Über eiszeitliche Dünen hinauf zum höchsten Punkt Mannheims (super x-träjme Hikr-Ärstbesteigung)


Publiziert von Nik Brückner , 26. Februar 2024 um 13:14.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Sonstige Höhenzüge und Talgebiete
Tour Datum:25 Februar 2024
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 2:15
Aufstieg: 67 m
Abstieg: 67 m
Strecke:10,8 Kilometer

Okay, also, angesichts des Filmstarts von "Dune - Part 2" in ein paar Tagen und einer - immerhin leichten - Erkältung, hat es die Waldelfe und mich in flaches Gelände gezogen: in die eiszeitlichen Wanderdünen des Dossenwalds.

Hm? Eiszeit? Dünen? Wanderdünen?

Yep, mitten in Deutschland. "Hirschacker und Dossenwald" heißt ein Natur- bzw. Landschaftsschutzgebiet zwischen Mannheim und Schwetzingen. Es umfasst eines der bedeutendsten Flugsandgebiete in Baden-Württemberg. Der Dünenzug besitzt bis zu 13 Meter hohe, nach Osten steil abfallende, kalkhaltige Dünen. Im Westen befindet sich das Flugsandfeld und im Osten der Neckarschwemmfächer.



Mit dem Soundtrack zu David Lynchs "Dune" im Player schwenkten wir auf den großen Waldparkplatz (111 m) am Friedrichsfelder Weg im Nordosten des Dossenwalds ein. Es ging über die Straße und in den Wald hinein. Wir nahmen einen Weg, der parallel zum Waldrand (linkerhand) nach Südwesten führt. Gleich bekommt man den urigen Charakter des von Eichen und Kiefern dominierten Dossenwalds vor Augen geführt.

Der Name "Dossenwald" ist von "Dosse", einem alten Wort für die Kiefer, abgeleitet.


Der Weg quert zwei sandige Schneisen, und man begreift selbst bei Windstille, dass Flugsand bei der  Entstehung - und der ständigen Umgestaltung dieser Landschaft - eine wichtige Rolle spielt.

Links vom Weg befinden sich nun große Sanddünen, die sich während der letzten Eiszeit (von ca. 8.000 bis 6.000 v. Chr.) durch Flugsande des Rheintals gebildet haben: Der Rhein und seine stark mäandrierenden Seitenarme durchdrangen nahezu die gesamte Region. Westliche Winde wirbelten feinkörnige Partikel aus den trockenliegenden Schotterflächen und Sandbänken des Flusses auf und lagerten sie im Osten des Rheintals als Binnendünen wieder ab. Das durch sie geprägte Gebiet erstreckte sich einst von der Gegend um das heutige Karlsruhe bis hinauf in die Gegend um das heutige Mainz.

Damals war diese Landschaft eine Art Steppe, und es wanderten Pflanzen aus dem Mittelmeerraum wie auch aus den Steppengebieten im Osten ein. Danach setzte nach und nach die Bewaldung ein: Die Sanddünen wurden zwischenzeitlich wohl komplett überwaldet, offene Sandflächen entstanden erst wieder nach den verschiedenen Rodungsphasen/Nutzungsversuchen im Mittelalter.



Bald wird der Rothlochweg gequert und es geht geradeaus weiter. Kurz vor einer großen Lichtung befindet sich der uralte Kühbrunnen (90 m).

Der auch "Viehbrunnen", "Ziehbrunnen" und "Hirtenbrunnen" genannte Brunnen geht wahrscheinlich auf die Römer zurück und ist vergleichbar mit dem Römerbrunnen in Suebenheim. Beide lagen zwischen den römischen Lagern Alta Ripa (heute Altrip) und Lopodunum (Ladenburg).

1462 schlug Kurfürst Friedrich von der Pfalz in der Schlacht bei Seckenheim Graf Ulrich von Württemberg, Markgraf Karl von Baden und Bischof Georg von Metz. Deren Soldaten lagerten am Kühbrunnen. Berichten zufolge muss diese Schlacht äußerst brutal gewesen sein. So setzen zum Beispiel Bürger und Bauern aus Heidelberg und Umgebung als Fußvolk die sogenannte Schweizer Landsknechttaktik ein: Mit Morgensternen und Spießen verletzten sie die Pferde der schwer gepanzerten Ritter. Dann rissen sie mit den Haken ihrer Hellebarden die Reiter zu Boden, wo sie relativ hilflos waren. Ca. 400 Gefangene wurden gemacht, darunter auch der Bischof von Metz.


Im Jahr 1682 siedelte dann Kurfürst Karl II. (Pfalzgraf und Kurfürst von 1680 – 1685) Hugenotten, Glaubensflüchtlinge aus der Gegend von Sedan, hier an. Diese Hugenotten fällen Eichen, bauten Holzhütten und machten das Land urbar. Dieses Land lag ostwärts des Siegeskreuzes der Schlacht von Seckenheim, in Erinnerung an die Schlacht wurde deren Siedlung Friedrichsfeld genannt.

Im 20. Jahrhundert war der obere Teil des Kühbrunnens bis zum Erdboden zerstört. 1968 wurde er vom Rheinauer Bürger Otto Schlang wieder aufgebaut.


Am Kühbrunnen wandten wir uns nach links, zur Hütte Rheinauer Wald (94 m). Von hier ab folgten wir weiter dem parallel zum Waldrand verlaufenden Weg, der hier meist über die Dünenkante verläuft.

Man hat auf verschiedene Weisen versucht, die Sandgebiete landwirtschaftlich zu nutzen: Weinbau funktionierte nicht recht, Tabak und Spargel dagegen wächst heute noch in der Umgebung der Dünen. Die größten Flächen aber bilden heute Kiefernwälder.


Und dann ist er ausgeschildert: der höchste Punkt Mannheims (114 m)!

Da gibt es wahrlich andere höchste Punkte - aber die Mannheimer sind stolz drauf. Gemächliche treppen führen zum - nun ja - Gipfel, der standesgemäß auch von einem Gipfelkreuz gekrönt ist. Sogar ein Gipfelbuch gibt es! und darin ist zu lesen, dass das Kreuz auf dem höchsten Punkt Mannheims für den einen oder die andere sogar das erste Gipfelkreuz überhaupt ist. Na, dann: Gratulation!

...und man bedenke: Es dürfte alles andere als einfach gewesen sein, für die Mannheimer Geometer, den höchsten Punkt in dieser wahrlich flachen Stadt ausfindig zu machen. Unseren Respekt dafür haben sie.



Wir verließen den höchsten Punkt auch dieser unserer Wanderung und folgten dem Pfad nun weiter Richtung Südosten. Am Parkplatz Dossenwald (106 m) überquerten wir den nächsten breiten Weg, dann bogen wir erneut nach Südwesten (links) ab. In der Nähe einer Hütte erreichten wir in offenem Gelände einen Zaun.

Durch die Zeiten hindurch hat die Dünenlandschaft am Rhein ihren Charakter mehrfach gewandelt. Heute ist nur an wenigen Stellen der ursprüngliche Dünencharakter erhalten. An diesen Stellen konnte sich die typische Steppenvegetation erhalten oder wieder einstellen, heute gilt sie als botanische Rarität. Gleiches gilt natürlich für die entsprechende Fauna. Nach einer Kartierung aus den 80er Jahren des 20 Jh. stehen etwa 20 – 25% der Pflanzenarten auf den Sandrasenflächen auf der so genannten Roten Liste der bedrohten Arten. Deshalb stehen die Dünen unter Schutz. Daher sind manche Bereiche umzäunt und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.


Wir folgten dem Zaun Richtung Süden, und wanderten auch dort, wo er nach rechts biegt, noch ein Stück nach Süden weiter. Es folgen zwei weitere Rechtsabzweige, den zweiten nahmen wir dann, und bogen gleich darauf wieder nach Norden ab. Hier sind zahlreiche Bäume umgestürzt. Wie wir hinterher erfuhren, wird dieser Weg wird nicht mehr gepflegt, absichtlich, um den Wald zu schonen. Dafür sorgen querliegende Bäume. Das nächste Mal gehen wir außenherum.

Angeblich wurden auf diese Weise etwa zwei Drittel der bisherigen Wege gesperrt. Bei der Vielzahl gut begehbarer breiter Wege und schmaler Pfade im Dossenwald ist das allerdings schwer zu glauben.


Wieder zurück am eingehegten Gelände zickzackten wir uns nun auf den öffentlich zugänglichen Wegen durch das besonders empfindliche Gelände.

Aufgrund zunehmender Störungen durch Besucher hat das Regierungspräsidium Karlsruhe zum Schutz störungssensibler Tiere und Pflanzen Anfang 2020 eine teilweise Absperrung durch Einzäunung vorgenommen und auf einer Länge von insgesamt 1200 Metern hölzerne Geländer zur Besucherlenkung aufgestellt.

Wegen einer früheren militärischen Nutzung sind hier noch große Lichtungen. Hier wachsen Kreuz-Enzian, Sandrasen mit Silbergras und Sand-Strohblume und Zwergstrauchheide mit Heidekraut. Typische Sandbewohner sind Blauflügelige Ödlandschrecke, Ameisenlöwe, Dünen-Sandlaufkäfer und Kreiselwespe.



Wir kreiselten wieder zurück zu der Hütte, in deren Nähe wir zum ersten Mal auf das umzäunte Gelände gestoßen waten. Es ging nun nach Norden, zu dem breiten Weg, der vom Parkplatz Dossenwald herüberkommt. Diesen überquerten wir, dann ging es kurz nach Nordwesten, gleich darauf wieder straight nach Norden, bis zum Edinger Riedweg, der ebenfalls vom Parkplatz Dossenwald herüberkommt. Auf diesem wanderten wir nun nach Westen, bis zu dessen Ende am Westrand des Dossenwalds. Hier zweigen drei Wege nach Nordosten ab: der Eichhörnchenweg, der Kühbrunnenweg und ein dritter, namenloser. Diesen nahmen wir, und verließen ihn erst 700 Meter weiter, um nach links zur Rothloch Grillhütte (106 m) hinüberzuqueren. Dort überquerten wir noch einmal den Rothlochweg und den Friedrichsfelder Weg und liefen über den Parkplatz Rothlochweg (104 m) und den Parkplatz Wildgehege (106 m) hinüber zum Wildschweingehege Rheinauer Wald (105 m) und zu einem zweiten Gehege mit Muffelwild dahinter. Schließlich ging es auf einem noch einmal sehr schönen Weg parallel zur Straße durch den hier dichten Wald Richtung Parkplatz

Das Gebiet heißt nun einmal "Dossenwald". Es ist fast komplett bewaldet, vorwiegend mit Kiefern aber auch mit Robinien- und Laubmischwäldern.


In wenigen Minuten waren wir wieder zurück an unserem Ausgangspunkt auf dem Waldparkplatz (111 m) am Friedrichsfelder Weg.


Fazit:

Eine herrliche Runde, und eine sehr interessante dazu! Wer noch mehr Dünen braucht, der kann ganz in der Nähe noch den Glockenbuckel von Viernheim erwandern, oder die Wanderdünen zwischen Oftersheim und Sandhausen.

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T1
20 Mai 23
Spazierwanderung am Neckar · Nik Brückner
T1
28 Jun 14
Durchschreitung Mannheims · Nik Brückner

Kommentar hinzufügen»