Stosssüdwand, Gamschopf und Scherenspitz ohne Spitz


Publiziert von maenzgi , 18. September 2021 um 00:21.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum: 8 September 2021
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alpstein   CH-SG 
Zeitbedarf: 7:30
Aufstieg: 1350 m
Abstieg: 1350 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit PW bis zum Parkplatz Laui (5.- pro 12h, Nachtparkieren verboten)

Einleitung:

Im Zivilschutz stand eine Nachtschicht vor mir und das Wetter ist wunderschön. Da kann ich einfach nicht daheim sein. Ich muss raus, vor allem nach diesem Bergsommer. Zudem ist die Psyche ein wenig angeknackt. Deshalb war mein Plan, dass ich eine kleinere Runde drehe. Gamschopf und Scherentürme sollten eigentlich nicht so lang gehen. Dann habe ich genug Zeit nebenbei meine Batterien aufzuladen, sprich Psychohygiene zu betreiben. Das 30m Seil packe ich ein, es wäre jedoch zu kurz gewesen. Am Ende kam sowieso einmal mehr alles anders. Kaum losgelaufen, erspähe ich die Südwand des Stoss. Das es dort verschiedene Klettergärten gibt, dass weiss ich, aber von einer Südwandroute habe ich bisher noch nichts gehört. Deshalb versuche ich mein Glück ohne Bericht im Kopf. Es gelang mir vermutlich eine ziemlich perfekte Linie zu finden, in Form eines trockenen Bachbett. Dazu folgt nun der Beschrieb.

Tourenbeschrieb:

Laui Parkplatz-Stoss: T5+ III, 2h 30min 

Ganz kurz folge ich der Strasse, bevor ich abbiege auf die Fahrstrasse und zum Schluss über die Weide zur nächsten Fahrstrasse. Die erste Haarnadelkurve kürze ich ab. Von dort kann ich die komplette Wand einsehen, beziehungsweise einschätzen. Es sollte möglich sein, ein Versuch ist er mir Wert. Also folge ich nicht der Fahrstrasse, sondern steige direkt in der Weide weiter hoch durch die Sträucher. In der nächsten Weide treffe ich dann auf das Bachbett, welches in ziemlich direkter Linie hochzieht. Anfangs geht dies ganz einfach, doch schon bald treffe ich auf eine knapp 10m hohe Wand. Rechts würde es wohl harmlos über Wiesen hochgehen, ich möchte jedoch möglichst direkt aufsteigen. Ein schöner Riss vermittelt von unten schönes Klettern nach links oben. Die ersten 6-7m gehen wunderbar, der Ausstieg zum Schluss ist jedoch knackiger als er aussieht. Kratzt wohl an der III. Danach wird es wieder etwas einfacher. Immer wieder gilt es Stufen zu überwinden max. IIer, immer etwas neben dem Bachlauf, da im Bach die Steine A-glatt sind. Kalk wechselt sich ab mit Gras und manchmal hat es beides zusammen. Dazu herrscht Bombenstimmung. Viel alter Schrott liegt herum. So erreiche ich bald die nächste heikle Wand. Ich sehe Bohrhaken. Dies dürfte wohl die 5c und 4b Seillängen sein unterhalb des Vernomgarten. Ich bleibe etwas links, dort hat es gerade genügend Tritte und Griffe um hoch zu kommen. Nun wird das Bachbett immer enger. Kurz vor dem Klemmbock muss ich rechts ausweichen. Mit dem Rucksack wird es zu eng. Nun gehts zwischen den Felswänden hinauf. Schönes interessantes Kraxelgelände folgt. Einmal kommt mir ein Stein entgegen und ich kann gerade noch ausweichen. Den Übeltäter sehe ich später in Form einer Gams. Nun komme ich in einen Kessel. Gerade hoch sieht unmöglich aus, ohne Partner, links ergibt für mich keine direkte Linie, deshalb geht es im nun nicht mehr wirklichen Bachbett nach rechts hinauf. Noch einmal hat es ein Klemmbock im Weg, welcher ungemütlich ist. Sobald die Linie von unten wieder direkt zum vermeintlichen Gipfel zeigt, klettere ich über Gras/Felsgemisch gerade hoch. Nun kann kurz verschnauft werden, bevor weitere Felsstufen folgen. Hier merke ich ein erstes Mal, dass ich nicht im Vollbesitz meiner Kräfte bin. Die vermeintliche Abschlussrinne wird von Tieren rege genutzt und ist deshalb rutschig, feucht. Als ich aus dieser Aussteige sehe ich, dass es immer noch ein Stück ist. Kurz nach links bevor ich wieder gerade hoch kraxle und dann auf einmal stehe ich auf dem Ostgrat des Stoss. Diesem folge ich nun auf dem Grat. Kurz muss ich noch nach Süden ausweichen um gleich zurück auf den Grat zu klettern. Nach 2,5h stehe ich ziemlich erschöpft oben. Es folgt eine längere Pause, mit traumhaftem Ausblick in die wilde Welt des Alpsteins. 

Stoos-Gamschopf: T6, II, 1h 15min

Ich entscheide nun erstmals zur Lauchwis abzusteigen und dort zu entscheiden ob ich weiter gehe oder via Schrenit zurückkehre. Der Abstieg am Anfang ordentlich steil im Gras. Erst als ich den normalen Wanderweg erreiche, legt sich das Gelände zurück und ich kann gemütlich absteigen. Kaum stehe ich in der Senke, ist schon klar es geht sofort weiter. Der Grat zum Gamschopf muss ausprobiert werden. Wegen dem Zaun auf der Kante, ist der Aufstieg links davon, etwas mühsam. Platten und Gras durchmischt geht es hoch. Oben kann ich den Zaun gut übersteigen. Gleich zu beginnt, wird es sofort ausgesetzt und der Abstieg auf schmalem Felsgrat bedarf höchster Konzentration. Borhaken zeugen von der Ernsthaftigkeit. Nun kommen 2-3 Aufschwünge, welche gut direkt begangen werden können. In der Flanke ist es dermassen steil, dass mir dies einfacher erscheint. Beim letzten Aufschwung ist dann aber Schluss und ich weiche doch noch in die Nordflanke aus. Der Pickel gibt Stabilität. Kurz hinunter um gleich wieder aufzusteigen, schon ist der Grat vorbei. Nun gilt es noch die mit hohem Gras bewachsene Schlussflanke aufzusteigen. Das hohe Gras sorgt dafür, dass die Konzentration hoch bleibt. Froh bin ich als ich oben bin und mich ins Gipfelbuch eintragen kann von marmotta. Leider ist es abermals feucht. Nun steige ich noch kurz auf den kleinen Nebengipfel. Dort habe ich dann mehr Fragezeichen als mir lieb ist. Den ein direkter Abstieg zu den Scherentürmen sieht sehr heikel aus. Zu heikel für einen ernsthaften Abstiegsversuch. Zuhause lese ich dann, dass selbst der Aufstieg ein gutes Nervenkostüm braucht.

Gamschopf-Scherentürme-Alp Schrenit: T6, III, 2h 30min

Ich entschied mich die Flanke wieder runter zu steigen und mir den Gamsturm noch von nahem anzuschauen. Dort fand ich jedoch nichts, was auch nur ein bisschen "Wanderfreundlich" ist. Deshalb brach ich das unterfangen schnell ab. Aber wie komme ich nun zu den Scherentürmen. Ich entschied mich unter der Gamschopf Südflanke durchzugehen. Heikler als es den Anschein macht quere ich rüber auf abwärtsgeschichteten Platten. Stürzen wie fast auf der ganzen Tour verboten. Zum Ende durch einen schmalen Kamin runter. Abseilstelle wäre eingerichtet. Im Nachhinein hätte es Sinn gemacht kurz das Seil hervor zu nehmen. Mit dem Rucksack war ich beinahe zu breit. Nun einfacher unter den Scherenspitzen durch. Dabei löste ich jedoch noch einen grösseren Stein aus. Dieser krachte mit viel Getöse runter Richtung Wanderweg. Nun stand ich in der Mitte der drei Türme. Zuerst nahm ich mir den Kleiner Scherenturm vor. Dieser ist gut zu erkraxeln, im Abstieg jedoch tückisch. Dort inspizierte ich dann die anderen beiden. Der Scherenturm war schnell klar, wird nicht gemacht. Die Abseilstelle sieht länger als 15m aus (es sind 20m). Die Scherenspitzen wollte ich versuchen. Gut 10m kletterte ich hoch. Da ich jedoch nirgends Abseilstände sah, meldete sich meine angeschlagene Psyche und ich hörte auf mein Bauchgefühl und kletterte wieder ab. Für heute ist genug, ich bin nicht zum letzten Mal in dieser Gegend. Den Schwarzchopf gibt es ja ebenfalls noch und/oder die Silberplatten. Der Abstieg war mir dann nicht klar. Ich wusste jedoch das ich zur Senke vor dem Schwarzchopf gelangen wollte. Dort sieht das Gelände soweit vernünftig aus, um zur Alp zu gelangen. Um den Kleiner Scherenturm herum. Das Gelände sah jedoch nirgends einladend aus. Als ich dann ein Riss entdeckte, kletterte ich die Wand direkt runter III. Ist dies überwunden, wird es wieder ein bisschen einfacher. Als ich endlich in der Senke bin, atme ich erstmal auf. Nun mühsam steil runter zum Zaun. Diesen überwinde ich via Felsen ganz am linken Ende. Nun geht es mühsam runter zur Alp Schrenit, wo mich die Hunde und der Pächter empfangen. Aus einem kurzen Schwatz, werden dann über 30 Minuten Pause, inkl. Citro, welches ich dringendst benötigte. Der Dank geht hinauf zur Alp Schrenit. 

Alp Schrenit-Laui Parkplatz: T4, 1h 15min

Ich denke nun geht es nur noch einfach hinunter. Dem ist auch so, wenn ich zuerst die Karte gecheckt hätte. Ich jedoch laufe direkt nach der Alp nach rechts. Dir Weg runter nach Laui würde aber nach links gehen. Als ich meine Fehler bemerke bin ich schon einiges weiter als die Alp Trosen. Was nun? Zeit habe ich nicht mehr in Hülle und Fülle, gerne hätte ich mich noch kurz hingelegt vor der Nachtschicht. Sobald die steilsten Felswände vorbei sind, finde ich einen Durchschlupf. Mühsam geht es runter in hüfthohem Kraut. Froh bin ich als ich endlich links unter die Felswände zur Weide queren kann. Nun in direkter Linie runter zur Fahrstrasse links vorbei an der Alp Trosen. Der Rest ist dann einfaches Geggelände. 

Fazit:

Der Alpstein ist bei weitem nicht das grösste, höchste oder einsamste Gebirge. Die Anziehungskraft mit seinen hunderten von Routen im gehobene T5/T6 Gelände ist für mich jedoch einzigartig. Immer wieder gibt es neue Linien und Rinnen zu entdecken. Wer in diese Tour einsteigt, braucht ein gutes Nervenkostüm und Erfahrung in T6 Touren. Einsteigern rate ich von Alleingängen ab. Dafür gibt es definitiv bessere Routen mit einfacheren Ausstiegsmöglichkeiten. Nicht umsonst zählen die Gipfel Gamschopf, Scherentürme und Schwarzchopf zum einsamsten, was der Alpstein zu bieten hat. Ich begegnete an diesem wunderschönen Tag nur dem Pächter, was für den Alpstein, selbst unter der Woche sehr aussergewöhnlich ist. Wer Zeit hat, solch sich Zeit nehmen und der Alp Schrenit einen kurzen Besuch abstatten. 

Tourengänger: maenzgi


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»