Die nördlichste Nordwand Norddeutschlands


Publiziert von Alpenorni , 25. März 2015 um 19:50.

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Weser-/Leinebergland
Tour Datum:19 März 2015
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 290 m
Strecke:Gestorf - Eldagsen - Holtensen - Barenburg - Wülfinghausen 15,8 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Gestorf, Bus ab Bennigsen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Wülfinghausen, Bus ab/nach Springe

Es ist ja nicht so, dass wir hier im hohen Norden völlig felslos wären :
Ith, Kansteinklippen, Hohenstein im Süntel, Selter, Bodensteiner Klippen und natürlich das Okertal im Harz - all dies sind überregional bekannte Klettergärten, bestens erschlossen, teils mit DAV-Hütten als Kletterbasis, oder auch dem legendären anekdotenreichen Ith-Zeltplatz...mehrere Kletterführer gibt es mit tausenden von kurzen Routen, und die AV-Gruppen treffen sich zu Kursen und zum Bouldern und zum Auschecken der obersten Schwierigkeitsgrade hier, und das mit jahrzehntelanger Tradition.
Ganze Bücher könnte man über die Kletterszene "hoch im Norden" schreiben - aber nur ein paar lapidare Zeilen hat der Kletterführer für die Barenburg übrig - eine bis zu 20m hohe Trümmerwand ohne Anstiege, brüchig und weit abgelegen auf einem Bergsporn am Rande des einsamen Osterwaldes (bis 419m).
Schon oft habe ich oben auf der Felskanzel gestanden, wohin ein Fußpfad vom Kloster Wülfinghausen aus hinaufführt, zu aussichtsreicher Höhe mit Weitblick nach Norden in die Tiefebene, soweit das Auge reicht.
Lange nicht mehr war ich aber am Fuß des Gemäuers, und so nahm ich mir eine Erkundung der langgestreckten Felsmauer "von unten her" vor, die ich mit einem etwas weiteren Anmarsch von Norden her, durch das Hallerburger Holz und am idyllischen NSG in der  Hallerniederung entlang nach Eldagsen und anschließendem Marsch durch die offene Feldmark mit Wegpunkt am Ortsrand von Holtensen verband.
Am Osterwald angelangt, stieg ich zunächst kurz entlang der Holtenser Ohe (kleiner Waldbach) in den Wald hinein und dann weglos hoch zum Pionierweg (kommt von Wülfinghausen) und über diesen hinweg auf das südliche Ende der langgestreckten Felsmauer zu.
Diese präsentierte sich in der Nachmittagssonne als farbenfrohe reich strukturierte Wand, die gerade regelrecht aufglühte in den tiefstehenden Strahlen. Auf bröckeligem steinigen Untergrund lag eine Laubschicht, und dieses teils mit Wurzelwerk durchsetzte Konglomerat ließ das Begehen der steilen Halden direkt am Wandfuß zu einer kleinen Balanceübung werden. Zustieg T2, aber dann kann man sich, immer nach Norden querend, die Wand direkt zum Anfassen rechterhand, durchaus einige abschüssige T3/T4-Passagen aussuchen.
Nur die Wand selbst ist leider in der Tat sehr brüchig und sehr abweisend geschichtet. Lose Platten ließen sich teils problemlos lösen, mit entsprechenden Kettenreaktionen, und etliche Brocken auf der unteren Halde zeigten temporären Steinschlag an.
Die Hauptwand, die man schließlich oberhalb der Kehre des Pionierwegs erreicht, überragt als düsteres schattiges Gemnäuer einen verwucherten Felskessel - eine beeindruckende Location. Diese Nordwand also (genau genommen großteils NW) ist die nördlichste Nordwand ganz Deutschlands !
(Mit einer Ausnahme: Die Hohenstein-Nordwand im Süntel ca. 30km weiter westlich, diese allerdings ist aus Artenschutzgründen für Wanderer wie Kletterer gesperrt und nicht zugänglich,für die Öffentlichkeit  quasi gänzlich aus dem Verkehr gezogen.)
Links neben der Hauptwand der Barenburg erklomm ich nun den Steilhang auf einem weglosen steilen Anstieg mit einigen Wurzelgriffen etwas links der schroffen Mauer. Oben angekommen, öffnet sich der schöne Blick in die Ebene tief unter einem, und der Abstieg zur Bushaltestelle in Wülfinghausen nahm dann gerade mal eine halbe Stunde in Anspruch.
Dass ich an der Barenburg "unter der Woche" keine Menschenseele angetroffen habe, dürfte für diese einsame Ecke ganz normal sein. Die echten Geheimtipps sind und bleiben halt welche !
P.S. die Barenburg diente in uralten Zeiten als Fluchtburg, es handelte sich um eine Wallanlage, deren Formen man (nebst Schautafel) auf der Hochfläche jenseits der Kanzel in Augenschein nehmen kann, am Weiterweg zur ebenfalls sehr empfehlenswerten Königskanzel, dort, wo die Tiefen des Osterwalds beginnen und sich Uhu und Wildkatze gute Nacht sagen :-)



Tourengänger: Alpenorni


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