2x Kleiner Mythen (1811m) und 1x Haggenspitz (1761m)


Publiziert von Chrichen , 23. Mai 2016 um 13:44.

Region: Welt » Schweiz » Schwyz
Tour Datum:21 Mai 2016
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Mythengruppe   CH-SZ   Alptaler Berge 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 750 m
Abstieg: 1050 m
Strecke:ca. 9km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem ÖV: Zug bis Einsiedeln / Postauto bis Brunni, Talstation LSB / Luftseilbahn bis Holzegg
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Ab Brunni mit dem Auto bis Einsiedeln / Weiter mit dem Zug

An diesem schönen Wochenende wollte ich endlich die Alpinwandersaison eröffnen. Von der Schneelage her bot sich eine Wanderung im Mythengebiet geradezu an. Nach längerem Hin und Her entschied ich mich Vorabend für den Haggenspitz und den Kleinen Mythen.

Die interessanteste Route würde von der Haggenegg nordseitig zum Haggenspitz hinaufführen, dann südseitig hinunter und weiter zum Kleinen Mythen. Da ich aber nach wie vor grossen Respekt vom Haggenspitz Nordgrat (T6) habe, wollte ich diesen weglassen und die Tour ähnlich wie *hier vor einem knappen Jahr angehen. Die Route von Brunni via Griggeli zum Griggelisattel und weiter zum Haggenspitz und Kleinen Mythen ist in diesem Fall die logische Variante. Nicht zuletzt weil ich das Griggeli in nicht allzu guter Erinnerung habe (heiss, viel Schutt), wollte ich dieses Mal etwas anderes probieren. Deshalb wählte ich als Startpunkt die Holzegg. Geplant war es, am Gipfel des Kleinen Mythen vorbei zum Griggelisattel zu traversieren, dann weiter zum Haggenspitz, auf gleichem Weg zurück, dieses Mal aber mit Überschreitung des Kleinen Mythen via Nordkamin. Als Option sah ich mir noch den Grossen Mythen via Schafweg und Rot Grätli vor. Letzters scheiterte an müden Beinen und einem geselligen Bier.

Holzegg - Zwüschet Mythen - Kleiner Mythen Vorgipfel (T2)
Kurz nach 8 Uhr morgens starte ich bei der Holzegg. Die ersten 300 Höhenmeter von Brunni können gemütlich mit der Seilbahn erledigt werden. Auf breitem Weg geht es am Fusse des Grossen Mythen vorbei nach Zwüschet Mythen. Ein Holzkreuz und ein Bänklein versüssen den schönem Ausblick nach Westen zum Rigi-Massiv und Vierwaldstättersee. Der Weg zum Vorgipfel des Kleinen Mythen ist in der Karte eingezeichnet, vor Ort aber nicht ausgeschildert. Von Zwüschet Mythen aus geht es zunächst über kaum erkennbare Pfadspuren im Gras direkt dem Kleinen Mythen entgehen. Nach einigen Metern wird der Pfad deutlicher, und verblasste weiss-rot-weiss Markierungen lassen sich ausmachen. Der Weg führt in einigem Zickzack durch Wald und später über eine steile Wiese unschwierig zum Vorgipfel.

Kleiner Mythen Vorgipfel - Kleiner Mythen (ungewollt) (T5, II)
Ab dem Vorgipfel wird das Gelände schlagartig ernsthafter. Etwas ausgesetzt geht es ein Stück weit dem Grat entang. Es gibt gute Spuren in der linksseitigen Flanke. Nach wenigen Metern wird der Grat überschritten und auf der rechten Seite ein Stück weit abgeklettert. Die richtige Stelle muss eventuell kurz gesucht werden. Ein Haken und weiter unten eine kleine Kette an einer Felsplatte können als Orientierung dienen. Spuren und einer logischen Linie folgend erreicht man nach einigen Kraxeleien wieder Gehgelände. Ein deutlicher Pfad führt danach bis unter den Gipfelaufbau.

An der Stelle, wo man normalerweise zum Gipfel hochsteigt, gehe ich gerade aus weiter, da ich zunächst zum Griggelisattel möchte. Leider hatte ich das Problem der Wegfindung unterschätzt und über diese Passage im Vorfeld nicht weiter recherchiert. Für einen Moment bin ich mir nicht sicher, wie es weiter gehen soll. Also quere ich leicht aufsteigend in Richtung Norden. Vage Spuren, die ich zu erkennen glaube, geben mir Sicherheit. Nach einigen einfachen Kraxeleien (I) habe ich plötzlich direkten Blick zum Haggenspitz. Vor mir ein fast senkrechter Abgrund, weit unten die Traverse zum Griggeli. Ich bin viel zu hoch!

Aus reiner Neugierde schaue ich über die Felsbrocken linkerhand - und siehe da, der Nordkamin liegt unter mir! Da ich schon im oberen Bereich bin (die Ketten sind zu erkennen), überlege ich mir, ob ich in den Kamin hinein queren und zunächst zum Kleinen Mythen hochgehen soll. Das scheint machbar. Also kraxle ich oberhalb des Kamins an einem abdrängenden Felsbrocken vorbei und weiter bis ich eine Stelle finde, wo ich über gut zwei Meter steil in den Kamin absteigen kann. Diese Kraxeleien (T5, II) liessen den Puls kurz höher steigen. Durch den restlichen Kamin erreiche ich schliesslich rasch und einfach den Gipfel. Der unfreiwillige Ausflug konnte wenigstens einen ersten Einblick in die Verhältnisse im Kamin (mehr oder weniger trocken, fast vollständig schneefrei) und die Traverse zum Griggelisattel geben (noch grössere Schneefelder, Spuren vorhanden).

Kleiner Mythen - Griggelisattel (T5-, I)
Auf dem Gipfel habe ich das Glück, dass ich einen ortskundigen Berggänger nach dem Weg zum Griggelisattel fragen kann (sonst hätte ich das Projekt wohl hier aufgegeben). Er springt voraus zu einem Felsbrocken, während ich in gefühlten 5 Minuten hinterherkrieche, und zeigt mir, das es zuerst hinunter zu einer kleinen Einsattelung geht und dann erst nach links gequert wird. Danach sollte eine zweite Rinne erreicht werden. Für die aufschlussreichen Erklärungen bin ich sehr dankbar!

Nach einigen Gipfelfotos steige ich also auf dem Normalweg vom Gipfel ab, bis zu dem Punkt, wo ich kurz zuvor fäschlicherweise aufsteigend zu traversieren begonnen habe. Die Einsattelung ist von hier aus bereits gut einzusehen. Dieses Mal geht es also hinunter. Nach einigen I-er Kraxeleien befinde ich mich über dem kleinen Schneefeld, das es anzusteuern galt. Ab hier traversiere ich weiter, bis ich auf einen deutlichen Pfad stosse. Jetzt kann nichts mehr schief gehen, so denke ich, und folge blindlings dem Pfad. Nach einem Weilchen habe ich erneut direkten Sichtkontakt zum Haggenspitz - und stehe schon wieder vor einem Abgrund! Eine unglaublich steile Rinne, die direkt ins Griggeli hinabführt. Das kann es definitiv nicht sein, ich bin zu tief. Die Pfadspur, die sich an dieser Stelle schon wieder etwas verläuft, würde vermutlich weiter unten über eine einfache Rinne ins Griggeli hinabführen. Diesen Weg habe ich im letzten Jahr vom Griggeli aus gesehen. Er ist auch in der Karte eingezeichnet. Also wieder ein Verhauer. Glücklicherweise waren es nur wenige Meter.

Nochmals zurück beim Beginn der deutlichen Pfadspur gehe ich dieses Mal eher steil nach links oben. Spuren sind kaum auszumachen, aber ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass das der richtige Weg sein muss. Ein Blick auf die Karte bestätigt dies. Ich steuere erneut eine kleine Einsattelung an - und siehe da, deutliche Spuren in einem Schneefeld. Ungefähr hier war ich schon einmal vor einem Jahr. Das Gelände stimmt mit der Beschreibung überein, die ich auf dem Kleinen Mythen erhielt, und der Pfad zum Griggelisattel ist auch bereits schön zu erkennen. Einzig die steilen Schneefelder wirken nicht besonders einladend. Da sich der Trittschnee mit Unterstützung des Pickels sehr sicher begehen lässt, bevorzuge ich jedoch schliesslich sogar den Weg über den Schnee. Nach einer kurzen Kraxeleinlage an einem Bäumchen vorbei erreiche ich das grosse Schneefeld, das direkt zum Weg hinabführt. Über dieses steige ich zur Wegspur ab und folge danach dem Pfad bis zum Griggelisattel.

Im Nachhinein bereue ich es, dass ich diese Passage nicht recherchiert hatte. Von meiner letztjährigen Wanderung her hatte ich den Eindruck, dass der Weg leicht zu finden sein sollte. Dem war aber definitiv nicht so. Fast alle Rätsel löst *dieser aufschlussreich bebilderte Bericht von Bergmuzz. In umgekehrter Richtung sollte der Weg übrigens um einiges leichter zu finden sein.

Griggelisattel - Haggenspitz - Griggelisattel (T5-, I)
Beim Griggelisattel treffe ich auf zwei Wanderer, die ebenfalls zum Haggenspitz hochgehen wollen. Nach einem kurzen Informationsaustausch entscheiden wir uns spontan, den Haggenspitz gemeinsam in Angriff zu nehmen. Schlussendlich schliessen wir uns sogar für die gesamte weitere Wanderung zusammen. Vielen Dank nochmals für die Gesellschaft!

Da ich den Weg schon mehr oder weniger kenne gehe ich zunächst voraus. Ein deutlicher Pfad führt unten in der Flanke an einigen Felszacken vorbei (einzelne pinkfarbene Markierungen). Nachdem eine grössere Gruppe von Bäumen erreicht ist, geht es über gut kraxelbare Felsen steil hinauf bis knapp unter den Grat. An dieser Stelle ist der weitere Weg kurz nicht ganz klar, aber man findet die Pfadspur leicht wieder, wenn man sich 4-5m weiter in Richtung Haggenspitz bewegt. Man kann auch bis ganz hoch zum Grat (schöner Ausblick). Über eine recht logische Linie quert man schliesslich steil aufsteigend über gut kraxelbare Stufen immer weiter in Richtung Gipfel, bis eine Rinne erreicht wird, die unschwierig direkt zum Gipfel hochführt. Während dem ganzen Aufstieg nimmt man die Exponiertheit nur beschränkt wahr, da häufig über kleine Rinnen gegangen wird. Einige Bilder von der Route sind in *meinem letzten Bericht beigefügt.

Auf dem Gipfel machen wir eine kurze Pause und kommen dabei ins Gespräch mit zwei Haggenspitz-Überschreiter. Nach einem Weilchen kommen deren drei nach. An diesem Tag wurde die klassische Mythen-Trilogie zahlreich begangen. Der Blick vom Haggenspitz zum Kleinen Mythen lässt indes den Nordkamin und das gesamte Gelände bis dahin beinahe furchterregend erscheinen. So überlegen wir uns, ob wir das wirklich machen wollen. Schlussendlich entscheiden wir uns, einen Versuch zu wagen. Ich bin zuversichtlich, da ich den Kamin schon einmal begangen habe. In Aufsicht wirken Hänge stets steiler als sie tatsächlich sind. Meine zwei neuen Kollegen haben ein Seil dabei, was durchaus beruhigt. Wir lassen den anderen Berggängern den Vortritt und steigen danach wieder zum Griggelisattel ab.

Griggelisattel - Kleiner Mythen (via Nordkamin) (T5+, III-)
Vom Griggelisattel geht es zuerst der Wegspur entlang bis zu den ersten grösseren Schneefeldern. Zur Sicherheit haben wir den Pickel zur Hand. Dieses Mal folgen wir den vorhandenen Spuren. Meine beiden Kollegen übernehmen die Führung. Die Schneefelder an und für sich sind dank guten Fussspuren weithegend unproblematisch. Beim Übergang vom Schnee ins grasig-erdige Gelände ist aber jeweils Vorsicht geboten. Geschickt umgehen die vorhandenen Spuren die grösseren schneebedeckten Stellen, dafür muss aber stellenweise von der Ideallinie abgewichen werden. Insgesamt ist das Gelände bis zum Fuss des Kamins recht unangenehm. Viele kleine Steine liegen herum. Stellenweise ist das Terrain etwas rutschig. Wir sind dankbar um den Pickel und unsere Helme. Trotz grosser Vorsicht löst sich ab und zu ein kleinerer Stein.

Beim Kamin angekommen sind wir froh, endlich wieder kompaktem Fels gegenüberzustehen. Die erste Stufe mit Schneefeld umgehen wir rechtsseitig. Wie bei meiner letzten Begehung ist der untere Bereich leicht feucht. Danach ist der Kamin aber weitgehend trocken. Ein ganz kleines Schneefeld ist unproblematisch. Wir bleiben wegen der Steinschlaggefahr nahe beieinander und arbeiten uns Stufe um Stufe hoch. Man muss sich schon ins Zeugs legen. Besonders eine Stelle ca. in der Mitte des Kamins ist etwas knifflig. Danach erreichen wir bald die Handschlaufe und die Kette. Die Stelle mit der Handschlaufe überwinde ich äusserst unelegant. Danach wird es um einiges einfacher. Die letzten Meter darf ich heute bereits zum zweiten Mal kraxeln. Auf dem Gipfel gratulieren wir uns und legen eine ausgedehntere Pause ein.

Kleiner Mythen - Vorgipfel - Zwüschet Mythen (T5-, I - II)
Über den Normalweg gehen wir wieder hinunter an den Fuss des Gipfelaufbaus (viel Schutt, einige Kraxeleien I bis II, je nach Variante) und von dort dem schönen Pfad entlang in Richtung Vorgipfel. Danach heisst es nochmals kurz Hand anlegen, die Wegfindung ist aber einfacher als in umgekehrter Richtung. Die anspruchsvolleren Passagen können nun im Aufstieg begangen werden. Das letzte ausgesetzte Teilstück über den Grat bis zum Vorgipfel P.1762 begehe ich wieder über die deutlichen Pfadspuren in der Flanke knapp unterhalb der Gratschneide.

In zügigem Tempo steigen wir schliesslich nach Zwüschet Mythen ab, und weiter zur Alpwirtschaft, wo wir uns ein Bier gönnen. Ein Einheimischer am selben Tisch, der bereits das eine oder andere "Kafi" genossen hat, weiss viel Spannendes und Witziges zu berichten, so dass wir schlussendlich fast zwei Stunden in der Wirtschaft verweilen. "Schwierige Verhältnisse in Zwüschet Mythen", wie er es nannte :-). Über den Wanderweg steigen wir schliesslich am letzten gratis Trinkwasser vorbei nach Brunni ab. Freundlicherweise darf ich sogar im Auto bis nach Einsiedeln mitfahren.

Eine wunderbare Wanderung an einem wunderschönen Tag. Für die Gesellschaft und die vielen interessanten Gespräche danke ich vielmals. Die Wegfindung zwischen dem Kleinen Mythen und dem Griggelisattel war definitiv schwieriger als erwartet. Im Nachhinein ist man immer schlauer. Wenn man sich am Kleinen Mythen versteigt, sollte man auf jeden Fall vorsichtig sein und im Zweifelsfall lieber zurückgehen. Das Gelände kann schnell gefährlich werden. Fazit der Tour ist ein heftiger Muskelkater, der bis heute nachwirkt.

Tourengänger: Chrichen


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Kommentare (2)


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Stevo47 hat gesagt: Pfad-Mythos am Mythen
Gesendet am 23. Mai 2016 um 23:49
Ciao Christian, toller und spannender Bericht! Man fiebert förmlich mit ob es wohl noch klappt mit dem rechten Weg :-). Ein Verhauer in diesem Gelände treibt halt schon den Puls in die Höhe...für den Autor und für den Leser. Viele Grüsse, Steve

Chrichen hat gesagt: RE:Pfad-Mythos am Mythen
Gesendet am 24. Mai 2016 um 07:47
Hi Steve! Wirklich schade, dass Du nicht dabei sein konntest. Gerne aber bei der nächsten Gelegenheit!
War schon froh, als ich endlich bei der richtigen Einsattelung stand. Bei meinen Irrwegen habe ich peinlichst darauf geachtet, nicht in garstiges Gelände zu kommen. Wenn man am falschen Ort absteigt, kann das am kleinen Mythen scheinbar schnell passieren. Falls ich den Weg nicht gefunden hätte, wäre ich einfach zurück und noch auf den Grossen Mythen statt auf den Haggenspitz. Viele Grüsse!


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