Hausstock mit vielen Wetterwechseln und Chalchhorn-Couloir


Publiziert von danski , 1. Februar 2016 um 20:27.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:30 Januar 2016
Ski Schwierigkeit: S
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Hausstockgruppe   CH-GL   Segnas-Vorabgruppe 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 2000 m
Abstieg: 2000 m
Strecke:Wichlen - Panixerpass - Glatscher da Mer - Hausstock; Abfahrt via Chalchhorn Couloir
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Schiessplatz Wichlen

Zweifellos stellt für mich der Hausstock eine der eindrücklichsten Berggestalten in Glarus Süd dar. Bereits zweimal konnte ich auf seinem Gipfel stehen und eineinhalbmal seine grossartige NE-Flanke befahren, eine der ganz grossen Skiunternehmungen in diesem Landesteil. Zum dritten Mal sollte es "nur" die Normalroute, gewürzt mit der Abfahrt durch das Chalchhorn-Couloir sein.

Um 08:15 starten wir zu unserer ambitionierten Unternehmung. Lediglich vier weitere Autos und ein Panzer a.D. sind am Ausgangspunkt Unter Stafel, ca. 1320m parkiert. Vom Massenansturm wie am Gross, bzw. Chli Kärpf bleiben wir also verschont. Wir erhaschen einen Blick zum Hausstock, der soeben von den ersten Sonnenstrahlen ins beste Licht gerückt wird. Bis wir es ihm gleich tun können, werden noch Stunden vergehen, denn bis zum sonnigen Panixerpass müssen wir die in Eis erstarrte Schattenwelt unter dem Vorab durchschreiten. Nach wenigen Gehminuten machen wir Bekanntschaft mit einem unserer treusten Begleiter an diesem Tag, dem Wind. Je tiefer wir in das enge Tal eintauchen, desto mehr werden wir durchgeschüttelt. Die Spur unserer Vorgänger ist längst wieder zugeweht und ich male mir keine grossen Chancen für eine erfolgreiche Gipfelbesteigung aus. Doch unsere Motivation und die Aussicht auf Sonne bei der Ankunft auf dem Panixerpass hält uns am laufen. Tatsächlich nimmt der Wind beim Häxenseeli merklich ab und wir geniessen die plötzliche Stille. Kurz vor dem Pass tauschen wir die Schattenwelt gegen das Sonnenreich. Millionen Reifkristalle glitzern uns entgegen und in wenigen Kilometern erhebt sich der mächtige Hausstock in den makellos blauen Himmel. Nur schon dafür hat es sich gelohnt. Wir gönnen uns eine ausgedehnte Pause vor der Panixerpasshütte, 2404m und beobachten, wie in der Ferne eine Fünfergruppe im Zick-Zack-Kurs den Hausstock emporsteigt. Alle Zweifel sind nun beseitigt und wir peilen endgültig unser beabsichtigtes Tagesziel an. Zügig sind wir am Glatscher da Mer während die Fünfergruppe in schönen Schwüngen die Flanke herunterkurvt. Vorfreude auf die kommende Abfahrt kommt nun definitiv auf. Mit ihr leider auch ein Wetterwechsel, der uns mit kräftigem Wind und Nebel rasch die Sicht nimmt. Der steile Aufstieg in der SE-Flanke gestaltet sich recht mühsam und zieht sich hin. Die Spur ist durch die Abfahrenden arg in Mitleidenschaft gezogen und der Wind gibt ihr den Rest. Vielleicht 100HM unter dem Gipfel entscheide ich mich für eine Portage, eine meiner Liebglingsbeschäftigungen... Der Schnee ist zu Fuss vergleichsweise angenehm zu spuren und schon bald stehe ich gefolgt von meiner crew und zwei weiteren Gipfelstürmern auf dem windigen Gipfel. Die Sicht reicht in alle Himmelsrichtungen, doch die Sonne macht sich rar. Die Freude über den Gipfelerfolg ist trotzdem allen ins Gesicht geschrieben. Ein toller Berg mit Ambiente!

Abfahrt via Chalchhorn-Couloir

Wie zu erwarten, ist die Abfahrt bei diesen Verhältnissen wenig genussreich. Kaum Sicht und wechselnde Schneeverhältnisse nehmen wir als Herausforderung an. Rasch und problemlos erreichen wir bei immer noch diffuser Sicht den Glatscher da Mer. Kaum haben wir die Traverse Richtung Panixerpass mit viel Gegenwind geschafft, klärt sich der Himmel und entlässt den Hausstock aus den Nebelschwaden. Mangelte es bis jetzt an Motivation, den Wiederaufstieg zum P. 2608 in Angriff zu nehmen, ist sie nun mit der Sonne und blauem Himmel schlagartig zurück. Bevor wir die Felle aufziehen, geniessen wir eine Pause in der warmen Sonne bei völliger Windstille. Via erwähnten P. 2608, einer kurzen Abfahrt und nachfolgendem Gegenanstieg erreichen wir die Scharte P. 2542 zwischen Chli- und Gross Chalchhorn. Die Spannung ist gross, denn was würde uns auf der anderen Seite erwarten? Typisch für diesen Winter mangelt es auch hier an Schnee. Die Einfahrt ist ausgeblasen und ein Fussabstieg in brüchigem Gestein und gefrorenem Sand unausweichlich. Schnell die Steigeisen an und dann rückwärts abkletternd in die einladende Rinne. Inzwischen hat der Wind wieder an Fahrt aufgenommen und beschiesst uns mit Schneekristallen. Jetzt einfach nur aufpassen, dass die Fallwinde kein Material mitreissen. Der obere Teil des Couloirs ist bei den derzeitigen Verhältnissen über 40° steil, die sich nach und nach bei ca. 35° einpendeln. Das Ende befindet sich fast 900 Höhenmeter tiefer bei der Alp Ober Stafel auf 1675m. Ganz schön viele Höhenmeter! Trotz diffuser Sicht und kräftigen Böen ist die Abfahrt ein Genuss und der Schnee immer noch erstaunlich gut. Jedenfalls überrascht uns keine unangenehme Kruste. Aber der Hang zieht sich in die Länge. Bei Pulver wohl ein Traum! Mit Rückenwindunterstützung umfahren wir den Wannenbachfall mühelos. Nach fast 9 Stunden ist der Ausgangspunkt erreicht. Sehr zufrieden werfen wir dem mächtigen Hausstock Abschiedsblicke zu, bevor uns der immer stärker werdende Wind auch von Wichlen vertreibt. Hausstock, bei sicheren Pulver-Verhältnissen rocken wir nächstes Mal deine NE-Flanke!



Tourengänger: danski


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Kommentare (4)


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tricky hat gesagt: Cool
Gesendet am 2. Februar 2016 um 07:08
Sehr schön, gratuliere. Die NE-Flanke schon lange als Projekt

Primi59 hat gesagt:
Gesendet am 3. Februar 2016 um 16:35
Tolle Bilder und ebenso gut beschriebener Bericht. Gratulation zu dieser Leistung !

Lg
Primi

Bombo hat gesagt:
Gesendet am 5. Februar 2016 um 13:48
Gratuliere Danski, sehr schön! Mit dem Chalch-Couli habe ich auch noch eine Rechnung offen... Doch hier will ich zuerst mehr Schnee sehen...

Gruess
Bombo

danski hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Februar 2016 um 13:19
Danke! Immer wieder eine grossartige Tour, egal auf welchem Weg man auf diesen Gipfel steigt, bzw. davon abfährt... ;) Das Chalchhorn-Couloir würde sich bei sehr guten Schneeverhältnissen als eigenständige Tour anbieten.


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