Kurzbericht 

Katzenkofel 2923m - Die Wilde 13


Publiziert von georgb , 15. August 2022 um 09:01.

Region: Welt » Terra Incognita
Tour Datum: 4 August 2022
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m

Soll man Touren wie diese überhaupt veröffentlichen? Wie so oft zögere ich, aber am Ende überwiegt der Wunsch, meine Erlebnisse zu teilen, anstatt sie mit ins Grab zu nehmen. Wir hatten heute die Ehre und das große Glück, 13 Einheimische zu treffen, 13 Wilde, die hier in den Pusterer Bergen geboren sind.
Natürlich weiß man um die Steinböcke in der Durreckgruppe, aber so leicht sind sie nicht anzutreffen. Sie wandern unberechenbar hin und her, dazu sind sie scheu und nicht an Menschen gewöhnt. Es gibt Gegenden, wo Steinböcke am Wegesrand liegen und man sie beinahe streicheln kann, doch in der Durreckgruppe wird man sie nur aus der Ferne sehen, wenn überhaupt. Umso mehr hat uns die heutige Begegnung beeindruckt und ich schäme mich nicht für die Tränen der Rührung.
Nach der Rückkehr aus dem Lechtal mit den vielen Steinbockbegegnungen waren meine Erwartungen gedämpft, besser kann es nicht kommen!? Der Katzenkofel schießt mir spontan in den Kopf, Manuel war noch nicht oben und wir hatten schon darüber gesprochen. Dazu gehört die Durralm seit heuer zu unseren Lieblingsdestinationen, das klingt nach einer perfekten Kombination.
Schon stehen wir bei Renate zum Kaffee und verabreden uns für später. Auf den Katzenkofel führen verschiedene Wege, aber keiner von ihnen verdient diese Bezeichnung. Es finden sich kaum Hinweise, nur ein paar Steinmänner dienen als Groborientierung. Wir folgen zunächst ein Stück der Markierung Richtung Westen und bei nächstbester Gelegenheit zweigen wir nach Norden ab und folgen den Viehspuren durch die weitläufige Weidelandschaft.
Bald kommt der Katzenkofel in Sicht und wir entscheiden uns für den Aufstieg über den Westgrat. Dafür peilen wir eine offensichtliche Rinne im Kamm zum Hirbernock an und wandern darauf zu. Während wir die Steilheit der Rinne aus der Ferne begutachten, bewegt sich etwas im Geröll. Ein ganze Herde Steinböcke schleicht hier herum, wir sind wie elektrisiert. Sofort springt die Kamera in die Hand und wir halten das Ereignis fest. Der Leitbock hat uns lange schon entdeckt und führt seine wilde Horde in sicheres Gelände. Entspannt und doch zielstrebig steigen sie höher.
Wir brauchen ein wenig, um dieses bewegende Schauspiel zu verdauen und wenden uns dann unserem eigentlichen Ziel, dem Katzenkofel zu. Die schottrige Rinne ist technisch einfach (max. I), aber steil und ungemütlich zu begehen. In der Scharte auf 2769m folgen wir dem einfachen Westkamm bis zum Südgipfel und legen die Stöcke beiseite, denn der Hauptgipfel erfordert ein paar Handgreiflichkeiten.
Zunächst gilt es vorsichtig abzusteigen in ein Schärtchen und dann eine Linie zum Hauptgipfel zu finden. Es braucht ein wenig Übersicht für die angenehmste Variante, aber über II geht es nicht hinaus. Wir gönnen uns nur ein kurzes Päuschen und steigen zurück, um die etwas heikle Passage wieder hinter uns zu bringen. Vor Jahren ist hier eine Bergsteigerin tödlich abgestürzt, das steigert meine Konzentration zusätzlich!
Am Vorgipfel lassen wir uns nieder und tatsächlich kommt ein Kollege in Sicht. Am Reiner Jöchl sichten wir weitere vier Aspiranten, der Katzenkofel hat sich herumgesprochen!? Zunächst begrüßen wir Niels aus Hamburg und auch er wagt sich auf den Hauptgipfel, Respekt. Wir schauen ihm dabei zu und lotsen ihn aus der Ferne durch die Felsen, aber er steigt sicher und bedacht, Hilfe hat er eigentlich nicht nötig.
Wir warten auf ihn und verabreden uns für später an der Durraalm. Beim Abstieg über den "Normalweg" Richtung Osten treffen wir auf die vier Aufsteiger vom Ahrntal und eine deutliche Spur mit vielen Steinmännern. So ganz unbekannt ist die Tour also nicht mehr!?
Trotzdem braucht es ein wenig Spürsinn für die beste Linie zurück zur Durraalm. Irgendwann stoßen wir auf den markierten Steig von der Weißen Wand und bald sitzen wir wieder auf der Terrasse bei Renate. Die Begegnung mit der Wilden 13 behalten wir vorerst für uns und futtern uns durch die Speisekarte. Primo, secondo e dolce, wie es sich gehört.
Im letzten Moment taucht auch Niels auf, er hat etwas länger gebraucht, schließlich war es seine erste Tour. Wir tauschen Nummern aus und verabschieden uns, von den Eingeborenen wird er erst heute erfahren ;-)

Tourengänger: Manuel, georgb


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