Gelbes Hörndl (3003m), Grüner Kopf und Kristallspitzl - 3 Gipfel, 3 Farben


Publiziert von BigE17 , 3. August 2023 um 14:15.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Glocknergruppe
Tour Datum:29 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T6+ - schwieriges Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS+
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: L - Leicht fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1600 m
Strecke:21 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Über den Felbertauern oder von Lienz kommend nach Huben. Hier ins Kalsertal abbiegen, bis Kals fahren und weiter bis kurz vor das Wanderhotel Taurerwirt. Hier zweigt die Straße Richtung Moaralm ab. Dieser kann man kurz folgen, bis rechts der Schotterweg Richtung Teischnitztal abzweigt. Dort befinden sich am Straßenrand ein paar Parkplätze
Unterkunftmöglichkeiten:Keine

Vom Gramul und Gamskopf in der Glocknergruppe zieht ein langer Grat südwestwärts. Dort befinden sich 6 Gipfel, die die Dreitausendermarke knapp überschreiten. Das besondere an diesem Grat ist, dass die Berge aus 3 unterschiedlich gefärbten Felsarten bestehen. Genauso unterschiedlich gestalten sich auch die Aufstiege auf diese Gipfel. Vom Wanderdreitausender bis hin zum heiken Kletterberg ist dort alles zu finden. Und von diesen 6 Dreitausendern fehlten mir noch 3: Das Gelbe Hörndl, der Grüne Kopf und das Kristallspitzl. Deswegen hatten ich und ein Tourenpartner (ihm fehlten auch nur noch diese 3 Gipfel) beschlossen, diese 3 zu besteigen.

Weil das Wetter nicht ganz so sicher gemeldet war, starteten wir bereits um 5:15 im Morgengrauen an der Brücke Teischnitztal. Wir fuhren mit dem E-Bike den langen Schotterweg mit etlichen Kehren hoch ins Teischnitztal. Dabei sollte man zumindest im sogenannten "Maurigen Trog" (eine Klamm) doch ein wenig aufpassen. Weiter hinten im Tal, kurz vor der Pifangalm, deponierten wir die Räder. Wir wechselten auch sogleich auf die andere Seite des Baches. Nun folgten wir einigen schwachen Steigspuren eine ganze Weile taleinwärts, bis wir zu unserer Linken zwischen 2 Bächen einen steilen Grashang erkannten, über den der weitere Aufstieg erfolgen sollte.

Also stiegen wir über diesen Hang, der noch vom Regen am Vortag nass war, auf. Während des Aufstieges wurden wir auch von ein paar Regentropfen überrascht, was mich kurz am heutigen Vorhaben zweifeln ließ. Aber es hörte auch gleich wieder auf, also weiter gehts. Nach Überwinden des Hanges erreichten wir das große Kar unterhalb unserer Gipfelziele. Nach kurzem Überlegen entschlossen wir uns dazu, mit dem schwierigsten Gipfel zu beginnen, dem Gelben Hörndl.

Dazu hielten wir auf eine Rinne, die mit grünem Schutt gefüllt war, zu. Diese würde auf den Verbindungsgrat zwischen Grünem Kopf und Gelbem Hörndl emporführen. Da jedoch ein beachtlicher Steinschlag weit oberhalb von uns in diese Rinne niederging, querten wir ein wenig weiter nach Norden, um durch eine mit gelb-rötlichem Schutt gefüllte Rinne direkt zur Scharte zwischen den beiden Gipfeln aufzusteigen. Das war auch deutlich weniger anstrengend, als erwartet. 

Nun stand uns der plattige Südgrat des Gelben Hörndls bevor. Und dabei war der Tiefblick in die Westflanke nicht allzu angenehm. Nach ein paar Metern am Grat standen wir vor der ersten Platte. Diese war ca. 40 Grad steil, aber nicht allzu hoch. Daher war diese noch nicht so schwer zu überwinden, aber die Hände mussten bereits verwendet werden (II), und ausrutschen war natürlich verboten. Nun folgte noch ein kurzes Reitgratstück, das bereits ordentlich ausgesetzt war (II). Doch nun stand uns eine 2. Platte bevor, und diese war um die 45 Grad steil (eventuell im unteren Teil ein bisschen mehr), und gut 7-10 Meter hoch. Und natürlich ziemlich ausgesetzt! Nebenbei gab es hier höchsten winzige Griffe für die Hände, und die waren im bröseligen Fels auch nicht sehr vertrauenserweckend. Der einzige Grund, warum ich hier weiterging, war, dass wir ein Sicherungsseil für den Abstieg im Rucksack hatten. Ich nahm ein wenig Schwung, und überwand diese Platte auf Reibung. Dabei merkte ich allerdings, dass meine Schuhe nicht mehr allzu gut am gelb-rötlichen Bratschenfels hafteten, die winzigen Griffe waren wichtig, um mich mit den Händen ein wenig stabilisieren zu können. Oberhalb war ein immerhin ein kleiner, flacher Stand, danach kamen noch wenige plattige Stellen (II). 

Nun waren wir am Gipfel des Gelben Hörndls. Die Aussicht war heute angesichts der prognostizierten Bewölkung überraschenderweise sogar ziemlich gut. Der einzige Wermutstropfen war, dass der Großglockner und die Glocknerwand eingenebelt waren. Aber wirklich genießen konnte ich das nicht, da ja der Abstieg über die schwierige Platte bevorstand. Und hier war klar: Ein Versuch, über die Platte aufrecht stehend abzusteigen, wäre Harakiri. Hier ist sauberes Abklettern auf Reibung notwendig. Eigentlich hätte ich gedacht, dass mich mein Tourenpartner vom kleinen Stand aus am gespannten Seil die Platte hinunter sichert. Für ihn wäre der anschließende seilfreie Abstieg kein Problem gewesen. Doch er hatte eine andere Idee: Wir kletterten die Platte knapp hintereinander ab, er vor mir. Dabei platzierte er mit seinen Händen meine Schuhe stets punktgenau so, dass ich den optimalen Halt fand. Ein paar Mal musste ich mich dabei aber ganz schön verrenken. Auch wenn mir das Seil hier definitiv lieber gewesen wäre, konnten wir auf diese Weise die Kletterstelle eigentlich ganz gut überwinden. Für diese wirklich sehr anspruchsvolle Schlüsselstelle, die auch technisch sehr fordernd ist, halte ich die Bewertung IV- für angemessen. Der restliche Abstieg war mit der nötigen Vorsicht problemlos zu meistern.

In der Scharte angelangt, baute sich gleich vor uns der scharfe Nordgrat des Grünen Kopfes auf. Wir mussten auch sogleich in die steile Westflanke ausweichen. Diese war im Gegensatz zum Gelben Hörndl noch sehr feucht und rutschig, daher war trotz der geringen Schwierigkeiten (I) Vorsicht geboten. Wir erreichten schließlich wieder den Grat. Vor dem steilen Gipfelaufbau mussten wir kurz in die Ostflanke ausweichen. Ein kleiner Überhang führte uns anschließend zurück zum Grat (II-III, brüchig), auch die letzten steilen Meter direkt am Grat waren nicht ganz trivial (II-III). Aber im Vergleich zum Gelben Hörndl war das der reinste Spaziergang. Auch hier legten wir nur eine eher kurze Pause ein - das Kristallspitzl sollte ja auch noch bestiegen werden.

Dazu stiegen wir über den Südgrat des Grünen Kopfes ab. Das war im schuttigen Gelände kein Problem (wenige Stellen I). Nun stand uns der Nordgrat des Kristallspitzls bevor. Der erste steile Aufschwung musste gleich in der feuchten Westflanke umgangen werden (I). Danach gelangten wir auf ein flaches Gratstück, das großteils aus Gehgelände bestand, lediglich bei einem kurzen Reitgratstück mussten wir klettern (II). Nun standen wir vor dem senkrechten Gipfelaufschwung. Auch diesen mussten wir in der feuchten Westflanke umgehen (I-II). Knapp unterhalb des Gipfels konnten wir schließlich über ein Band in die Südflanke wechseln. Dort kletterten wir direkt zum Gipfel (II, aber nicht die einfachste Variante).

Nun konnten wir endlich entspannt rasten. Das Wetter wurde immer besser, mittlerweile war auch schon der Großglockner fast frei. Auch der Tiefblick nach Kals war ziemlich imposant. Wir entschieden uns, nicht über den Nordgrat abzusteigen, sondern über den SW-Grat, um eine schöne Runde zu machen. Doch zuerst stiegen wir vom Gipfel kurz über Platten nach Osten ab (1 Stelle I-II). Danach querten wir die Südflanke hinüber zum SW-Grat (I). Über diesen stiegen wir im Gehgelände ab, bis eine steile Rinne links hinunterführt. Diese betraten wir wegen Nässe nicht (bei trockenen Verhältnissen nicht schwerer als I), sondern wir stiegen noch ein paar Meter am Grat ab (1 ausgesetzter Block II). Danach betraten wir links eine unschwierige Schutt- und Grasflanke und begannen, unschwierig über diese abzusteigen. So erreichten wir eine flache Ebene. Wir durchquerten diese bis zu ihrem südöstlichen Ende. Dann folgte ein kurzer, steiler Grashang hinunter in eine weitere Ebene. Auch diese durchquerten wir bis zu ihrem südöstlichen Ende. 

Dort trafen wir unerwartet auf Steigspuren. Sie schienen auf den SO-Ausläufer der Kreuzwand zu führen. Auch wenn dies nicht der normale Weg ist, folgten wir ihm trotzdem. Er bezwang relativ steil die felsige Flanke, wobei ausrutschen auch hier nicht erlaubt war. Eine kurze Grasebene führte uns zur Kante, wo steile Grashänge ins Teischnitztal abbrechen. Diese Stelle kam uns noch von unserer Tour auf die Kreuzwand bekannt vor: Wir standen direkt am oberen Rand unseres damaligen Abstiegshanges. Kaum zu glauben, dass wir damals wirklich dort abgestiegen waren. Wegen der nassen Verhältnisse verzichteten wir darauf, stattdessen stiegen wir weiter über den SO-Rücken der Kreuzwand ab. Über immer noch recht steile Grashänge stiegen wir ab, mal wichen wir nach links, mal nach rechts aus. Schließlich sichteten wir eine Steigspur - diese dürfte wohl der normale Zustieg zum Kristallspitzl sein. Über diese Spur betraten wir nun doch die Grashänge hinunter ins Teischnitztal, die in diesem Bereich nicht mehr so steil waren, wie weiter oben. Der Steig verlor sich recht schnell im Gras, daher stiegen wir weglos geradewegs zu einem markanten Stall ab. Von dort führte ein kurzer Schotterweg ins Teischnitztal. Um zu den Bikes zu kommen, mussten wir noch eine Weile taleinwärts gehen. Zum Abschluss wartete eine schöne Abfahrt bis zum Parkplatz auf uns. Diesen erreichten wir um 12:15.

Erwähnenswertes:

1. Das Gelbe Hörndl ist ein sehr anspruchsvoller Dreitausender (IV-). Besonders an der Schlüsselstelle ist große Vorsicht geboten. Im Aufstieg kann man sich noch recht gut hinaufmogeln, im Abstieg muss aber vorsichtig abgeklettert werden. Im Falle eines Ausrutschers/Stolperers muss man unbedingt am Gratstück unterhalb landen, ansonsten endet die Sache böse. Die Stelle kann von einem kleinen Plateau oberhalb gesichert werden, das Seil muss dabei immer quasi gespannt sein, da man weder Bandschlingen, noch Friends oder sonstige Ausrüstung verwenden kann. Man sollte auch bedenken, dass mindestens eine Person in der Seilschaft auf jeden Fall ungesichert über die Schlüsselstelle abklettern muss. Und es gibt keine Alternativen Anstiege.

2. Der Grüne Kopf kann am einfachsten durch die Ostflanke bestiegen werden (mühsam, aber nur Gehgelände).  Der Südgrat aus der Rumesoischarte ist auch nicht schwierig (I), die Scharte ist unschwierig von Osten erreichbar. Der Nordgrat ist deutlich anspruchsvoller (II-III).

3. Das Kristallspitzl kann sowohl über den Nordgrat (1 Stelle II, ansonsten maximal I-II), als auch über den SW-Grat (I-II) bestiegen werden. Bei beiden Wegen sollte der Gipfel schließlich umrundet werden, und der Schlussanstieg über Platten von Osten her erfolgen. Beim Zustieg zum SW-Grat führt auf ca. 2500m eine kleine Steigspur ins Kar hinein.

4. Alle Anstiege sind weglos, daher ist ein gewisser Orientierungssinn von Vorteil.

5. Um vom Kristallspitzl zur Kreuzwand zu gelangen, muss man unserem Abstiegsweg folgen, bis man am SO-Gratausläufer der Kreuzwand steht. Dort kann man dann über den Normalweg aufsteigen.

6. Der SW-Grat vom Kristallspitzl kann auch direkt von der Brücke Teischnitztal durch den Wald und über Grashänge erreicht werden. Diese Variante ist sehr mühsam, aber wohl die einzige Möglichkeit, den Gipfel im Frühjahr zu erreichen.

7. Alle 3 Gipfel sind sehr einsam.

8. Eine Besteigung des Gelben Hörndls kann ich wegen des heiklen Anstieges nicht weiterempfehlen. Der Grüne Kopf und das Kristallspitzl sind hingegen 2 sehr schöne Gipfel in der Glocknergruppe mit einem herrlichen Blick zum Großglockner. Außerdem sind sie nicht allzu schwer zu erreichen und daher beide als Geheimtipp zu betrachten.

Tourengänger: BigE17


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Kommentare (2)


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Nyn hat gesagt:
Gesendet am 3. August 2023 um 14:52
Tolle Bilder und ein sehr spannender Bericht.
Wie man ungesichert eine 4er-Platte abklettern kann - nötigt mir höchsten Respekt ab!

BigE17 hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. August 2023 um 16:10
Danke :)

Naja mein Tourenpartner hat mir da schon ordentlich geholfen. Und für ihn sind solche Platten sowas wie sein "Spezialgebiet".

Aber wenn ich alleine unterwegs gewesen wäre, wäre ich da ganz sicher nicht hochgegangen.


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