Schwalbenkofel 2873m - Zurechtgestutzt


Publiziert von georgb , 10. Oktober 2022 um 16:16.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum: 8 Oktober 2022
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m

Das für mich Interessanteste am Schwalbenkofel ist, dass der Nordgipfel immer noch in allen! Karten mit 2969m eingezeichnet ist. Irgendwann hat irgendjemand die Höhe falsch angegeben und die anderen haben es einfach ungesehen übernommen. Dabei ist der Fehler für jeden, der jemals auf einem Gipfel in der Nähe stand, offensichtlich, der Südgipfel mit 2873m ist doch deutlich höher als der Nordgipfel? Ich muss einfach selber hingehen und mich mit eigenen Augen überzeugen. Manuel ist dabei, wir sind schonmal kurz unterm Gipfel umgedreht, heute wollen wir das Versäumte nachholen.
Abgesehen von der eklatanten Höhenfehleinschätzung ist der Schwalbenkofel eher ein "Langweiler". Er besteht aus einem langen Kamm mit ein paar wenig markanten Erhebungen, kein zackiger Gipfel, wie die meisten anderen Sextner Kameraden um ihn herum. Vielleicht wird er deshalb ziemlich ignoriert und kommt in den einschlägigen Internetseiten nicht vor.
Noch dazu ist die Annäherung an den Schwalbenkofel von allen Seiten eine Tortur, unter 3 Stunden geht allein bis zum Schwalbenjöchl nix und es liegt jede Menge haltloses Geröll dazwischen. Wir wählen die Variante durchs Bulltal, ich kenne den Aufstieg gut und wir sind entsprechend vorbereitet. Bequemer wird es damit aber nicht, nur kurz unterm Schwalbenjöchl helfen ein paar griffige Schneereste.
Wir legen die Stöcke ab und schon stehen wir vor einer Aluleiter. Sie hilft über einen senkrechten Absatz, ohne sie wäre hier vielleicht schon Endstation!? Doch auch der Rest ist für Normalbergsteiger kaum mehr zu schaffen, auch am Schwalbenkofel nagt die Erosion und der Zahn der Zeit. Zum Glück hat man an den Schlüsselstellen Fixseile mit Knoten eingehängt, sonst käme man unter SG IV nicht weiter. Selbst mit den Aufstiegshilfen bleibt es Dreiergelände, zumindest sollte man damit umgehen können. Und dass es hier von losem, herumliegenden Schotter nur so wimmelt, muss nicht extra erwähnt werden.
Ein exklusiver Gipfel, nur für abgehärtete Individualisten geeignet. Manuel und mich zähle ich dazu, doch es gibt noch mehr von dieser Sorte. Am Gipfel kommen tatsächlich zwei Nachgänger hinterher und im Buch steht, sage und schreibe, der Deifi höchstpersönlich, was für eine nette Überraschung! Beim Blick zum Nordgipfel wird klar, dass der wohl kaum über 2800m hoch ist, von 2969m deutlich zurechtgestutzt.
Wir haben einen Traumtag gewählt, die Sicht ist bestens, die Temperaturen mild, kein Windhauch stört, herrlich. Trotzdem halten wir uns nicht lange am Gipfel auf, denn wir haben noch mehr vor. Zunächst braucht es volle Konzentration für den Abstieg. Mithilfe der Fixseile lassen sich die zwei Schlüsselpassagen recht ordentlich abklettern, Abseilschlingen wären aber auch vorhanden, im Falle!?
Es gibt noch zwei mögliche, gegenansteigende Rinnen, Geschmackssache, jeweils II/III und damit ist das Entscheidende geschafft. Bis zum Schwalbenjöchl stehen keine größeren Hindernisse mehr im Weg und wir überlegen. Man könnte zeitsparend durch den schattigen Schotter ins Bulltal abfahren oder die deutlich längere Genussvariante in der Sonne über den Rautkofelsteig wählen.
Bei so einem herrlichen Oktobertag gibt es keine Zweifel, wir queren auf der Südseite und folgen dem sensationellen Rautkofelsteig. Ein Spektakel sondergleichen, der alte Kriegssteig zieht abenteuerlich mit viel Auf und Ab unter den Rautkofeln vorbei. Manchmal kaum zu glauben, dass es weitergeht, doch irgendwie mogelt er sich weiter bis zur Rautkopfstellung. Trotzdem ist der Steig nicht zu unterschätzen, das ist locker T5 und sehr sehr geröllig, es braucht gute Nerven und mehr als nur Trittsicherheit!
Was für ein Erlebnis, aber langsam geht uns die Zeit und die Lust aus, wir sehnen uns nach einem guten Stück Kuchen am Gasthof Landro. Ein sehr beeindruckender Tag geht zu Ende, wir haben den Schwalbenkofel zurechtgestutzt, aber noch mehr als genug übrig gelassen.

Tourengänger: Manuel, georgb


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

bergteufel hat gesagt: Ein Muss
Gesendet am 4. November 2022 um 12:22
Servus Georg,
mein lieber Scholli, eine bärenstarke Leistung von euch Beiden. Gratulier euch dazu und speziell an dich: Chapeau!

Der Schwalbenkofel ist einer der großen Sextner und für die Gipfelsammlung eines Sextner Dolofans ein Muss. Wird Zeit, dass sich seine mangelhafte Internetreputanz ändert.

Deine Sammlung an Gipfeln in dieser Region ist sehr beachtlich. Auch die Eindrücke, die uns Lesern schenkst, sind vom Feinsten. Weiter so.

Pass auf dich auf, lieben Gruß
Rudi

georgb hat gesagt: RE:Ein Muss
Gesendet am 5. November 2022 um 23:10
Danke Rudi! Wir wähnten uns schon als Hikr-Erstbesteiger, da sehe ich deinen Eintrag im Gipfelbuch. Der bergteufel war auch schon da ;-)


Kommentar hinzufügen»