Namibias Welt der Sanddünen


Publiziert von Delta Pro , 30. Juni 2017 um 17:39.

Region: Welt » Namibia
Tour Datum:23 Mai 2005
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: NAM 
Zeitbedarf: 2:00
Aufstieg: 200 m

Ein Erlebnisbericht aus den wunderschönen Sanddünen der Namib - ein Ort mit viel Magie

Als erstes besuchen wir den Sesriem Canyon. In seinen schattigen Tiefen liegt nach einem Regenfall noch jahrelang Wasser. Mit „sechs Riemen“, Sesriem, liess sich dieses an die Oberfläche befördern. Der Tsaochab hat sich rund zwanzig Meter tief in seine eigenen, verfestigten Ablagerungen aus Sand und gröberen Steinen geschnitten. Die Schlucht im nagelfluhähnlichen Gestein ist an der Oberfläche stellenweise nur einen halben Meter breit, so dass man einen Schritt über den Abgrund wagen kann. Unten weitet sich das Kunstwerk der Erosion manchmal zu Hohlräumen, die mehrere Dutzend Meter breit sind. Unzählige Vögel finden dort ihre Nistplätze. Ein ohrenbetäubendes Geflatter und Gezwitscher ertönt in den dunklen Tiefen.  Wir finden eine Stelle, an der wir in die Tiefe klettern können. Am Schluss landen wir mit einem Sprung im feinen Sand am Boden des Einschnittes. In der Dunkelheit, die nur vom Licht erhellt wird, das durch den winzigen, gewundenen Spalt über uns dringt, schlendern wir bis zu einem See. Natürliches Wasser mitten in der Wüste! Es sieht jedoch schon entsprechend alt und verkeimt aus und wir verzichten darauf, ein Bad zu nehmen. Die Felswände sind vom Wasser zu bizarren Formen und Skulpturen geformt. Das fahle Sonnenlicht, das den Grund des Canyons nie erreicht, färbt sie rötlich. Schliesslich weitet sich die Schlucht. Kameldornbäume klammern sich in die felsigen Flanken und ziehen mit ihren langen Wurzeln Wasser aus dem sandigen Boden. In einer Seitenschlucht ist ein Weg für Touristen angelegt. Man hätte den Boden der Schlucht also auch einfacher erreichen, als wir es getan haben.

Die Strasse zu den Dünen ist asphaltiert, oder sagen wir, sie war es einmal. Jetzt ist der Belag übersäht mit Schlaglöchern, die teilweise bedenkliche Ausmasse erreichen. Die scharfen Kanten der sich auflösenden Strassenbefestigung tut den Reifen wohl gar nicht gut. Nach fünfzig Kilometern geht es nur noch mit dem Vierradantrieb weiter. Die Landschaft ist fantastisch! Wir befinden uns in der breiten Ebene, in die sich der Tsauchab ergiessen kann. Vor einigen Jahrhunderten hat der Fluss das Meer erreicht. Jetzt haben ihm Dünen, die bis in den Himmel reichen, den Weg versperrt. Die Fluten sammeln sich im Dünenkessel. Die feinen Schwebstoffe und Salze, die das Wasser mit sich führt, lagern sich am Seegrund ab und verhindern ein Versickern der Fluten im Sand. So können sie jahrelang liegen bleiben, bis die heisse Sonne alle Feuchtigkeit verdunstet hat. Im Boden bleibt sie allerdings zurück, weshalb die Ebene von einzelnen Kameldornbäumen bedeckt ist.  Es ist drückend heiss. Wir wagen uns gar nicht vorzustellen, wie es im Sommer in diesem Backofen ist.

Die Kameras gut verpackt in staubdichten Plastiksäcken ziehen wir los in die Wüste hinein. Der Sand ist rostrot und so heiss, dass wir es gar nicht versuchen, barfuss zu gehen. Das wäre sowieso nicht ratsam, da es überall versteckte Dornen und Ästchen gibt. Auch in der trockensten und heissesten Sandhölle wachsen vereinzelte Gräser und Büsche. Zwischen dem roten Sand kommt hier und da eine helle Felsschicht zum Vorschein. Es sind aus ehemaligen Seen ausgefallene Salze, die vom Sand erst teilweise überdeckt wurden. Auf allen Seiten ragen die Dünenkämme in die Höhe. Der Schwung ihrer Kurven ist perfekter, als sie ein Maler aus seiner Phantasie aufs Blatt zaubern könnte. Alle sind rostrot, haben scharfe Grate und steile Flanken – und doch ist jede einzelne ein kleines fragiles Kunstwerk der Natur für sich. Die höchsten Dünen erheben sich bis dreihundert Meter aus der Ebene. Als wir über eine Kuppe kommen, erblicken wir das Dead Vlei, den „toten See“. Eingerahmt von den Skulpturen aus Sand breitet sich eine grosse weisse Ebene aus Salz aus. Sie ist bestanden mit unzähligen verdorrten Strünken von Kameldornbäumen. Wie im Traum wandeln wir über den weichen Sand auf das trockene „Wasser“ zu. Über dem Horizont flimmert die Luft. 

Die uralten Stämme sind von der unbarmherzigen Sonne gebleicht und mit Rissen überzogen. Ihre Äste verrenken sich noch immer in gewundenen Formen. Es gibt nicht viele Farben, aber dafür sind sie umso intensiver: Das blendende Weiss der Salzkruste, das leuchtende Rot der Dünen und das matte Azurblau des Himmelzeltes. Die Baumskelette sind Denkmale für den Kampf der Natur. Hier hat sie ihn für den Moment verloren. An einer anderen Stelle ist das Leben auf dem Vormarsch. Wir steigen auf einen Dünenkamm. Auf der Schattenseite des scharfen Grates ist der Sand kalt und hart, auf der Sonnenseite hingegen warm und weich. Bei jedem Schritt lösen unsere Füsse kleine Lawinen aus Sandkörnern aus. Nach wenigen Stunden wird der Wind unsere Spuren wieder verwischt haben und die Zerstörung, die wir damit im vollendeten Kunstwerk der Natur anrichten, wieder korrigiert haben. Wir sind nicht die einzigen Elemente der Fauna, die ihre Abdrücke im Sandmeer hinterlassen. Aus der Ferne sehen wir einen Oryx, der bedächtig durch die Einöde trottet und geduldig nach einem dürren Busch sucht, der ein wenig Nahrung hergibt. Die Dünen sind übersäht mit feinsten Spuren von Lebewesen. Auf den ersten Blick ist keine Bewegung zu sehen. Doch, wenn man genau hinsieht, erkennt man einsame Ameisen, die geschäftig auf der Suche nach Nahrung über die Sandkörner rasen. Am meisten haben es uns die Klopfkäfer angetan. Vielleicht gibt es einen wissenschaftlicheren Namen für die Viecher – doch den kenne ich nicht. Die Käfer haben einen dicken, schwarzen Panzer und sehen aus wie Dark Vader aus dem Film Star Wars. Um sich untereinander zu verständigen, klopfen sie mit ihrem harten Hintern auf den Boden, deshalb Klopfkäfer. Die meiste Zeit, verbringen sie damit, über die Dünen zu sausen. Die kleinen Tiere sind extrem flink und schnell. Wenn man rennt, kommt man ihnen nur knapp nach. Sie einzufangen ist unmöglich. Kaum hat man sie aus den Augen verloren, sind sie schon tief im schützenden Sand vergraben. Am lustigsten sieht es aber aus, wenn den Käfern auf der Flucht die Spitze eines Dünenkammes in den Weg kommt. Eine Vollbremsung ist bei dem Tempo unmöglich und so fliegen sie in sauberem Bogenwurf über die Kante und landen auf der anderen Seite wieder auf allen Sechsen.

Das Sossusvlei ist die tiefste Stelle des Kessels. Dort bleibt das Wasser am längsten liegen. Auch in diesem besonders grünen Teil der Wüste machen wir einen Spaziergang. Der ehemals schlammige Boden ist jetzt von Trockenrissen bedeckt. An einer Stelle sieht man  noch die Abdrücke von blossen Füssen eines Menschen, der tief im Morast eingesunken ist. Die ausgetrocknete Schlammebene ist von grünen Bäumen umgeben. Die Farben des Lebens bilden einen wunderschönen Kontrast zum Sand und dem Himmel. Bächlein haben sich an den Seiten des Sees winzige Täler geschaffen, die sich munter winden. Nur das Wasser fehlt. Schnaufend steigen wir auf eine hohe Düne über dem Sossusvlei. Es ist streng im tiefen Sand – zwei Schritte aufwärts, einen zurück. Nach der Sandflanke, folgt ein steiler Sandgrat. Die Landschaftsformen entsprechen exakt dem Gipfelaufstieg auf das Aletschhorn bis auf den Unterschied, dass der Schnee durch Sand ersetzt ist, also in erster Linie eine farbliche Differenz. Wir überblicken die Salzpfanne mit ihren grünen Rändern. Hinter einer Sandbarriere leuchtet das Dead Vlei. Rund um uns erstreckt sich nur das endlose Dünenmeer. Immer noch höher türmen sich die Sandmassen, als wollten sie den Himmel erreichen. Nach dem schweisstreibenden Aufstieg folgt jetzt der schöne Teil, die Abfahrt. Es braucht einige Schritte Anlauf in der steilen weichen Flanke der Düne bis wir abheben. Man stösst kräftig ab und segelt meterweit über den warmen Sand. Bei der Landung graben sich die Füsse tief in das weiche Kissen und man springt ein weiteres Mal. Mit einer unglaublichen Geschwindigkeit fliegen wir so zu Tal. Die Füsse scheinen den Boden kaum mehr zu berühren. Der Sand wird hinter uns aufgewirbelt und schliesst die Fussabdrücke sofort wieder. Es ist ein kurzer Spass, aber was für einer!  Bei Düne 45 machen wir einen letzten Halt. Das ist die Sonnenuntergangs-Düne. Leider hat sich am Horizont ein Wolkenschleier gebildet. Mit schrecklich müden Beinen kämpfen wir uns im Sand aufwärts und geniessen einen letzten Blick in das Meer aus Sand.

Tourengänger: Delta, Xinyca


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