Urlaub in Russland Teil1: Bezengi Camp


Publiziert von Becks , 28. Juli 2012 um 08:55.

Region: Welt » Russland » Kaukasus » Bezengi
Tour Datum:10 Juli 2012
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-ZH   RUS 
Zeitbedarf: 1 Tage
Strecke:Zürich - Moskau Scheremetjewo - Mineralnye Vody - Nalchik - Bezengi Camp
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Siehe Strecke
Unterkunftmöglichkeiten:Bezengi Camp

Moin,
im Laufe der nächsten sollen hier einige neue Berichte aus einer hier in CH/DE/AT etwas unbekannteren Region erscheinen - Die Bezengi-Region in Kabardino-Balkarien (Кабардино-Балкария), Russland...


Vorgeschichte:
2002 veröffentlich das Klettern-Magazin einen Bericht über die Bezengi-Region im Kaukasus. Die Bilder sind faszinierend, mein damaliger Tourenpartner ist Feuer un Flamme, einmal dorthin zu fahren.


2011:
Die Tourenpartner wechseln, alle sind von der Idee begeistert, keiner jedoch nimmt die Planung ernsthaft in Angriff.


Ende 2011:
Ein Lichtblick. Meine Frau und ein Freund stimmen der Idee zu, dort 2 Wochen Urlaub zu machen. Verstaubte Bücher (Classic Climbs in the Caucasus) werden hervorgekramt, das Internet durchforstet, eine Adresse in Russland kontaktiert, ob das Camp offen sei. Die Antwort klingt ermutigend:

"Hello!
Thank you for choosing nas.Da, we are open and working, all is quiet and you can fly to Moscow spokoyno.S in Mineral Waters, or Nalchik.Dlya to fall into the camp must pass the border, this permit is issued under the laws of Russia in the course of 60 days . you have to pre-sent to this address passport details (name, Dato and place of birth, serial number, when and by whom issued, the address prozhevaniya, place of work or school, phone.)
Thank you for your congratulations, and you good holidays."


Ende Mai 2102:
Schrecksekunde, dank Umzüge und anderen Dingen haben wir die 60-Tage Frist verpasst, um im Juli dorthin zu fahren. Die Anfrage ans Camp, ob noch etwas zu retten sei, wird positiv beantwortet:  "Hi, If you send your data now, not delaying, we will issue you a pass to the middle of July."


Juni 2012:
Gar nicht so einfach, eine passende Flugverbindung zu finden, aber endlich steht es fest, wir fliegen von Zürich nach Moskau und dann weiter nach Mineralnye Vody. Dort schlagen wir um Mitternacht auf und müssen dann nur noch einen Weg finden, damit wir anschliessend ins Camp kommen... Zwei Emails später die Bestätigung, dass wir auch nachts abgeholt werden können:

"Prinyato.Postaraemsya pick up at night."

Der Visumsantrag entpuppt sich als weitere Herausforderung. Da Roxana zeitgleich in die Schweiz zieht, während der Reisepass irgendwo auf einem Konsulat herumgereicht wird, müssen die Versandadressen genau überlegt sein. Bringt nichts wenn der Pass am Ende in Deutschland landet.


Anfang Juli 2012:
Rundfragen im Netz und vor Ort haben ergeben, dass das Camp über Strom verfügt und wir vor Ort Gaskartuschen kaufen können. Der Benzinkocher bleibt also daheim und anstelle von vielen Akkus kommt das Ladegerät für die Kamera mit. Anscheinend kann man auch vor Ort Essen für unterwegs kaufen. Für Rubel besorgen hat keiner Zeit, wir hoffem dass die Jungs vor Ort Euro nehmen. Immerhin sind die Lagerpreise auch in der Währung im Netz findbar.


9. Juli 2012, 22 Uhr:
Martin ist eingetrudelt, wir verpacken 2 Zelte (für Camp und unterwegs), 2 Halbseile, Eis- und Felsausrüstung sowie Kleidung, um notfalls auch einen Wettersturz ausreiten zu können. Jedes freie Gramm wird zudem genutzt, um Nahrung unterzubringen. Am Ende haben wir 3 dicke Taschen, die jede 23kg wiegen sowie Handgepäck mit je 8kg (naja, meins eher 10kg).


10.Juli 2012, 8 Uhr:
Letztes Frühstück, dann geht es mit dem Bahnersatzbus nach Herisau und ab dort per Bahn bis zum Flughafen Zürich. Nach der Visumkontrolle beim Check-In sind wir das schwere Gepäck los, müssen dies aber wohl wieder in Moskau vom Band abholen, da es nicht bis zum Endziel Min Vody durchgeleitet werden kann.


10. Juli, 19 Uhr:
Wir sind in Moskau (SVO) gelandet und stehen nun mit dem Inhalt einer anderen Maschine bei der Einreisekontrolle. 4 Schalter offen, davon die Hälfte für Nichteinheimische, und die Kontrolleure lassen sich unendlich Zeit. Teilweise bis zu 5 Minuten wird verhandelt, unser Polster für den Transfer zum Weiterflug (immerhin 2.5 Stunden) schrumpft und schrumpft. Endlich platzt einem Gast der Kragen und fordert einen Beamten auf, mehr Schalter zu öffnen. Auch mit 8 Schaltern dauert es ewig, zum Glück dürfen wir auch an einer Schlange für Einheimische anstehen. 
Anschliessend geht es zur Gepäcksuche, denn die Bänder sind längst leer. Nach etwas hin und her finden wir unsere Taschen, aufgestapelt in einer Ecke neben den Bändern. Schnell noch 100 Euro in Rubel gewechselt, dann auf zur Suche nach dem Weiterflug.
Der Infoschalter ist zu, auf den Tafeln findet sich nichts von Flügen ausser dem eigenen Terminal und rings herum kreisen Fahrer die uns "Taxi?" zubrüllen, aber laut eines Schlangenwartenachbars alle Halsabschneider sind und gemieden werden sollen. Netterweise bekommen wir wenigstens von herumsitzenden Leuten "Terminal E" und "Terminal F" als Antwort auf die Frage "Min Vody?".
Im Laufschritt (Bergstiefel bewähren sich auch im Flughafen) mit 70kg Gepäck auf einem Trolly geht es durch die Hallen. Knapp 3km später stehen wir in Terminal F, und dort wird unser Flug angezeigt. Der Check-In verläuft schnell und unkompliziert, wir gönnen uns drei Bier für sagenhafte 800 Rubel, und auch nachdem das Nachrechnen ergibt, daß wir soeben 20 Euro (1 Euro = 40 Rubel) verheizt haben, trübt die Stimmung gar nicht.


10./11. Juli, Mitternacht:
Wir sind in Min Vody, unser Gepäck auch, wie erkennen wir nun den Fahrer? Die "Taxi, Taxi"-rufenden Leute lächeln beim Wort Bezengi und nicken freudig, einer aus einem Dreierpulk jedoch scheint mehr zu wissen. "You Alex?" - das muss er sein. Wir schultern das Gepäck und marschieren über den dunklen Parkraum raus und runter vom Flughafengelände. Dort wartet ein Kombi mit Steuer rechts, in dem Helmut, wie unser Fahrer heisst, unsere Sachen verstaut und uns das Grenzpermit überreicht.

11. Juli - nach Mitternacht:
Gurte hat es keine, Helmut gibt Gas, Martin auf dem Beifahrersitz dient als Wachtposten, denn hier herrscht Rechtsverkehr und Helmut muss immer auf das Seitenbankett, um einen Blick an den LKWs vorbei zu erhaschen, bevor er zum Überholen ansetzt. Vorbei an zig Polizeikontrollen, wo wir nur einmal herausgewunken werden und rüber über die erste Grenze geht es nach Süden. Im Dunkeln erkennt man fast nichts von der Umgebung, irgendwann wird es hügeliger und die Strasse schlechter.

11. Juli, 4 Uhr
Die geteerte Strasse hat sich zunächst in einen ungeteerten Waldweg mit Schlaglöchern und danach in eine Schlagloch- und Achterbahnstrecke verwandelt. Helmut hat seine Freude und bugsiert das Auto im ersten und zweiten Gang mit Allrad um kopfgrosse Felsen und Wasserlöcher im Weg herum, das Auto bockt und hüpft, Schlafen ist nicht drin. Dann kommt eine Schranke in Sicht, wir müssen raus und nach 5 Minuten und 3x Hupen schlurft tatsächlich ein Soldat heran, der uns in eine Baracke mitnimmt. Ausweiskontrolle, Paßdaten, Permitdaten, alles rein in ein Buch, dann dürfen wir weiter.

4:30 Uhr:
Die Straße ist weg, im Scheinwerferlicht sehen wir dort, wo ein Weg war, nur abgerissene Bäume und eine 50cm hohe Schlamm- und Geröllfläche. Eine Mure ist abgegangen, keine Chance da durchzukommen. Helmut deutet uns an, dass wir laufen sollen. Also raus mit dem Gepäck und gleich mal rein in den Dreck. Der erste Anlauf, das Ding zu queren, endet mit zwei schlammverschmierten Urlaubern, da der Untergrund weich wie Treibsand ist und beim Umkehren die >30kg Gepäck mehr als hinderlich sind. Zum Glück fidnet sich ein anderer Weg und oh Wunder, am oberen Ende steht ein Land Rover und wartet auf uns.

5:30 Uhr:
Wir sind im Camp und packen unseren dreckigen Kram aus. Keiner der Fahrer kann englisch, mal sehn wie weiter. Ein kleinerer Mann mit wenig Haaren auf dem Kopf kommt lächelnd auf uns zu "I am Ali, director, please come". Zur Aufmunterung und Begrüßung gibt es Tee und Cognac, wir bekommen ein Zimmer mit WC (für den Preis eines ohne den Komfort, da kein solches frei ist), schaffen unser Gepäck hoch und gehen erstmals schlafen.






Wissenswertes zu Anmeldung, Formalitäten:

Im Gegensatz zu Reisen in der EU benötigt man eine Reihe von Papieren, um in das Gebiet reisen zu dürfen. Dementsprechend benötigt man grob 2-3 Monate Vorlauf vor der Reise, um diese zu beantragen. Zunächst einmal sollte man sich im Camp Bezengi per Email anmelden und abklären, ob Platz vorhanden ist. Dann muss der Flug herausgesucht werden, damit die Eckdaten der Reise abgeklärt sind.
Steht der Termin fest, schickt man eine Email ans Camp, mit der Bitte den Transport ins Camp zu organisieren. Die Campleitung benötigt zudem die Daten der Reisenden (Name, Passnummer, Passausstelldatum etc) und etwa 60 Tage Zeit, da sie ein zusätzliches Grenzvisum bentragen muss.
Dann besorgt man sich eine von Russland anerkannte Krankenversicherung für die Reisedauer ( http://www.russlandjournal.de/russland/reiseinformationen/visum/krankenversicherung/ ), was am einfachsten geht, indem man bei der Schwarzmeer und Ostsee Versicherungs-Aktiengesellschaft online einen Antrag ausfüllt, Kohle blecht (15 Euro für 14 Tag, 25 Euro für 30 Tage) und dafür ein PDF per Email zugeschickt bekommt. Inwiefern die Sovag einem im Ernstfall wirklich hilft ist mir unbekannt, ich habe zur Sicherheit bei meiner Krankenkasse für den Zeitraum eine Auslandskrankenversicherung abgeschlossen.

Hat man eine Russlandversicherung, packt man diese zusammen mit dem Reisepass, einem ausgefüllten Antragsformular für ein Russlandvisum und zwei Passfotos in einen Briefumschlag und schickt diesen an eines der spezialisierten Unternehmen, die sich um die Visumvermittlung kümmern (-> Google, "Russland Visum"). Diese haben das Antragsformular in der Regel online bereits vorliegen, so dass man es nur ausfüllen und drucken muss. Je schneller der Antrag durch muss, desto teurer. Im Ernstfall sind Visa am gleichen Tag drin, allerdings kommt der Postweg dazu. Danach ist man reisefertig.
Bei Ankunft bekommt man vom Fahrer das Grenzvisum, welches man bei der Fahrt auch gleich benötigt, denn an einem Militärposten muss man sich registrieren. Im Camp selber benötigt der Lagerchef noch einmal Kopien der Reisepässe (fertigt er an), die er nach Nalchik an eine weitere Behörde schickt. Zur Bestätigung erhält man danach einen weiteren Zettel, den aber bei uns kein Offizieller je sehen wollte.

 

Tipps zur Planung der An-/Abreise:
 

  • Je länger man vorraus plant, desto billiger ist insb. das Russlandvisum. Wer Zeit hat legt 60 Euro auf den Tisch, wer es eilig hat 120 Euro (oder mehr).
  • Bei der Reisedauer haben wir die exakten An- und Abreisedaten angegeben. Wer auf Nummer Sicher gehen will lässt sich bei der Reisedauer ein paar Tage vorne und hinten Luft. Geht etwas schief, sthet man bei der Ausreise nicht ohne ungültiges Visum an der Grenze.
  • Je nach Anbieter kleben diese nur das Visum selbst und manchmal noch einen zusätzlichen Schein in den Reisepass. Lediglich der Visumsaufkleber selbst ist notwendig, alles andere wie etwaige schriftliche Einladungen seitens Camp o.ä. sind überflüssig.
  • Die Organisation des Transports vom Flughafen (Nalchik bzw. eher Mineralny Vody) ist völlig unkompliziert. Wir erhielten lediglich ein "Prinyato.Postaraemsya pick up at night." als Antwort und wurden um Mitternacht(!) pünktlich in Min Vody abgeholt, ohne Wenn und Aber oder Zusatzkosten.
  • Die Fluglinie zw. München und Nalchik exitiert nicht mehr, der Flughafen wird unseres Wissens nach nur von einem der kleineren Flughäfen von Moskau (und für die Anreise unwichtigen Orten) aus angeflogen. Bleibt also nur die Anreise von Deutschland nach Moskau und dann weiter nach Min Vody.
  • Bei der Einreise muss man im Flugzeug ein Papier mit den Reisedaten doppelt ausfüllen. Eine Kopie behält der Zoll, das andere wird gestempelt und muss bei der Ausreise vorgezeigt werden. Laut eines Mitreisenden sollte man es tunlichst unterlassen, diesen Wisch zu verlieren.
  • Für den Marsch zwischen Terminal D und F in Moskau benötigt man 30 Minuten im ordentlichen Marschtempo, das Gepscäk kann nicht direkt bis zum Ziel durchgeleitet werden und muss selbst getragen werden. Zudem lassen sich die Jungs bei der Passkontrolle bei der Einreise gut Zeit (wir standen 1 Stunde, und das nur weil jemand irgendwann sich beklagte und dann zusätzliche Schalter geöffnet wurden). Daher sollte man unbedingt 2.5-3 Stunden zwischen den Flügen nach Moskau und weiter nach Min Vody einplanen.
  • Als Highlight zeigen die Flugtafeln meistens nur die Flüge vom eigenen Terminal an und der Infoschalter ist abends unbesetzt. Da muss man etwas herumfragen, wo denn der nächste Flieger geht (bei uns Terminal D und F) oder eine der "Multitafeln" suchen, die alle Flüge zeigen.
  • Der Rückflug ist einfacher und schneller, da die zeitaufwendige Passkontrolle entfällt. Bleibt der Fussmarsch zwischen den Terminals.
  • Die Preise am Flughafen Moskau sind schweinisch. Für ein Bier haben wir umgerechnet 7 Euro gelatzt, und das auch nur weil wir in Rubel gezahlt haben und somit den offiziellen Umrechnungkurs hatten (1 Euro = 40 Rubel). Wer mit Euro zahlt, zahlt noch mehr, da die Bars einen Kurs von 1 Euro = 30 Rubel verrechnen.
  • Der Fahrer vom Camp hat das Grenzvisum dabei. Irgendwo kurz vorm Camp steht eine Militäranlage, wo man sich mit Visum und Pass ausweisen und eintragen muss. Die Grenzer reden kein Englisch, verstehen aber Armwedeln ganz gut.
  • Die Fahrt zw. Min Vody /Camp dauert grob 5-6 Stunden, der Jeep kostet pro Gruppe und Fahrt 120 Euro. Die Strecke ist bis knapp vorm Ort Bezengi gut ausgebaut und kann dann nur als abenteuerlich beschrieben werden. Wer hier im Auto schlafen kann, kann dies auch auf einem Rodeogaul. Wer zudem im Auto Sicherheitsgurte sucht ist selber schuld.

 

Camp Bezengi und drum herum:
 

  • Das Camp steht am südlichen Strassende an einer Talgabelung. Von dort aus geht es nur noch zu Fuss weiter in das Bezengi- und das Mishirgi-Tal. Das Camp besteht aus rund 15 Häusern und zwei Türmen, einigen fest installierten Zelten sowie dem, was die Besucher so an Zelten auf dem zugehörigen Campingareal aufbauen. Direkt neben dem Camp (5 Gehminuten) befinden sich mehrere Kletterfelsen mit gebohrten Haken und Ständen. Vielleicht sollte man da mal ein paar Pfälzer hinschicken, damit sie lernen wie man Routen absichert.
  • Der zentrale, quadratische und zweistöckige Bau beinhaltet das Büro des Direktors, des Bergführerbüro, einen "Rental-Room" wo man auch Brennstoff bekommt, einen grossen Aufenthaltsraum mit Bar, Strom, Fernseher und Internetzugang (WLAN, kostenpflichtig) sowie die Luxuszimmer mit eigenem Bad/WC. Neben weiteren Gebäuden mit Schlafzimmern kommen noch ein Lebensmittelladen sowie das Kantinengebäude dazu, in dem sich zudem ein kleines Geschäft für Ausrüstung und Souveniers befindet.
  • Vor Ort kann man sich somit mit quasi allen Verbrauchsgütern ausstatten und muss diese nicht einfliegen. Im Rental-Room erhält man 450g Schraubkartuschen mit Isobutan/Propan sowie Dinge, die man zerlegt oder vergessen hat (Isaomatten, Seile, Steigeisen, Eispickel).
  • Der Lebensmittelladen bietet neben Konserven aller Art auch Schokoriegel, Kekse, Tütensuppen, Trockenfrüchte, Kartoffelbreipulver, löslichen Kaffee, Tee, Zucker-/Salzportionen, Müsli, Mineralwasser, Salami, Käse und diverse Früchte. Wer will kann auch russische Einmannpackungen der Armee erstehen. Lediglich Gummibärchen, Chips oder Spezialenergyriegel sucht man vergebens.
  • Im Souveniershop bekommt man 1:50k Landkarten der Gegend (200 Rubel), einen Gebietsführer (250 Rubel) in russisch, dafür aber mit vielen Bildern der Berg- und Kletterrouten sowie allerhand andere Dinge (Batterien, Rasierklingen, Duschgel, Klopapier, Daunenjacken, Softshells, Schlafsäcke, Socken, Handschuhe,...).
  • Die Kantine bietet 3x pro Tag Essen (8 Uhr Frühstück, 154 Uhr Mittagessen, 19 Uhr Abendessen). Wer russisch kann, kann womöglich vegetarisch ordern (wir haben einmal so etwas in der Art erblickt), ansonsten gewöhnt Euch an schmackhafte Hackfleischgerichte aller Art und süssen Schwarztee. Klingt eigentlich schrecklich, aber das Essen ist gut gekocht und die Beilagen wechseln durchaus ab (Kartoffelbrei, Reis, Kuskus). In der Kantine herrschen strikte Regeln. Zum Essen wird geläutet, vorher lassen sie einen nicht rein. Bier mitbringen ist unerwünscht und der Tisch wird einem zugeteilt. Die Abrechnung erfolgt zum Schluss, man sagt lediglich Ali, dem Campdirektor, wieviele Mahlzeiten man hatte - Vertrauen ist alles.
  • Wer Abwechslung will geht in die Bar im Zentralbau, dort bekommt man Hähnchen mit und ohne Beilagen, Salat, Käsepfannkuchen, Hackfleischkuchen, Hackfleischpizza, Kuchen, Spiegeleier und ganz wichtig: Knoblauchsosse. Das Ganze ist sehr günstig (ein paar Euro) und garantiert so kalorienhaltig, dass Weightwatcher in Tränen ausbrechen. Ach ja, Bier (Tepek, gesprochen Terek) kostet 40 Rubel (1 Euro), Wodka liegt auch bei 40 Rubel und der wärmstens empfohlene kaukasische Cognac kostet 70 Rubel. In der Bar akzeptieren sie auch Euro und US-Dollar, der Wechselkurs lag bei uns bei 1 Euro = 38 Rubel, weswegen wir bis auf 4000 Rubel kein russisches Geld ins Camp mitnahmen. Auch das Zimmer, das restliche Essen und die Fahrten haben wir in Euro beglichen. In der Bar befinden sich zudem mehrere Steckdosen, an denen Ladegeräte, Laptops etc. mit Strom versorgt werden können. Die kleinen 220V-Stecker passen ohne Adapter.
  • Das Bergführerbüro ist der zentrale Anlaufpunkt bei der Tourenplanung. Lediglich der älteste Begführer spricht ein paar Brocken englisch, was jedoch ausreicht um sich den Routenverlauf am PC anhand von Bildern zeigen zu lassen. Im Büro gibt es Literatur auf russisch sowie den original Bender Bezengi-Führer in deutsch.
  • Für Notfälle kann man Funkgeräte ausleihen, was einem ohne Sprachkenntnisse jedoch recht wenig nutzt. Auch mit Funke sollte ein Unfall vermieden werden, denn wie die anwesende Bergrettergruppe anrückt ist mir schleirhaft. Womöglich wird ein Militärheli angefordert, darauf verlassen würde ich mich aber nicht. Im Bergführerbüro meldet man sich zu Touren ab und und bei Rückkehr wieder an, so dass immer alles seine Ordnung hat. Interessanterweise wurde da einem Gruppenleiter auch einfach mal ein Berg mit dem Hinweis verweigert, es wären schon zu viele unterwegs in der Route.
  • Eigentlich wollten wir ein Zimmer ohne WC, es waren jedoch alle belegt. Wir bekamen ein Zimmer mit WC zum Preis ohne dieses Extra  ( 9 Euro/Nacht und Person) und waren ganz glücklich damit, insbesondere beim Vergleich der Sanitärnalagen unsere Behausung mit den rustikalen Einrichtungen ausserhalb. Wir hatten 3 Betten (eins davon breit genug für 2 Leute) sowie ein Badezimmer mit Waschbecken, Klo, Boiler und einer Dusche mit zig Duschköpfen. Alles blitzblank sauber, mit Hand- und Betttüchern, wirklich heissem Wasser (und Trinkwasser aus dem Wasserhahn). Das Zimmer war abschliessbar, wobei wir nach einiger Zeit doch erkennen mussten, dass die Diebstahlgefahr doch nicht ganz so hoch ist wie wir es befürchtet hatten. Da lagerten zig Daunenschlafsäcke, Seile oder Bergstiefel im Freien, ohne dass diese sofort Beine bekamen.
  • Reisepass und Grenzvisum immer im Rucksack dabei haben. Zumindest im Bezengi-Tal (bis ganz hinten am ehemaligen österreichischen Biwak) sind Militärpatrolien unterwegs. Die Jungs sind sehr freundlich, aber schicken einen doch mit bestimmter Miene zurück ins Camp, wenn man seine Unterlagen nicht dabei hat (hat mich 30 Minuten Fussmarsch gekostet). Im Zweifel haben sie die überzeugenderen Argumente in Form von 7.62mm dabei.
  • Tagestouren auf 4000er ab Camp Bezengi sind nur sehr schlecht drin, die Dimensionen sind schlichtweg nicht mit alpinen Massstäben vergleichbar. Für einen der nächstgelegenen 4000ern (Brno) benötigt man 4 Stunden bis zum üblichen Biwakplatz und von dort aus 4-5 Stunden bis zum Gipfel. Mit Tagesgepäck käme man auf etwa 7-8 Stunden Aufstieg und grob 5 Stunden Abstieg. Es ist daher viel einfacher, sich mehrere Gipfel rund um einen Biwakplatz herauszupicken, mit dem ganzen Material zu einem Biwakplatz zu wandern und von dort aus mehrere Tage lang Touren zu unternehmen.
  • Die Wegfindung war für uns recht einfach. Zu dem Biwakplätzen und auf den meisten Routen am Berg waren entweder massive Pfade ausgetreten, der Fels abgenutzt oder es standen Steinmännchen herum. Dennoch benötigt man etwas Erfahrung in Orientierung, da die Wege nicht beschildert oder mit Farben gekennzeichnet sind.
  • Die 1:50k-Karten aus dem Camp können mit einem GPS genutzt werden, das Kartendatum ist auf den Karten vermerkt. Allerdings sollte man keine Schweizer Präzision bei Höhen- und Koordinatenangaben erwarten.
  • An den Biwakplätzen findet sich immer Wasser in der Nähe. Es lohnt sich jedoch, entweder ein paar Faltflaschen extra einzupacken, damit man nicht für jeden Liter extra gehen muss. Es finden sich jedoch vor Ort immer wieder PET-Flaschen, die gezielt dafür am Biwakplatz zurückgelassen wurden.
  • Wem es nicht reicht, dass die wilden Bergziegen im 5m-Abstand um einen herumschleichen, der sollte sich im Camp eine Büchse Salz besorgen und diese mitnehmen. Damit kann man die Viecher prächtig anlocken.
  • Der einzige erhältliche Tourenführer ist das englische "Classic Climbs in the Caucasus", eine Übersetzung des Buches von Friedrich Bender "Der Kaukasus: Bergführer Zentralkaukasus(Besingi-Gebiet)". Das Original stammt von 1973, die Übersetzung von 1991 und enthält lediglich eine Tourenauswahl aus dem Bezengi-Gebiet sowie viele Touren aus dem restlichen Kaukasus. Somit fehlen viele Tourenbeschreibungen, die im lokalen Guidebook drin stehen. Kombiniert man jedoch den dt. Bender im Bergführerbüro mit dem Guidebook, den Beschreibungen durch die Führer vor Ort und Gruppen, die man unterwegs trifft, kommt man ganz gut zurecht.
  • Die Gegend bietet viele schwere Touren, an denen sich auch gute Bergsteiger die Zähne ausbeissen können, aber auch eine ganze Reihe von einfacherenn Gipfelzielen, mit denen sich 2-3 Wochen Urlaub leicht füllen lassen können.
  • Die russische Schwierigkeitsskala ist mit Vorsicht zu geniessen. Sie geht von 1A über 1B, 2A und 2B bis 6B (siehe auch: http://www.summitpost.org/russian-alpine-grades/178646 ). Da jedoch neben den rein technischen Schwierigkeiten auch Tourdauer, Exposition, Tourhöhe und -dauer mit in die Wertung reinspielen, ist es sehr schwer, sich ein echtes Bild von den Anforderungen zu machen. Auf Amazon findet sich dazu auch eine Warnung: "Grades are simply stated in Russian system where a 250-meter rock climb in Crimea and The Russian route on Mt. Everest have the same 5A grade!".
  • Das Klima war weit gemässigter als in den Alpen. Wir hatten zwar Schutzkleidung für die uns aus den Alpenbekannten Wetterstürze dabei, aber Daunenjacken, zusätzliche lange Unterhosen und Unterziehhandschuhe blieben dann die ganze Zeit im Camp. Ein Tarp erwies sich dagegen als nützlich, um sich um die Mittagszeit vor der sengenden Sonne in Sicherheit zu bringen. Eine Kappe als Sonnenschutz wäre sehr sinnvoll gewesen (hatte ich vergessen), starke Sonnencreme ist ebenfalls wichtig.
  • Die Wolkenbilder waren recht schwer deutbar, lediglich starke Quellbewölkung, welche aus Süden über die Bezengimauer herankam war ein ziemlich sicheres Zeichen für Gewitter/Hagel/Regen. So schnell und kräftig wie es zu regnen kam, so schnell war das Wetter auch wieder weg. Wolken, welche sich im Laufe des Tages an den Berghängen bildeten, aus dem Tal die Gletscher und/oder Nebentäler hochkrochen hatten dagegen keinerleis Auswirkungen und verschwanden über Nacht immer.

Tourengänger: Becks


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Kommentare (5)


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Sputnik Pro hat gesagt: Sehr, sehr spannend...
Gesendet am 28. Juli 2012 um 21:00
... und bestens beschrieben. Da bin ich noch gespannt was für Abenteur ihr noch erlebt habt.

Im Bezengi war ich bisher noch nie, jedoch plane ich den Škhara in den nächsten Jahren und bin überrascht wie einfach die Tourenorganisation vom Lager verläuft.

Viele Grüsse,

Sputnik

Becks hat gesagt: RE:Sehr, sehr spannend...
Gesendet am 30. Juli 2012 um 09:06
Ich habe schon auf Deinen Kommentar gewartet, denn bislang lieferte das Suchwort "Bezengi" hier auf Hikr nur einen Kommentar von Dir :)

Shkara ist hart, Eis 60°, tw. darüber, Mixed und Fels IV-V laut Tschechen, mit denen wir geredet haben. Sieht aber klasse aus der Berg.

Und jup, wie einfach das Ganze ist hat uns auch überrascht. Wären da nicht die 2 Monate Vorlauf wg. Visum etc. wäre es eine schöne spontane Alternative für Chamonix/Courmayeur/Zermatt.

Sputnik Pro hat gesagt:
Gesendet am 30. Juli 2012 um 16:40
Haben die Tschechen den Normalweg über den Nordostgrat gewählt. Nach Studium auf russischen Seiten scheinen mir die Kletterschwierigkeiten von IV-V doch sehr hoch. Eis und Firn um 60° an einzelnen Stellen können jedoch zutreffen. Nun ja, ich würde die Tour sowiso mit einem technisch sehr versierten HIKR-Kollegen (Bergführeraspirant) machen oder mit der russischen Berg- und Expeditionsagentour "alexclimb".

Doch nächstes Jahr werde ich mit Ski oder Schneeschuhen erst einmal nach Armenien im Frühling fahren. Im Sommer geht's dann aber wieder in Kaukaus nach Südossetien.

Пока!

Андрей

tatrian hat gesagt: Auf ins Bezengi Camp
Gesendet am 3. Dezember 2013 um 21:42
Hallo Becks,
wir wollen im Sommer die 5000'er im Bezengi Gebiet besuchen. Ich bin auf der Suche nach GPS Wegpunkten und Tracks sowie brauchbaren Anstiegsskizzen oder Kartenmaterial.
Es wäre schön, wenn du uns helfen könntest. Das Netz ist nicht gerade voll von Informationen :-)
Ich bin neu hier und weiß nicht wie man am besten sowas austauschen kann. Mail oder so ...
Danke

Becks hat gesagt: RE:Auf ins Bezengi Camp
Gesendet am 4. Dezember 2013 um 09:10
Moin,
einige GPS-Tracks habe ich hier ja schon hinterlegt und Tipps zur Anreise bzw. für vor Ort eingetippt (schon mal ein Anfang).
Für mehr Infos (bzw. Diskussionen mit den Leuten die da dabei waren) wäre es am einfachsten wenn Du Dich auf outdoorseiten.net anmelden und einen Beitrag bzw. eine Anfrage im Alpinunterforum erstellen würdest. Dort kurven nämlich alle anderern ebenfalls herum was einen Infoaustatusch einfacher macht.


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