Vom Hundskopf 2350m zum Eisköfele 2420m - eine schöne Überschreitung im Herbst


Publiziert von alpensucht , 3. November 2015 um 15:18.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:20 Oktober 2015
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT3 - Anspruchsvolle Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 7:45
Aufstieg: 500 m
Abstieg: 500 m
Strecke:Radlseehütte-Hundskopf-Radlseenock-Königsanger-Kühberg-Eisköfele-Normalweg-Königsanger-Hütte ca. 9km

Nach einer knackigen Zustiegstour mit viel Gepäck und Schneeschuhen am Vortag, nehmen wir uns heute sowohl sämtliche Gipfel um die Radlseehütte, als auch die Gesamtüberschreitung des Kamms bis zur Lorenzischarte vor. Dieser bildet insgesamt 5 Gipfel, wobei die ersten beiden nur mit viel Wohlwollen von einer unbedeutenden Kammerhebung abzugrenzen sind.

 

Hundskopf und Überschreitung Radlseenock und Königsanger WT3, 2h

Gegen 8 Uhr starten wir mit halbstündiger Verspätung zum kurzen Materialcheck und einer Diskussion, warum wir 7:30 Uhr hätten losgehen sollen. Die Luft ist klar und kalt und der Morgen von einer solch prächtigen Schönheit, dass sich nach wenigen Schritten aufwärts Richtung Hundskopf alle Uneinigekeiten in Luft auflösen.

 

Südseitig gibt’s etwas Bruchharsch, ansonsten ziehen wir unsere Spuren über verfestigten Schnee. Nach 30min erreichen wir den genialen Aussichtspunkt des Hundskopfs. Wir lassen uns nun bewusst Zeit, um eventuell unsere beiden Hüttenabendbekanntschaften nochmal zu treffen. Sie wollen heute auf den Königsanger und zur Klausner Hütte absteigen. Nach Genuss des Panoramas gehen wir ein Stück über den Gratrücken zurück und gleich weiter zum Radlseenock. Hier steht nur ein Steinhaufen.

 

Einige Schritt südseitig unterhalb vom Gipfel setzen wir uns und üben einige Zeit den Umgang mit Kompass in Verbindung mit Planzeiger und Karte (peilen im Gelände, Marschzahlbestimmung in der Karte). Dabei vergeht eine halbe Stunde bis wir weiter gehen. 9:30 Uhr. Der nun folgende Gratabschnitt erweist sich als etwas anspruchsvoller (WT3). Den letzten felsigen Absatz umgehen wir, indem wir wenige Meter hinunter zum Wanderweg steigen.

 

Den nun bekannten Wegabschnitt gehen wir zügig hinauf und verbringen am Gipfel der Königsangerspitze nur kurze Zeit mit dem Freikratzen eines Teils der Panoramatafel. Dahinter geht’s wieder auf dem flachen Rücken hinab in die Senke, bevor der Grat hinauf zum Kühberg deutlich schmaler und eleganter hinauf zieht.

 

Überschreitung Kühberg und Eisköfele WS, I (Stellen II) 3h 40min

10:20 Uhr. Wir wechseln auf Steigeisen und freuen uns über die vom Vortag bekannte Route über den Kühberg. Diesmal pausieren wir lange am Gipfel mit dem lustigen Kreuz aus Holzstab und Ski. Wieder erwischen wir einen echten Traumtag! Die Blicke nach Norden (Zillertaler Hauptkamm) und Süden (Dolomiten) sind gleichermaßen atemberaubend.

 

Gegen 11:15 Uhr gehen wir weiter, passieren die Stelle mit dem Durchschlupf unter dem Überhang und die steile Stelle, wo ich am Vortag die Reepschnur ausgelegt hatte. Nach erneuter überflüssiger Diskussion um deren Notwendigkeit steigen wir ab. Frank wirkt inzwischen deutlich gewandter in dieser Art von Gelände.

Danach wird es zunächst wieder einfacher. Wir passieren die Stelle, wo wir am Vortag von Süden her hochgekommen sind und bleiben auf dem Grat, der gleich zu Beginn ordentlich aufsteilt, aber unschwierig bleibt.

 

Die erste Erhebung wird direkt überstiegen und erst ein Stück oben über den Grat gegangen. An der vorderen Kante brauch ich nun einige Zeit (ca.10min) um das Gelände links und direkt am Grat zu erkunden mit dem Ergebnis, dass beide Varianten umfassende Sicherungsmaßnahmen über bis zu zwei SL bedürften. Falls rechts „nichts“ ist, kehren wir um!

 

Doch glücklicherweise finde ich rechts (nordseitig) eine Möglichkeit etwas unterhalb des Grats: sehr steil gestuftes, tief verpulvertes Gelände übergehend in eine Rinne mit einer geschätzten Höhe von höchstens 10-12m. Oberhalb davon muss ich erst in recht ausgesetztem Gelände mangels Klemmgeräten eine improvisierte Sicherung aufbauen. Frank steigt ohne Rucksack vorsichtig ab und räumt die Stufen möglichst frei, damit ich nachher besser ungesichert abklettern (I-II) kann. Er bestätigt, es gehe einfacher, als es mit dem vielen Schnee und von oben her aussieht. Dann lass ich die beiden Rucksäcke hinab, baue die Sicherung ab und klettere langsam und behutsam runter (insg. 30min für diese Passage).

 

Unten queren wir noch ca. 50m bis zur Scharte vor dem Eisköfele-Gipfel und erreichen diesen um 13:45 Uhr voller Freude. Von weitem sieht die Abkletter-Passage ziemlich unangenehm aus! Auf dem Steinhaufen wurde ein kleines, schönes Metallkreuz platziert.

 

Rückweg und Alternativabstieg vom Königsanger WT3, 2h

Nach 15min wechseln wir wieder auf Schneeschuhe und machen uns an den Abstieg und Rückweg zur Radlseehütte. Dabei sind wir uns einig, nicht mehr bis ganz zur Lorenzischarte zu gehen, weil das Gelände unübersichtlich, weitläufig und bergsteigerisch kaum interessant scheint. So steuern wir auf ziemlich direkter Route auf den oberen Normalweg zu und bleiben bis über den Königsanger hinweg, den wir seit gestern schon zum dritten Mal überschreiten, auf diesem.

 

Nur kurz hinter dem Gipfel biegen wir rechts (östlich) in die steile Flanke und den schwach ausgeprägten Ostgrat ein, um nochmals unbekanntes Terrain zu betreten. Dabei versuche ich absichtlich ein sehr hohes Tempo anzuschlagen, um meine Körpertemperatur wesentlich zu erhöhen und schneller an der Hütte zu sein und die letzten Sonnenstrahlen noch zum baden zu erwischen. 15:50 Uhr.

 

Ausklang & Fazit

Am vorigen Abend wettete ich mit Frank um ein Bier auf der Hütte, dass ich in den Radlsee gehen würde. Ich sagte ihm nicht, dass ich das sowieso vor hatte, sofern es mir gut ginge. So leihe ich mir Badelatschen, schnappe meine Strandausrüstung und verrichte unten am See den Wettinhalt. Beim ersten Mal ganz Hineingehen schaut Frank gerade weg auf der Hüttenterrasse und bittet mich deshalb nochmal rein zu gehen. Dummerweise rutsche ich auf einer Steinplatte am Ufer aus und habe anschließend etwas Schmerzen am Steiß... Das Bier schmeckt dennoch und die Schmerzen sind bald vergessen. Über das Nachtessen sind wir etwas enttäuscht, weil es doch recht wenig ist (kleiner gemischter Salat und zwei Knödelchen).

 

Gäbe es eine Community für 5-Sterne-Touren in Südtirol/Italien, würde ich diese Tour dort reinstellen. Super Verhältnisse, super Timing, super Grat, super Landschaft, super Sicht, super Tour, fünf Sterne!! Vom allerfeinsten – und mit entsprechender Ausrüstung und Erfahrung ist die Tour sehr zu empfehlen.

 

Ausblick

Am nächsten Tag schauen wir uns die Klausner Hütte und die Kassianspitze an und lernen die nette Familie von der momentan erfolgreichsten Alpinistin Südtirols Tamara Lunger (Manaslu, K2 ohne O2) auf der Schutzhütte Latzfonser Kreuz kennen.


Tourengänger: alpensucht


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