Santa Cruz Trail


Publiziert von schimi , 1. März 2016 um 21:48.

Region: Welt » Peru
Tour Datum:27 August 2015
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: PE 

27.8.2015
Cashapampa, ca. 100 Kilometer von Huaraz entfernt ist der Ausgangspunkt zum fast schon berühmten Santa Cruz Trail. Die über 70 Kilometer von Huaraz bis Caraz führt die Anfahrt über die Hauptstraße 3N, welche zügig von Statten gehen. Die letzten gut 25 Kilometer führt die Strecke über eine langsam ansteigende Schotterpiste, so dass wir alles in allem fast 3 Stunden für die Anfahrtstrecke benötigen.

In Cashapampa wird das Gepäck ausgeladen und auf die Lasttiere und deren Treiber verteilt. Alle Teilnehmer der Tour kaufen noch ein letztes Mal am Kiosk die Dinge ein, auf die er in den nächsten Tagen nicht verzichten möchte, für die Kioskbesitzer ein guter Tag. Wir gehen unser Trekking unbeschwert und mit leichtem Tagesgepäck an. Zunächst wandern wir in einen engen Taleinschnitt, der optisch schon einmal ordentlich was hermacht.


Mit diesem engen Taleinschnitt beginnt der Santa Cruz Trail


Wenig steil ansteigend gehen wir durch das tief eingeschnittene Tal, immer am rechten Ufer des Wildbachs entlang, der das Leben und die Existenz für die Dorfbewohner in Cashapampa und anderer Dörfer bedeutet. Der Trail ist technisch einfach und fordert keine besondere Trittsicherheit. Stetig steigen wir weiter und eher selten werden wir von Bildmotiven aufgefordert stehen zu bleiben, um ein Foto zu machen. Die Pflanzenvielfalt ist überschaubar und die Blütezeit vieler Schönheiten ist leider schon vorbei. Einige Bromelien sehen wir in den ersten Stunden, ein Beleg dafür, dass es hier des Öfteren so feucht ist, dass diese Schmarotzer auf ihren Wirtspflanzen gut überleben können.

Am Nachmittag zieht schnell mächtige Bewölkung auf und es sieht so aus, als drohe Ungemach von oben. Wir wandern fortan unter fast komplett bedecktem Himmel. An einem schönen Platz am Rande des Bachs machen wir unsere erste Pause um uns zu stärken. Spätestens beim Versuch des ersten Hinsetzens fällt allen auf, dass viele Nutztiere vollkommen frei umherlaufen und ihre Hinterlassenschaften ein sorgloses Hinsetzen ins Gras bestrafen würden. Man wählt allseits seinen Sitzplatz mit bedacht und deshalb natürlich ebenso das Trinkwasser, welches man zu sich nehme.


Pferdeidyll

Die erste Verpflegung wurde vom Küchenteam schon zubereitet hier her gebracht, so war es schnell verteilt und auch schnell gegessen. Die Wanderstrecke am Nachmittag war etwas kürzer als der erste Teil und so erreichen wir unseren Lagerplatz bei wieder spärlicherer Bewölkung am späten Nachmittag.

Unser erster Übernachtungsplatz ist Llamacorral und liegt in einer Höhe von 3780 Meter. So sind wir im Laufe des Tages fast unmerklich doch gut 800 Höhenmeter aufgestiegen. Wir erreichen den Lagerplatz so rechtzeitig, dass es gerade noch ausreicht, sich im letzten Sonnenlicht am Fluss zu erfrischen. Wenige Minuten später wird es schon schattig und blitzschnell so kalt, dass man nach zusätzlicher Kleidung kramen muss. Es bleibt noch etwas Zeit bis zum Essen, welche die Gruppenteilnehmer auf unterschiedlichste Weise verbringen.


Am Morgen scheint schon schnell die Sonne auf unser Camp


Die Nacht war frisch, aber gerade wohl noch frostfrei. Wir wandern weiter und gewinnen nur sehr langsam an Höhe. Überhaupt hat das wandern hier einen deutlich meditativeren Touch. Es gibt deutlich weniger Abwechslung in der Landschaft und die Strecken sind weiter. Es zeigen sich die ersten 5000er und 6000er auf der linken Seite. Die sehen jetzt aber auch nicht so spektakulär aus, wie es sich anhört, sind wir doch nun auch schon über 3800 Meter hoch, ohne es optisch zu bemerken.

Körperlich merken wir es schon; unsere Leitungscrew kümmert sich herzlich wenig um ein für alle passendes Gehtempo, ganz gleich ob es sich um schwächere Teilnehmer oder um Fotografen handelt, die auch einmal einen Moment stehen bleiben möchten. Sie gehen voran nach der Devise, verlaufen kann sich hier sowieso keiner; und irgendwann kommen die hinten auch mal an.


Der Jatuncocha mit seiner herrlichen Türkisfärbung


Optische Abwechslung bietet der See Jatuncocha, er hat eine wunderbare türkisblaue Farbe und es rennen einem keine Leute durchs Bild, weil unsere Gruppe längst auf einem Kilometer verstreut ist. Oberhalb des Sees gehen wir über einen sandüberspülten fast weißen Talgrund. Eine Lawine soll hier vor ein paar Jahren alles zugeschüttet haben. So kommen wir nicht mehr ganz so gut voran, weil das gehen im Sand etwas schwerer fällt. Viel weiter hinten im Tal auf dieser endlosen Sandfläche wachsen die ersten Pionierpflanzen, es sind Lupinen, die gerade blühen.

Ganz plötzlich hat einer der Teilnehmer einen Schwächeanfall. Er bleibt erst stehen, droht dann aber fast umzukippen. Wir setzen den Guten erst einmal hin und machen uns vorne bemerkbar. Offensichtlich hat er die Warnzeichen seines Körpers wegen der Höhe nicht bemerkt oder nicht bemerken wollen. Auf jeden Fall stehen jetzt die Fotografen und Genießer mit einem Patienten im Sand. Erst durch Schreien und Pfeifen bekommen wir die Aufmerksamkeit des Bergführers. Als er bei uns eingetroffen ist, wird das Gepäck des Patienten verteilt und so kann er dann nach der kleinen Pause langsam auch wieder gehen.


Eine weite Sandebene erstreckt sich hinter dem Jatuncochasee


Am Ende des "großen Sandes", der sich sicher über mindestens vier Kilometer dahinzog, kommt noch ein ordentlich steiler Anstieg von etwa 300 Höhenmetern. Dieser fällt vielen sichtlich schwer, aber viele sind so vernünftig und drosseln ihr Tempo. Auf 4250 Metern Höhe erreichen wir Taullipampa unser nächstes Nachtlager. Die Crew hat unsere Zelte noch nicht aufgebaut, denn sie sind eben auch erst angekommen und sind noch mit dem Abladen und Auspacken beschäftigt.

Auf dem Programm steht für uns jetzt nun noch ein Abstecher zu einem Aussichtspunkt, der uns den Alpamayo zeigen soll. Unser Viewpoint liegt auf einer Anhöhe an der nördlichen Talseite und liegt noch geschätzte zwei Stunden vom Alpamayo-Base-Camp entfernt. Der Weg zu unserem Viewpoint führt häufig ein wenig auf und ein wenig ab, und ist wegen seiner doch schon stolzen Höhe für uns anstrengend. Schlussendlich ist unser Ziel sogar etwas tiefer gelegen als unser Camp, aber in bester Entfernung um bei schönem Wetter diesen beeindruckenden Gipfel zu bestaunen.


Der Alpamayo will sich heute Abend nicht zeigen.

Als wir dort bei langsam beginnender Dämmerung eintreffen, sehen wir nur einen Gletscher, der unten aus einer Wolkensuppe herausschielt. Wir fotografieren nun eben die anderen schönen Dinge bis es so dunkel ist, dass nichts mehr geht. Im Schein der Stirnlampen wandern wir zurück zu unserem Lager, und haben keine Ahnung wie die Aussicht hätte sein können.


Die Dämmerung taucht die Berge in mystisches Licht

Die Nacht wurde wegen der neu erklommenen Höhe ein wenig kälter als die Nacht zuvor, aber in unseren guten Schlafsäcken kam keine Kühle auf. Der Blick am Morgen nach draußen ist extrem. Der Himmel ist fast wolkenlos und die Berge mit ihren Gletschern sind frei. Gerade erstrahlt die Spitze des Alpamayo strahlend hell im ersten Sonnenlicht. Wir sind sofort draußen um die schöne Lichtstimmung einzufangen.


Der Gipfel des Alpamayo im ersten Sonnenlicht


Gegenüber, auf der anderen Talseite ist ein vergletscherter Berg, der und schon gestern als der Paramount-Berg aus dem berühmten Filmvorspann angepriesen wurde. Der eigentliche Name des Berges ist Artesonraju, auch ein Sechstausender. Unser Camp liegt leider etwas abseits der im Filmvorspann gezeigten optimalen Ansicht, so dass er für uns eben nur wie ein normaler 6000er aussieht. Am Ende des Tales liegt der Taulliraju noch im Schatten. Wir blicken auf die Westseite des Berges, die nur wenig Sonne abbekommt.

Heute steht der anstrengendste Teil des Trekkings auf dem Programm. Der Aufstieg auf die Punta Union, ein Pass mit 4750 Metern Höhe. 500 Höhenmeter hören sich nicht nach viel an. Jedoch laufen unsere Führer wie seither auch schon ihr Tempo, sie sind ja bestens akklimatisiert. Einige der Gruppe fühlen sich so latent unter Druck gesetzt und laufen schneller, als es ihnen gut tut. Schon vor dem höchsten Punkt sind einige der Teilnehmer angeschlagen. An der Passhöhe erwartet und eine exquisite Aussicht auf den reichlich vergletscherten Taulliraju und die gesamte weitere Umgebung. Wir steigen auf der Südseite des Passes noch etwas höher bis auf etwa 4830 Meter. Dort auf einem geräumigen Felskinn genießen wir den Rundblick.


Blick auf den Taulliraju kurz vor der Passhöhe Punta Union


Im Bereich der Passhöhe stinkt es leider ganz schrecklich nach Aas. Ein großes Tier ist verendet und fault da vor sich hin. Keiner kümmert sich drum, nicht einmal die peruanischen Geier, die es hier überall geben soll. Wir steigen von der Passhöhe ab, und einige haben Anzeichen einer beginnenden Höhenerkrankung. Das zu hohe Tempo fordert seinen Tribut, aber unsere Guides haben keine Ahnung und merken nichts; woher auch. An einem See auf etwas über 4300 Meter gibt es Mittagessen. Einer der Guides hockt am Wegrand und fragt mich, wie viele noch kommen. Er hat also nach drei Tagen Trekking keine Ahnung wie groß seine Gruppe ist und delegiert seine Aufgabe wohl auf die hinteren Wanderer, die mal schön selbst nach sich schauen sollen. Das ist nicht gerade eine gute Werbung für den (glaube ich) größten Bergreiseveranstalter.

Nach dem Essen legen wir uns etwas ins Gras und schließen die Augen und lassen die warme Sonne auf uns scheinen. Die Pause tut uns allen gut. Ich erwache als es am See etwas umtriebiger wird. Unbemerkt hat sich die Küchenmannschaft schon auf den Weg gemacht. Wir schnüren wieder die Stiefel und steigen auch weiter ab.

Der Weg ins Lager ist sehr weit. Überhaupt ist dieser Tag, der mit Abstand längste Wandertag. Wir erreichen das Lager sehr spät und schnell ist klar, dass meine Frau krank ist. Das Toilettenzelt wird ein viel besuchter Ort. Schon in der Nacht merke ich, dass es auch bei mir zu rumoren beginnt. Der nächste Morgen ist für uns schwierig, wir schaffen es aber, die etwa drei Stunden bis zum Ende der Tour zu bewältigen. Zum Schluss muss noch ein ordentlicher Aufstieg von gut 250 Metern zum Ort Vaqueria bewältigt werden, der etwa 3650 Meter hoch liegt. Wir sind froh, dass wir im Bus sitzen.


Die ersten Häuser von Vaqueria

Die Fahrt geht nun hinauf und über den Portachuelo-de-Llanganuco-Pass, er ist mit 4760 Meter wohl einer der höchsten Pässe Perus. Meiner Frau geht es während der Fahrt etwas besser. Dafür geht es mir mit jedem Meter aufwärts immer schlechter. Auf der Passhöhe mach ich ein einziges Foto und verschwinde dann auf die Rücksitzbank des Busses. Ich bin froh, als die kleine Pause ein Ende hat und es wieder nach unten geht. Nach etwa 200 Höhenmetern bergab, gibt es eine erneute Pause für ein Mittagessen. Ich kann den Anblick von Essen nicht ertragen und mache mich vom Acker bevor etwas Schlimmeres passiert.


Nur ein Foto vom beeindruckenden Portachuelo-de-Llanganuco-Pass

Irgendwo steigt die Gruppe aus, um das Nachtlager zu errichten. Am nächsten Morgen ist der Aufstieg auf die Refugio Peru und tags darauf auf den Nevado Pisco geplant. Mir ist das alles völlig egal, ich möchte nur in ein Hotel. Bei mir wird es nach unendlich vielen Kehren auf nerviger schlechter Schotterpiste ab einer Höhe von etwa 3000 Metern wieder etwas besser. Ich kann mich nicht erinnern, wann es mir schon einmal so schlecht gegangen ist.

Wir fahren nicht alleine zurück. Ein dritter der Gruppe ist krank und kann nicht mehr weiter gehen. Wir fahren zurück nach Huaraz und reklamieren ein anständiges Hotel. Zum Glück hat das auch gut geklappt. Wir nächtigen vier Mal im Andino Club Hotel, das mit drei Sternen und einem Schweizer (!) als Chef mehr als nur einmal punktet. Nach einer Nacht kommt ein vierter Reiseteilnehmer auch er ist in der Nach krank geworden und musste abbrechen. Es kommt uns langsam vor wie in dem Lied mit den 10 kleinen Negerlein, da wurden es auch immer weniger.

Als am vierten Tag unsere Resttruppe vom Nevado Pisco zurückkommt sehen wir eine extrem schlecht aussehende Truppe. Alle außer einem waren oder sind mehr oder weniger krank. Nur wenige waren auf dem Berg, alle berichten von großen Strapazen. Offensichtlich war die Hygiene der Feldküche mangelhaft, denn alle hatten die gleichen Symptome, die auch zeitlich sehr eng beisammen lagen. Man könnte also auch sagen; zum Glück hat es uns am schnellsten erwischt.

Nach einem schlecht organisierten Ruhetag reisen wir am späten Abend mit dem Nachtbus nach Lima. Dieser verdient besonderer Erwähnung. Es gibt Nachtverbindungen mit fast schon bettenartigen Liegestühlen. Auf denen kann man ausgestreckt liegen und recht gut schlafen. Bei Tagesanbruch erreichen wir Lima. Wir werden von Freunden abgeholt, wo wir uns ausruhen können. Unsere Reisegruppe fliegt teils noch krank nach Deutschland zurück.

Tourengänger: schimi


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