Gross Leckihorn 3068m, Stellibodenhorn 2988m, Rottällihorn 2913m


Publiziert von Bombo , 30. Januar 2009 um 00:35.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:29 Januar 2009
Ski Schwierigkeit: WS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR   CH-VS   Gruppo Pizzo Rotondo 
Aufstieg: 1700 m
Abstieg: 1700 m
Strecke:Realp - Rotondohütte (Übernachtung) - Gross Leckihorn - Stellibodenhorn - Rottällihorn (Vorgipfel) - Nordabfahrt vom Rottällipass via Stelliboden, Ober Chäseren und zurück nach Realp
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Andermatt - Realp
Unterkunftmöglichkeiten:Rotondohütte SAC 2570m --> Uebernachtung ohne Essen Fr. 20.00 (SAC-Mitglied), Hotels in Realp
Kartennummer:LK 1:50'000, Bl 255 S "Sustenpass" sowie Bl 265 S "Nufenenpass"

"Sunrise @ Gross Leckihorn"


Inspiriert durch die Sunrise-Tour von Schlumpf wusste ich schon seit einigen Tagen, wohin es mich führen wird, wenn die Bedingungen dazu die richtigen sind. Nachdem ich dann vorgestern auch noch den Film "Into the wild" schaute, wusste ich, heute war es soweit: Sonne und Pulver pur, praktisch kein Wind, Sternenhimmel - das waren die Prognosen. Und die Wetterfrösche hielten ihr Wort.

Im Unterschied zu Schlumpf wählte ich eher die "Soft-Version", sprich, ich wollte nicht mitten in der Nacht zu Hause abfahren und die ganze Tour am Stück meistern sondern direkt aus dem Gebiet heraus starten. Die Rotondohütte der SAC-Sektion Lägern (Gruss an Simon) bildet dazu das richtige "Basislager". Da ich schon lange einmal die Erfahrung einer Nacht-Skitour im Alleingang machen wollte, konnte ich auch dieses Ziel gleich in die Tat umsetzen.

Stirnlampe an und Start kurz vor 21.00 Uhr in Realp. Tausende von Sternen schmückten den Himmel, den Vollmond oder meinetwegen auch Halbmond konnte ich mir nur wünschen. Entlang den Bahngleisen der Furka-Dampfbahn, über die Brücke und auf der Strasse hoch richtung Vorder Schweig, wo die Skispur die Strasse verlässt und sich immer entlang der Wittenwasserenreuss zieht. Schon bald sieht man die erste Hüttenweg-Markierung (es gibt insgesamt 33 solche Markierungswegweiser, Nr. 1 steht bei der Rotondohütte. Achtung Psychologie: Zwischen den Stangen herrschen Abstände zw. 70 und 350 Meter - nicht zu viel und zu schnell Luft rauslassen beim Aufstieg... die Markierungen reflektieren nicht im Licht der Stirnlampe, ebenso weisen einige Markierungen keine Nummerierungen auf. Mitzählen ist somit erlaubt). Bei Ober Chäseren weiterhin dem Bach (südlich) folgen und nicht rechts abbiegen. Dies würde zum Rottälligrat führen, was in der Nacht alles andere als empfehlenswert wäre). Bei Oberstafel 2221m gehts nun rechts (westlich) den Rücken hinauf, immer den Markierungswegweiser folgend. Die Hütte will und will nicht kommen, doch da, plötzlich, ein schwach auftretendes Licht mitten im Gelände. Endlich. Ankunft um 23.35 Uhr in der Rotondohütte - für meine Verhältnisse eigentlich viel zu schnell, da ich aber wusste, dass hier Endstation des heutigen Tages ist, konnte ich entsprechend einen Zacken zulegen. Zumal hat mich Schlumpf per SMS noch vom Wittenwasserengeist gewarnt, diesem wollte ich keineswegs begegnen :-)

Die von Christoph und Eva hervorragend gewartete Hütte schlief bereits und mein zum Voraus reserviertes Einzelzimmer war still und kalt. Einzig ein paar französische Schnarchnasen fällten im Nebenzimmer lauthals ihre Bäume - mich kümmerte das wenig, denn ich war froh, dass ich meine erste Solo-Nacht-Skitour erfolgreich hinter mich brachte.

Tagwache um 05.45 Uhr und ohne Frühstück kurz nach 6 Uhr raus in die Kälte. Noch immer funkelten die Sterne und irgendwie fehlte schon wieder der Mond. Obwohl Sputnik mir das mal zu erklären versuchte, ich glaube, ich hab's immer noch nicht kapiert... Direkt vor der Hütte begegnete ich dann tatsächlich noch einer Art Wittenwasserengeist, beim genauen Betrachten jedoch waren es 2 in einer Schneegrube schlafende Soldaten, welche GARANTIERT nicht freiwillig neben der warmen Hütte hier im kalten Nass ihre Stunden vollbrachten. Sorry, dass ich Euch mit meiner Stirnlampe aufgeweckt habe, aber ich vermute, ihr habt sowieso nicht geschlafen..

Die Aufstiegsroute zum Leckipass ist einfach: immer den Südflanken des Rottälligrates entlang und nie links abbiegen (Aufstiegsspur Witenwasserenstock). Kurz vor dem Leckipass hatte es heute noch eine Spur rechts hinauf, diese würde auf den Rottällipass führen. Oben beim Leckipass 2892m angekommen, erfreute ich mich bereits ab dem ersten Dämmerungslicht im Osten. Mir blieben noch ca. 3/4 Stunden bis Sonnenaufgang, genug Zeit, um die Stimmung zu geniessen. Auf dem Leckipass hat man nun die Wahl, ob man bereits hier das Skidepot errichten möchte oder dann nach einer Querung der Nordostflanke des Gross Leckihorn oben am Fusse des Grates. Ich wählte letztere Lösung und spurte vorsichtig (SLF: mässig - erheblich) die Flanke hoch. Von diesem Skidepot könnte man auch ganz gut westwärts herunterfahren und dann hoch richtung Muttenpass steigen (z.B. für eine anschliessende Besteigung des Witenwasserenstock oder Pizzo Pesciora).

Mit Steigeisen im Rucksack und dem Pickel in der Hand stieg ich auf dem Nordgrat richtung Gipfel. Die Trittspuren aus den vergangen Tagen waren in einem schlechten Zustand bzw. verblasen oder vertreten. So dauerte dieser Aufstieg ein wenig, jedoch hatte ich es noch immer nicht eilig. Ca. 15 Min. war ich "zu früh" auf dem Gipfel des Gross Leckihorn 3068m angekommen. Genügend Zeit also, um die Dämmerung mit ihren blau-violetten Farben zu geniessen.

Da mir beim Warten auf das grosse Ereignis ständig der Song "Sunrise" von Norah Jonas nachlief, setze ich hier für die interaktiven Fans unter Euch ausnahmsweise den Link zum Song, sodass vielleich auch Ihr ein wenig Hühnerhaut bekomnmt :-) (man braucht sich NICHT zu registieren, einfach Fenster wegklicken).

Kurz nach 08.00 Uhr war's dann soweit, die ersten Felsriesen im Berner Oberland, später dann die Urner Giganten, wurden vom Gold der Sonne verwöhnt. Schade, dass die Sonne exakt hinter dem Gipfelfelsen des Gross Leckihorns aufging, so war alles in der Sonne, nur ich und das Gipfelkreuz nicht. Die Stimmung nichts desto trotz umwerfend schön - ich hoffe, ich kann Euch mit den Fotos ebenfalls begeistern.

Nach ca. 30 oder 40 Minuten auf dem Gipfel machte ich mich auf den vorsichtigen Abstieg, dieses Mal jedoch mit den Steigeisen an den Schuhen. Mit den Skis dann vom Skidepot über die pulvrige Nordostflanke zum Leckipass runter und diese dort an den Rucksack gebunden und ohne Steigeisen auf dem Südgrat hoch zum Stellibodenhorn 2988m. So wie es aussieht, bin ich sogar noch fast auf die "Alaska Bar" - eine militärische Notunterkunft aus dem 2. Weltkrieg" - gestanden, kein Wunder, wenn sogar das Wellblechdach der Unterkunft fast eingeschneit ist...

Beim Stellibodenhorn ausgiebig die Sonne und die Ruhe genossen, zumindest so lang, bis sich die französischen Schnarchnasen auf dem Leckipass bemerkbar machten. Interessant zuzuschauen, wie der Anführer dieser Gruppe beim Traversieren auf den Muttengletscher vorbildlich Entlastungsabstände anordnete, der zweite und dritte diese auch eingehalten haben und ab dem 4. der Gruppe nur noch ein "Tohuwabohu" herrschte...

Da ich heute noch das Rottällihorn als weiteres Gipfelziel ins Auge gefasst hatte, liess ich die Skis gleich am Rucksack und stieg den Nordostgrat vom Stellibodenhorn mit Steigeisen herunter bis zum Rottällipass. Da der Gipfel nur noch ein paar Fusstritte entfernt liegt, errichtete ich auf dem Pass mein Ski- und Rucksackdepot und stand schon wenige Minuten später beim Steinmann des Rottällihorn P2913. Der richtige Gipfel liegt noch weiter nordwestlich und natürlich wollte ich auch diesen versuchen, zumal ich im Vorfeld beim Touren-Studium keine einzige Information gefunden habe, wo jemand diesen Hauptgipfel bestiegen hatte. Doch auch ich musste schnell einmal merken, dass ich hier ohne Seilsicherung auf der unverspurten, ausgesetzten und teilweise abschüssigen Unterlage keinen Schritt weiter mehr mache. Rechts umkehrt und zurück zum Steinmann und anschliessend zum Materialdepot auf dem Rottällipass, wo ich nochmals ausgiebig die Sonne genoss.

Als Abfahrt gönnte ich mir einen besonderen Leckerbissen: der namenlose noch unverspurte Firnhang nördlich des Rottällipasses. Ich wusste, dass die Traversierung zum Stelliboden nach der Firnabfahrt mühsam werden könnte, doch wollte ich mir dieses Pulver-Geschenk nicht entgehen lassen. Der Einstieg, um auf das Firnfeld zu gelangen, befindet sich am Ende des Nordostgrates des Stellibodenhorns - es sieht von weitem schwieriger aus als es in Wirklichkeit ist. Was nachher folgte, das lässt sich nur noch mit den Fotos erklären :-) Die Realisation eines Pulver-Traumes wie im Bilderbuche - einfach göttlich.

Beim Nordostsporn des Rottällihorn sollte man wahrsch. relativ früh rechts hochhalten - ich liess es natürlich "weiter tschäddere" und wurde dafür bei der anschliessenden Traversierung nach Nordosten mit 2 kurzen Gegenanstiegen bestraft (ohne Felle). Schon bald geht's dann wieder im stiebenden Pulver weiter zur völlig eingeschneiten Hütte beim Stelliboden 2209m. Hier hat es einige Aufstiegsspuren zum Rottälligrat, welche sich bestens anbieten, um zügig nach Ober Chäseren zu düsen. Hier weiter auf der zu Beginn beschriebenen Aufstiegsroute nach Realp. Mühsam übrigens der Gegenanstieg von der Brücke bei Hinter Schweig richtung Vorder Schweig - die Muskeln sind doch auch nicht mehr so jung wie auch schon... Das kräfteraubende Stöckeln am Schluss der Route entlang den Bahngleisen spürt man schon fast nicht mehr - der Schmerzgedanke scheint bereits seinen Geist aufgegeben zu haben...

Krönender Abschluss bildete ein hervorragendes Menü im Restaurant / Hotel "Des Alpes", welches ich bestens empfehlen kann.

Fazit: eine unvergessliche Nacht-Solo-Tour mit einem Sonnenaufgang, welcher all die Strapazen der Müdigkeit und Kälte in Vergessenheit bringt.


SLF: mässig - erheblich

Tour im Alleingang.




Route Nr. 13, 193 & 194 - Alpine Skitouren Zentralschweiz-Tessin - Willy Auf der Maur



Tourengänger: Bombo


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Kommentare (8)


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ju_wi hat gesagt: Super Bericht
Gesendet am 30. Januar 2009 um 08:01
Hi Bombo,
klasse Fotos (wie immer) und auch ein sehr schön zu lesender Bericht.

Grüße, Jürgen

Bombo hat gesagt: RE:Super Bericht
Gesendet am 30. Januar 2009 um 19:50
Salü Jürgen,

Danke Dir, wie bei Deinen Berichten :-)

Gruss
Dominik

Naesi hat gesagt: So geil!!!
Gesendet am 30. Januar 2009 um 13:03
Hey Dominik, das is ja der Hammer! Die Tour würd' ich auch mal gerne machen... Gratulation!! Ist nämlich gar nid ohne, das Witenwasserental *ächz*ist's-noch-weit?*ächz* Nat

Bombo hat gesagt: RE:So geil!!!
Gesendet am 30. Januar 2009 um 19:51
Salutti Naesi

S'nächscht Mal muesch ebe mitcho, denn chömmer zäme dä Wittenwasserengeischt vertriebe :-) Ja Du, das cheibe Tal wott und wott keis Endi näh - aber i dä Dunkelheit isch das na ganz gäbig, denn weisch nie, wie wiit dass es na isch :-)

Burro hat gesagt: Traumhaft!!!
Gesendet am 30. Januar 2009 um 13:22
Herzliche Gratulation zu dieser Traumtour!!! Wieder einmal mehr super Fotos und unterhaltsamer Bericht! Ich bin mit Grippe ans Bett gebunden :-(, da kommen solche Bericht gerade Recht - etwas Aufheiterung ...

Bombo hat gesagt: RE:Traumhaft!!!
Gesendet am 30. Januar 2009 um 19:52
Salve Burro

Merci Dir - han bim Rottällipass na a Dich denkt - das wär au en Abfahrt für Dich gsi :-) Morn gats uf dä Staldefirn - aber dä kännsch ja scho. Wünsche Dir gueti Besserig und baldigi Genesig - nächscht Wuche bisch wieder fit wie en Turnschueh! :-)

Gruess, D.

Fenek hat gesagt: diese Tour....
Gesendet am 31. Januar 2009 um 10:33
......ist wahrlich ein Genuss und mit deinen Bildern schon ein Traum. Ich gratuliere dir herzlich dazu!


Bombo hat gesagt: RE:diese Tour....
Gesendet am 31. Januar 2009 um 18:30
Danke Dir Fenek und danke auch für den im Voraus gegebenen Tip :-) Muss sagen, in dieser Kombination, allenfalls wäre der Rottälligrat auch eine super Option gewesen, ist dies garantiert eine Traumtour.

Gruss, Dominik


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