See Nr.5: Melchsee, Melchsee Frutt - ja, nach wohin denn eigentlich?


Publiziert von 6beiner , 25. September 2013 um 21:04.

Region: Welt » Schweiz » Obwalden
Tour Datum:22 September 2013
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: Östliche Melchtaler Alpen   CH-OW   Westliche Melchtaler Alpen 
Zeitbedarf: 4:00
Strecke:ca. 10 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto oder ÖV nach Stöckalp
Unterkunftmöglichkeiten:etliche

Vorwort - Wanderbericht - Fazit - Hundeerrungenschaften - Fotos

Vorwort


Vielleicht war es einfach nicht mein Tag? Nach einer wettermässig durchzogenen Woche und dem arbeitsbedingten Starren in den Monitor wollte ich mit Ahanu bei der entsprechend guten Vorhersage die Sonne in den Bergen geniessen. Das Aufstehen viel schon schwer, und die Lust war irgendwie auch nicht so da, der Nebel hing dick und dicht über dem Flachland und ich erfand schon Gründe, weshalb wir doch besser zuhause bleiben sollten. Nichts desto trotz raffte ich mich auf, packte den Hund ein, und wir fuhren los in Richtung Obwalden. Schnell wurde klar, dass ich äusserst schlecht vorbereitet war, weder wusste wo hin ich fahren musste, noch wie mein Ziel hiess, und das Navi machte auch noch schlapp. So landeten wir schlussendlich - den Wegweisern folgend - an der Talstation gen Melchsee-Frutt. Oben angekommen wurde die Lust auch nicht grösser: Innert weniger Minuten mehr Hundebegegnungen als im Unterland, überall die verwaisten Skelette der Skilifte und -bahnen, eine Architektur die so gar nicht hier her passen will, Menschen in Stöckelschuhen... Der Drang umzukehren war gross. Dass es erstens aber dennoch anders kommt, als man zweitens denkt, hat uns dann doch einen versöhnlichen und schönen Wanderausflug beschehrt...!
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Wanderbericht


Wie erwähnt begann der Ausflug unfreiwillig auf dem fast leeren Parkplatz der Stöckalp-Bahn. Der Zufall will es, dass gerade ein Sonderangebot läuft: für CHF 10.- hoch und runter. Hunde kosten ebenfalls CHF 10.- (sofern es ein Hund ist, der von der Dame im Verkaufshaus beim Blick aus dem Fenster gesehen wird, ohne dass man 5 Meter weit weg laufen muss, um die nötige Perspektive auf den kleinen Hund zu schaffen). Die fahrt ist dann auch schnell und gemütlich, die runden Gondebahnen erinnern etwas an eine umgekehrte Kaffeetasse, und wir haben ob der frühen Zeit ein Gondeli ganz für uns. Oben angekommen wähnt man sich in der asiatischen Nachbildung eines Bergdorfes so wie sie es sehen. Irgendwie passt nichts wirklich zusammen. Ich war das letzte Mal vor mehr als 20 Jahren hier (damals noch VOKU-HILA -Träger) und seitdem hat sich wohl einiges verändert, inklusive dem grossen Brand von 2004. Wir müssen erst mal die Wegweiser studieren um zu entscheiden, wo es hin geht. Zu guter letzt zieht es uns dort hin, wo momentan am wenigsten Hunde rumlaufen (und derer hat es wirklich viele). Wir bewegen uns also mal in Richtung Bonistock, zu Fuss nota bene, denn es würde auch eine Gondel dort hin führen.

Der Melchsee ist eigentlich schön gelegen, eingebettet in die karge und doch grüne Natur von Hochstollen, Hochmad, Graustock, Balmeggerhorn und Glogghüs, ein paar Fischerboote sind unterwegs, im Hintergrund die Kapelle, ein paar Chalet-ähnliche Hotels. Zum Frühschoppen spielen 2 Alphörner auf, sehr idyllisch das ganze. Und doch sind überall die stählernen Kolosse der Winterskilifte zu sehen, wie Dornen stechen sie aus der Landschaft hervor, warten auf den ersten Schnee um ihrer Bestimmung gerecht werden zu können. Es ist ein zwielichtiges Bild, dass die Melchsee-Frutt uns bietet und der Wohlfühlfaktor ist wahrlich kein grosser.

Nach einigen anstrengenden Minuten taucht auch das Restaurant/Hotel Bonistock auf, auch hier bietet sich ein Blick auf Tourismusarchitektur, eine Seilbahn fährt hier hoch und die Stahlstreben für die Auffangnetze im Winter stehehn unübersehbar am Rand des Bonistocks. Aus dem Restaurant tönen Ländlerklänge, und wir passieren eine kleine Gruppe Bergsteiger, welche sich am "offiziellen" Abstieg über die Wand des Bonistocks versuchen. Noch sind wir nicht versöhnt mit der Gegend, ich überlege, ob wir nicht mit dem Bähnli wieder nach unten sollen und auf den Strassen um die sehen laufen wollen. Die Menschentrauben, welche allerdings die selbe Idee haben, halten mich davon ab, und wir begeben uns weiter, am Restaurant vorbei und folgen dem Wegweiser, der etwas von Rundgang verspricht.

Vermeintlich geheilt von meiner Schwindelunfreiheit seit der Wanderung zum Mattsee spazieren wir dem nachfolgenden, harmlosen Grat entlang und entscheiden uns dann doch gegen den Rundgang, dessen Weg uns hinunter ins Tal führen würde (zu den Massen) und für die Erklimmung der nächsten Höhenmeter zum Aussichtspunkt Hohmad auf etwas über 2400 Metern (mit der Option, noch weiter zu gehen auf dem dann blau beschilderten Weg). In etwa der Mitte des Aufstiegs - wir sind nun gegen 1.5 Stunden unterwegs - fällt der Beschluss, eine erste Pause zu machen. Und siehe da, Ahanu kann zum ersten Mal seit unseren Wanderabenteuern selbstständig etwas die Gegend erkunden(!) und hat einen Bärenhunger(!!). So stärken wir uns beide etwas, bevor wir das letzte kurze Stück in Angriff nehmen. Der Weg ist nicht immer eindeutig erkennbar, und so stapfen wir mehr als einmal abseits des vorgesehen Pfades auf etwas komplizierteren Wegen. Das letzte Stück ist dann nochmals etwas steiler, um dann alsbald abzuflachen. Beinahe sind wir schon am Ziel, und bereits jetzt bietet sich auf dem Rücken des/der Hohmad eine atemberaubende Aussicht und die Erkenntnis, dass es im Unterland immer noch neblig/wolkig ist. Am Aussichtspunkt angekommen steht denn auch ein weiss-blau-weisser Pfosten, der den weiteren Weg markiert. Ein kurzer Blick genügt um festzustellen, dass das momentan noch nichts für uns ist.

Da weit und breit keine Menschenseele sichtbar ist, gönnen wir uns eine weitere, etwas ausgedehntere Pause mit Blick ins Melchtal und geniessen die unglaubliche Stille. Nur mal da und dort ein Insekt, oder eine einsame Alpendohle durchbrechen die Stille. Weit unten sieht man die Seerundläufer, meist in mittelgrossen Gruppen unterwegs. Ebenso sieht man die beiden Fruttli-Züge (man kennt das sonst von Jahrmärkten etc. Kleine, wie Züge aussehende Verkehrsmittel, die Kinder und Erwachsene von Melchsee-Frutt zum Tannensee kutschieren und wieder zurück). Zum Glück haben wir den Weg in die Höhe gewählt. Die Sicht ist weit, die schneebedeckten Berge weit hinten, der Titlis, die drei Seen Melchsee, Tannensee und Engstlensee, der bestimmt auch mal eine schöne Wanderung hermacht. Eine gute 3/4 Stunde geniessen wir die Aussicht, ich bewundernd schauend, Ahanu schlafend auf meinen Beinen. Dann geht es wieder den gleichen Weg zurück abwärts. Keine Minute zu früh, wie sich herausstellt, denn mittlerweile haben wohl einige Wecker geklingelt, und auf dem Rückweg begegnen mir einige Wanderer, und ich halte ein kurzes aber nettes Gespräch mit zwei Gleitschirmseglern, welche auf dem Weg zu ihrem Absprungort sind.

Bei der Abzweigung Richtung Tannensee/Rundgang und Bonistock ziehen die Menschenmengen dann an, es ist kaum ein Vorbeikommen auf dem schmalen aber sicheren Weg Richtung Bonistock, alle paar Meter kreuzt eine Wandergruppe, Menschen allen Alters, mit Turn- und Wanderschuhen machen sich daran, den wettermässig tollen Sonntag in der Höhe zu verbringen. Die Bonistock-Bahn machts möglich. Wir bechliessen, auch den Weg zur Stockalp-Bahn zu Fuss zu gehen, und entschwinden schleunigst den Höhen und Menschenmassen zurück ins Tal. Der Parkplatz ist zwischenzeitlich übervoll, die Autos parkieren bereits kreuz und quer der Strasse entlang, und als wir zügig uns von dannen machen, landen gerade die beiden Gleitschirmseegler auf dem Feld nebenan...
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Fazit


Durch die Ausrichtung für den Massentourismus und als Wintersportgebiet hat die Gegend um Melchseefrutt im Sommer einen eher griesgrämigen Charakter. Erst wenn man einige Zeit die Beine in die Hand genommen und sich vom Zentrum entfernt hat, wird man mit einer wunderbaren Weitsicht und ruhigen Umgebung belohnt. Hundetechnisch (wichtig für Ahanu) ist das überhaupt kein Platz für uns, auch hat es viel zu viele Menschen. Vielleicht werden wir mal von hinten her zum Engstlensee wandern. Die Frutt überlassen wir in Zukunft aber den anderen.
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Hundeerrungenschaften

Auf jeder Wanderung lernt Ahanu etwas neues und kann etwas an Selbstvertrauen gewinnen. Diesmal:
- Mittagessen
- Selbständig trinken (und nicht mit Spritze zum Trinken gezwungen werden)
- Sein Geschäft in einer ihm fremden Umgebung verrichten (natürlich haben wir immer Hundesäckli dabei!)

Tourengänger: 6beiner


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Geodaten
 18068.gpx Versehentlich mit Talbahnfahrt

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Kommentare (2)


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wam55 hat gesagt: Melchsee
Gesendet am 26. September 2013 um 00:14
Schön beschrieben hast du da die Zustände um den Melchsee. Ich war vor kurzem auch da www.hikr.org/tour/post69474.html und mich haben die Baustellen und diverse andere touristische Sachen auch etwas abgeschreckt, und ich habe meine geplante 4-Seenwanderung spontan abgeändert.
Schön zu lesen, dass auch anderen dieselben Misstände auffallen wie mir!
Gruss vom Werner

6beiner hat gesagt: RE:Melchsee
Gesendet am 26. September 2013 um 10:23
Du hast dann also die andere Seite durchwandert. Sieht aber auch sehr schön aus! Ja, spätestens als ich auf dem Rückweg beim Bonistock eine ältere, übergewichtige Dame mit Rollator angetroffen habe, fand ich das dann doch sehr skurril.
Allerdings: Auf dem Weg nach Unten habe ich mich dann mit dem Gedanken wieder versöhnt, dass es für Menschen, welche nicht (mehr) so schöne Wanderungen machen können doch toll ist, wenn sie dennoch eine Möglichkeit haben, in den Bergen zu sein! Ich muss mich ja dort nicht aufhalten. Ok, das "Bähnli" ist schon etwas krass, auf der anderen Seite habe ich als Städter das Gefühl, ein Recht auf unberührte Natur zu haben, mit Gämsen, Steinböcken und anderem Geviech, das sich glücklich im natürlichen Habitat tummelt. Das funktioniert so aber natürlich nicht, und solange Hund und ich noch selber laufen können, werden wir inskünftig einfach einen Bogen um derlei Orte machen und sie denen überlassen, die sich darüber freuen, dass es sie gibt... :)
Gruss zurück, Stephan.


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