In den Tälern des Solukhumbu III


Publiziert von Günter Joos (gringo) , 30. April 2024 um 16:07.

Region: Welt » Nepal » Solo
Tour Datum:31 März 2024
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: NEP 
Zeitbedarf: 4 Tage

Teil III - vom Khumbu in den Solu

Hinweis: während Wegfindung und Orientierung auf den vorhergehenden Etappen praktisch nie ein Problem waren, empfehlen wir für die folgenden Etappen zusätzlich zur Karte das Herunterladen der Route, um im Zweifelsfall per GPS den eigenen Standort mit dem Routenverlauf vergleichen zu können. Es wäre zudem jammerschade, anstatt auf dem noch weitgehend intakten alten Pfad zu wandern, über die neue Staubpiste hatschern zu müssen. Unterwegs finden sich gelegentlich Wegweiser, diese sind aber eher spärlich angebracht und fehlen oft an uneindeutigen Verzweigungen.
31.03.2014
9.15 h, Abstieg ab Namche über die Standardroute bei strahlendem Sonnenschein. Da die Luklaflüge wieder gehen, ist entsprechend viel los. Um 13 h halten wir in Gumela unseren Lunchbreak direkt neben dem tosenden Bergbach Nagbuwa Khola. Um 14 h geht es weiter, wir passieren das Gästehaus unserer ersten Nacht in Pakding, wo uns die Besitzerin gleich wieder erkennt. Die Einladung zum Tee müssen wir leider ausschlagen, da zwei von uns bereits vorausgeeilt sind und wir unser Etappenziel Surke möglichst noch bei Tageslicht erreichen wollen. 
 Die Müllsituation im Sagarmatha-Nationalpark war ja geradezu vorbildlich, Landschaft und Wege sind praktisch müllfrei, wrklich sensationell. Sogar gemauerte Abfallbehälter mit Mülltrennung waren dort in regelmäßigen Abständen aufgestellt. Kurz vor Lukla befindet sich in Cheplung (2660 m) eine Abzweigung, wo wir die Hauptroute verlassen. Leider fängt dort abrupt die in Entwicklungs- und Schwellenländern oft verbreitete Vermüllung an, andererseits wird es jetzt ebenso schlagartig ruhig, der Lebensunterhalt der hier lebenden Menschen wird überwiegend mit Landwirtschaft bestritten..
Surke (2290 m) ist ein fantasttischer Ort. Der Dudh Koshi hat sich hier eine schmale und tiefe Schlucht eingesägt. Überall ist es üppig grün, gepünktelt mit rot, weiß oder rosa blühendem Rhododendron.
In unserer Lodge verbringen wir einen amüsanten Abend mit dort ebenfalls untergebrachten jungen Straßenbauarbeitern, wobei es auch zum Konsum zweier Fläschchen "Khukuri-Rum" kommt, während ein schönes nepalesisches Lied unser Gusto findet, abgespielt vom Handy eines der Jungen..
01.04.2024
Wir haben tatsächlich mit offenem Fenster geschlafen, und auch das Aufstehen in den hier nur noch gemäßigten Höhen fällt viel leichter, da es nicht mehr an einen Sprung aus dem warmen Schlafsack hinaus in die Kälte gebunden ist.
Die Landschaft erinnert mich gelegentlich an die Alpentäler des Tessin oder des Piemont. Abgesehen vom Dauerbrummen der Luklaflüge ist es hier traumhaft idyllisch. Ein kräftiger Anstieg erwartet uns in den ersten beiden Stunden. Das Erdreich ist feucht und scheint zu 50 % aus Maultierkacke zu bestehen. Also, bloss nicht ausrutschen! Prompt drückt mich ein Mauliter mit seiner Last kurzerhand in die Böschung. Zum Glück habe ich die Regel befolgt, den Tieren stets zum Hang hin auszuweichen, denn sonst hätte ich wohl einen fatalen Abgang die Schlucht hinunter gemacht.Schließlich ist die Passhöhe des Chutok La (2945 m) erreicht. Ab Paiya (2730 m) endet der alte Pfad, und wir müssen eine zeitlang mit der neu gebauten Fahrpiste vorlieb nehmen. 
Um 13.30, kurz nach der Abzweigung "shortcut to Bupsa", halten wir Mittagsrast in einer Lodge mit einmalig schöner Lage. Exponiert auf einem Bergsporn schweift der Blick über sattgrüne, tief einschneidende Täler hinweg, niedliche Siedlungen kleben in terrassierten Steilhängen., schneebedeckte Bergspitzen ragen in der Ferne empor.
Hinter der Lodge geht es steil bergab, glücklicherweise wieder auf dem schönen alten Pfad. Mit Felsen und steilen Steintreppen durchsetzt bedingt dieser aber durchaus einer gewissen Geländegängigkeit (T3). Die Etappe begeistert uns, denn heute noch mehr als gestern werden wir diesem frappierenden Wechsel von Landschaft und Kultur gewahr. Intimidierende Eisgipfel haben hier einer lieblichen Vorgebrgsidylle Platz gemacht, und wir erleben eine authentische Bergbauernkultur. Die kargen, oft von kalten Winden gepeitschten Hochtäler,Pässe und Plateaus sind einer farbenfrohen Vegetation gewichen, Bambushaine und Bananenstauden sind Zeugen des subtropischen Klimas. Auch die Bevölkerung ist eine andere. Gesichtszüge und Hautfarbe, Schmuck und Kleidung der Frauen ... das hier sind keine Sherpa. Ein Großteil der hiesigen Bewohner soll dem Volk der Rai angehören. Eher schleichend scheint sich hier der Wechsel vom Buddhismus zum Hinduismus zu vollziehen. Wenngleich wir am Weg noch viele Manimauern und Gebetsfahnen finden, dürfte die Mehrheit der Bewohner hier dem Hinduismus anhängen.
Wären wir in Südamerika, würde mir beim Anblick des Dorfes Jubhing (1680)  Macombo aus 100 Jahre Einsamkeit einfallen ... In der Karte wird Jubhing als "Rai-Village" deklariert. Eine zauberhafte Abendstimmung auf die letzten Kilometer hierher, Eintreffen mit dem eben ausglühenden Tageslicht. Heute sind es zwei Herren, die sich um unser Wohlergehen kümmern. Beide haben ganz augenscheinlich dem Alkohol schon reichlich gefröhnt. Dennoch gelingt das Makkaronigericht und der Massallatee wird von Haydar und mir gar als der beste bislang getrunkene ausgelobt. Unser Wirt schafft es sogar noch, trotz leicht eingeschränkter Motorik, eine riesige Spinne mittels einer Bambuszange aus unserem Schlafraum zu entfernen.
Nachts sind die umliegenden Berghänge stimmungsvoll von unzähligen kleinen Lichtlein übersät. Elektrizität scheint hier also, gleichfalls wie oben im Khumbu, kein Problemthema mehr. Uns sind auch nie vorübergehende Stromausfälle vorgekommen. Das habe ich auf vergangenen Reisen sowohl in Nepal, als auch im indischen Himalaya, sehr oft anders erlebt.
Es ist unsere erste Lodge mit Außentoilette. Aber, wie gesagt, bei diesen Temperaturen muss man sich im Falle eines nächtlichen Toilettenganges nicht etwa erst in dicke Socken und Daunenjacke packen.
02.04.2024
Hinab zunächst zur 109 m langen Hängebrücke. Mit 1500 m ist hier der geografische Tiefpunkt unseres Trekkings erreicht. Hier nehmen wir endgültig Abschied von unserem alten Freund, dem Dudh Koshi. Der lange Ausstieg aus dessen Tal erfolgt über eine sehr schön angelegte Mulattiera. Schattige Waldstücke wechseln sich mit niedlichen Bergdörfern, welche von terrassierten Feldern umgeben sind. Auf diesen wächst und gedeiht es, mit riesigen Strohballen beladene Bewohner begegnen uns. 
Munthala (2194m) überrascht mit seiner ungewöhnlich geradlinigen Ortsmitte, die "Hauptstrasse" ist gar mit einer Baumallee gesäumt. Haydar und ich halten eine kurze Einkehr, bevor wir weitere 700 hm nach Taksindu (2960 m) hinaufschnauben. Hier treffen wir Vladi und Roland wieder, die uns etwas voraus waren. Ein ausgiebiges Mittagsmahl in einer Lodge mit prächtigen Rückblicken über das jetzt in die Tiefe und in die Ferne gerückte Dudh-Koshi-Nadi. Doch stört uns der permanente Hubschrauberverkehr einer nahegelegenen Baustelle, weshalb wir beschließen, zur Pashöhe Taksingdu La (3080 m) weiterzugehen. Eine gemütliche Lodge erwartet uns dort, sowie Aussichten zu allen Seiten hin, wobei es auf der Dudh-Koshi-Seite bald schon zunebelt. Unerwartet grüßt uns hier auf Nordwest nochmal eine Gruppe behäbiger Eisriesen. Es handelt sich um die beiden Bergketten des Shorong Himal (Khatang, 6853 m) und des Karelung Danda (Karyolung, 6511 m). Unsere Ankunft um 16.30 lässt noch ausreichend Zeit, in den Wiesen der Passhöhe zu chillen und diesen herrlichen Flecken zu estimieren.
03.04.2024
Noch vor dem Frühstück steige ich auf den Hügel hinter der Lodge. Die Mantras der Mönche des Klosters von Taksim dringen bis bis zu mir hinauf, während mein Blick ein letztes Mal zum Dudh Koshi hinübergleitet. Auch die Sicht zu den oben erwähnten Eisgipfeln ist frühmorgens noch fantastisch.
Zunächst steigen wir abwärts, nochmals auf dem alten Pfad, dann treffen wir auf die Straße. Wir versuchen in der Folge noch ein paar weitere Pfadvarianten, mal mehr, mal weniger erfolgreich. Zum Schluß bleibt aber nur noch die Piste, was jetzt mitunter recht unangenehm wird, da die hier nun häufiger verkehrenden Fahrzeuge uns regelmäßig mit Staub eindecken. Idyllische Dörfer und ein pittoreskes Landschaftsbild bleiben uns aber weiterhin bis zum Finale erhalten. Um 14 h treffen wir in Phaplu (2469 m) ein. Es macht keinen Sinn, weiter nach Salleri zu wandern, da bereits in Phaplu sowohl Bus- als auch Jeepverbindungen nach Kathmandu bestehen. Unser Hotel befindet sich direkt gegenüber des regionalen Flughafens, welcher angeblich im Falle schlechter Wetterlagen als Ausweichsalternative zu Lukla dient. Interessanterweise stellen wir fest, dass das Niveau der Lodges in den Bergen besser war, als hier, in der vermeintlichen Zivilisation. Andererseits sind die Preise hier günstiger. Es gelingt uns, einen Fahrer inklusive tauglich scheinendem Fahrzeug für unsere morgige Rückkehr nach Kathmandu zu organisieren. 
04.04.2024
Landschaftlich interessante Rückfahrt nach Kathmandu. 10 Stunden sind wir unterwegs, wobei etwa zwei davon in Staus in und um die Hauptstadt draufgehen. Die Zuverlässigkeit und der gute Fahrstil unseres freundlichen Fahrers haben sich bestätigt.
05. + 06.04.2024
Shoppen und Sightseeing in Kathmandu, am Morgen des 07.04.2024 Rückflug über Delhi nach Frankfurt.

Tourengänger: Günter Joos (gringo)


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»