nordöstlicher Abschluss der Schrattenflue: Tälle Ostgipfel, und Bärsilichopf


Publiziert von Felix , 16. November 2009 um 17:31. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum:14 November 2009
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-LU   Schrattenflue-Gruppe 
Aufstieg: 985 m
Abstieg: 985 m
Strecke:Brücke über die Waldemme bei Churze Hütte - Ober Blase - Ämmetal - Bärsiligrat - Tälle - Bärsiligrat - Bärsilichopf - Schlüechtli - Ruch-(Schwand) - Hirseggli
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Postauto oder PW nach Flühli zur Brücke beim Golfplatz
Kartennummer:1189

Da hatten wir doch einfach Vertrauen - und Glück: nicht nur zum Gipfelkreuz des Tälle zu gelangen, sondern dort beste Aussicht geniessen zu können, bei angenehmer Temperatur zu rasten, kurzweilige kleine Kraxeleien zu unternehmen, den für manche wohl unscheinbaren und abgelegenen Bärsilichopf zusätzlich "anhängen" und abschliessend der idyllischen (bis auf die Gewässerverschmutzung wenigstens) Waldemme entlang laufen zu können!
Unsere Freude an dieser "kleinen" Voralpentour gründete mitunter auch darin, dass uns in diesem eher wenig begangenem Gebiet so unterschiedliche Eindrücke und Erlebnisse widerfuhren: anheimelndes voralpines Wiesengelände mit einsamen Biotopen und Alpen, steilste Grasaufstiege mit Seilsicherung am Felsen, begeisternde Kalk|Karst-Formationen, Panoramasicht bis auf die höchsten Berner Berge, Nahsicht auf die näheren Schrattenfluegipfel, eindrückliche Zeugen des Waldsterbens, Begegnung mit Schafen und deren Schutzhunden und schliesslich die Wanderung dem gemächlich dahinfliessenden Flüsschen nach - durch den ehemaligen Libellen-Urwald; sehr nahe der Strasse mit dem obligatorischen Abfall und Kollisionsresten ...


Noch starteten wir bei der Brücke vis-à-vis des Golfplatzes bei etwas trübem Wetter; dieses begleitete uns erst mal bis zur eingewinterten Alp Ämmetal. Kurz nach ihr änderte die Kadenz: bereits der Gras-Geröllhang wies eine beträchtliche Steigung auf, die letzten Schneereste liessen eine gewisse Vorsicht aufkommen. Nach der Umgehung des markanten Felszahnes nahm die Steigung noch zu: eine äusserst steile, nasse Spur unmittelbar dem Felsen entlang liess uns das in die senkrechte Felswand eingelassene Drahtseil gern in Anspruch nehmen. Auf dem Bärsiligrat angekommen, hüllten wir uns erst in zusätzliche Textilschichten ein, derart stark wehte hier der Wind. Doch beim nachfolgenden Aufstieg, resp. der Suche nach den idealen Durchgängen zwischen den verschiedenen Flühen wurde es stets wärmer: bald einmal zeigte sich über uns blauer Himmel. So wurde denn der erst steilere Aufstieg durchs herrliche Karstgelände immer prächtiger; bald einmal erreichten wir das flachere Gipfelvordach: hier fanden sich in den Senken doch bis zu 20 cm Schnee - also zogen wir die klugerweise mitgetragenen Gamaschen an.

Bis zum wieder sanfteren Gipfelschluss-Anstieg fanden sich jedoch immer wieder beinahe schneefreie Abschnitte. Scharfkantig blieb der Kalk jedoch alleweil: "Schuhsohlenverschleiss-Kalk", meinte Ursula ... Oben, auf Tälle - Ostgipfel, angelangt, erfreuten wir uns vor allem an der Sicht auf den gegenüberliegenden Strick, haben wir ihn doch erst im Frühsommer genussvoll überquert. Und die lange Rast - die wärmende Sonne tat ihr Eigenes dazu - nutzten wir auch, um das vom Wind und Schnee recht schiefe Gipfelkreuz wieder in seine ursprüngliche aufrechte Lage zu bringen.
Für den Abstieg wählten wir - bis auf die Variante eine Flue tiefer - denselben Weg; nach wie vor wäre in den schattigen, mit Schnee angereicherten Passagen ein Ausrutschen unvorteilhaft gewesen ...

Wieder auf dem Sattel des Bärsiligrates angelangt, beschlossen wir - die nahende Schlechtwetterfront von Westen als noch weiter entfernt einschätzend - noch den Bärsilichopf mitzunehmen. Wanderwegmässig ist der in Kürze erreichte Grassattel so bezeichnet  - der kühne, steile Graszahn jenseits erfordert etwas Trittsicherheit im abschüssigen Gelände; ihn muss man|frau jedoch bestiegen haben! Verborgen hinter dichten Tannenwald erhebt er sich nach einem kurzen Abstieg und Querung steil über der Waldemme - das Gipfelkreuz ist vom Tal aus zu erblicken, nicht jedoch vom Wanderwegpunkt. Auch hier erweisen die zahlreichen massiven Eisenverstrebungen ihren Dienst; der kurze Auf- und Abstieg gestaltet sich so gefahrlos, wenn auch etwas exponiert.
Der nun folgende Abstieg über Schlüechlti zu Ruch-(Schwand) ist geprägt von abgeholzten Waldpassagen - auf dieser Höhe setzt der Nebel (vor allem den Nadel)-Bäumen stark zu: offen ist das Gelände geworden, zu hoffen ist, dass dafür gesorgt wird, nicht weiter nur Mono-Fichtenkulturen heranwachsen zu lassen ...
Beeindruckend schliesslich auf Ruch-(Schwand) die Begegnung mit dem Älpler und dessen Schafen (und Geissen): zwei der imposanten weissen Herdenschutzhunde kamen uns bellend entgegen - wir verhalten uns, bereits mit "Kollegen" vertraut - richtig: gehen unseres Weges und schätzen die Anstrengungen sehr, welche gesamtschweizerisch unternommen werden, um den wenigen, ursprünglich heimischen, Wölfen, und den Herdentieren der Älpler ein einigermassen verträgliches Nebeneinader zu ermöglichen, hoch ein. (Nebenbemerkung: der Wolf war jahrhundertelang, wie andere grössere Wildtiere, in unseren Wäldern zu Hause, bis er ausgerottet wurde.) Nun gilt es, das natürliche Gleichgewicht neu einzurichten, zu steuern - meines Erachtens nicht mit der Priorität der herbstlichen Hochwildjagd ...

Zum beschaulichen Abschluss unserer tollen Tour: der Waldemme entlang begleitete uns nicht nur der Geschmack der intensiven Saumästerei, sondern auch derjenige des Flüsschens. Dieses zeigte bei näherem Hinschauen auch die Spuren von schlecht gereinigten Abwässern. Dem lieblichen Flussufer entlang, das abfallmässig von der nahen Hauptstrasse mitgeprägt ist,  haben Schüler aus der Gegend (und ihre Lehrpersonen) den ehemaligen Ur-Libellen-Wald nachgestellt: Modelle der Insekten, welche hier vor 250 Millionen Jahren gelebt haben, hängen im Massstab 1:1 zwischen den Bäumen - 75 cm Spannweite weisen die fliegenden Schönheiten auf.

Alles in allem: eine tolle November-Voralpen-Wanderung!

Tourengänger: Ursula, Felix


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