„Bahnwandern“, KF-Linie Teil I


Publiziert von lainari , 20. Juni 2020 um 15:48.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Erzgebirge
Tour Datum: 1 Juni 2020
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 490 m
Abstieg: 490 m
Strecke:24,5 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder Zug RB 30 der MRB nach Klingenberg-Colmnitz
Kartennummer:1:33.000, SK Nr. 04 Weißeritztäler Tharandter Wald

Von Klingenberg-Colmnitz nach Pretzschendorf
 

Nachdem ich bei meinem Besuch in Frauenstein mit den Resten der einstigen Schmalspurbahn Klingenberg-Colmnitz - Frauenstein (sächs. KF-Linie) in Kontakt gekommen war, entstand schnell der Wunsch herauszufinden, was sich sonst noch für Spuren der einst 19,8 km langen Strecke erhalten haben. So begebe ich mich am heutigen Morgen zum Bahnhof Klingenberg-Colmnitz, der etwas außerhalb der namensgebenden Ortschaften liegt. Er befindet sich an der Hauptstrecke Dresden - Werdau (sächs. DW-Linie) und ist zugleich der obere Endpunkt der steigungsreichen Tharandter Rampe. Dieser Umstand besitzt mangels Fern- und schweren Güterverkehrs heutzutage keine Bedeutung mehr. Der Bahnhof weist daher nur noch drei Hauptgleise und zwei Gleisstumpen auf. Der einst umfangreiche Schmalspurteil des Bahnhofes ist heute mit einem P+R Parkplatz überbaut oder ungenutzt. Zur 1897-1898 gebauten Schmalspurbahn nach Frauenstein gesellte sich hier zwischen 1911-1914 die normalspurige Anschlussbahn des Talsperrenbaues Klingenberg sowie ab 1921 die Schmalspurbahn nach Oberdittmannsdorf (sächs. KO-Linie), die eine Verbindung zum Wilsdruffer Schmalspurnetz herstellte. Die Strecken nach Frauenstein und Oberdittmannsdorf führten etwa 1 km parallel nebeneinander her. Der zunächst durch ein Wäldchen führende Abschnitt ist heute total verbuscht und nur sehr schwer begehbar. Auf dem anschließenden Feld sind die Trassen entfernt und werden wieder landwirtschaftlich genutzt. Ich umgehe das Feld nach links über einen Feldrand, eine Straße und einen Flurweg. So komme ich zum Pfarrbusch, der von der noch sichtbaren Schneise der Bahntrasse nach Frauenstein geteilt wird. Dahinter folgt abermals ein entfernter Trassenabschnitt. Über einen Flurweg komme ich nach Obercolmnitz, wo die Bahnstrecke an der rechten Talkante innerhalb der Ortsgrenzen verlief. Der Bahndamm ist daher heute vornehmlich privaten Grundstücken zugeschlagen und nicht begehbar. So nutze ich die Hauptstraße im Tal zum Weiterkommen. Das Areal der einstigen Haltestelle Obercolmnitz (Bahn-km 3,85) ist heute mit einem Garagenkomplex und einem Parkplatz überbaut. Das Gebäude des einstigen Anschlusses Getreidehandel Böhme/später BHG Obercolmnitz ist noch vorhanden.
 

Ich setze den Weg fort. Im Verlauf wechselt die Bahntrasse die Talseite. Direkt hinter dem einstigen Bahnübergang befand sich die Haltestelle Niederpretzschendorf (Bahn-km 5,49), von der sich die Wartehalle erhalten hat. Nach dem erneuten Talseitenwechsel folgt später das Areal der einstigen Haltestelle Pretzschendorf (Bahn-km 6,93). Hier befanden sich ein Ausweichgleis sowie die Anschlüsse Lohse und Baustoffhandel Schmidt/Landwirtschaftlicher Konsumverein/später BHG Pretzschendorf. Neben dem wiedererrichteten Haltestellengebäude ist auch das Gebäude der BHG erhalten. Andere Gebäude müssten, sofern historischen Ursprungs, stark verändert worden sein. Das einstige Stationsareal ist mit einem Supermarkt und einem Parkplatz überbaut. Auf einer besonnten Bank lege ich eine Pause ein, trockne meine vom Dschungelabenteuer taufeuchten Hosenbeine und mache mein Outfit wieder feiertagstauglich. Dass irgendein Insekt auf dem Objektiv meines Fotoapparates sein Leben beendet und einen großen Matschfleck hinterlassen hat, entgeht mir allerdings. So weisen einige Bilder der heutigen Serie eine unschöne Bildergänzung auf. Weitergelaufen, beende ich am Ortsende Pretzschendorf etwa am Bahn-km 8,4 die heutige Trassenerkundung und mache mich auf den Rückweg.
 

Am oberen Ortsende Pretzschendorf überquere ich dazu die Staatsstraße und gehe auf einem Flurweg über die Hochfläche. Durch ein sanftes Wiesental komme ich hinunter ins Tal der Wilden Weißeritz. Hier suche ich zunächst noch die Bergbauanlage des Stolln am Talmühlenweg und gehe dann auf einem Flurweg am linken Talrand abwärts. Dabei passiere ich die Vorsperre der Trinkwassertalsperre Klingenberg und laufe dann auf dem Uferweg linksseitig um die Talsperre herum. Hier ist eine Menge feiertägliches Volk unterwegs. Wanderer in Hawaiihemden, in karierten Dreiviertelhosen und anderen optischen Grausamkeiten geben sich ein buntes Stelldichein. Deshalb werfe ich nur einen kurzen Blick auf die Staumauer der Talsperre Klingenberg und erkunde dann die Trasse der zwischen 1911-1914 genutzten Anschlussbahn des Talsperrenbaues. Entgegen des Wikipedia-Eintrages war die Anschlussbahn normalspurig ausgeführt. Im Baugelände selbst gab es daneben noch mehrere schmalspurige Feldbahnen zur Materialbewegung. Die Anschlussbahntrasse ist vom einstigen Ende am Bahn-km 3,8 bis zum Bahn-km 2,5 erkenn- und begehbar. Dabei überquerte die Bahn die damals hölzern ausgeführte „Streichholzbrücke“. Diese wurde dann in den 1920er-Jahren als filigranes Stahlbetonbauwerk in ähnlicher Optik als Straßenbrücke neugebaut. Unterhalb von Neuklingenberg verliert sich die temporäre Trasse in landwirtschaftlich genutztem Gelände. Über Neuklingenberg mit proppenvollem Parkplatz und Gasthaus gehe ich zur Neuklingenberger Höhe. Auf dem eingezäunten Areal des Hochbehälters der Wasserversorgung steht die Station 2. Ordnung Nr. 78 der Königlich Sächsischen Triangulierung. Im Gras des Wegrandes lasse ich mich hier zur verdienten Mittagsrast nieder und beobachte den Ausflugsverkehr auf der Zufahrt zum Gasthaus. Im Anschluss absolviere ich die letzten Meter zurück zum Bahnhof Klingenberg-Colmnitz.

Bei passendem Wetter wird es irgendwann einmal eine Fortsetzung „Bahnwandern“, KF-Linie Teil II geben.

 

Fakten zur Bahnstrecke Klingenberg-Colmnitz - Frauenstein

Spurweite: 750 mm
Länge: 19,8 km
Inbetriebnahme: 1898

Einstellung des Güterverkehrs: Herbst 1970
Betriebseinstellung: 20.10.1971 nach Unfall (Entgleisen einer Lokomotive)

Stilllegung: 28.12.1972

 

Die pausenbereinigte Gehzeit betrug 5 h 30 min.
Die absolvierte Strecke ist nur teilweise als Wanderweg markiert und auf weiten Strecken als T1 zu bewerten. Die weglosen Erkundungen haben die Schwierigkeit T2.

Tourengänger: lainari


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden


Geodaten
 48863.kml Manuell gezeichnete Wegstrecke

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»