Nachmittagsspaziergang über Curahuasi


Publiziert von alpensucht , 28. Dezember 2016 um 22:48.

Region: Welt » Peru
Tour Datum:19 Dezember 2016
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: PE 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m
Strecke:Curahuasi-Ccochua-Ackerwächter-Curahuasi - ca. 8km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ca. 3 Stunden von Cuzco über Panamericana nach Westen oder viel länger (ca. 12-15h) von Lima per Bus.
Unterkunftmöglichkeiten:Connections ;)

Kinder rufen, Schweine quieken, Vögel zwitschern. Hier und da knattert ein Motorengeräusch der Panamericana herauf. Die Wolken brauen sich, wie beinahe täglich zu dieser Jahreszeit, langsam über dem Becken von Curahuasi zusammen.

 

Wo wir uns befinden und warum

Am Vortag sind wir, eine kleine Dreiergruppe aus Europa, in Cuzco (3300m) gelandet und per Kleinbus nach Curahuasi gefahren. Das Städtchen liegt in einem Talbecken auf 2700m am Rio Apurimac, dessen Wasser sich durch eine Schlucht auf 1800m nach Westen schlängelt. Das Becken wird von 4000ern im Süden und hohen 5000ern im Norden nahezu umschlossen. Die meist asphaltierte Verbindungstraße zwischen Abancay, Cuzco und Titicacasee gehört zur Panamericana und ist für hießige Verhältnisse viel befahren.

 

Der höchste Gipfel Salcantay (6271m) in unmittelbarer Nähe zu unserem Aufenthaltsort verbirgt sich tagsüber in der Regenzeit meist hinter Wolken und liegt nordöstlich von hier. Wir möchten vor allem eine uns nahestehende Verwandte besuchen, die momentan hier lebt und arbeitet und einen außergewöhnlichen Urlaub im Hochland Perus mitten unter einheimischen Quechuas verbringen.

 

Ein Höhenspaziergang beginnt

Schon etwas akklimatisiert und gut ausgeruht trete ich vor unsere Haustür und wende mich nach Süden. Die anderen fühlen sich an diesem Nachmittag noch nicht nach einer Wanderung und halten von einer zielgerichteten Akklimatisierung viel weniger als ich. Die Straßen sind zwischen einigen Häuserblocks mit Betonplatten belegt. Nach wenigen Metern aufwärts wird es staubiger und steiniger. Viele Augen betrachten mich schüchtern, vorsichtig, neugierig oder offen. Manche grüßen freundlich „Buenos tardes!“. Kinder bauen fleißig an einem neuen Wohnhaus, Frauen sitzen auf dem Bordstein vor den Häusern ihrer Familien, oder treiben ihr Tagewerk voran. Männer bauen an Häusern oder fahren mit Motorrädern umher.

 

Nach 20min treten die Höhenzüge links und rechts von mir deutlicher hervor, die Besiedelungsdichte nimmt deutlich ab. Noch immer gehe ich auf einem breiten Fahrweg. Die höher gelegenen noch besiedelten Regionen können so schnell mit Mountainbike, Motorrädern und Geländewagen erreicht werden. Eine 15m hohe Felswand am Wegrand erinnert an einen Steinbruch. Steiler Fels ist hier unten selten, deshalb prüfe ich die Festigkeit. Unsere Karwendelexperten würden es hier sicher auf eine kleine Kraxelpartie (ca. III-IV) ankommen lassen. Meine heutigen andinen Ambitionen liegen technisch deutlich darunter.

 

Aufstieg ins Ungewisse T3, 1h 40min (Unterkunft-„Gipfel“)

Kurzer Zeit später auf etwa 3000m erreiche ich wieder Fahrwege und besiedeltes Gebiet. Schöne Häuschen umgeben von Gärten und Äckern, säumen den Fahrweg. Der vielleicht 13jährige Franklin weißt mich auf einen kürzeren und schöneren Weg weiter hinauf hin, der die langwierigen Serpentinen abkürzt.

Nach Durchquerung des Quechua-Dorfes Chocchua tauche ich genüsslich in die ungewohnte Natur ein, überquere einen Gebirgsbach, der über den Weg plätschert und halte mich bald schon an dessen Lauf. Ich finde Trittspuren und kann mit Hilfe von großen Steinbrocken den Bach an den meisten Stellen passieren.

 

Hinter den letzten Häusern sehe ich eine steile Flanke, die sogar einige Felsen unter dem höchsten sichtbaren Punkt freigibt. Diesen höchsten Punkt setze ich mir sogleich als geistigen Wegpunkt und hoffe ein bisschen, seine Schartenhöhe würde einigermaßen hoch ausfallen (30m oder mehr), damit er eine Gipfelmarke auf der Hikrmap bekäme. Zunächst freue ich mich außerordentlich über den weiteren, teils weglosen Verlauf. Eine Karte die genauer als 1:110000 ist, gibt es unter Umständen nur militärischer Herkunft in Lima. Die ausgedruckte Hikr-Geländekarte mit dem ungefähren Maßstab von 1:50000 dient mir zur groben Orientierung. So fühlt sich der doch recht anstrengende Spaziergang trotz der nahen Häuser und Äcker etwas abenteuerlich an.

 

Die ostseitigen letzten 120Hm zum höchsten Punkt führen durch felsig durchsetztes, unschwieriges, aber steiles Gelände (T3). Gern bekäme ich richtigen Fels an die Finger, doch für Kraxelei ist das Gelände nicht steil genug. Oben lehnt sich der Hang zurück und führt vorbei an einigen Bäumen auf eine liebliche Wiese. Die Aussicht ist hier bereits phänomenal. Die Schartenhöhe allerdings erweist sich als enttäuschend niedrig. Da ich mit meinen Reisegefährten einen Zeitpunkt der Rückkehr vereinbart habe, gehe ich nicht noch höher. Ginge man am höchsten Rücken auf und ab weglos immer zum nächst höheren Buckel, führte das Gelände hinten deutlich über 4000m.

 

Der Abstieg nach Norden T2, 1h 10min

Nach einer kleinen Pause von 10min beginne ich im Laufschritt den Abstieg direkt nach Norden über kleine Wege, unwegsame Äcker und am Rande der Bewässerungsrinnen. Dunkle Wolken ziehen sowohl von Südosten als auch von Norden über den Bergen zusammen. Deshalb versuche ich das Abstiegstempo weitgehend hochzuhalten.

Die Fahrwege, die den steilen Nordhang hinab schlängeln, gilt es über steile und schmale Pfade zwischen Kakteen und Hartlaubgewächsen abzukürzen. Unten gelange ich wieder auf die oberste Straße von Curahuasi und finde zum Glück auch schnell zurück zu unserer Unterkunft, die ich etwa 17:50 Uhr erreiche.

 

Die erste kleine Unternehmung im Urlaub eröffnete mir die großartige Welt der Anden und insbesondere des Gebietes um Curahuasi, das für die erste Woche unser Ausgangspunkt sein wird. Das Gehen in der Sonne ist trotz moderater Temperaturen höchst schweißtreibend, die Strahlung ist deutlich stärker und schwerer zu ertragen als in unseren Alpen. Die Gefahr von Muhren und Erdrutschen scheint trotz der Regenzeit niedriger als bei uns zu sein, da die Oberfläche der relativ seichten Flanken bis in sehr hohe Regionen durch teils dichte Vegetation stabilisiert und geschützt wird. Das Wetter ist sehr schwierig vorherzusagen. Experten sind vermutlich rar und uns auch nicht bekannt. Meist regnet es abends und nachts und tagsüber bleibt es nur in Regionen jenseits der 4000er-Marke wolkig-trüb.

 

Wir sind gespannt, was uns die nächsten Tage bringen werden. Zunächst planen mein Bruder A_Thorne und ich am nächsten Tag auf den 3600m hohen Antennenberg mit Hilfe ausgeliehener Mountainbikes zu gelangen.


Tourengänger: alpensucht


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