Überschreitung Kühberg 2429m - Auftakt zur Viertage-Schneeschuhtour in den Sarntalern


Publiziert von alpensucht , 24. Oktober 2015 um 13:45.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:19 Oktober 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Hochtouren Schwierigkeit: L
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT3 - Anspruchsvolle Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 8:45
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 500 m
Strecke:Parkplatz Schalderer Tal-Schrüttenseen-Gratrücken Eisköfele-Rückkehr-Lorenzischarte-Kühberg-Königsanger-Hütte - ca. 8km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:In Vahrn ins Schalderer Tal bis Schalders, hinter der Kirche (Gasthof Mesner) rechts und an der nächsten Wegkreuzung scharf links und über 3km weit hinter bis zum kleinen (nicht beschilderten) Parkplatz
Unterkunftmöglichkeiten:Gasthaus Mesner (Schalders), Klausner Hütte, Radlseehütte
Kartennummer:Kompass 050 Brixen und Umgebung

- Mainzer Höhenweg Ende Oktober -  war schon ziemlich optimistisch und offensiv geplant. 50cm Neuschnee an der Rüsselsheimer lassen uns umplanen in die Region, die im Oktober häufig besonders wetterbegünstigt ist: Südtirol - Sarntaler Alpen. Ein Telefonat mit der Radlseehütte genügt, um Schneeschuhe als Grundausrüstung einzuplanen: 30cm Neuschnee an der Hütte. Weitere 5-15cm kommen hinzu, während wir anreisen (AV-Wetterbericht, Meteoblue, Wetteronline).

Überblick über unsere Destination
Die Sarntaler Alpen liegen südliche zwischen Zillertaler Hauptkamm und den Dolomiten und reichen maximal bis 2700m (z.B. Hirzer oder Tagewaldhorn). Insgesamt sind sie weniger steil und schroff aufgebaut, als ihre berühmteren Nachbargebirgsgruppen. Das macht sie besonders interessant für die Neben- und Wintersaison. Viele Hütten haben mindestens bis zum 1.11. geöffnet und es ist vergleichsweise mild.


Zwischen Franzensfeste und Brixen liegt Vahrn (Varna) im Eisacktal, wo nach Westen hin der Taleinschnitt vom Schalderer Tal beginnt.

Am Abend des 18.10. kommen wir gut in Schalders an, erfragen den Weg zum hintersten Parkplatz auf 1500m, fahren hinter und schlafen im Auto einige Stunden. Wie erwartet regnet es kräftig in der Nacht. Auch 6 Uhr morgens, als wir eigentlich aufstehen wollten, hat sich noch nichts geändert. Deshalb wecke ich Frank noch nicht, meinen Tourenpartner aus meiner AV-Sektion AlpinClubBerlin, der im Sommer auch schon mit am Mont Blanc auf Hochtour war.

Über die Schrüttenseen zur Lorenzischarte   T2, WT2, 3h 20min
Letztendlich stehen wir erst um 7 Uhr auf, es ist ruhig draußen geworden, nur der Schalderer Bach rauscht im Hintergrund. 8:20 Uhr laufen wir mit recht schweren Rucksäcken auf dem Weg 5/13 zu den Schrüttenseen los. Ab 1700m finden wir den Neuschnee der letzten Nacht (ca. 15cm). Es ist noch sehr kalt, der Nebel verzieht sich langsam und an den Seen gelangen wir aus dem Wald in die Sonne. An diesem schönen Ort pausieren wir 45min und testen unsere Schneeschuhe. Es ist Franks erste Tour mit diesen Geräten. Zum ersten Mal sehe ich jemanden freiwillig die Verlängerungen für schwere Personen benutzen (Er ist nicht etwa übergewichtig sondern einfach ein Hühne!).

Um 10:30 Uhr gehen wir weiter. Zunächst geht's wieder in den Wald hinein bis zum P. 2100m, der in einem ausladenden Bogen nach Norden erreicht wird. Es gibt nirgends Spuren, nur Markierungen und die Trasse sind teils sichtbar. So erkunden wir ungewollt den ersten Teil des Eisköfele-Nordwestgrats bis kurz unter den P. 2238m (nur hier Abschnitte WT3). Als das Gelände zu schwierig wird, kehren wir um und suchen den normalen Weg zur Lorenzischarte.

Der Abstecher kostet uns etwa 45min, doch haben wir keinen besonders straffen Zeitplan. Außerdem kann ich so gut einschätzen, wie viel Zeit Frank in anspruchsvollerem Gelände mit Schneeschuhen benötigt - ein wichtiger Faktor zur Planung der folgenden Tage.

Auf dem trassierten und teils markierten, aber doch irgendwie wilden Weg überqueren wir auf halber Strecke eine alte Begrenzung durch ein schmales Holztürchen. Inzwischen liegen locker 30cm Schnee. Der Weg ist dennoch nicht mehr schwer zu finden. In einem kleinen Geröllfeld zwischen offenen Latschenfeldern trifft der Weg von der Kälberalm auf unseren. Von hier benötigen wir noch 20min bis zur Scharte. Oben ist es windig und bereits 11:40 Uhr. Ohne Abstecher und ohne Schnee ist dieser Abschnitt sicher gut in 2h machbar.

Lorenzischarte - Kühbergüberschreitung   WT3, L, I (Stellen II) 4h
Beim Blick nach Südosten über die weitläufigen Hänge und nach Westen zu den Wolken stellt sich eine geringfügige Unruhe in mir ein. Eine finstere Wolkenfront rückt an. Es trübt sich ein und es wird vorübergehend deutlich kälter. Zunächst wollen wir nur möglichst direkt zum Königsanger und müssen einfach um den Südwestrücken vom Eisköfele (erster wenig prominente Gipfel östlich der Lorenzischarte). Dabei kommen wir schon leicht vom eigentlichen Weg ab. Der finstere Schneeschauer in unserem Nacken kommt zwar recht nahe, aber scheint südlich an uns vorüber zu ziehen. Wenige Hm oberhalb des markierten Wegs überqueren wir den Bachlauf und halten auf die den nächsten Rücken zu.

Der felsige Kamm mit Eisköfele und Kühberg wirkt nun sehr anziehend auf mich, dass wir uns gleich in Richtung der Scharte zwischen beiden Gipfeln begeben. Der Himmel ist wieder blau. Wir pausieren nochmal ausgiebig. Beide "Gipfel" sind eigentlich recht unbedeutende Erhebungen im Kamm zwischen Lorenzispitze 2483m im Westen und Königsanger im Osten. Der Grat sieht nicht schwierig aus, verspricht aber einen spannenderen Zugang zum Hausberg der Radlseehütte, als die ewigen, seichten Südhänge darunter.

Der Zugang ist für Schneeschuhe ziemlich steil (WT3). Wie gut der Schnee mit seinem Untergrund verbunden ist, fällt mir schwer einzuschätzen. Deshalb halte ich mich etwas rechts der Scharte in felsig-gestuftem steilen Gelände. Gegen 14:40 Uhr erreichen wir die Grathöhe. Wir wechseln von Schneeschuhen auf Steigeisen, halten uns meist nordseitig knapp unter den direkten Gratfelsen. An einer sehr steilen Stelle (3m, II) lege ich oberhalb sogar eine 6mm Reepschnur doppelt mit Handschlaufen als Sicherung. Danach geht es in 30min leicht ausgesetzt knapp südlich unter der Gratkante unter einem kleinen Überhang (I) mit schönen Eiszapfen wieder links gestuft rauf auf den Grat und in kurzen ausgesetzten Stellen zum lustigen Gipfelkreuz aus einem Holzstab und einem abgebrochenen Ski. 15:30 Uhr.
In der Überschreitung erfolgt nur noch eine kurze Stelle II an einer flach geneigten Platte, die wir ungesichert gut überwinden und sicherlich auch südlich einfacher oder oben ausgesetzt umgangen werden kann.

Überschreitung Königsanger und Abstieg zur Hütte   WT2, 1h 20min

Im Sattel vor dem Aufstieg zum Königsanger wechseln wir wieder auf Schneeschuhe und erreichen um 16:30 Uhr dessen Gipfelkreuz. Über den super trassierten und gespurten Weg (WT2) zur Radlseehütte steigen wir zügig ab und gelangen Kurz nach 17 Uhr an unser heutiges Tagesziel.

Genau während unserer Ankunft muss ich erneut einer Bergung mit Heli beiwohnen. Ein über 70-Jähriger aus einer heiteren Seniorenwandergruppe hat plötzlich gravierende gesundheitliche Probleme bekommen. Später am Abend kam die beruhigende Nachricht aus dem Krankenhaus in Brixen, dass es ihm gut gehe.
Außer der Gruppe übernachten nur noch ein Papa mit Tochter, mit denen wir den Rest des gemütlichen Abends verbringen.

Nie zuvor sah ich die Dolomiten so nahe, live und in Farbe (Sonnenuntergang)!


Für den nächsten Tag planen wir einige "Gipfel" in der Nähe der Hütte. Daraus wird immerhin eine Überschreitung von fünf (meist recht unbedeutenden bezügl. Prominenz und Dominanz) Gipfeln.

Die Hütte stellt einen absolut exklusiven Standort für Touren in der Übergangs- und Wintersaison dar und bietet lohnende Übergänge zur Klausner Hütte und dem Latzfonser Kreuz. Das Personal ist freundlich, trotz meines geringen Konsums (z.T. Selbstversorger), jedoch fiel ein Nachtessen ziemlich mager aus (2 Knödel und Salat)
Aus dem Schalderer Tal wird die Radlseehütte sicherlich recht selten angegangen, da der Zugang im Vergleich zu den Möglichkeiten von Süden her (z.B. Garner Kreuz, Perlunger Hof) recht weit ist. Für uns war es in vielerlei Hinsicht ein sehr guter Auftakt und Test, was in den nächsten Tagen geht (sowohl von den Verhältnissen her, als auch konditionell und technisch).
Mein Tourenpartner Frank ist passionierter Marathonläufer und Finisher des Ultra Trail in Davos und ich bin konditionell zur Zeit auf der Höhe. Deshalb können wir uns solche verhältnismäßig langen Touren auch bei Schnee und mit Mehrtagegepäck von der Planung her erlauben.





Tourengänger: alpensucht


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