Nevado Pisco und Laguna 69
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Samstag, 13.08.2016: Huaraz – Yurac Corral – Pisco Basislager
Die Besteigung des 5752m hohen Pisco (Nevado Pisco Oeste) war uns von vornherein ein besonderes Anliegen, gilt der Gipfel doch als schönster Aussichtspunkt in der Cordillera Blanca. Kombiniert man die Tour mit einem Trekking zur Laguna 69, kommt man zusätzlich in den Genuss eine der sehenswertesten Lagunen zu besuchen, wobei man letzteres allerdings mit Unmengen von Tagestouristen teilen muss. Ursprünglich hatten wir vor die Runde umgekehrt zu gehen. Da aber Benni und Susi krankheitsbedingt auf den
Vallunaraju verzichten mussten, haben wir kurzfristig umgestellt, sonst hätten wir vor dem Gipfeltag ein zu langes Trekking in Kauf nehmen müssen.
Ausgangspunkt ist das auch ohne Wandern äußerst sehenswerte Llanganuco-Tal im Nationalpark Huascaran. Die Lagunen bilden für uns heute den Endpunkt der Straße, die sich weiter über einen 4800m hohen Pass in Richtung Regenwald windet. In Yurac Corral verlassen wir unser Luxusgefährt, das uns in den letzten 3h hier herauf gebracht hat. Von Huaraz fährt man zunächst gut 50km (1h) nach Norden und biegt in Yungay nach rechts in die Kordillere ab. Über eine mäßige Schotterpiste zuckelt man schließlich noch mal gute 1000m in die Höhe. Der obligate Stopp an der Nationalpark-Grenze wird wie üblich genutzt um – höchst wichtig – Passport-Nummer und auch sonst alle Daten weiterzugeben und das Ticket kontrollieren zu lassen. Unterdessen bleibt der Motor vom Bus natürlich laufen, schließlich wäre es reine Zeitverschwendung, diesen für 10min extra abzustellen. Vielleicht erklärt mal irgendwann jemand den Busfahrern was ein Nationalpark bedeutet? Während des Abladens vom Gepäck ändert sich das natürlich auch nicht, sodass wir noch mit einer großen schwarzen Dieselwolke verwöhnt werden, ehe wir noch ein ausgiebiges Fressgelage starten. Was wir nicht haben müssen wir ja auch nicht tragen, zumindest nun nicht mehr auf dem Rücken. Für den ersten Tag haben wir einen Esel - ab dem Basislager wird unser treuer Träger Emilio unsere schweren Lasten übernehmen.
Endlich geht es los und wir marschieren in Richtung Cebollapampa, wo bei Km 77 in einer Kehre der gewöhnliche Ausgangspunkt liegt. Nach Überqueren des Flusses wenden wir uns nach links und gewinnen auf den Serpentinen im trockenen Gras schnell an Höhe. Nach einer Stunde stehen wir auf dem Moränenkamm, den wir nun bis kurz vor das Basislager verfolgen. Das Gelände erlaubt jedem sein eigenes Tempo zu gehen, sodass wir diesen Tag heute individuell genießen können. Naturgemäß werden die Aussichten immer spektakulärer je höher wir kommen, besonders hinter uns beeindruckt das Dreigestirn des Huascaran (Sur, Norte, Chopicalqui). Nach 2,5h erreichen wir schließlich das Basislager des Pisco, 50Hm unterhalb des Refugio Peru gelegen.
Teil zwei der täglichen Routine beginnt. Laufen – Zelt aufbauen – Kochen – Essen – Schlafen. An diesen Rhythmus gewöhnt man sich schnell, die Bedürfnisse reduzieren sich auf ein Minimum und dennoch verspüren wir maximalen Genuss, wenn das (meist recht dürftige) Essen endlich fertig ist. Wir statten dem Refugio noch einen Besuch ab, trinken eine heiße Schoki und machen uns dann ans Kochen. Abends gibt’s dann einen ordentlichen Graupelschauer und wir beschließen den Tag mit dem Singen von Weihnachtsliedern, ist sicher der Höhenkoller (T2, 950Hm Aufstieg, 50Hm Abstieg, 3h).
Sonntag. 14.08.2016: Basislager – Moränenlager
Es ist Sonntag und da soll man bekanntlich ruhen. Machen wir auch, denn heute steht nur ein kleiner Spaziergang auf dem Programm. Vom 4600m hohen Basislager verlegen wir ins 300m höhere Moränenlager. Klingt geradezu putzig. Alle Freunde der gepflegten Selbstkasteiung kommen dennoch auf ihre Kosten. Denn zwischen Lager 1 und 2 liegt die Traverse eines Gletschers bzw. seinen Hinterlassenschaften, denn der Gletscher ist bereits abgeschmolzen. Die Ausmaße der Cordillera Blanca werden uns heute eindrucksvoll vor Augen geführt.
Als Warm-up genießen wir den Aufstieg auf die Seitenmoräne und staunen nicht schlecht, als wir die weitere Wegführung einsehen können. Eine sandige Steilrinne, durch eine lose baumelnde Kette etwas entschärft, zieht hart steinschlaggefährdet nach unten, wobei gut 50Hm im explosiven Bereich liegen. Würde in den Alpen kein Mensch gehen. Dagegen scheint das Grand Couloir am Montblanc ein idealer Biwakplatz zu sein. Mit mulmigem Gefühl steigen wir einer nach dem andern runter und setzen dabei so gut es geht auf die Geschwindigkeitskarte. Weiter führt die Route nun über mehrere Hügel in der Grundmoräne, von denen einer beschließt unter meinem Gewicht nachzugeben und seine tonnenschweren Blöcke nach uns zu schmeißen. Benni bleibt wie angewurzelt stehen und ich hechte mit einem beherzten Sprung nach vorne. Was ist denn hier los? Wir wollen dem Berg ja nix Böses.
Sichtlich genervt kommen wir nach gut 2h im Moränenlager an und bräuchten nun dringend einen Schnaps, der ist aber in Huaraz gelieben. Folglich begnügen wir uns mit Unmengen an Coca-Tee, Suppe und Pasta mit Thunfisch-Einlage. Vorher schauen wir uns noch Einstieg in den Gletscher an, und wandern dafür 150Hm über schöne Gletscherschliffplatten bergan. Wir deponieren einen Teil der Ausrüstung und machen uns an den Rückweg. Kaum aufgestanden geht’s auch schon wieder in die Horizontale, denn heute Nacht um zwei Uhr ist Wecken (T4, 600Hm Aufstieg, 300Hm Abstieg, 3h).
Montag, 15.08.2016: Moränenlager – Pisco – Moränenlager – Basislager
Gegen halb zwei beginnt das große Rascheln. Cesar, unser Guide, weckt zunächst die Mädels. Da sie zum ersten Mal auf Expedition sind, muss die Zelt-Routine noch ein wenig gedeihen, so dass Benni und ich noch eine halbe Stunde länger auf der faulen Haut liegen können. Der Moment des Aufstehens bekommt definitiv einen Platz in der Hall of Fame der bescheidensten Situationen am Berg. Ich hasse es. Diese Minuten wenn man im Zelt friert, es von oben wahlweise tropft oder rieselt und man sich wirklich jedes Mal fragt, wie man so dumm sein konnte es schon wieder zu tun. Immer das gleiche Programm. Da wir abends unser Kopfkissen aus unseren Klamotten so bauen, dass sie in der Reihenfolge des Anziehens liegen, finden wir uns mühelos in unserer engen Behausung zurecht, müssen morgens nicht lange rumkramen und stehen bereits nach 20Min vor dem Zelt in der eisigen Nacht. Punkt 2 auf der ToDo-Liste: Trinken. Einen Liter Tee genehmige ich mir vor jedem Start. Nun noch eine Banane oder einen Schokoriegel runterwürgen und dann ist der Motor angelassen.
Wir checken noch mal die Ausrüstung und machen uns gegen drei Uhr an die Verfolgung der Damen. Als wir das Depot am Gletscherrand erreichen (40Min), gehen Cesar und die Mädels gerade los. Auch wir trinken noch mal etwas, ziehen Gurt und Steigeisen an und richten das Seil. Zischend landet der erste Pickelschlag im Eis. Eine kurze Steilstufe muss am aperen Gletscher überwunden werden, dann leiten einfache Firnhänge in den Sattel zwischen Huandoy und Pisco (1h). Etliche Spalten müssen umgangen bzw. überwunden werden. Das Gelände ist hier nicht schwierig, aber auch nicht ungefährlich. Oberhalb des ca. 5200m hohen Sattels beginnt es langsam zu dämmern. Die Route wird wieder etwas spannender. Zwischen einigen Seracs müssen immer wieder kurze Aufschwünge passiert werden, wobei die Schlüsselstelle auf 60Hm eine Neigung von 50° aufweist. Ein Sturz ist hier strengstens verboten, sonst geht’s geradewegs in eine Riesenspalte und damit in direkter Linie zu Ötzi. Wir überwinden die Passage problemlos am kurzen Seil. Linkerhand ist mittlerweile die Sicht frei zum Artesonraju und zu weiteren bekannten Fünf- und Sechsttausendern. Es ist an der Zeit die Tour trotz der Anstrengung zu genießen. Wenig unterhalb des Gipfels treffen wir auf die Mädels. Für Susanne ist es der erste große Berg. Wir sind alle stolz, denn wir wissen, dass uns der Berg heute nicht mehr zu nehmen ist. Es sind noch 30Min Firnspaziergang, zuletzt ein flacher Grat bis zum breiten Gipfel. Dann stehen wir oben in 5752m Höhe (gesamt 5,5h), es ist windstill und sonnig. Die Aussicht ist kaum zu überbieten.
Wir blicken hinüber zum viergipfligen Huandoy, ein irrer Zapfen. Im Norden stehen Caraz I und II, Santa Cruz, Artesonraju, Quitaraju und Alpamayo. Vis-à-vis guckt der Chacraraju auf uns herab, der schwierigste 6000er der Anden, daneben der formschöne Yanapacha. Und im Süden liegt mit dem Huasacaran Sur, Norte und dem Chopicalqui das höchste Massiv der Cordillera Blanca. Ja, der Pisco ist zurecht gerühmt als schönster Aussichtspunkt in Peru und wir werden dieses Gipfelerlebnis sicher nicht so schnell vergessen, besonders, da wir nun endlich alle gemeinsam und gesund oben stehen.
Der Abstieg zum Moränenlager vergeht wie im Flug und nach einem stärkenden Mittagessen räumen wir die Zelte zusammen. Leider müssen wir auch runter in Basislager, was uns einen weiteren Besuch unserer heißt geliebten Moräne einbringt. Als wir das Ende der Kette und damit den Höhenrücken erreichen fällt die letzte Anspannung und wir genehmigen uns Kaffee und Bier aus der Hütte (WS+, T4, 1050Hm Aufstieg, 1350Hm Abstieg, 10h).
Dienstag, 16.08.2016: Basislager – Laguna 69 – Cebollapampa – Huaraz
Für den letzten Tag haben wir uns mit dem Besuch der Laguna 69 noch ein kleines Highlight aufgespart. Dazu ein paar Erfahrungen: Die Laguna 69 ist ein beliebter Tagesausflug von Huaraz. Alle Agenturen haben die Wanderung im Programm. Meist startet man zwischen fünf und sechs Uhr morgens, fährt nach Cebollapampa und hat dann 7-8h Zeit für die Wanderung. Ein normaler Tourist wird ohne Akklimatisierung ca. 6h reine Gehzeit benötigen (3,5h rauf, 2,5h runter). Die teils vorgeschlagene Rundwanderung über Laguna 69 und Pisco Basislager braucht sicher 8h reine Gehzeit und ist von Nicht-Akklimatisierten als Tagestour kaum zu schaffen.
Wir haben in sehr zügigem Tempo vom Basislager 3h (T3+) zur Lagune gebraucht, allerdings mit 45Min Pause. Der Weg ist vom Refugio Peru zunächst durchgehend mit Steinmännern markiert. Nach Durchqueren der Moräne (Hurra) windet sich der Pfad ca. 300Hm auf eine Schulter zu einem markanten Block (1,25h), an dem man herrlich bouldern kann. Weiter geht es nun offensichtlich in welligem Profil bis zum höchsten Punkt des Übergangs (20Min). Über einen guten Weg, der auch mit Holzpfählen gekennzeichnet ist, erreicht man schließlich die Menschenmassen an der Laguna 69 (40Min). Während die feigen Jungs eine Cola am Ufer genießen, beweisen die Damen Mut und wagen sich immerhin teilweise in die eisigen Fluten. Für den Rückweg ins Tal brauchen wir dann noch mal 1,5h, T2. Kurz vor Cebollapampa entwickle ich eine diebische Schadenfreude, schließlich muss man als Tagestourist noch mal 50Hm hoch zur eingangs erwähnte Kehre, während wir ja (dachte ich) zurück nach Yurac Corral und damit bergab laufen. Weit gefehlt, denn kurz vor dem Anstieg kommt uns ein freudestrahlender Emilio entgegen, der uns sagt, dass wir „nur“ bis zur Kehre laufen müssen. Eigentor, hurra. Dennoch haben auch diese 50Hm schnell einen Haken hinten dran und mein Rucksack fällt wie ich schnörkellos in den Bus. 5Min später bin ich eingedöst und träume vielleicht schon vom Tocllaraju (6034 hm) (T3+, 500Hm Aufstieg, 1300Hm Abstieg, 4,5h).
Die Besteigung des 5752m hohen Pisco (Nevado Pisco Oeste) war uns von vornherein ein besonderes Anliegen, gilt der Gipfel doch als schönster Aussichtspunkt in der Cordillera Blanca. Kombiniert man die Tour mit einem Trekking zur Laguna 69, kommt man zusätzlich in den Genuss eine der sehenswertesten Lagunen zu besuchen, wobei man letzteres allerdings mit Unmengen von Tagestouristen teilen muss. Ursprünglich hatten wir vor die Runde umgekehrt zu gehen. Da aber Benni und Susi krankheitsbedingt auf den

Ausgangspunkt ist das auch ohne Wandern äußerst sehenswerte Llanganuco-Tal im Nationalpark Huascaran. Die Lagunen bilden für uns heute den Endpunkt der Straße, die sich weiter über einen 4800m hohen Pass in Richtung Regenwald windet. In Yurac Corral verlassen wir unser Luxusgefährt, das uns in den letzten 3h hier herauf gebracht hat. Von Huaraz fährt man zunächst gut 50km (1h) nach Norden und biegt in Yungay nach rechts in die Kordillere ab. Über eine mäßige Schotterpiste zuckelt man schließlich noch mal gute 1000m in die Höhe. Der obligate Stopp an der Nationalpark-Grenze wird wie üblich genutzt um – höchst wichtig – Passport-Nummer und auch sonst alle Daten weiterzugeben und das Ticket kontrollieren zu lassen. Unterdessen bleibt der Motor vom Bus natürlich laufen, schließlich wäre es reine Zeitverschwendung, diesen für 10min extra abzustellen. Vielleicht erklärt mal irgendwann jemand den Busfahrern was ein Nationalpark bedeutet? Während des Abladens vom Gepäck ändert sich das natürlich auch nicht, sodass wir noch mit einer großen schwarzen Dieselwolke verwöhnt werden, ehe wir noch ein ausgiebiges Fressgelage starten. Was wir nicht haben müssen wir ja auch nicht tragen, zumindest nun nicht mehr auf dem Rücken. Für den ersten Tag haben wir einen Esel - ab dem Basislager wird unser treuer Träger Emilio unsere schweren Lasten übernehmen.
Endlich geht es los und wir marschieren in Richtung Cebollapampa, wo bei Km 77 in einer Kehre der gewöhnliche Ausgangspunkt liegt. Nach Überqueren des Flusses wenden wir uns nach links und gewinnen auf den Serpentinen im trockenen Gras schnell an Höhe. Nach einer Stunde stehen wir auf dem Moränenkamm, den wir nun bis kurz vor das Basislager verfolgen. Das Gelände erlaubt jedem sein eigenes Tempo zu gehen, sodass wir diesen Tag heute individuell genießen können. Naturgemäß werden die Aussichten immer spektakulärer je höher wir kommen, besonders hinter uns beeindruckt das Dreigestirn des Huascaran (Sur, Norte, Chopicalqui). Nach 2,5h erreichen wir schließlich das Basislager des Pisco, 50Hm unterhalb des Refugio Peru gelegen.
Teil zwei der täglichen Routine beginnt. Laufen – Zelt aufbauen – Kochen – Essen – Schlafen. An diesen Rhythmus gewöhnt man sich schnell, die Bedürfnisse reduzieren sich auf ein Minimum und dennoch verspüren wir maximalen Genuss, wenn das (meist recht dürftige) Essen endlich fertig ist. Wir statten dem Refugio noch einen Besuch ab, trinken eine heiße Schoki und machen uns dann ans Kochen. Abends gibt’s dann einen ordentlichen Graupelschauer und wir beschließen den Tag mit dem Singen von Weihnachtsliedern, ist sicher der Höhenkoller (T2, 950Hm Aufstieg, 50Hm Abstieg, 3h).
Sonntag. 14.08.2016: Basislager – Moränenlager
Es ist Sonntag und da soll man bekanntlich ruhen. Machen wir auch, denn heute steht nur ein kleiner Spaziergang auf dem Programm. Vom 4600m hohen Basislager verlegen wir ins 300m höhere Moränenlager. Klingt geradezu putzig. Alle Freunde der gepflegten Selbstkasteiung kommen dennoch auf ihre Kosten. Denn zwischen Lager 1 und 2 liegt die Traverse eines Gletschers bzw. seinen Hinterlassenschaften, denn der Gletscher ist bereits abgeschmolzen. Die Ausmaße der Cordillera Blanca werden uns heute eindrucksvoll vor Augen geführt.
Als Warm-up genießen wir den Aufstieg auf die Seitenmoräne und staunen nicht schlecht, als wir die weitere Wegführung einsehen können. Eine sandige Steilrinne, durch eine lose baumelnde Kette etwas entschärft, zieht hart steinschlaggefährdet nach unten, wobei gut 50Hm im explosiven Bereich liegen. Würde in den Alpen kein Mensch gehen. Dagegen scheint das Grand Couloir am Montblanc ein idealer Biwakplatz zu sein. Mit mulmigem Gefühl steigen wir einer nach dem andern runter und setzen dabei so gut es geht auf die Geschwindigkeitskarte. Weiter führt die Route nun über mehrere Hügel in der Grundmoräne, von denen einer beschließt unter meinem Gewicht nachzugeben und seine tonnenschweren Blöcke nach uns zu schmeißen. Benni bleibt wie angewurzelt stehen und ich hechte mit einem beherzten Sprung nach vorne. Was ist denn hier los? Wir wollen dem Berg ja nix Böses.
Sichtlich genervt kommen wir nach gut 2h im Moränenlager an und bräuchten nun dringend einen Schnaps, der ist aber in Huaraz gelieben. Folglich begnügen wir uns mit Unmengen an Coca-Tee, Suppe und Pasta mit Thunfisch-Einlage. Vorher schauen wir uns noch Einstieg in den Gletscher an, und wandern dafür 150Hm über schöne Gletscherschliffplatten bergan. Wir deponieren einen Teil der Ausrüstung und machen uns an den Rückweg. Kaum aufgestanden geht’s auch schon wieder in die Horizontale, denn heute Nacht um zwei Uhr ist Wecken (T4, 600Hm Aufstieg, 300Hm Abstieg, 3h).
Montag, 15.08.2016: Moränenlager – Pisco – Moränenlager – Basislager
Gegen halb zwei beginnt das große Rascheln. Cesar, unser Guide, weckt zunächst die Mädels. Da sie zum ersten Mal auf Expedition sind, muss die Zelt-Routine noch ein wenig gedeihen, so dass Benni und ich noch eine halbe Stunde länger auf der faulen Haut liegen können. Der Moment des Aufstehens bekommt definitiv einen Platz in der Hall of Fame der bescheidensten Situationen am Berg. Ich hasse es. Diese Minuten wenn man im Zelt friert, es von oben wahlweise tropft oder rieselt und man sich wirklich jedes Mal fragt, wie man so dumm sein konnte es schon wieder zu tun. Immer das gleiche Programm. Da wir abends unser Kopfkissen aus unseren Klamotten so bauen, dass sie in der Reihenfolge des Anziehens liegen, finden wir uns mühelos in unserer engen Behausung zurecht, müssen morgens nicht lange rumkramen und stehen bereits nach 20Min vor dem Zelt in der eisigen Nacht. Punkt 2 auf der ToDo-Liste: Trinken. Einen Liter Tee genehmige ich mir vor jedem Start. Nun noch eine Banane oder einen Schokoriegel runterwürgen und dann ist der Motor angelassen.
Wir checken noch mal die Ausrüstung und machen uns gegen drei Uhr an die Verfolgung der Damen. Als wir das Depot am Gletscherrand erreichen (40Min), gehen Cesar und die Mädels gerade los. Auch wir trinken noch mal etwas, ziehen Gurt und Steigeisen an und richten das Seil. Zischend landet der erste Pickelschlag im Eis. Eine kurze Steilstufe muss am aperen Gletscher überwunden werden, dann leiten einfache Firnhänge in den Sattel zwischen Huandoy und Pisco (1h). Etliche Spalten müssen umgangen bzw. überwunden werden. Das Gelände ist hier nicht schwierig, aber auch nicht ungefährlich. Oberhalb des ca. 5200m hohen Sattels beginnt es langsam zu dämmern. Die Route wird wieder etwas spannender. Zwischen einigen Seracs müssen immer wieder kurze Aufschwünge passiert werden, wobei die Schlüsselstelle auf 60Hm eine Neigung von 50° aufweist. Ein Sturz ist hier strengstens verboten, sonst geht’s geradewegs in eine Riesenspalte und damit in direkter Linie zu Ötzi. Wir überwinden die Passage problemlos am kurzen Seil. Linkerhand ist mittlerweile die Sicht frei zum Artesonraju und zu weiteren bekannten Fünf- und Sechsttausendern. Es ist an der Zeit die Tour trotz der Anstrengung zu genießen. Wenig unterhalb des Gipfels treffen wir auf die Mädels. Für Susanne ist es der erste große Berg. Wir sind alle stolz, denn wir wissen, dass uns der Berg heute nicht mehr zu nehmen ist. Es sind noch 30Min Firnspaziergang, zuletzt ein flacher Grat bis zum breiten Gipfel. Dann stehen wir oben in 5752m Höhe (gesamt 5,5h), es ist windstill und sonnig. Die Aussicht ist kaum zu überbieten.
Wir blicken hinüber zum viergipfligen Huandoy, ein irrer Zapfen. Im Norden stehen Caraz I und II, Santa Cruz, Artesonraju, Quitaraju und Alpamayo. Vis-à-vis guckt der Chacraraju auf uns herab, der schwierigste 6000er der Anden, daneben der formschöne Yanapacha. Und im Süden liegt mit dem Huasacaran Sur, Norte und dem Chopicalqui das höchste Massiv der Cordillera Blanca. Ja, der Pisco ist zurecht gerühmt als schönster Aussichtspunkt in Peru und wir werden dieses Gipfelerlebnis sicher nicht so schnell vergessen, besonders, da wir nun endlich alle gemeinsam und gesund oben stehen.
Der Abstieg zum Moränenlager vergeht wie im Flug und nach einem stärkenden Mittagessen räumen wir die Zelte zusammen. Leider müssen wir auch runter in Basislager, was uns einen weiteren Besuch unserer heißt geliebten Moräne einbringt. Als wir das Ende der Kette und damit den Höhenrücken erreichen fällt die letzte Anspannung und wir genehmigen uns Kaffee und Bier aus der Hütte (WS+, T4, 1050Hm Aufstieg, 1350Hm Abstieg, 10h).
Dienstag, 16.08.2016: Basislager – Laguna 69 – Cebollapampa – Huaraz
Für den letzten Tag haben wir uns mit dem Besuch der Laguna 69 noch ein kleines Highlight aufgespart. Dazu ein paar Erfahrungen: Die Laguna 69 ist ein beliebter Tagesausflug von Huaraz. Alle Agenturen haben die Wanderung im Programm. Meist startet man zwischen fünf und sechs Uhr morgens, fährt nach Cebollapampa und hat dann 7-8h Zeit für die Wanderung. Ein normaler Tourist wird ohne Akklimatisierung ca. 6h reine Gehzeit benötigen (3,5h rauf, 2,5h runter). Die teils vorgeschlagene Rundwanderung über Laguna 69 und Pisco Basislager braucht sicher 8h reine Gehzeit und ist von Nicht-Akklimatisierten als Tagestour kaum zu schaffen.
Wir haben in sehr zügigem Tempo vom Basislager 3h (T3+) zur Lagune gebraucht, allerdings mit 45Min Pause. Der Weg ist vom Refugio Peru zunächst durchgehend mit Steinmännern markiert. Nach Durchqueren der Moräne (Hurra) windet sich der Pfad ca. 300Hm auf eine Schulter zu einem markanten Block (1,25h), an dem man herrlich bouldern kann. Weiter geht es nun offensichtlich in welligem Profil bis zum höchsten Punkt des Übergangs (20Min). Über einen guten Weg, der auch mit Holzpfählen gekennzeichnet ist, erreicht man schließlich die Menschenmassen an der Laguna 69 (40Min). Während die feigen Jungs eine Cola am Ufer genießen, beweisen die Damen Mut und wagen sich immerhin teilweise in die eisigen Fluten. Für den Rückweg ins Tal brauchen wir dann noch mal 1,5h, T2. Kurz vor Cebollapampa entwickle ich eine diebische Schadenfreude, schließlich muss man als Tagestourist noch mal 50Hm hoch zur eingangs erwähnte Kehre, während wir ja (dachte ich) zurück nach Yurac Corral und damit bergab laufen. Weit gefehlt, denn kurz vor dem Anstieg kommt uns ein freudestrahlender Emilio entgegen, der uns sagt, dass wir „nur“ bis zur Kehre laufen müssen. Eigentor, hurra. Dennoch haben auch diese 50Hm schnell einen Haken hinten dran und mein Rucksack fällt wie ich schnörkellos in den Bus. 5Min später bin ich eingedöst und träume vielleicht schon vom Tocllaraju (6034 hm) (T3+, 500Hm Aufstieg, 1300Hm Abstieg, 4,5h).
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