Schneeschuhe, Steigeisen und SAC


Publiziert von Newa , 12. Januar 2011 um 20:58. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Misox
Tour Datum: 8 Januar 2011
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT3 - Anspruchsvolle Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Arbeola-Molera   CH-GR 
Zeitbedarf: 2 Tage 9:30
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 1250 m
Strecke:1. Tag: Braggio Seilbahn - Rifugio Alpe di Fora - Pian di Renten - Piz di Renten Pt.1973 - Alpe di Fora; 2. Tag: Alpe di Fora - Braggio - Arvigo
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Ö.V.: Postautoverbindung ab Bellinzona ins Calancatal. Posthaltestelle Arvigo. Seilbahn nach Braggio; Auto: San Bernardinolinie bei Grono verlassen. Richtung Calancatal bis Arvigo. Gratis Parkplätze 100m nach dem Dorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito
Unterkunftmöglichkeiten:Rifugio Alpe di Fora (www.capanneti.ch) Ferienwohnungen in Braggio bei Agnese Berta www.braggioturismo.ch (ab 3 Tagen)
Kartennummer:swissmap 1:25'000

Urnäsch liegt ja bekannterweise nicht unmittelbar neben dem Misox, aber die anhaltende Föhnlage liess den ganzen guten Schnee im Appenzellerland schmelzen und so entschlossen wir neun Teilnehmer des SAC Kurses "Steilhänge und Eis mit Schneeschuhen und Steigeisen", dieses Wochenende im Misox zu verbringen, wo die Schneeverhältnisse besser zu sein schienen.
Die zwei Autos voll freudiger SAC'ler und vor allem voller Material, starteten wir frühmorgens unsere Fahrt von St. Gallen aus Richtung Süden, Richtung Calancatal.
Nach etwa knapp drei Stunden parkierten wir auf dem Parkplatz der Seilbahn Arvigo, verteilten allgemeines Material, sowie Proviant für zwei Tage und bestiegen die enge Kabine, welche uns nach Braggio bringen sollte.
Anders als im Tal hatte es hier, wenn auch nicht sehr viel, doch genügend Schnee, so dass wir die Schneeschuhe montieren und uns auf den Weg machen konnten. Zuerst folgten wir der Teerstrasse etwa 300 Meter sanft aufwärts, dann zweigten wir rechts auf die erste Hügelkuppe ab, die scharf von einer steilen Grashalde auf der rechten Seite begrenzt wurde. Leider hatte eine Teilnehmerin die falsche Frage nach der Haftung der Schneeschuhe im Gras in die Runde geworfen, so dass unser SAC Leiter, Michiel, sofort die Gelegenheit für unsere erste Übung nutzte: das ab- und aufsteigen mit dem ganzen Gewicht auf dem Rücken im wirklich steilen! Grashang. Vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass das Wetter grau war und es regnete. Nach dem ersten Erfolgserlebnis (ich war nicht abgerutscht und vom Rucksack erschlagen worden), stiegen wir leicht aufwärts traversierend bis zum Rand eines Lärchenwaldes hoch, welchen wir im Zick-Zack bis zum oberen Forstweg durchquerten. Der Schnee präsentierte sich nun bereits ca. 30cm hoch und ziemlich durchnässt.
Rechts folgten wir nur kurz dem Forstweg, der uns an eine kleine Brücke führte, die zum Val Meira gehörte, hier legten wir eine kurze Rast ein, in welcher sich aber wiederum die Möglichkeit für eine weitere Übung ergab:
Das Aufsteigen in pulverigem, nachgiebigem, haltlosem Schnee - oder anders gesagt, die Wühlmaus-Übung. Nachdem ich erfolglos versucht hatte den Hang hochzurudern und mir der Schnee im Mund, den Augen und der Nase klebte, erhielt ich einen sehr hilfreichen Tipp: die Stöcke quer halten, stabil im Schnee verankern und mich Schritt für Schritt auf diese Art hocharbeiten.
Wieder machten wir uns auf den Weg. Kurz nach der Brücke zweigten wir links ab, Spuren folgend, in den Wald hinein. Nach etwa einer halben Stunde erreichten wir unser vorläufiges Ziel, unsere Bleibe für eine Nacht, die gemütliche Selbstversorgerhütte Alpe de Fora. Welch Empfang: seeger war netterweise bereits am Vortag aufgestiegen, hatte tüchtig eingeheizt und uns eine wunderbare Suppe vorbereitet. Nachdem wir uns aufgewärmt, getrocknet und die Zimmer bezogen hatten, starteten wir unsere Tour. In Süd-östlicher Richtung querten wir zwei eindrückliche Lawinenrunsen, die uns Gelegenheit für einige theoretische Inputs in Lawinenkunde boten. Der Schnee nahm parallell zur Höhe an Qualität und Menge zu und bald schon wähnten wir uns in der von Schneeschuhläufern so geliebten, verzauberten Winterlandschaft. Leider war die Sicht suboptimal und die Sonne zeigte sich nicht. Michiel entschied sich aufgrund der Schneesituation, unser Tour auf den Pian die Renten zu lenken und auf dem Weg dorthin nutzte er sich anbietende landschaftliche Gegebenheiten um weitere Übungen durchzuführen. So querten wir kleine Steilhänge mit becherförmigem Schwimmschnee im Untergrund, lernten Sprungtechniken, stiegen mit der Quer-Stock-Technik schneegefüllte Mulden hoch und versuchten Überhänge zu erkennen und einzuschätzen. Ständig steiler werdend kämpften wir uns auf diese Weise bis zum Piz di Renten Pt.1973 hoch, welche alle Teilnehmer erfolgreich erreichten. Des Wetters und des Wächtenabbruchs wegen mussten wir leider auf ein gelungenes Gipfelfoto verzichten.
Schnell verabschiedeten wir uns vom Gipfel und begannen den Abstieg, zuerst auf der gleichen Route, dann rechts ausscherend Richtung Piz de Rüss einen Hang hinauf und schnell orientierungslos in unbekanntem Gelände. Glücklich, weil schon langsam eindunkelnd, stiessen wir einige Zeit später wieder auf unsere Spuren, die uns direkt in die warme Hütte führten.
Da die Solaranlage defekt war, verbrachten wir eine urgemütlichen Abend bei Candle Light, schlemmten wunderbare Spaghetti (Dank an Marianne, ich liebe deinen Sugo!), unterhielten uns angeregt und gönnten uns zwei, vielleicht drei Cognacs, Hüttenkafis und was halt so in dieser Atmosphäre getrunken wird (ich muss hier ja nicht alles erzählen, oder?)  Wie auch immer, es war ein romantischer Abend, bis mit einem lauten WUMM der Schnee vom Hüttendach rutschte und die Türe und Fenster zumauerte. Glücklicherweise hatten wir genug Schaufeln und starke Mannen dabei, welche sogleich mit dem Wegschaufeln begannen und schnell waren die nötigen "Löcher" wieder frei.
Nach einer sehr guten Nacht, in der ich nicht einmal die Schnarcher hörte (hat wirklich keiner geschnarcht?) standen wir spät auf und weil das Wetter immer noch nicht so richtig mitmachen wollte entschieden wir uns, um die Hütte herum Übungen durchzuführen. So installierten wir Fixseile an denen wir uns mit Prohaska- und Prusikknoten aufseilten, benutzten für das gleiche Tiblocs, suchten vergrabene LVS, lernten Sonden stecken, querten mit Steigeisen die sturmumtobte Hütten-Nordwand und einige versuchten vergebens für ein Foto im richtigen Moment vom Hüttendach abzuspringen ;-)
Gegen Mittag wurde es Zeit für den Abschied und den Abstieg. Nach einer letzten Mahlzeit in der Hütte und dem Packen der Rucksäcke stand uns unsere letzte grosse Herausforderung bevor: die Direttissima, mit dem ganzen Gepäck, in bis zu 31° steilem Gelände, mit teilweise sogar für die grösseren Männer hüfthohen Schneeansammlungen. Na ja, ich will nur für mich reden, mit meinen gestreckten guten 160cm und zusätzlichen 15kg Gewicht auf dem Rücken, rutschte ich mehr oder weniger den Abhang tapfer auf dem Hosenboden hinunter, bis wir endlich den Forstweg querten. Hier teilten wir uns in zwei Gruppen: Die eine folgte weiter dem Forstweg mehr oder weniger sanft absteigend wieder durch den Lärchenwald, die andere verfolgte weiter die Direttissima, nun durch sulzigen Schnee, bis wir uns alle an der Seilbahnstation trafen. Von dort aus spazierten wir, vertieft in Gespräche oder Gedanken an imposanten vereisten Wasserfallformationen vorbei, direkt in die Dorfbeiz von Arvigo.
Fazit: ein sehr gut organisiertes, lehrreiches und spannendes Wochenende mit vielen schönen und bleibenden Eindrücken und interessanten Bekanntschaften. Herzlichen Dank an Michiel, der dieses Wochenende möglich machte und an seeger, der für den gemütlichen und entspannten Teil zuständig war.

Teilnehmer: Claudia, Lilly, Marianne, Benedicte, Armin, Peter, Stefan und Anica (newa)
 

Tourengänger: Seeger, Barna10, Newa, Merida


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Kommentare (2)


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ostwest hat gesagt: Wie?Was?Wo?
Gesendet am 13. Januar 2011 um 10:20
Gelungener erster! Bericht. Die nächsten werden nicht mehr annähernd soviel Anstrengung/Nerven kosten wie die Touren selbst.

Newa hat gesagt: RE:Wie?Was?Wo?
Gesendet am 13. Januar 2011 um 13:41
Hoi ostwest

Danke für das Kompliment.
Du hast wirklich recht, ich habe mehr als einmal die Hände verworfen und wollte aufgeben. Es ist echt nicht einfach die Berichte mit allem drum herum zu schreiben wenn man nicht gewöhnt ist im Internet zu arbeiten. Zum Glück hatte ich Hilfe von seeger. Gruss Newa


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