht’s in die französischen Alpen.

Da dort - gemäß der zuverlässigen Berichterstattung an anderer Stelle auf HIKR - „90 % in Trailrunnern“ als „Standardausrüstung für T5“ in den Bergen unterwegs sind, packe ich den Auto-Kofferraum voll mit deartigen „Turnschuhen“. Schließlich möchte man später auf Tour nicht sofort als Auswärtiger auffallen.

Und um mich sprachlich ein Bisschen zu akklimatisieren, läuft während der - leider ziemlich langen - Anreise meine Lieblingsplaylist mit Mylène Farmer, Alizée, Pomme und Angèle auf und ab.

Bestmöglich vorbereitet geht’s so an die Besteigung einiger Gipfel, die schon länger auf meinem Wunschzettel stehen. Einer davon ist die


Grande Tête de l'Obiou.

Mit 2.789 m ist sie die höchste Erhebung des Dévoluy-Massivs und sieht aus Nah und Fern wirklich beeindruckend aus. Eine Schartenhöhe von 1.542 m macht den Berg außerdem zu einem „Ultra“ (Prominenteste Berge der Alpen). 

Nebenbei ist Grande Tête de l'Obiou ganz klar ein Name wie Silberklang. Das allein reicht eigentlich schon aus, etymologisch unbedarfte Bergfreunde magisch anzuziehen ;-) Gemäß der Theorie eines Einheimischen (und des französischsprachigen Wikipedia-Artikels) bedeutet er allerdings wohl sinngemäß „Kopf eines (toten?) Rinds/Ochsen“ - das klingt leider deutlich weniger romantisch, dafür aber verdammt spannend…

Gipfelaspiranten haben die Wahl zwischen verschiedenen Kletterrouten. Oder man entscheidet sich für den Normalweg von Les Baumes über den Col de l'Obiou, der allerdings auch „anspruchsvolles Bergwandern“ erfordert:

Die tendenziell eher optimistisch bewertende Seite camptocamp.org vergibt beispielsweise immerhin T5/E4. Es handelt sich um eine ernsthafte Tour - durch teils sehr steiles, brüchiges, steinschlagträchtiges, absturzgefährdetes Gelände.

Dennoch ist der Obiou sehr gut besucht - besonders an Wochenenden mit schönem Wetter tummeln sich hier zahlreiche Berggänger. Auf HIKR gibt es bisher allerdings noch keinen Bericht.


Die Tour

Am Samstagnachmittag komme ich in der Region an und erkunde schon einmal ein Bisschen die Umgebung des Berges und die Zufahrt zum Ausgangspunkt.

Sonntagmorgens treffe ich mich dann mit Alice und Robin in Les Payas. Gemeinsam juckeln wir mit meinem Auto auf einem Forstweg über den Col de la Samblue (1.474 m) vorsichtig hinauf nach Les Baumes (ca. 1.560 m).

Der Parkplatz ist bereits gut gefüllt, als wir gegen 08.30 Uhr losdackeln. Ein Stück folgen wir noch der Fahrpiste, bis ca. 100 m nach dem Fahrverbotsschild der Wanderweg rechterhand abbiegt. Über Wiesen spazieren wir - vorbei an letzten Bäumen - grob westwärts zum Pas du Vallon (1.896 m). Hier ist es kurz etwas felsig/abschüssig (T3), und man steigt auch einige Meter ab.

Wenig später teilt sich der Weg: Links würde man bald in einen großen Schutt-/Gerölltrichter gelangen (unser Rückweg). Wir halten uns aber rechts und umrunden eine Talsenke damit etwa zur Hälfte mit Blick auf die wirklich schöne Ostseite des Obiou (und den weniger schönen weiterer Wegverlauf ;-):

Auf rutschigem Pfad geht’s über einen Rücken bis auf ca. 2.200 m (wo auch der Weg durch den Schutt-/Gerölltrichter wieder einmündet). Hier legen wir - bei insgesamt langsamen Tempo - auch einen kurzen „Zwischenspurt“ ein, um eine sehr große, pausierende Gruppe zu überholen.

Denn nun wird’s spannend und spätestens jetzt ist ein Helm eigentlich Pflicht:

Den Markierungen (rote Striche) folgend queren wir kaum ansteigend hinüber zu den Abbrüchen unter dem Petit Obiou. Dann schwenkt der Steig rechterhand und führt hinauf zum Col de l'Obiou. Das steile, felsige Gelände ist zwar gut gestuft, aber stellenweise extrem brüchig. Unmengen an Schutt bedecken den abgetreppten Hang - mit entsprechender Ausrutsch- und Steinschlaggefahr. Besonders heikel ist der Abschnitt unterhalb des Sattels (T5). Neben der dringend gebotenen Vorsicht ist auch etwas Vorausschau angebracht: Dort, wo die rote Farbe vor Wochen vielleicht noch die „einfachste“ Stelle markiert hat, kann die Situation durch frischen Bruch/Schutt nun ggf. auch anders sein.

Nach kurzer Pause am Col de l'Obiou (2.440 m) stapfen wir - nun wieder einfacher, aber etwas rutschig - heran an den Gipfelaufbau des Obiou.

Hier könnte man sich auch für die Varianten „Voie des chatières“ oder die „Voie de feuillets“ entscheiden. Diese erfordern allerdings etwas schwierigere Kletterei und sind an schönen Tagen mit vielen Berggängern - wie heute - absolut stauträchtig.

Wir bleiben also auf der „Voie normale“, die weiterhin Interessantes zu bieten hat: In leichter Kletterei (T5, I - II) sind Felsabsätze zu überwinden. Der Fels ist zwar gut gestuft, teils aber abschüssig und speckig. Und wirklich gute Griffe gibt es stellenweise auch nicht (ein Stahlseil oder eine andere Sicherung erst recht nicht). Tatsächlich drehen hier Einige um - trotz gut gemeinter „Courage“-Zurufe.

Ich eiere irgendwie über den Fels nach oben (und auch wieder einige Meter nach unten) und freue mich - in Anbetracht der spärlichen Griffe - über den guten Grip der oben erwähnten „Turnschuhe“.

Die Euphorie hält an, denn nun folgt der sicherlich schönste Teil der Tour: Auf dem - teils von überhängendem Fels überdachten - Band „Vire de la Cravate“ geht’s im Auf und Ab dahin, mit kürzeren Kraxelstellen.

Zu guter Letzt steigen wir aus etwa südwestlicher Richtung hinauf auf den weitläufigen Gipfel der Grande Tête de l'Obiou (2.789 m). Bei praktisch perfektem Oktoberwetter rasten wir eine Stunde.

Der Abstieg erfolgt grundsätzlich auf bekannter Route mit folgenden Unterschieden:

 - Die „T5-Schlüsselstellen“ - die Felsabsätze an der „Vire de la Cravate“ sowie das brüchige Steilstück unterhalb Col de l'Obiou - begeistern bergab noch weniger.

- Vom Col de l'Obiou machen wir einen Abstecher zum Petit Obiou (2.458 m) mit längerer Pause.

- Wir nehmen das alternative Wegstück durch den Schutt-/Gerölltrichter. Wirklich toll lässt es sich nicht nach unten surfen. Aber etwas Zeit sparen wir sicherlich ein.

Kurz vor 16.00 Uhr erreichen wir wieder Les Baumes. Damit beenden wir nach ca. 7,5 Stunden (netto 6 Stunden) eine eindrucks- und durchaus anspruchsvolle Tour auf einen markanten Berg, die sich grob so einteilen lässt:

- Les Baumes - Pas du Vallon - Rücken im Obiou-Osthang, ca. 2.200 m : T2/T3
- Querung zu den Abbrüchen unter dem Petit Obiou, Aufstieg zum Col de l'Obiou: T4/T5 (I), sehr brüchig/steinschlaggefährdet!
- Col de l'Obiou - Gipfelaufbau Obiou: T2
- Felsabätze an der „Vire de la Cravate“: T5 (I-II)
- „Vire de la Cravate“ und Schlussaufstieg zum Gipfel: T3/T4
- Col de l'Obiou - Abstecher zum Petit Obiou: T2

Tourengänger: pika8x14
Communities: Ultras


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T3 5c
T3
4 Jun 07
Châtel · schimi

Kommentare (2)


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Linard03 hat gesagt:
Gesendet am 14. November 2023 um 08:23
sehr schöne Tour!
Für mich eine gänzlich unbekannte Region ...
Grüsse!

pika8x14 hat gesagt: RE:
Gesendet am 17. November 2023 um 15:42
… danke.

Ein Besuch der Region ist wirklich zu empfehlen, es ist dort richtig schön und abwechslungsreich.

Viele Grüße.


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