Vincent Pyramide SO-Grat - Silbernagel vs. Internet

Im Wallis-Hochtourenführer Silbernagel wird der SO-Grat auf die Vincentpyramide ohne viele Worte als logische Fortsetzung nach dem "klassischen" Cresta del Soldato auf die Punta Giordani beschrieben. Wenig erstaunlich bei diesem Werk ist, die wenigen Informationen stimmen. Ein paar mehr Worte zur Erläuterung hat dieser exponierte Gratanstieg über dem gewaltigen Gletscherkessel unterhalb der Parrotspitze aber schon verdient - vor allem, weil wir (schlecht Informierten) mit den Informationen einer Internetbeschreibung dorthin aufgebrochen sind, die sich nicht bewahrheitet haben.

Bis zur Punta Giordani wandert es sich ab der Bergstation der Seilbahn Punta Indren leicht über den zwar spaltenreichen, aber nicht steilen Gletscher. Nur zum madonnengeschmückten Gipfel ein paar Kletterzüge (I), bevor wir über einen einfachen Firngrat leicht zum breiten Ansatz des SO-Grat der Vincentpyramide absteigen. Nach einem kurzen einfachen Anstieg durch lose Felsen nach rechts erwarten wir nach besagter Internetbeschreibung einen "Risskamin mit Bohrhaken" - davon finden wir (wie auch zwei im Nachgang befragte Vorgänger-Seilschaften) aber beim besten Willen und trotz intensiver Umschau nichts. Stattdessen geht es rechts ums Eck herum in die ausgesetzte und heikle Nordflanke des Grats, in unserem Fall eine Mischung aus erst viel losen Felsen mit Blankeis und dann nur noch Blankeis (~ 40°, garniert mit einer dünnen Schicht abrutschendem tauenden Graupel), über die man zu einem Firngrat aufsteigen kann. "Relativ heikel und exponiert" umgeht man den ersten Aufschwung rechts, heißt es im Silbernagel. Das trifft es auf den Punkt: So heikel, dass wir einen Friend legen, zwei Eisschrauben drehen und am Grat auf der Gegenseite mit totem Mann den Nachsteiger sichern. Die Vorgänger-Seilschaft tat Vergleichbares und meinte "anspruchsvoller als alles am Liskamm gestern". An der über den Firngrat erreichen Steilstufe verspricht unsere Internetbeschreibung eine schöne, wiederum mit Bohrhaken abgesicherte Kletterstelle am Grat. Was die Kletterei angeht, trifft das von nun an zu, Bohrhaken finden wir aber am ganzen Grat keine (insgesamt 3 gute Schlaghaken, 1 Fix-Friend). Wiederum trifft es der Silbernagel mit wenigen Worten fortan auf den Punkt: Man folgt dem Gratverlauf mit dem besten Fels ("Blockgrat, Stellen 3a") und wenigen Schneegratpassagen, alle kleinen Abweichungen vom Grat sind offensichtlich. Zuoberst gibt es in den letzten Felsen einen gemütlichen Pausenplatz bevor der Gipfel über einen breiten Schneerücken erreicht wird.

Der Abstieg ist auf der "Gletscher-Autobahn" nicht zu verfehlen.

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