Monte Agnèr 2872m


Publiziert von bergteufel , 19. Juni 2020 um 13:33.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:23 Oktober 2018
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K3- (ZS-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Strecke:Frassené - Malga Losch - Canalone - Bivacco Biasin - Monte Agnèr - Normalweg - Malga Losch - Frassené
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Navi !
Kartennummer:Tabacco Karte Nr. 022 Pale di San Martino

Servus.

Ich, der Bergteufel, bin müde, aber nach den Touren dieses Bergjahres, in Topform. Ende Oktober.... da denken viele schon an Weihnachtsgeschenke kaufen, an Ihren Flug in sonnige Gefilde, den Glühweingeruch, die Tourenskier präparieren. Ganz wichtig, denn es folgt ein gewaltiger Winter für die Brettlfans. Ich, ein leidenschaftlicher Sommergipfeljäger, gehe noch nicht in Winterruhe. Der "Solotripp" des Jahres steht an. Zugegeben, man muß etwas bekloppt sein, wenn man einem großen Herbststurm ausweichen möchte und die Fahrt nach Süden antritt. Zu dieser Jahreszeit gehören die Paradegipfel der Dolomiten den Einheimischen, können sie doch ihre Nase nach oben halten und den Zustand des Berges beurteilen. Kein Touri weit und breit, alles ist winterfertig gemacht, der erste Schnee fiel schon und ...ging?.. tja eine große Unbekannte für mich. Keine Zweifel hegen, einmal noch los und die Dolomitengipfel geniessen, auf denen man jetzt ziemlich sicher alleine verweilt.

Bei traumhaftem Herbstwetter lege ich mir den Monte Agnèr als erstes Ziel fest. Der "Agnèr", einer der formschönsten Dolomitenberge. Erstmals bezwungen 1875. Weltweit bekannt seine 1500m hohe, mächtige Nordflanke. Viele der weltbesten Kletterer von einst haben sich hier gespielt. An ihr eröffnete auch Reinhold Messner eine extreme Route. Hatte man in den 70er, 80er Jahren noch Befürchtungen, daß Kletterer aus der ganzen Welt diese Wände der Palagruppe "übervölkern", so ist die traurige Realität, daß du heute Glück hast, wenn du eine Seilschaft darin sichtest. Soviel zur Infopolitik derer, denen sie zusteht, dem eingetrichterten Bohrhakenwahn und letztlich dem Weicheigetue der jungen Generation. Der "Agnèr" ist das Markenzeichen der Südkette der Pala. Die senkrechten Nordabstürze sind die mächtigste Felsbastion der Nordalpen. Die Dimension dieses Gebirgsstocks ist so was von beeindruckend.    

Über die Startzeit in München brauch ich euch nichts zu erzählen. Jedenfalls erreiche ich den kleinen Parkplatz für 3 Autos, nahe der dritten Liftstütze, als "Erster", letztlich als Tageseinziger. Das der Sessellift von Frassené ruht um diese Jahreszeit, ist eh klar. Perfekt. Geplant: 1800 Hm ohne einen Menschen zu treffen, und das an diesem Promigipfel, boah, was für eine Motivation.

Zunächst geht`s den Wanderweg Nr. 771 hoch zum Rifugio Scarpa-Gurekian. Kurz vor der Hütte, bei der Malga Losch, trifft man auf den großen Wegweiser, der die Wege zum Gipfel teilt. Der Normalweg zweigt ab. Ich gehe weiter Richtung Via Ferrata Stella Alpina. Tja, da ist es wieder, das Déjà-vu. Mit 22 Jahren war ich letztmals hier und hatte diesen, damals als schwersten Klettersteig der Alpen gepriesenen Eisenweg gemacht. Leider waren meine Begleiter in einer jämmerlichen Verfassung und strichen beim Bivacco die Segel. In meinem jugendlichen Leichtsinn ließ ich mich ohne Gipfelerfolg zum Abstieg überreden. Ein fataler Fehler, heute sieht man, was solche Entscheidungen für Zeitlöcher reißen können. Wahnsinn. Nun gut, jetzt auf ein Endgültiges. Dieses Mal straight on, den Canalone gerade hoch zum Biwak. Kurz vor dem Einstieg zur Stella Alpina geht es rechts weiter, markiert, zu der großen Einschartung, die zum Agnèr hochzieht. Deutlich erkennt man am Felssporn die beginnenden Seilsicherungen. Alles ist rot markiert und versichert, einzelne Stellen SG I sind zu meistern, bis man das schon lange sichtbare Bivacco Biasin erreicht.

Hinter der Biwakschachtel steigt man um eine Felsnase und es folgt eine drahtseilversicherte Querung bis zum Westgrat, wo eine Steinlinie sperrt. Man klettert im SG I an der Gratschneide nach oben, einzelne Drahtseile helfen, zum sichtbaren Gipfel. Schon lange blitzt einem eine massiv verankerte Edelstahlbox entgegen. Das Gipfelbuch darin ähnelt dem Poesiealbum einer Mädchenschule. Vollgekritzelt mit unzählbaren Einträgen, erschreckend. Nur zu erahnen, was sich hier im Hochsommer abspielt. Neidisch, oh nein, ich sitze hier allein. So soll es sein. Das war der perfekte Gang, die richtige Zeit. Fettes Grinsen.
 
Ganz in Ruhe schweift mein Bilck über die Hügel der Palagruppe, in Gedanken spiegeln sich die tollen Erlebnisse dieses Jahres wieder. Die Nordkette, mit der Cima del Focobon als Chefin,
http://www.hikr.org/tour/post136355.html
greifbar nahe in der Oktoberoptik, vom aller aller Feinsten.
Dann ist da noch das Marmoladamassiv, mit diesem wunderbaren Gran Vernel, http://www.hikr.org/tour/post140814.html
Was für Erlebnisse schlummern da in mir. Für mich als Dolomitengipfelfan ganz interessant, der Blick auf das Massiv der Pale di San Lucano nebenan. Eine gespenstische Gegend, mit einem gewaltigen Geheimnis: hier soll er stehen, der Dolomitenberg mit dem schwersten Normalweg.

Da fehlt doch noch was: Gipfelkreuz? Wo bist du? Man muß 5 Minuten zu ihm südwärts absteigen, es ist riesig. Wahrscheinlich steht es vorgelagert, damit sie es vom Tal aus besser sehen können!?!

Der "Agnèr" ist kein Mitglied im 3000er Club der Dolomiten. Sehr häufig besucht. Jedoch wegen seiner optischen Schönheit, ist ein einmaliger Besuch seines Hauptes, meiner Meinung nach, für einen Bergsteiger zwingend, aber auch genug. Fast schon zuviel wurde getan, daß jeder dort oben ankommt.

Der Abstieg vom Gipfel zum Bivacco ist gleich. Dann folgt man weiter dem identischen Canalone-/ Normalweg, bis ca. 20 Min. unter der Biwakschachtel, der Normalweg, bei einer "Schaufel mit Holzstiel", gelb markiert, nach links abzweigt. Man quert abschüssiges Plattengelände und nähert sich einem Überhang. Dann eine grasige Rippe nach unten. Alles im SG I und steilem Grasgelände machbar. Schließlich in einem weiten Linksbogen zurück zur Malga Losch. Noch kurz runter nach Frassené und das wars.
Eine wunderbare Tour für den Herbst schließt sich. Ich, als Bergsteiger, würde bei dieser Tour darauf achten, daß der Lift steht, dann kannst du diesen edlen Berg genießen. Auch wenn es etwas mehr Wanderelan bedeutet.

Zurück am Auto gilt es eine Entscheidung zu fällen. Den heimatlichen Spion angefunkt, zweifelsohne, ein orkanböenfähiger Sturm kommt, was ich schon am Gipfel fühlen konnte. Die südliche Pala soll niederschlagsfrei bleiben. Ich verabschiede mich von einem gewagten Traum, der Cima de la Beta. Eine ganz große Unbekannte auf meinem Notizzettel. Und so wird das morgige Ziel, das "Italienertal der Pala", die Valle dei Canali / Pradidali. Dort war ich noch nie. Soll ein "extremer" Ort sein.
Es wird wohl eine Wandertour, aber eine ganz ganz große "Lady" im Dolomitenzirkus steht da, die Croda Granda.

https://www.hikr.org/tour/post142145.html

Berg Heil, habe die Ehre,
der Bergteufel

Tourengänger: bergteufel


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T6- I K3-
27 Jul 09
Monte Agner Normalweg · Saxifraga

Kommentare (2)


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ADI hat gesagt:
Gesendet am 22. Juni 2020 um 17:16
Hi, Mister Dolo......

Wieder mal ein Spitzen Dolo Bericht, zu dem man Dir nur gratulieren kann!
Eine traumhafte Ecke......da muß ich hin!

Beste Grüße, my Friend!

ADI

bergteufel hat gesagt:
Gesendet am 27. Juni 2020 um 12:56
Servus Gunter,
"Mister Dolo", des klingt guad. Inzwischen hab ich schon eine stattliche Sammlung dieser Hügel beianand.

Liebe Grüße
Rudi


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