Im Banne des Windes, Pizzo Tambo


Publiziert von danski , 27. Dezember 2014 um 17:45.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Hinterrhein
Tour Datum:21 Dezember 2014
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Ski Schwierigkeit: ZS+
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Tambo-Curciusa   CH-GR   I 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:Tanatzhöhi - P.2215 - Lattenhorn - Pizzo Tambo; Abfahrt von ca. 3200m via Mulde westlich Lattenhorn - Tambosee - Tamboalp

Mittlerweile tanzen draussen vor dem Fenster munter Flocken gross wie Fünfliber-Stücke. Nicht immer sah es diesen Dezember so vielversprechend aus wie gerade in diesem Moment. Und trotzdem, mit viel gutem Willen und Optimismus bescherte uns die noch junge Saison schon einige überraschend winterliche Eindrücke. Am Pizzo Tambo war es nicht anders.

Die Hoffnung auf Wintergefühle führt uns nach Splügen, wo wir vor 3 Wochen schon einmal unser Glück im Tambo N-Couloir suchten, es aber im dichten Nebel komplett aus den Augen verloren. Dieses Mal versprechen die Vorzeichen einwandfreie Sicht, doch leider begleitet von starken NW-Winden. Unser Tagesziel, der Pizzo Tambo, lässt schon bei der Anfahrt keine Zweifel aufkommen, dass er heute sturmumtost ist. Zuerst nimmt unsere siebenköpfige crew gemütlich die Gondelbahn auf die Tanatzhöhi, 2138m. Kaum Wind und ein Schäumchen Neuschnee sorgen für die richtige Winter-Gefühlslage. Motiviert gleiten wir durch die glitzernde Schneelandschaft und stellen gleichzeitig erleichtert fest, dass sich ausser uns nur noch 4 weitere Tourengänger Richtung Tambo bewegen. Das Gros ist zum Guggernüll unterwegs. Dass es mit der Schneequalität nicht zum Besten bestellt ist, wird uns bald unmissverständlich klar. Die erwähnte Schmelzharschkruste begleitet uns noch bis ca. 2400m, bevor der Schnee endlich pulvriger, dafür umso windbeeinflusster wird. Kaum haben wir die italienisch-schweizerische Grenze östlich des Lattenhorns auf ca. 2780m überquert, bläst uns der Wind Schneekristalle um die Ohren. Doch auf die Kraft der Sonne ist Verlass und so fühlt sich das Ganze nicht sehr kalt an. Nach einer kurzen, windigen Pause traversieren wir auf guter Spur den Südhang des Lattenhorns. Das Verkehrsaufkommen hat zwischenzeitlich massiv zugenommen. Zahlreiche italienische Tourengänger von Monte Spluga her kommend, sorgen für Betrieb auf und neben der Spur. Wir ziehen an den meisten vorbei. Der Aufschwung unterhalb P.2983m stellt ein erstes Hindernis dar. Kurzerhand buckeln wir die Skis den harten, verpressten Steilhang hoch. Was für eine Wohltat, als wir kurz danach in ein kleines Winterwunderland hinter dem P.3096m eintauchen. Kein Wind trübt die Stimmung und wir gönnen uns eine ausgedehntere Pause, bevor wir den immer noch windigen Tambo in Angriff nehmen. Nur sehr wenige Tourengänger sind am dick eingepackten Gipfel unterwegs. Die Allermeisten begnügen sich mit dem angenehmeren "Vorgipfel". Wir aber wollen natürlich hoch und binden bald die Skis auf. Wie Segel bieten sie dem Wind zusätzliche Angriffsfläche und wir müssen manchmal richtiggehend gegen ihn ankämpfen. Es macht uns allen Spass, mal wieder den Elementen ausgeliefert zu sein und bald erreichen wir unser Skidepot auf etwas über 3200m. Mit Steigeisen und Pickel gilt es nun den komplett in lockeren Schnee eingepackten Gipfel zu erklimmen. Ausgesetzt ist es hier oben allemal, doch glücklicherweise befinden wir uns im Windschatten. Problemlos erreichen wir den Gipfel und bestaunen ehrfürchtig das weitreichende Panorama von unserem exponierten Aussichtspunkt aus. Er liegt uns tatsächlich zu Füssen, der vermisste Winter! Vor allem Richtung Süden gibt er sich keine Blösse.

Der anschliessende Abstieg zum Skidepot gestaltet sich wie immer etwas aufregender. Noch immer peitscht der Wind über den gut und gerne 45° steilen Ost-Gipfelhang. Vorsichtig reihen wir kontrollierten turn an turn. Spätestens jetzt hat keiner mehr Lust, das düstere N-Couloir zu fahren. Stattdessen ereifern wir uns für die Nordhänge westlich des Lattenhorns, die zwar längst nicht so spektakulär, doch dafür viel besseren, windgeschützten Schnee versprechen. Die Einfahrt auf ca. 2840m ist schnell gefunden und nicht sonderlich steil. Eine kurze, steile Stufe führt vollends in die windgeschützte Mulde westlich unterhalb des Lattenhorn. Endlich kommen wir in den Genuss von recht konsitentem Pulverschnee. Mal wieder flowiges Skifahren mit gehörig Speed! Leider bremst uns die glasige Kruste spätestens unterhalb von 2400m aus. Am Tambosee vorbei suchen wir unseren Weg zurück zur Tamboalp, wo wir uns per Sessellift zurück zur Tanatzhöhi befördern lassen. Recht ungewöhnlich für eine Skitour ist die Tatsache, dass man sich per Bahn wieder zurück in den Talboden befördern lassen muss. Doch diese Tatsache dürfte mittlerweile der Vergangenheit angehören...

Ein toller Tag war das! Auch wenn der Schnee auf dieser Tour grösstenteils alles andere als qualitativ hochwertig war, so hat man mit dem Gipfel des Pizzo Tambo, 3279m, immer die Gewissheit, einen interessanten, ästhetischen und aussichtsreichen Gipfel bestiegen zu haben. Kann man das alles noch mit einer hochmotivierten und witzigen crew teilen, dann sieht man gerne über das Manko der Schneequalität hinweg!

Tourengänger: danski


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