Mönch | Nollenroute Solo | Auf- und Abstieg


Publiziert von AlpinAndi , 16. September 2021 um 16:41.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum:12 September 2021
Hochtouren Schwierigkeit: S
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE   CH-VS 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2100 m
Abstieg: 2100 m
Unterkunftmöglichkeiten:Kleine Scheidegg, Guggihütte

Zusammenfassung

Am 12. September 2021 stieg ich im Alleingang durch die Nollenroute auf den Gipfel des Mönch und über die Nollenroute wieder ab. Bei den derzeitigen Verhältnissen ist die Tour gut solo machbar, wenn man konzentriert und vorsichtig vorgeht. Der Abstieg gestaltete sich ebenfalls als problemlos, ist aber nur früh am Tag und bei bekannten guten Bedingungen zu empfehlen. Für Mehrtagestouren könnte die Nollenroute damit als direkter Zugang zum zentralen Berner Oberland dienen.

Ich habe die Tour zusätzlich als Video dokumentiert, zu finden hier.

Zeiten

  • Eigergletscher - Guggihütte: 1:46h
  • Guggihütte - Nolleneisfeld: 1:31h
  • Nolleneisfeld - Gipfel: 4:12h
  • Gipfel - Nolleneisfeld:  2:56h
  • Nolleneisfeld - Eigergletscher: 4:25h (!)

Einführung

Seit ich die Eisfahrt über den Nollen in meinem Hochtourenführer Anfang des Jahres entdeckt hatte, beschäftigte mich der Gedanke an einen Alleingang. Mitte des Jahres bin ich wieder auf die Route gestoßen, als ich einen Zugang bzw. Abstieg zum bzw. vom zentralen Berner Oberland abseits von der Jungfraubahn (Top of Europe) gesucht habe. Insofern wollte ich die Route auch unbedingt im Abstieg nehmen.

Nach einer Befahrung der Lenzspitze NO-Wand Ende August war ich mir dann sicher: Der Nollen ist für mich alleine durchkletterbar, beim Abstieg allerdings war ich mir unsicher, da ich auf dem Gipfel der Lenzspitze wenig Lust verspürte, die Wand wieder abklettern zu müssen. Als Option hielt ich mir daher den Abstieg über den Südgrat und der Jungfraubahn (Top of Europe) offen.

Anfang September hatte mich die Tour dann soweit im Griff, dass ich mir täglich Tourenberichte zuführen musste. Besonders hilfreich war hier der Bericht von landlake88, der die Route ebenfalls Solo durchstieg. Fahrtenberichte, in denen die Wand im Abstieg begangen wurde fand ich leider keine. So wuchs ein konkreter Angriffsplan, der am Wochenende vom 11. bis 12. September 2021 erfolgreich realisiert wurde.


Anreise

Um 7:42 Uhr fuhr mein Zug in Offenburg Richtung Interlaken Ost. Überfahren vom Touristenrummel und freudig überrascht dass heute wohl der Jungfraumarathon ausgetragen wird (Respekt an jeden einzelnen Teilnehmer!), fuhr ich mit dem Bähnli nach Grindelwald Terminal, dann mit der Eigerexpress-Seilbahn zur Station Eigergletscher, wo ich um 12:32 Uhr ankam und wo die eigentliche Tour startete. Die Anfahrt mit dem Zug war sehr entspannend und unkompliziert, Kostenpunkt für das Billet Interlaken Ost - Eigergletscher 44 Fränkli.

Hüttenzustieg

Der Hüttenzustieg führt zunächst auf beschildertem Weg auf der Randmoräne des Eigergletschers entlang. Am Weg befanden sich Dudelsackspieler, die dem epischen Lauf der Jungfraumarathonläufer, welche mir entgegen kamen, und meinem weniger epischen Anmarsch die richtige Würde verliehen.

Nach etwa 5min zweigt der Weg nach links ab und man muss etwa 150m absteigen, um den Gletscherbach zu queren und dann in die Südwestflanke des Mönchs einzugsteigen. Hier führt ein gut ausgetretener, blau-weiß, teilweise noch rot-weiß markierter Weg unschwierig (I) zur Guggihütte. Zusätzlich ist der Weg mit zahlreichen Steinmenschen markiert. Etwa auf halber Höhe gibt es einen Bach, wo man Wasser auffüllen kann, zusätzlich ist auf der Hütte ein Schmelzwasserspeicher vorhanden, wo man sich Wasser auslassen kann.

Hütte

Nach 1:46 Stunden kam ich so bestens gelaunt um 14:18 Uhr auf der Hütte an und wurde freundlich von den Wirtsleuten begrüßt und direkt auf einen Kaffee eingeladen. Auf der Hütte gibt es einen Holzofenherd, Brennholz und Kochgeschirr, Essen ist selbst mitzubringen, Trinkwasser ist wie gesagt vorhanden. Vor der Übernachtung ist es obligat, sich einen Platz beim Hüttenwirt zu reservieren, die Übernachtungsgebühr beträgt 25 Fränkli. Ich ernte Lachen und Kopfschütteln, als ich erzähle dass ich um 0:00 Uhr aufstehen will.

Ich koche mir eine Suppe, trinke vorsorglich 3 Liter Wasser (Auf der Zugfahrt habe ich bereits 1,5 Liter getrunken) und lege mich direkt ins Bett, in der Hoffnung ein wenig schlafen zu können, was nur leidlich funktioniert. Stattdessen dämmere ich im Halbschlaf in einer Mischung aus Anspannung und Vorfreude dahin, was aber ganz angenehm ist. Um 18:00 Uhr geselle ich mich in die Stube, wo mittlerweile 2 gesellige Köllner und ein wie ich eher ruhiger Schweizer eingetroffen sind. Der Schweizer möchte ebenfalls den Nollen solo machen (allerdings erst viel später), die Köllner sind nur zur Übernachtung da. So verbringen wir einen lustigen Abend zusammen, während ich nochmals 2 Nudelsuppen vespere und wir uns Berggeschichten erzählen und über das Leben philosophieren. Gegen 20:30 Uhr gehen ich ins Bett um nochmal etwas zu dösen, während ich mir bereits vorstelle, wie ich oben in der Flanke bin, wobei die Vorfreude definitiv überwiegt.

Weg zum Nolleneisfeld

Um 23:45 Uhr schaue ich auf die Uhr, und stehe um Punkt 0:00 Uhr auf, ziehe mich an und mache mir einen Instantkaffee mit heißem Wasser vom Vorabend und esse 2 Müsliriegel. Um 0:42 Uhr verlasse ich die Guggihütte. Zunächst folgt man kurz der Wasserleitung und quert, etwa 20m absteigend, nach links Richtung Eigergletscher. Dann führt ein mit Steinmenschen relativ gut markierter Weg im Zickzack aufs Mönchsplateau, 3112m hoch. Im mittleren Teil muss man oft nahe an die Abbruchkante zum Eigergletscher, hier also nicht wundern. Die Kletterei ist nie schwerer als (I), falls doch seid ihr falsch. Insgesamt dürfte ein Durchkommen aber fast überall möglich sein, wenn auch Ausgesetztheit und Schwierigkeit größer werden. Insgesamt war der Weg (ohne Schnee) aber gut zu finden. Ab dem Mönchsplateu ersteigt man dann zwei weitere Felsriegel, bis man an den Fuß des Nolleneisfelds, etwa 3300m hoch gelangt.

In der Steilwand - Aufstieg

Um etwa 2:14 Uhr stehe ich also am Fuß des Eisfelds und frage mich ein letztes mal ob das wirklich eine so gute Idee ist. Ich beschließe ja und mache mich kletterfertig. Dabei habe ich Seil, 2 x 22cm Eisschrauben, eine Tube, Bandschlingen und einen Abalakov-Fädler für den Notfall. Etwas angespannt gehe ich los. Schnell steilt dich das Eisfeld auf und ich halte mich links, direkt auf die beiden Felsen unter dem Nollen zuhaltend, die ich natürlich nicht sehe. Diese erreiche ich bald. Die Wand ist hier etwa 45° steil und steilt sich zunehmend auf. Nach dem ersten Felsen quere ich nach links oben, über den zweiten Felsen, wobei ich die Steilheit hier auf etwa 60°-65° einschätze. Stellenweise ist die Flanke blank, aber ich fühle mich pudelwohl, wohl aber wissend, dass ein Abrutschen hier mit absoluter Sicherheit den Exitus zur Folge hat. Kurz über dem zweiten Felsen steige ich zunächst gerade, dann leicht rechts haltend an, und erklettere so eine Rampe, die mich nach heroben auf den Nollengletscher führt. Die Rampe ist zunächst etwa 20hm konstant etwa 60° steil, teilweise blank, und lehnt sich dann allmählich über 20 weitere Höhenmeter zurück, mit weniger Blankeis. Als ich auf dem Gletscher auf etwa 3600m stehe beglückwünsche ich mich, denn ich glaube dass die Schlüsselstelle nun hinter mir läge.

Gut gelaunt steige ich den zunächst sehr flachen, dann sich langsam aufsteilenden Gletscher über sehr frische Lawinenausläufer an. Diese müssen vom Vortag sein, denn am Tag vor dem Vortag hat es etwas geschneit. Ich fühle mich im Prinzip bestätigt, niemals am ersten sonnigen Tag nach Schneefällen ins Hochgebirge zu gehen. Über die Lawinenrunsen steige ich an und erreiche so bald den Bergschrund. Dieser ist momentan recht schmal und ich behaupte fast überall überwindbar. Dummerweise wähle ich eine ungünstige Stelle zu weit rechts. Die Überwindung ist relativ problemlos mit einem beherzten Schritt und einigen kräftigen Zügen an den Eisgeräten möglich, die Steilheit an der Stelle nicht größer als 45°-50°. Mit dünner werdender Firnauflage steige ich gerade an, bis ich bemerke dass ich laut GPX wesentlich weiter links sein sollte. So quere ich mehrfach nach links, durch die hier sehr blanke Flanke, die nun etwa 50°-55° steil ist. Trotzdem fühle ich mich absolut wohl. Nach der Querung steige ich wieder gerade an, immer recht nahe an den linken Begrenzungsfelsen, die gelegentliches Rasten erlauben. Nur selten ist auf blanken Stellen reine Frontalzackentechnik notwendig die meiste Zeit steige ich mit einem Fuß die Vertikalzacken, mit dem anderen die Frontalzacken nutzend an, was sehr wadenschonend ist.

Gipfel

Zunehmend erschöpft ziehen sich die letzten 200 Höhenmeter zum Gipfel etwas. Heute ist nicht mein Tag, ich merke die Höhe obwohl ich gut akklimatisiert bin. Hinter dem Eiger sehe ich langsam das erste Licht des neuen Tages  und unvergesslich ist der Anblick des zentralen Berner Oberlandes als ich kurz vor Sonnenaufgang auf dem Gipfelgrat stehe.

Wie in Trance steige ich die letzten Meter an, bis es nicht mehr höher geht. Um 6:30 Uhr schließlich falle ich auf dem Gipfel des Mönch, 4107m über dem Meer, auf meine Knie in den Schnee, emotional völlig überfordert von der Gewaltgkeit und Schönheit dieser unglaublichen Landschaft im Morgenlicht, die durch das Alleinsein nochmals verstärkt werden. Es wäre gelogen zu behaupten dass dabei nicht die ein oder andere Träne geflossen wäre.

Nachdem ich wieder etwas klarkomme, mache ein Paar Fotos und Aufnahmen mit der GoPro, doch schnell kühle ich im Wind aus. Schweren Herzens verlasse ich den Gipfel nach etwa 15min wieder. Ich wähle den Abstieg über meine Aufstiegsroute, wissend dass der Firn aufgrund der NW-Exposition noch einige Stunden hart bleiben wird.

In der Steilwand - Abstieg

Beim Abstieg folge ich zunächst einer Spur die Richtung Westen führt, in der Hoffnung dass sie mich auf einem Alternativen Weg durch die Flanke bringt, da ich auf die Querungen im Abstieg nicht besonders scharf war. Als die Spur jedoch immer weiter nach Westen führt, quere ich zurück nach Osten durch guten Firn in meine Aufstiegsspur. Ich frage mich wo die andere Spur wohl herkam?

Der Abstieg erfolgt Rückwärts in gleicher Technik wie der Aufstieg, genau in meiner Spur. Das schafft Vertrauen und Sicherheit, vor allem aber wollte ich den Bergschrund an bekannter, wenn auch unguter Stelle überwinden. Ich komme gut voran und beim Blick zur Jungfrau und hinunter ins nördliche Berner Oberland muss ich glegentlich ungläubig den Kopf schütteln. Die Querungen sind gut zu begehen und ich fühle mich auch jetzt bei Tage, wenn ich den Weg sehe, den ich bei einem Abrutschen nehmen müsste, nach wie vor sehr wohl. Der Bergschrund ist ebenfalls wieder gut zu überwinden, auch im Abstieg. Insgesamt würde ich diesen in Zukunft möglichst weit links (von unten gesehen) überwinden, dort ist er recht schmal, und man kann direkt den Felsen nach oben folgen. Kann aber sein, dass die Situation nächstes Jahr bereits eine ganz andere ist..

Auf dem Nollengletscher treffe ich den Schweizer Alleingänger. Er beglückwünscht mich und wir unterhalten uns eine Weile. Ich empfehle ihm sich links zu halten und beobachte dann wie er den Bergschrund dort wesentlich unproblematischer als ich überwindet.

Ich setzte mich kurz hin um einen Riegel zu essen, der Abstieg über den Nollen macht mir aber große Sorgen, sodass ich bald wieder losgehe. Aber auch im Abstieg ist die Rampe gut zu meistern, jedoch ist präzise Arbeit mit den Eisgeräten und Steigeisen notwendig um ein Abrutschen und damit Ableben zu unterbinden. In meditativer Konzentration meistere ich die letzte Querung über den beiden Felsen und steige das zunehmend flacher werdende Eisfeld ab.

Abstieg

Am Fuß des Eisfelds angekommen ziehe ich Steigeisen und Gurt aus und setze mich kurz hin. Hier merke ich wie ich mental vollkommen ausgelaugt bin, was sicherlich dadurch verstärkt wird, dass ich fast nichts getrunken und gegessen habe. Dies wird nun nachgeholt, trotzdem fühle ich mich etwas unsicher auf den Beinen. Sehr gemütlich steige ich daher weiter ab, wohl auch wissend, dass die letzte Bahn eh erst um 18:00 Uhr fährt, und mein Zug in Interlaken erst um 20:00.

Um 14:08 Uhr bin ich wieder an der Station Eigergletscher. Ich gammle in der Mittagssonne, trinke, esse und betrachte unglaubig das Nordwestbollwerk und die Nordflanke des Mönchs. Erst am nächsten Abend beginne ich langsam diese wunderbare Tour und die Erlebnisse begreifen zu können! Als mein Zug nach Hause um 0:40 in Offenburg ankommt, bin ich bereits mehr als 24 Stunden wach. Hier wartet mein Fahrrad auf mich, auf dem ich nun die letzten 20km nach Hause radeln muss. Und wie ich da so singend durch die Nacht fahre, bin ich zwar nicht der schnellste Radfahrer, dafür aber der glücklichste.

Fazit

Die Nollenroute ist eine wunderbare Tour und ihre Befahrung war für mich das Highlight dieser Saison! Bei guten Verhältnissen wie ich sie vorfand, ist sie m.E. nach gut solo begehbar, wenn man sich bewusst gemacht hat, dass der Platz für Fehler stellenweise sehr gering ist.

Ein Seil und Abseilgeschirr würde ich wieder mitnehmen. Der Abstieg ist problemlos, wenn man früh dran ist. Falls nicht, wird die Tour bei weich werdendem Schnee sicher schnell ekelhaft und extrem gefährlich. Einen Abstieg ohne vorherigen Aufstieg würde ich nur bei bekannten guten Verhältnissen wagen, ist aber m.E. als direkter Abstieg vom Jungfraujoch nach Grindelwald denkbar, wenn auch extrem.

Tourengänger: AlpinAndi


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Geodaten
 54111.gpx Eigergletscher - Guggihütte
 54112.gpx Guggihütte - Nolleneisfeld
 54113.gpx Nolleneisfeld - Mönch
 54114.gpx Mönch - Nolleneisfeld
 54115.gpx Nolleneisfeld - Eigergletscher

Galerie


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Kommentare (1)


Kommentar hinzufügen

Spez hat gesagt: Nollen 3409
Gesendet am 21. Juli 2024 um 20:09
hierbei handelt es sich doch um den Oberaarnollen. wie hat der sich hierhin verirrt?


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