Griesgletscher und Nufenenstock

Wohl meine bisher ausgefallenste Gletscher-Expedition - Dunkelheit, Regen, Nebel, Sturm am Griesgletscher

Vor nur gerade zwei Wochen hatten wir am Griesgletscher eine Kamera zur Bestimmung der Schneehöhe installiert. Das Ding hat sich mit der anhaltenden Schmelze gedreht und schaute dann in die falsche Richtung. Der Plan war zwar wenig konkret, aber von den Ferien im Bleniotal wäre es ja ziemlich nahe, um auf dem Gletscher mal kurz die Station zu drehen. Mit der Wetterverschlechterung war klar, dass die letzte Möglichkeit dies zu tun, nahe war. Da wir am Morgen eine Verabredung in Bellinzona hatten, musste ich früh los - und wollte mich von den äusserst garstigen Wetterbedingungen nicht abschrecken lassen. Geklappt hat's, sogar noch mit einem bislang unbekannten Gipfel als Supplement. Doch ob man wirklich bei diesen Bedingungen mit Laufschuhen und Dreiviertel-Hosen eine Tour auf den Gletscher machen muss, die noch vor der Dämmerung fertig ist, sei dahingestellt...

Als ich etwas nach 5 Uhr unter dem Nufenenpass ankomme, regnet und stürmt es. Dazu dichter Nebel und natürlich komplette Dunkelheit. Es braucht etwas Überwindung zu starten. Die Temperaturen sind aber nicht zu kalt. Die Orientierung macht mir aber zu schaffen. Der Nebel ist teils so dicht, dass ich schon auf dem Fahrsträsschen zur Staumauer immer wieder die Richtung anpassen muss. Immerhin kenne ich den Pfad zum Griesgletscher mittlerweile im Schlaf (viertes Mal innerhalb drei Monate) und so traue ich mir die Wegfindung auch bei diesen Verhältnissen zu. Auf dem Gletscher angekommen hat der Wind etwas nachgelassen und auch der Nebel hat sich gelichtet. Aber natürlich ist es stockdunkel. Mir kommt in den Sinn, dass ich keine Koordinaten der Messstation bei mir habe. Bei Sonnenschein war das Auffinden jeweils ein Kinderspiel. In der Mitte des Gletschers, nicht zu verfehlen. Aber nun sieht das anders aus. Nach Gefühl wandere ich über die strkturlose Eisoberfläche und habe keine Ahnung, ob die Richtung stimmt. Sie hätte auch 90 Grad falsch sein können... Zu meiner Erleichterung stelle ich fest, dass mein Inneres Navigationssystem auch in der Nacht funktioniert, da die Stange plötzlich 10m vor mir Lichtkegel der Stirnlampe auftaucht.

Nach 10 min Arbeit und etwas Gebastel mit kalten Händen ist's geschafft und ich mache mich auf den Rückweg. Bei den Verhältnissen kommt nur der bekannte Pfad in Frage, da man sich im schon bei Tageslicht unübersichtlichen Gletschervorfeld komplett verlaufen könnte. Auf der Staumauer regnet es zwar immer noch, aber der Nebel ist etwas weniger dicht. Die Warnlichter der Windräder brechen durch die Dunkelheit und werden an den sich jagenden Nebelschwaden reflektiert - ein apokalyptisches Bild. Da ich nicht zwingend vor dem ersten Licht wieder zu Hause sein muss, entscheide ich spontan noch den Nufenenstock anzuhängen, für den sonst nie Zeit blieb. Nach dem obersten Windrad zuerst auf dem markierten Wanderweg, dann auf einem deutlichen Pfad hinauf gegen den Vorgipfel. Der Tag ist noch fern, aber immerhin drückt ganz wenig Licht durch den Nebel. Mittlerweile hat Schneefall eingesetzt, aber es liegt erst eine dünne, weisse Schicht. Am Grat gibt es etwas Auf und Ab und wenige, leicht exponierte Stellen. Um 7.15 bin ich beim Gipfelkreuz. Die Sicht auf den Griesgletscher wäre fantastisch. Nur nicht jetzt... Im leichten Schneefall und Regen wieder zurück zur Nufenenpassstrasse. 

Durchgangszeiten:
Nufenenpassstrasse: 5.15
Griesgletscher (Arbeit abgeschlossen): 6.07
Nufenenstock: 7.14
Nufenenpassstrasse: 7.42