Gross Windgällen 3187m - Ost- und Westgipfel


Published by Cubemaster , 3 July 2022, 15h18.

Region: World » Switzerland » Uri
Date of the hike:26 June 2022
Mountaineering grading: AD+
Climbing grading: III (UIAA Grading System)
Waypoints:
Geo-Tags: CH-UR 
Time: 12:00
Height gain: 1200 m 3936 ft.
Height loss: 1800 m 5904 ft.

Schon ein Jahr zuvor hatten wir auf der Windgällenhütte reserviert und wollten diese Tour machen, doch kräftige Schneefälle am Vorabend des geplanten Hüttenaufstiegs machten uns damals einen Strich durch die Rechnung und so bestiegen wir "nur" den Gross Ruchen. Diesmal sollte es besser laufen, laut Hüttencrew sollten die Verhältnisse super sein.

Als besondere Herausforderung hatten wir uns vorgenommen, zusätzlich zum ohnehin schon anspruchsvollen Ostgipfel auch noch den sehr selten begangenen (aber vermutlich minimal höheren) Westgipfel "mitzunehmen". Dazu hatten wir aber gerade einmal eine knappe Beschreibung aus dem SAC-Routenarchiv ohne Schwierigkeitsangabe. Es konnte also nur spannend werden...

Aufstieg zum Ostgipfel (ZS, III bzw. IV ohne Fixseil):
Nach einem guten Frühstück auf der Windgällenhütte starteten wir zusammen mit zwei anderen Seilschaften um 4 Uhr in Richtung Stäfelfirn. Dazu geht es dem blau-weiß markierten Weg Richtung Unteres Furggeli entlang bis ein großer Steinmann auf knapp 2300m den Abzweig nach rechts anzeigt. Ab hier den roten Markierungen (die man morgens im Dunkeln aber irgendwie schlecht sieht) folgend über einfache Felsen hinauf bis zum Stäfelfirn.

Ab hier ging es angeseilt über den Gletscher in einem großen Bogen aufwärts Richtung Einstieg in die Nordostflanke. Dass für diese Jahreszeit extrem wenig Schnee lag, zeigte sich schon an großen Blankeiszonen auf dem Stäfelfirn, welche wir aber im Wesentlichen noch umlaufen konnten. Die Nordostflanke selbst war tatsächlich schon größtenteils aper.

Die anderen beiden Seilschaften waren glücklicherweise ein gutes Stück schneller gewesen als wir und so war der Einstieg bereits wieder frei, als wir dort eintrafen. Über eine schmale Schneebrücke mit recht viel Luft darunter gelangten wir an die Wand. Auf mehr oder weniger löchrigen Schneeresten rüsteten wir dann auf Felskletterei um. Da der Schnee sich ja schon weit zurückgezogen hatte, würden wir erstmal eine recht hohe Wandstufe überwinden müssen.

Die ersten beiden (relativ schwierigen) Seillängen wären zwar durch ein Fixseil entschärft, es gibt aber zusätzlich in brauchbaren Abständen von etwa 3-4 Metern Bohrhaken, so dass sich alles auch gut gesichert frei klettern lässt, was wir auch taten. Die ersten paar Meter waren sehr steil und für mich definitiv eine IV, dann wird es etwas flacher und dürfte mit III zu bewerten sein. Dieser ganze Einstiegsteil ist sehr plattig, abwärts geschichtet und daher hauptsächlich auf Reibung zu klettern.

Etwa dort, wo das Fixseil endet, kraxelten wir seilfrei weiter nach links oben, immer den Stangen nach. Dann öffnet sich das Gelände etwas und es geht ein größeres Geröllfeld hinauf bis unter eine Wandstufe, welche nach schräg links oben erstiegen wird (Eisenstange oben sichtbar). Für diese Wandstufe (II bis III) kam nochmals das Seil zum Einsatz.

Danach wieder seilfrei weiter hinauf in einer breiten Rinne (hier befindet man sich links von dem markanten Vorsprung in der Wandmitte) bis eine Eisenstange nach rechts aus der Rinne herausleitet (auf den Kopf von eben diesem Vorsprung). Durch eine schmale Rinnenstruktur mit Restschnee/Eis ging es dann nochmal etwas unangenehm nach oben bis sich immer mehr die Gipfelflanke öffnet.

Hier abwechselnd Steigspuren folgend und mittelschwierige Kraxelpassagen bis II bewältigend gelangt man (immer leicht links haltend) auf den Nordgrat und schlussendlich auf den Ostgipfel der Gross Windgällen mit der Messstation. 9 Uhr, das erste Ziel war erreicht, aber wir wollten ja noch weiter. Da uns ein ziemlich kalter Wind um die Ohren pfiff, machten wir uns auch sofort auf den Weg.

Übergang zum Westgipfel (ZS+, III):
Jetzt wurde es erst so richtig spannend, wir betraten nun einen weißen Fleck auf der hikr-Landkarte. Wir kraxelten hinter dem Ostgipfel (also südlich) Richtung Scharte zum Westgipfel hinunter, was zwar irgendwie ging, aber definitiv nicht die optimale Lösung war. Wie wir auf dem Rückweg feststellten, ist es viel einfacher, den Ostgipfel vorne (nördlich) zu umlaufen, um in die Scharte zu kommen.

Laut unserem Routenbeschrieb sollte es nun links auf einem ausgesetzten Band ums Eck herum gehen. Über brüchiges, ausgesetztes Gelände näherten wir uns vorsichtig diesem abschüssigen Band, welches kurz vor der Ecke auch noch eine gruselige, etwa 1 Meter breite Unterbrechung aufweist. Vorher gibt es aber auch noch eine geräumigere Stelle, wo jetzt irgendwie ein Stand gezaubert werden musste. Nach einigem Rumprobieren gelang es mir, mit zwei Klemmgeräten (0.75er und 1.0er) in einem senkrechten Riss einen passablen Stand zu bauen.

Eine 60cm-Schlinge um einen auf dem Band liegenden Felsen war dann eine erste (nicht so ganz vertrauensvolle) Zwischensicherung. Glücklicherweise ist zwischen dem Band und der darüberliegenden Wand ein waagerechter, schmaler Spalt, der sich gut für Klemmgeräte eignet. Sitzend schob ich mich vorsichtig vorwärts (ging echt gut) und etwa 3 Meter vor der Unterbrechungsstelle konnte ich ein 0.5er Klemmgerät super unterbringen (noch näher an der Unterbrechungsstelle hätte man ein 0,3er oder noch kleiner gebraucht, was wir aber nicht hatten).

Dann musste ich auf dem immer schmaler werdenden Band etwa 50cm abklettern und ich erreichte die Unterbrechungsstelle. Ein großer Felszacken ragte dort aus der Wand. Ich probierte, ob er stabil genug war zum Festhalten, aber das war er natürlich nicht. Mit etwas Seilzug ließ ich mich vorsichtig in das Loch hinunter und krabbelte auf der anderen Seite nach oben. Erstmal ging ich nun etwa 10 Meter weiter ums Eck herum und richtete dort an einem großen Felsen den nächsten Stand ein, indem ich einfach das Bergseil darum wickelte.

Ich ging zurück zum Eck und band mich dort wieder ein. Das erste Problem war nun der spitze, brüchige und ca. 20 bis 30kg schwere Felszacken. Vorsichtig stand ich auf der abschüssigen Platte auf, hob das Seil darüber und gab ihm einen saftigen Tritt. Der Zacken verabschiedete sich anstandslos in die Tiefe, den waren wir los. Dann sicherte ich Raphael nach, bis er vor dem 0.5er Klemmgerät angekommen war. Dieses konnte er aber noch nicht herausnehmen weil der Abstand zum Stand viel zu groß war.

Wir mussten also folgendermaßen improvisieren: Raphael klinkte die beiden Klemmgeräte vom vorigen Stand in das Seil ein und da das Band in meine Richtung abschüssig war, konnte er sie zu mir herüberrütteln. So konnte ich hinter der Unterbrechungsstelle wieder eine Zwischensicherung legen. Daraufhin nahm Raphael die andere Sicherung heraus und schob sich vorsichtig mittels Untergriffen bis zur Unterbrechungsstelle.

Da er ja nicht mit Seilzug arbeiten konnte wie ich vorher, war die Stelle für ihn nochmal etwas schwieriger als für mich. Er ließ sich dann im Prinzip vorne hinüberkippen, wobei das Seil noch ein paar Reste des Felszackens löste. Dann gingen wir am Seil entlang zum Stand an dem großen Felsen, die Schlüsselstelle war geschafft.

Hinter dem Felsen geht es dann ca. 3-4 Meter einen Spalt hinab in eine Rinne und in dieser relativ einfach hinauf bis zum Westgipfel, welchen wir um 10:30 erreichten. Wir suchten dann erstmal in einer kleinen Mulde Zuflucht vor dem kalten Wind, wo wir unsere Gipfelpause machten. Nach den üblichen Fotos errichtete Raphael noch einen kleinen Steinhaufen. Danach ging es an den langen Abstieg.

Abstieg:
Zuerst muss vom Westgipfel abgeseilt werden. An einem Zacken direkt unterhalb des Gipfels ist ein Schlingenstand, an dem wir etwa 5 Meter bis zu einem kleinen Plateau abseilten. (Das könnte man vermutlich auch abklettern.) Vom Plateau aus kann man dann an einem gebohrten Stand gute 20 Meter bis zur Scharte abseilen. Theoretisch völlig unproblematisch, aber beim Runterwerfen des Seils wurde dieses vom Wind erfasst und in die Nordseite geweht, wo es sich verhakte. So ein Sch...

Ich kam beim Abseilen also nur bis etwa zur Hälfte und musste dann ums Eck in die Nordseite pendeln, um dort das Seil zu lösen. Glücklicherweise gelang mir das dann auch recht schnell. Als wir beide schließlich wieder die Scharte erreicht hatten, stiegen wir zurück zum Ostgipfel auf (über das Geröllband nördlich vom Gipfel). Es war schon 11:20, aber hier mussten wir natürlich auch noch schnell Fotos machen und uns ins Gipfelbuch eintragen.

Dann ging es über den Aufstiegsweg hinunter. Die Stellen, die wir im Aufstieg gesichert hatten, seilten wir auch wieder ab, ansonsten kletterten wir seilfrei ab. Über den Gletscher hinunter ging es bei guten Schneeverhältnissen relativ schnell und um etwa 14:45 waren wir wieder bei der Hütte. Nach kurzer Pause und Sachen zusammenpacken mussten wir dann noch bei ordentlich Hitze zur Seilbahn absteigen, wo uns glücklicherweise eine größere Gruppe in der Schlange vorließ, so dass wir um kurz nach 17:00 wieder am Auto waren.

Wow, was für ein Tag, was für ein gewaltiger Berg!

Ausrüstung:
Für den Ostgipfel:
Übliche Gletscherausrüstung
4 Expressen (für die erste Seillänge)
Abseilgerät
Helm!!!
Zusätzlich für den Westgipfel:
4 Klemmgeräte in den Größen 0.3 bis 1.0 (2 für den Stand und je eines zur Zwischensicherung vor und nach der Unterbrechungsstelle auf dem Band. Wir hatten nur 3 dabei und mussten improvisieren, siehe Text...)

Hike partners: Cubemaster, Raphy


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