Das vielleicht schönste Felskreuz der Tegernseer Berge: die versteckte, einsame Roßsteinwand!


Publiziert von Vielhygler , 28. Mai 2016 um 13:30.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Bayrische Voralpen
Tour Datum:26 Mai 2016
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Aufstieg: 500 m
Abstieg: 500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Nach dem Rathaus in Kreuth links über ein Brückerl. Dort kostenpflichtiger P. (3 €) beim Kurpark. Hier Wanderschilder: "Setzberg" usw..
Kartennummer:Am besten: AV 7/1 Tegernsee/ Schliersee; auch: LVA 1:50 000 Bad Tölz / Lenggries, notfalls die neuere, aber speziell für diese Tour ungenauere DAV BY 13 Tegernsee / Hirschberg

Wenn aus düster - melancholischem,  fast schon urweltlich anmutendem Steilwald ein kühnes Felsgemäuer anmutig emporsteigt und ich ein schönes, freies und einsames Kreuz dort oben erreiche, das zeitlose Würde ausstrahlt, Gelassenheit und... Ruhe, dann fühle ich mich als Wanderer einfach: angekommen und will gar nicht wieder weg. So ist es nicht oft, aber heute war es so und ich möchte dieses schöne Gefühl teilen: es geht auf die wildromantische Roßsteinwand über dem Tegernsee und Kreuth

Was diesen Felsen und sein Kreuz betrifft, bin ich, obwohl ich dauernd und überall nach neuen, interessanten Zielen Ausschau halte, wirklich auf einer überaus... langen Leitung gestanden. Aber vom Weißachtal, etwa von Scharling aus gesehen, macht die Roßsteinwand einfach nicht sehr viel her und das vom Tal kaum auszumachende, würdige, kleine Eichenkreuz ist auch mitnichten eines jener touristisch auffällig hingestellter "Hingucker-Gipfelkreuze", die sich gefallsüchtige Talgemeinden jetzt immer öfter gönnen.

Freilich waren mir die von den bewaldeten Abhängen des Setzbergs weit in' s Weißachtal vorspringenden Felsabbrüche nicht gänzlich entgangen, aber ich habe mir immer gedacht: naja, noch so ein netter, interessanter Fels-Waldzwerg, irgendwann seh'n ma uns schon...und auf die Idee, mir die Roßsteinwand mit dem Fernglas oder dem Tele anzuschauen oder gar nach einem Kreuz zu suchen, bin ich überhaupt nicht gekommen, denn so attraktiv hat das ganze vom Tal aus schließlich auch wieder nicht ausgesehen. 

Lange Leitung - zweiter Blick? So kann man sagen, denn erst vor ein paar Tagen, an einer freien Stelle nördlich und unterhalb des (wie sich herausgestellt hat, nicht lohnenden) Setzbergecks, hat' s bei untenstehendem - ganz neuem - Blick auf die Südwände der Roßsteinwand bei mir gefunkt und zwar gleich richtig!  



Whow, so, von Süden, wirkt die Roßsteinwand  viel beeindruckender als vom Tal aus... wie eine verfallene, hoch aufragende Burgruine, fast wie hingestellt für ein...Fantasy-Film-Setting! Ich war sofort begeistert, habe mir mit der Kamera das ganze etwas näher "herangeholt" und ... 



...dann war mir bei obenstehendem  Anblick klar: die Roßsteinwand könnte, nein, sie muß ein ganz besonderes Ziel sein! Nix wie hin!
Erste Frage: wie? Nun, auf der Karte  kann man sehen, daß der Zustieg natürlich am einfachsten von der Forststraße, die vom Mautstraßenende am Scharlinger Moos nach Süden führt, machbar wäre. Das wären von besagter Straße aus nur ein kurzer Abstieg den Ostgrat der Roßsteinwand hinab. Aber der goldene Weg ist das nicht, finde ich...
Viel schöner wäre auf ein solches Kreuz ein richtiger Aufstieg! Von Westen, von Kreuth aus, vielleicht? Und womöglich wird es so, was die Wegfindung angeht, auch viel interessanter, denn auf der alten AV- Karte 7/1 ist eine Wegspur eingetragen, die direkt bis unter die Roßsteinwand führt.  So will ich es heute probieren und soviel will ich vorwegnehmen: etwas tüftelig war es durchaus an einer Wegfindungsstelle und der Grat nicht ganz anspruchslos, aber es war auch so... schön heute!

Wegbeschreibung:        
     
Ich habe hier zur besseren Übersicht über das Gebiet einen Ausschnitt der "guten, alten" AV-Karte 7/1 (2004) eingefügt: noch mit der Verzeichnung des gestrichelten Wegs, der über den südlichen sowie nördlichen Ausläufer des Lahngrabens in Richtung Roßsteinwand quert. Die Nachfolgekarte  DAV-BY 13 wurde leider "bereinigt" und dieser Weg fiel weg.   



Los geht' s am P. in Riedlern. Immer ausgeschildert: "Setzberg, Risserkogel" auf einer Teerstraße über hübsche Wiesen zu einer Kapelle. Ab hier statt Teer: bröselige Forstautobahn. Bereits im Wald ein nach rechts abgehender, abkürzender Fußweg, der einmal die Holzerhighway überquert. Dort wo der Fußweg noch einmal auf die Straße trifft und 2 Rodelwarnschilder stehen, die Straße nach links (immer noch mit "Setzberg..."ausgeschildert) weiterverfolgen. Eine Hütte (rechts) wird passiert, ein abfallender Weg bleibt dort links liegen. Nach einem kurzen, kurvigen Aufschwung geht der auf der AV-Karte dünn und schwarz eingezeichnete hübsche "old fashioned" Gloaßenweg (ein Weg mit einem Grasstreifen in der Mitte) nach links (Norden) ab. Man passiert das nach Westen ansteigende kleine Setzbergeck und einen paradoxerweise besonders niedrigen Hochsitz. Dann endet der Weg nach einer kleinen Anhöhe abrupt nach ein paar abfallenden Metern an einem großen Wendeplatz direkt am südlichen Ausläufer des Lahngrabens.
Jetzt gilt es, den kleinen, gestrichelt verzeichneten Pfad zu finden, der lt. Karte nach Norden bis vor das Setzbergeck quert. Am Ende der Straße war er jedoch nicht zu finden. Laut AV- Karte müßte er eigentlich dort losgehen. Aber das Querungsgelände dort nach Norden: keineswegs ungangbar, doch ruppig und mitnichten ein Pfad.
Ich bin dann die etwa 60 Meter wieder zurückmarschiert bis zu der kleinen Anhöhe, hier sieht das Gelände nämlich viel besser aus! Ich fand einen kleinen Stock (Foto) und habe kurz gesucht- und  dann nach einem Linksschwenk auf Anhieb den Weg gefunden, der bequem und überall auffindbar zur Roßsteinwand hinüberführt und... 

...wie es dann von der kleinen Anhöhe auf Pfad und Grat weiterging, zeigen die Fotos und Kommentare besser... 

Schwierigkeiten?

Der ganze Weg bis zum Grat höchstens T2, ich empfehle feste, etwas höhere Schuhe wegen schlammiger Bachgrabenquerungen auf dem Weg bis unter die Roßsteinwand.
Der Gratabstieg (siehe Fotokommentare!) zum Kreuz ist kein wirklich gemütliches Wandergelände mehr, aber schön und spannend! Man muß schon achtsam sein, es gibt auch Spuren, Tierspuren, Verhauerspuren in schwierigeres Gelände hinein.
Die Wegspur ist kleinräumig etwas diffus. Besser nicht, wenn man schon nach der "wurzeligen Abstiegsstelle" (eine Art I' er-Stelle) im Tälchen (s. Fotos) und schon direkt über dem Kreuzfelsen ist, auf Gamswechseln in die südseitigen Grasschrofen hinausquerend absteigen. Dort befindet man sich über vertikalen Abstürzen. Besser diesen letzten Absatz rechterhand am kurvigen Grat durch die Felsblöcke hindurch hinuntergehen, es gibt einen ganz einfachen Durchschlupf. Der Kreuzfelsen selbst ist nicht schwierig zu begehen, aber schon recht ausgesetzt. (I)
Ich habe mir das ganze ziemlich gründlich angeschaut - es ist ja auch ein landschaftlicher Hochgenuss - und gebe in den Fotokommentaren noch Hinweise...
  
-----Info: Die Sperrung an der Roßsteinwand: betrifft sie das ganze Gebiet? ---

Ich habe, wie auf einem der letzten Fotos zu sehen ist, dort, wo der ansteigende Ostgrat der Roßsteinwand auf die große, vom Scharlinger Moos nach Süden ziehende Forststraße trifft, ein wortkarges und erklärungsarmes Schild ("wegen Vogelschutz gesperrt") passiert (s.Foto)
Hatte ich mich unwissend in einem gesperrten Gebiet aufgehalten? Das kann, wenn man auf wenig begangenen Pfaden wandert, durchaus mal passieren und wenn das wirklich so gewesen wäre, dann gäbe es diesen Bericht natürlich nicht... 
Ich habe mich inzwischen erkundigt und wie ich von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Miesbach telefonisch erfragt habe, ist die Roßsteinwand seit geraumer Zeit für Kletterer gesperrt, weil in den Wänden Mauersegler, Wanderfalken u.a. brüten. Vorhandene Haken seien alle herausgezogen worden. Auf meine Frage, wie das Verbotssschild genau zu verstehen sei, ob denn nun das ganze Gebiet um die Roßsteinwand gesperrt sei oder nur die Wände selbst, hat der Sachbearbeiter gesagt, nein, nur die Wände seien gesperrt, zum Kreuz dürfe man, auch am Sperrungsschild vorbei, von der Straße aus hinabgehen. Auch die Pfade, die von Süden zur Roßsteinwand hinaufführen seien ohne Ordnungswidrigkeit begehbar. Wie gut!
Warum allerdings der AV in seiner der 7/1 nachfolgenden Karte BY 13  den schönen Querweg zur Roßsteinwand einfach getilgt hat, bleibt mit ein Rätsel! Die AV-Karten sind in den Geländedarstellungen ausgezeichnet, aber was die Abbildung von Wegen, Straßen etc... betrifft: vergiss es!
Deshab die goldene Bergregel beherzigen: Seien sie noch so zerfleddert oder verschlissen: Niemals alte Karten oder Führer wegwerfen!
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Tourengänger: Vielhygler


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Kommentare (6)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 28. Mai 2016 um 14:29
Sehr schön! Eine Tour ganz nach meinem Geschmack! Schon notiert....

Gruß Nico

Vielhygler hat gesagt: RE:
Gesendet am 28. Mai 2016 um 18:38
Taugt dir bestimmt! Vielleicht als Sundowner mit einem Augustiner?

VG Andreas

Chiemgauer hat gesagt: Wollte schon fast loslegen
Gesendet am 28. Mai 2016 um 16:40
warum du hier von einem gesperrten Gipfel einen Bericht bringst (hin gehen ist das eine, aber dann veröffentlichen was anders ...), aber wie ich sehe hast du vorbildlich nachgeforscht!
Jetzt brauche ich auch keine schlechtes Gewissen mehr haben, da auch schon mal gewesen zu sein ;-)
Gruß
Hans

Vielhygler hat gesagt: RE:Wollte schon fast loslegen
Gesendet am 28. Mai 2016 um 19:01
Bist rehabilitiert...;-)

Die Untere Naturschutzbehörde Miesbach war übrigens gut und kompetent ansprechbar. Keine Buchbinder Wanninger- Aktion.

Im Winter find ichs manchmal grenzwertig: Da bin ich schon "von oben" in nicht ausgewiesene, aber gesperrte Gebiete reingeraten und steh dann auf irgendeiner Forststraße vor einem 3 Meter hohen Zaun mit Metallpfosten und das Tor ist verschlossen...Schlüsselstelle durch Stabhochsprung bewältigen?

VG Andreas

Chiemgauer hat gesagt: RE:Wollte schon fast loslegen
Gesendet am 28. Mai 2016 um 20:48
Rehabilitiert in diesem Fall. Gibt da durchaus noch das ein oder andere ... ;-)

Vielhygler hat gesagt: RE:Wollte schon fast loslegen
Gesendet am 30. Mai 2016 um 00:07
kanns mir vorstellen...


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