Steinbockweg - vom Lukmanier ins Sumvitg


Publiziert von CampoTencia , 10. August 2017 um 22:27. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Bellinzonese
Tour Datum: 3 August 2017
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   CH-TI   Gruppo Scopi   Gruppo Pizzo Corói   Gruppo Piz Medel   Gruppo Piz Terri 
Zeitbedarf: 3 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Postauto auf den Lukmanierpass
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit Alpin Bus zur Haltestelle Runcahez im Sumvitg: Region Greina
Unterkunftmöglichkeiten:Cap. Bovarina, Cap. Scaletta, Terrihütte
Kartennummer:1213 Trun, 1233 Greina, 1252 Ambrì-Piotta, 1253 Olivone

Aus dem Zürcher Oberland kommt man erst spät mit ÖV auf dem Lukmanierpass an. Da es heute nur um eine Einsteig-/Einstimmungstour geht, haben wir auch noch Zeit für einen Startkaffee. Nach einer halben Stunde ziehen wir los. Erst geht es gemächlich über Weidegelände ostwärts wenig steil hoch. Leichter Wind macht das Wandern angenehm. Bald kommen uns drei fröhliche Wegbereiter entgegen, ausgerüstet mit Schaufel, Pickel und Rechen. Wir danken den freiwilligen Helfern für den Unterhalt des Wanderweges. Vor Foppa di Negra steigt es steiler an, in einigen Kehren gewinnen wir Höhe und erreichen ein Gebiet, in dem verstreut schwarze, riesige Felsblöcke auffallen. Vermutlich sind sie vor langer Zeit aus den Hängen des Pizzo del Corvo ausgebrochen. Ein ungewohnter Anblick.
 
Beim Passo di Gana Negra finden wir Blöcke aus Bündner Schiefer, mal fest, mal bröselig verfallend. Dies alles zu betrachten haben wir genügend Zeit, da wir hier unsere Mittagsrast halten. Unsere Blicke gleiten von den vielen Schmetterlingen auf Scabiosen zu blauen Glockenblumen oder Pilzen, die durch Kuhfladen hindurch ihre Köpfe der Sonne entgegen strecken.
 
Weiter unten, in der Alpe di Bovarina, wird Alpwirtschaft betrieben. Eine grosse Herde Rinder weidet an den Hängen der Foppa di Rèdich. Das liebliche Glockengeläute gefällt uns. Wir passieren die grossen Alpgebäude, queren den Ri di Gana Negra und steigen hinab zur Cap. Bovarina. Freundlich werden wir von Yvonne, der Hüttenwartin begrüsst. Völlig unkompliziert werden wir mit den wichtigsten Infos versehen und zwei Minuten später dürfen wir an den schönen Granittischen mit einem kühlen Bier auf die kommenden zwei Tage anstossen. Das feine Abendessen mit dem Brasato al Merlot und dem abschliessenden Grappa runden den wunderschönen Tag ab.



Ein reich gedecktes Frühstückbuffet um 7 Uhr weckt unsere Lebensgeister, sodass wir eine halbe Stunde später im herrlichen Morgen losziehen können. Mässig steigt der Weg an bis zum schön plätschernden Bach, der aus dem Val d'Inferno kommt. Anschliessend wird es steil und es dauert eine Weile, bis wir den Lago Retico erreichen. Welch ein genussvoller Anblick! Das muss man einmal im Leben gesehen haben! Wir verweilen einige Zeit, um die Eindrücke in uns aufzunehmen, bevor wir die grasige Halde gegen Verzaira empor steigen. Vereinzelt finden wir wbw-Wegzeichen der ursprünglichen Markierungen des Sentiero degli Stambecchi. Es lohnt sich, immer wieder einen Blick zurück zu werfen: der Lago Retico, dahinter Cima della Bianca und der Scopi.
 
In der Flanke der Cima di Garina treffen wir nun auf felsiges Gelände. Die wrw-Markierung ist eindeutig: die 'Fahrverbots-Zeichen' auf langen Eisenstangen sind nicht zu übersehen. Steil steigen wir hoch und können noch nicht einsehen, wo wir den Sasso Lanzone erreichen. Aber schliesslich ist es, nach einer kurzen Kettenpassage, geschafft und wir setzen uns für ein Gratfoto zurecht. Ich staune ob der vielen einzelnen Felsbrocken, die unzusammenhängend einen Grat bilden können. Es sieht nicht nach einem Berg, sondern nach einem Schutthaufen aus grossen Felsblöcken aus. Die Faszination bleibt trotzdem, einfach schön, und einsam. Aber leider ohne die oft angepriesenen Steinböcke, die man hier antreffen kann. Jetzt ist Gehen über Blöcke angesagt. Die Hände finden Halt am Fels oder an einigen Stahlseilen. Für geländegängige Bergler aber kein Problem. Aber es braucht Zeit. Und zum Pass d'Uffiern zieht es sich noch hin. Auf diesem stossen wir zu einer alten Militärunterkunft. Leider ist sie abgeschlossen, also nicht mal als Notunterkunft zu verwenden. Unter uns der Lai d'Uffiern, teilweise noch eisbedeckt.
 
Der Pfad hinunter nach Pian Geirett ist immer gut sichtbar, aber es zieht sich endlos hin! Um viele Ecken und über viele Halden und Bäche, immer wieder die Ebene vor Augen. Von oben sehen wir den Pfad, der die Abkürzung durch den Westhang ermöglichen sollte. Nicht ohne Zwischenfall überschreiten wir den grössten Bach, der von den südlichen Hängen des Piz Medel runterfliesst. Nach den vielen Stunden seit dem Start in der Cap. Bovarina sind wir langsam müde, entsprechend mühsam empfinden wir nun den Anstieg über die letzten 200 Hm hinauf zur Cap. Scaletta. Dort setzen wir uns zu zwei Wanderern, denen wir abwechselnd im letzten Anstieg begegnet sind, und stossen mit ihnen mit einem grossen Bier an. Bruder und Schwester, die vor dem Strahlen noch eine Pause geniessen. In seinem Romantsch-gefärbten Deutsch erklärt er uns, dass 'Pass d'Uffiern' eigentlich 'Pass in die Hölle' bedeutet: Uffiern -> Inferno. Wie interessant!
 
Für unseren Geschmack sind hier heute Abend zu viele Berggänger anwesend. Die Hütte ist infrastrukturmässig dementsprechend ungenügend eingerichtet. Und die Hüttenmannschaft müsste sich überlegen, wie sie sich für grossen Andrang besser organisieren könnte.
 

 
Am Morgen wählen wir den wbw-Weg dem Brenno della Greina entlang. Abwechslungsreich geht es in mässiger Steigung hoch, erst über viel Blockgestein, dann entlang einer abschüssigen Halde. Und dann kommt er in Sicht: der Arco della Greina, eine imposante Steinbrücke. Wir steigen den Hang hoch, um den Felsbogen besser einsehen zu können. Wir können nur noch staunen und bewundern. Wunderschön!
 
Der Fluss Brenno della Greina bildet hier schöne, flache Becken, an deren Rand sich Unmengen an Wollgräsern wohl fühlen. Auf dem Weiterweg gehen wir weglos auf die Anhöhen nördlich des Passo della Greina zu. Einzelne Felsspitzen des dolomitartigen Gesteins geben dem Gelände einen speziellen Anblick. Nach dem Pass ist der Rein da Sumvitg der Schöpfer der Landschaftsbilder: mäandrierend schlängelt er sich durch die Plaun la Greina
 
Wir steigen hoch zum Übergang P.2265 und wandern westlich des Muot la Greina hinunter. Etwa 1000 Schafe weiden da. Wir machen noch den kurzen Aufstieg zur Terrihütte, wo wir eine feine Suppe mit Wienerli geniessen. Die Zeit drängt, der Abstieg ins Val Sumvitg ist noch lang. So steigen wir kurz ab und nehmen die letzte Höhe zum Sattel der Crest la Greina in Angriff. Was nun folgt, ist ein langer, steiler Abstieg, der teilweise mit Ketten gesichert ist, aber problemlos zu begehen ist. Rechts von uns fällt der Rein da Sumvitg in mehreren Stufen zu Tal. Sind wir bisher sozusagen auf der Krete der Crest la Greina gelaufen, geht es nun westlich steil den Hang hinunter, bis wir flacheres Gelände erreichen. Der Rein da Sumvitg stürzt sich über die Felsen der Frontscha hinunter und bietet uns einen unglaublich schönen Anblick. Ebenso schön sind die nun folgenden Gleitstufen, über die sich der Rein schäumend abwärts ergiesst.
 
Nun folgt, wie oft auf Touren, ein eher langweiliger, sich lang hinziehender Schlussweg zum Endpunkt. Der Endpunkt ist hier der Treff, wo uns der Alpin Bus um 16 Uhr abholt und uns 3 Stunden Fussweg zum Bahnhof Rabius-Surrein erspart.
 
Das war er, der Sentiero degli Stambecchi. Eine herrliche Tour, die sich Krokus schon lange gewünscht hat und ich ihr endlich ermöglichen konnte.
 
  

Tourengänger: CampoTencia, Krokus


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Geodaten
 36512.gpx Lukmanier - Gana Negra - Cap. Bovarina
 36513.gpx Cap. Bovarina - Sasso Lanzone - Cap. Scaletta
 36514.gpx Cap. Scaletta - Greina - Terrihütte - Val Sumvitg

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Kommentare (5)


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MicheleK hat gesagt:
Gesendet am 11. August 2017 um 14:38
herzlichen Glückwunsch und sehr schön beschrieben hast du die Tour. Das Gebiet ist mir gut vertraut und sehr schön.

Uebrigens: über den Sasso Lanzone wandert man auf der Kontinentalwasserscheide und das Wasser muss sich entscheiden ob es in den Norden oder in den Süden abfliessen möchte :)

Viele Grüsse,
Michele

CampoTencia hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. August 2017 um 16:01
Ciao Michele
vielen Dank für deinen Hinweis zur Kontinentalwasserscheide. Dessen war ich mir vorher gar nicht bewusst.

LG Herbert

Seeger hat gesagt: Toll gemacht
Gesendet am 19. August 2017 um 11:06
Ciao Herbert
Du hast diese mir bekannte Tour super beschrieben und bebildert. Auguri.
Gruss
Andreas

CampoTencia hat gesagt: RE:Toll gemacht
Gesendet am 19. August 2017 um 11:35
Ciao Andreas
Diese Tour lohnt sich immer wieder. Mit zunehmendem Alter muss man halt mehr Zeit einrechnen ..., aber Genuss und Freude bleiben

LG Herbert

Felix hat gesagt:
Gesendet am 27. Oktober 2017 um 22:25
super - eure Tour sowie dein Bericht!

lg Felix


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