Taschachwand (3365m) Nordwand (600 Hm, 55-60°, I) und Petersenspitze (3484m) Nordwand (150 Hm, 50°)


Publiziert von pete85 , 22. April 2019 um 20:57.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Ötztaler Alpen
Tour Datum:20 April 2019
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT6 - Anspruchsvolle alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: A   A-T 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m

Zusammen mit Bernd und Vroni stieg ich am 19.04.2019 zur Taschachhütte auf. Geplant war - sofern möglich - der Pitztaler Eisexpress, oder zumindest ein kleiner Teil davon. Wir waren nämlich mit Schneeschuhen unterwegs und der tiefe (am Nachmittag des Zustiegs bereits durchweichte) Schnee erschwerte das Vorankommen zusätzlich.

Man parkt an der Pitztaler Gletscherbahn (genug Parkplätze vorhanden) und sollte sich zunächst im Aufstiegssinn rechts des Bachs halten (kurz der Skipiste folgen). Der Weg links des Bachs ist bei Schneelage nicht zu empfehlen, was wir kurze Zeit später auch feststellten.
Nun folgt man dem flachen Tal über mehrere Kilometer bis zum gut sichtbaren Taschachhaus. Am Ende geht es etwas steiler über mehrere hundert Höhenmeter dem Haus entgegen. Wir benötigten so ca. 3,5 Stunden im Zustieg.

Das es über die Osterfeiertage etwas voller sein könnte ist uns schon in den Sinn gekommen, dass um 18 Uhr aber bereits alles belegt war von den 27 Betten des Winterraumes hatten wir dann doch nicht erwartet.
Hinzufügen muss ich leider auch, dass in den Nischen mit 2 Matratzen problemlos 3 statt 2 Personen Platz hätten. Unsere Nachfrage ob sich hier und da einer dazulegen könnte (Decken und Kissen war zum Glück genug vorhanden) wurde jedes Mal mit den Worten abgelehnt, dass man dann so schlecht schlafen könnte und morgen eine große Tour (z.B. Wildspitze mit Ski) ansteht. Da fällt einem alles aus dem Gesicht....
Weder ist mir, noch würde mir bei ähnlichem Platzangebot in einer Hütte, Biwakschachtel, Zelt oder was auch immer so etwas einfallen.
Nun gut - immerhin stand noch eine unbenutze Matratze herum, genug Kissen und Decken waren da und so machten wir es uns in der Küche bequem. Zusammen mit mehreren Anderen die auch noch später zugestiegen sind. War soweit alles kein Problem - man hat ein Dach über dem Kopf und es war warm. Auch habe ich schon schlechter geschlafen (lol). Das Einzige was negativ in Erinnerung bleibt ist das in meinen Augen unkollegiale Verhalten so mancher "Berggänger". Ich weiß schon, warum ich volle Hütten nicht ausstehen kann....
Zumindest hinsichtlich der Einteilung der Kochmöglichkeiten und Versorgung mittels Schnee/Wasser muss man den Leuten ein Kompliment machen. Hier wurde auf Egoismus verzichtet und Jeder konnte sich zeitnah Schnee schmelzen und etwas zu Essen kochen. Das ist bei einer so großen Anzahl an Leuten sicher nicht selbstverständlich, die Atmosphäre generell war (abgesehen vom oben erwähnten Ärgernis) auch sehr kameradschaftlich.
Angesichts der noch vorhandenen Schneemengen und unserem Vorhaben die Tour mit Schneeschuhen bestreiten zu wollen, überlegten wir uns verschiedene Vorgehensweisen für den folgenden Tag.
In jedem Fall sollte die Taschachwand das erste Ziel darstellen. Alles weitere würden wir den Verhältnissen und unserer Fitness anpassen. Der Eis-Express schien utopisch, aber das waren manch andere Ziele auch und man weiß nie ob es klappt, sofern man es nicht probiert.

Gegen 3:15 Uhr am Folgetag nach etwas Schlaf klingelte der Wecker. Es wurde gefrühstückt und dann gegen kurz nach 4 Uhr aufgebrochen.
Wir querten zunächst eine bis zu 40° steile Flanke mit Schneeschuhen. Danach wurde angeseilt (Gletscher) und Richtung Taschachwand Nordwand aufgestiegen.
Wir stiegen recht direkt zu dem uns angepeilten rechten Nordwanddurchstieg zu. Hier muss Schneeschuhgelände von 35-40° im Aufstieg bewältigt werden, sowie eine kurze 40-45° Passage (wenige Meter, Pickel vorteilhaft) im Abstieg.
Die anderen Seilschaften stiegen weiter links in die Wand ein, hier lohnt sich unter Umständen dem Gletscher zu folgen und nicht zu früh nach oben zu steigen (nimmt sich aber beides nicht viel und man wird nach den Verhältnissen entscheiden).

Der Zustieg zur Wand inklusive Wechsel auf Steigeisen und Verstauen der Schneeschuhe benötigte fast 2 Stunden.
Dann starteten wir auf der rechten Route (etwas steiler als die Normalvariante) in die Wand.
Leider bemerkte Bernd, dass seine Erkältung noch nicht ganz ausgeheilt war. Er biss sich durch die Wand durch, hier war uns aber schon klar, dass wir den Eisexpress heute nicht wirklich in Angriff nehmen brauchen.
Das Gelände der Nordwand ist recht gleichmäßig mit 45 bis 50°. Nach oben hin folgt dann noch eine Rinne mit 55°, kurze Stellen sicher auch mal 60° steil und mit ein wenig Fels unter den Füßen. Nach oben raus folgen ca. 50 Meter in 45-50° Gelände und Stellen I (etwas eklig zu kraxeln, da der Schotter unter den Füßen nicht zusammengefroren war unter dem Pulverschnee). Dann steht man am Gipfel - oder eben auch nicht. Wir haben es leider verschlafen die restlichen 40 Höhenmeter zu gehen und sind direkt zur Petersenspitze hinübergequert. So kann man sich auch um einen Gipfel bringen.   :D
Passiert mir ja nicht das erste Mal (am Jochberg hats glaube erst im 5. Anlauf geklappt).

Nochmal zu den Varianten in der Taschachwand Nordwand:
- unsere Variante rechts ist recht kontinuierlich 50° steil, eignet sich für viel Schnee wie bei den aktuellen Verhältnissen, bei Ausaperung wird die obere Rinne schnell aper und die Steinschlaggefahr wird größer - dann besser meiden!
- die eigentliche Nordwandroute beginnt eine Rinne weiter links und ist meist 5° weniger steil (die Seilschaften sind auch noch weiter eingesunken als wir) - diese Variante eignet sich eher für guten Firn oder Auspaerung
- generell würde ich Nordwände unter 4000 Meter bei Ausaperung nicht mehr empfehlen (gilt schon seit Jahren). Bei vielen Wände tritt Schutt zu Tage, die Steinschlaggefahr wird immer größer. Im Frühjahr (wie aktuell) ist es häufig Schneestapfen, dafür sind die objektiven Gefahren gering. Eine blanke Eiswand ist in Österreich leider kaum mehr möglich (oder nur unter erhöhter Steinschlaggefahr).

Zur Petersenspitze querten wir dann wieder mit den Schneeschuhen hinüber (grenzwertiges Gelände für Schneeschuhe, kurze Passage von 40-45° zu queren). Dann kann man bequem zur Nordwand (bis oberhalb des Bergschrundes) absteigen.
Nun folgten schöne 150 Höhenmeter Kletterei in schönem Stapfschnee bei unten kontinuierlichen 50°, oben recht kontinuierlich 40-45°.

Nun problemloser Abstieg über den Grat hinab zu unseren Rucksäcken. Abrutschen links der Petersenspitze Nordwand (im Abstiegssinn) auf dem Hosenboden. Knapp oberhalb des Bergschrundes Anseilen und weiteres Abrutschen. Danach wieder Wechsel auf Schneeschuhe und Abstieg zur Hütte.

Hier mussten 2 steilere Passagen im Abstieg bewältigt werden, jeweils ca. 40° steil auf hartem Firn, wobei die letztere eine lange Rinne darstellt.
Die folgende Querung zur Hütte haben wir im Aufstieg wegen des sulzigen Schnees ohne Schneeschuhe und somit zu Fuß unter tiefem Einsinken auf uns genommen.
8 Stunden nach Verlassen der Hütte waren wir wieder an derselben.

Nach kurzer Rast verzichteten wir auf eine weitere Nacht und stiegen weiter ins Tal ab.
Für den Abstieg von der Hütte bis ins Tal benötigten wir noch einmal 2:15 h.


Taschachwand Nordwand
- 600 Hm
- ZS, Felstellen I
- je nach Rinne 50 bis 60 Grad steil

Kletterzeit:                2:15 h



Petersenspitze Nordwand:
- 150 Hm
- ZS-
- im linken Teil (im Aufstiegssinn) länger und damit lohnender
- 50° Steilheit

Kletterzeit:               20 Minuten


P.S.:  Meine erste WT6 - Bewertung. Ich dachte nach der Tour eigentlich an WT4. Nach Durchlesen der Kriterien (spaltenreiche Geltscher, Gelände >35°, in welchem wir häufig waren, teilweise Absturzgelände), trifft die WT6-Bewertung wohl aber zu. Nach diesen Kriterien sind wohl aber manche meiner älteren Bewertungen etwas zu niedrig angesetzt.....


Fazit:
Schöne Tour, leider hat der Eisexpress aufgrund der Erkältung von Bernd nicht geklappt, aber er hat sich tapfer durch 2 Nordwände durchgebissen. Und das war bei den Schneemengen auch nicht geschenkt.
Einzig auf die volle Hütte möchte ich das nächste Mal verzichten.


Tourengänger: pete85


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Kommentare (2)


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SEalpin hat gesagt: Danke für den Bericht
Gesendet am 24. April 2019 um 07:46
Hallo pete,

vielen Dank für den informativen Bericht!

Ich lese deine Tourenberichte immer wieder gern; ich finde diese sehr informativ und angenehm zu lesen. Auch die Bebilderungen mit aussagekräftigen Fotos der Routen gefallen mir gut und die von dir gewählten Ziele finde ich meistens sehr spannend.

Viele Grüße
Stefan

pete85 hat gesagt: RE:Danke für den Bericht
Gesendet am 25. April 2019 um 22:12
Hallo Stefan,

vielen Dank für das positive Feedback. Da macht es gleich noch mehr Spaß bei hikr Touren zu veröffentlichen. :)

Gruß,
Peter.


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