Pizzo del Prévat, Lei di Cima und Campolungo

Das "Tessiner Matterhorn" ist in jeder Hinsicht ein Leckerbissen. Allerdings sind auch die einfachsten Zustiege relativ anspruchsvoll. Die weniger bekannten aber höheren südlichen Nachbaren sind für jene einen Besuch wert, die es einsam und wild mögen.

Im Alleingang kamen die bekannten Kletterrouten an der Nordostkante nicht in Frage und so war das Ziel der Tour die Überschreitung des Pizzo del Prévat von Nord nach Süd. Da ich zum Zustieg von Norden her nur wenig Informationen fand, schreibe ich hier meine Erfahrung nieder.
Nach einem etwas späten Start gönne ich mir die Luftseilbahn in Rodi und kann so bereits auf gut 1800m starten, was den Zustieg zum Passo Campolungo doch erheblich verkürzt. Vom Pass aus führt eine Route über den Nordgrat bzw. über die Westflanke auf den Prévat, welche vom SAC mit T6 bewertet wird. Der Zustieg bis zum Gipfel scheint mir rein aufgrund der einfachen Wegfindung tendenziell doch eher einfacher - ausgetzt ist man jedoch stellenweise schon. Erstaunlich schnell gelange ich so am Gipfel an und geniesse den Rundumblick. Der Südgrat dient den Kletterrouten des Prévat als Abstiegsroute und ist grosszügig mit Abseilstellen ausgerüstet, welche ich im Abstieg gerne in Anspruch nehme.

Unten an der Bocchetta del Prévat angekommen entscheide ich mich den unmittelbaren südlichen Nachbaren des Prévats einen Besuch abzustatten. So geht es weiter zur Capanna Leìt, wo ich das meiste Material in Erwartung einfacheren Geländes zurücklasse. Nun passiert man richtung Passo di Leìt den gleichnamigen See auf einem hübschen Wanderweg. Auf der Passhöhe angekommen folge ich dem Weg weiter, nun absteigend, bis ich schliesslich über die Ostflanke des Pizzo Lei di Cima weglos gegen dessen Südgrat aufsteige und in Gras durchsetztem Gelände zum Gipfel gelange (T5).

Am Gipfel studiere ich zuerst eine direkte Überschreitung zum Pizzo Campolungo, was mir ohne Material allerdings schnell etwas zu heikel und brüchig erscheint. Ich steige etwas durch die Südflanke ab und erhoffe mir so ohne weiteren Abstieg zum Pizzo Campolungo traversieren zu können. Meine Routenwahl führt durch T6 Gelände wobei zusätzlich eine Kletterstelle (II-III) überwunden werden muss (dort findet man auch altes Sicherungsmaterial im Fels). Dann vereinfacht sich das Gelände bzw. der Aufstieg durch die Süd-Flanke und ich treffe zu meiner Überraschung bald auf Steinmänner, welche in T5/II Gelände zum Gipfel des Campolungos führen. Leider kannte ich den Bericht von Zaza nicht https://www.hikr.org/tour/post27225.html , sonst wäre ich von hier weiter über die Flanken zur Bocchetta del Prévat zurück gegangen. So aber steige ich zur hübschen Alpe Lei di Cima ab und mache mich an den den Rückweg über die restliche Aufstiegsroute mit einem obligaten Bad im schönen Lago di Leìt.

Fazit: Entgegen der SAC Empfehlung würde ich die Tour auf den Prévat, aber auch eine gesamte Überschreitung eher von Süd nach Nord angehen. Dann erhöhen sich zwar ohne Zweifel die Kletterschwierigkeiten am Prévat Südaufstieg, doch ich halte meine Aufstiegroute von Norden für einigermassen geübte T6-Gänger auch im Abstieg für problemlos. Die südliche Nachbarn Pizzo Campolungo und Lei di Cima sind wirklich lohnende Ziele in allerdings nicht zu unterschätzendem Gelände.

Ausrüstung: 50m Seil, falls abgseilt oder gesichert wird.